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Bonner Wochenblatt

Bestandshaltende Institution

Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn

Beschreibung verfasst von

Lea Walter (2018), Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn

Vorläufer: „Das Wochenblatt des Bönnischen Bezirks“

Das „Bönnische Intelligenzblatt“ erschien nach dem Jahr 1794 als Folge der revolutionären Änderungen nicht mehr. Danach dauerte es bis zum 06.02.1808 bis mit der ersten Nummer des „Wochenblattes des Bönnischen Bezirks“ wieder eine Zeitung in Bonn erschien. Herausgeber war Peter Neusser (1772-1843), der durch Heirat 1801 in die Familie Rommerskirchen und dadurch in den Besitz der ehemaligen Hofdruckerei kam. Seit 1801 ist die Familie Neusser durchgehend als Zeitungsherausgeber und -verleger tätig.

Inhalte, politische Ausrichtung

Das „Wochenblatt des Bönnischen Bezirks“ hatte von Anfang an Schwierigkeiten mit der Zensurbehörde, obwohl aktuelle Ereignisse und politische Themen nicht angesprochen wurden. Es wurden schließlich offizielle Bekanntmachungen, Napoleon verherrlichende Reden von Maire Belderbusch (Anton Maria Karl Graf von Belderbusch war von 1804 bis 1814 Maire, danach bis 1816 Bürgermeister von Bonn), sowie einige Berichte über das Gesellschaftsleben und dergleichen veröffentlicht.
Die Zeitung ging mit der Nummer 154 am 12. 01 1811 ein.

Vorläufer: „Feuille d’affiches. Bonner Nachrichts- und Anzeige-Blatt“

Als Nachfolger des von 1808 bis 1811 erschienen Wochenblatt des Bönnischen Bezirks erschien ab dem 05.01.1812 „Feuille d’affiches. Annonces et avis divers de Bonn. Bonner Nachrichts-und Anzeige-Blatt“. Das zweisprachige Blatt enthielt keine politischen Nachrichten oder Abhandlungen. Die Zeitung ist aber trotzdem als historische Quelle über das Leben in Bonn in der französischen Zeit interessant: Die veröffentlichten Anzeigen und Bekanntmachungen liefern z. B. Informationen über die Entwicklung der Eigentumsverhältnisse: Verkäufe von Grundstücke der geflohenen Eigentümer wurden angezeigt, am Sonntag, dem 12.04.1812 wird beispielweise der Verkauf der alten Sankt-Martins-Kirche annonciert. Die Entwicklung des Wirtschaftslebens in Bonn wird z. B. durch Zivilstandslisten dokumentiert, die sich mehrenden neuen Berufsbenennungen zeugen von der beginnenden Industrialisierung: Weber, Färber, Baumwollspinner etc. Über die Mode wurde auch teilweise auch kritisch berichtet.
Die letzte zweisprachige Nummer erschien am 14.01.1814.

Das Bonner Wochenblatt: Geschichte und Entwicklung

Am 14.01.1814 erschien die Folgenummer der "Feuille d' affiches" unter dem Titel „Bönnisches Wochenblatt“ und ab 1816 unter dem Titel "Bonner Wochenblatt". Herausgeber war bis 1840 Peter Neusser (1772-1843), im selben Jahr wurde das „Bonner Wochenblatt“ von seinem Sohn Johann Neusser (1808-1878) übernommen.
Nachdem die Franzosen Bonn verlassen hatten und die Stadt am 05.04.1815 an Preußen angeschlossen wurde, begann eine wechselvolle Übergangszeit. Das Wirtschaftsleben erholte sich langsam und die Einwohnerzahl begann zu steigen. Die 1818 begründete Universität wirkte sich positiv auf das gesamte Stadtleben aus. Auch Verleger, Buchdruckereien und Buchhandlungen bekamen neue Aufträge und neue Unternehmen wurden gegründet.

Periodizität, Inhalte, politische Ausrichtung

Das Bonner Wochenblatt erschien in wechselnden Formaten anfangs zweimal wöchentlich, sonntags und donnerstags ab 1836 dreimal wöchentlich sonntags, dienstags und freitags und seit dem 01.07.1843 dann täglich.

Das „Bonner Wochenblatt“ berichtete strengen preußischen Zensurauflagen gemäß über lokale und regionale Ereignisse, veröffentlichte aktuelle Nachrichten, offizielle Meldungen und Unterhaltung sowie Anzeigen. Politische Themen kamen hingegen nicht vor.
Das „Bonner Wochenblatt“ bewahrte diesen Charakter jahrzehntelang praktisch ohne konkurrierende Zeitungsunternehmen. Diesbezügliche Pläne der Buchhändler Adolf Marcus und Heinrich Büschler sowie des Universitäts-Kurators Philipp Joseph Rehfues wurden von der Behörde abgelehnt, bis es Heinrich Büschler schließlich 1824 gelang, eine viermal wöchentlich erscheinende „Bonner Zeitung“ herauszugeben. Die Zeitung mit harmlosen politischen Nachrichten und Unterhaltung erschien bis 1828.

Das Revolutionsjahr 1848 befreite zwar die Presse aus der Zensur, brachte aber auch neue Herausforderungen an das politisch und religiös zurückhaltende, konservative Zeitungsunternehmen mit sich. Johann Neusser hielt sich über die turbulente Zeit politisch zurück und rettete so sein Unternehmen in die Reaktionszeit hinüber. Nach dem abnehmenden Zensurdruck brachte das Blatt ab 1850 vermehrt politische Nachrichten und Kommentare und ging nach dem Sieg Preußens über Österreich ins Bismarck-Lager über und änderte den Namen am 01.09.1850 in „Bonner Zeitung" mit dem Untertitel "Mit dem Bonner Wochenblatt verbunden“, welcher 1859 verschwand. Ab dem 01.10.1859 bis 1891 firmierte die Zeitung unter dem Namen „Bonner Zeitung“.

1870 trat Hermann Neusser (1839-1909) in das Unternehmen ein, ein Zeitpunkt zu dem sich die Bonner Zeitung auf ihrem Höhepunkt befand und auch der Verlag hohe Zahlen erwirtschaften konnte, da im Kulturkampf zwischen dem Bismarckreich und der katholischen Kirche der Druck von Büchern und Flugschriften stark nachgefragt war. Zudem druckte Neusser für die altkatholische Publizistik, was sich gemeinsam mit der nationalliberalen, staatsfreundlichen Einstellung der „Bonner Zeitung" als schädlich für die Auflage erwies: Ein Teil der Leserschaft wechselte in Treue zu Kirche und Zentrumspartei zur neu gegründeten „Deutschen Reichszeitung" (cf. Vogt 2018).
Nach Wenig hat die „Bonner Zeitung“ nach dem Ende des Kulturkampfes ihre nationalliberale Linie beibehalten und gegen das „ultramontane Zentrum“, die freisinnige Partei und die Sozialisten polemisiert. Die „Bonner Zeitung“ hatte unter Herrmann Neusser eine nationalliberale Ausrichtung.

Die Zeitung umfasste in der Regel vier Seiten und erschien täglich, ab dem 18.07.1870 kam sie morgens und abends mit je zwei Seiten (= 1 Blatt) heraus. Diese Regelung hing mit dem deutsch-französischen Krieg zusammen, da man stets die neuesten Nachrichten bringen wollte. Sie enthielt politische Nachtrichten und Kommentare, während des Krieges täglich einen Leitartikel „Der Krieg“, die Ereignisse im Rheinland und in Westfalen wurden verfolgt, über Lokales, Kunst und Wissenschaft berichtet, Fruchtpreise notiert und Anzeigen abgedruckt.

Weitere Entwicklung, Einstellen der Zeitung

Nachdem die „Bonner Zeitung“ seit dem 9.12.1869 auch über das Vatikanische Konzil berichtete und dabei in ihrer Berichterstattung offensichtlich die Ergebnisse des Konzils ablehnte, wandte sich ein Großteil der katholischen Leserschaft ab und es kam zur Gründung der „Deutschen Reichszeitung“, die die Interessen der Zentrumspartei vertrat und schnell eine große Zahl an Abonnenten gewann. 1873 musste die „Bonner Zeitung“ ihr zweimal tägliches Erscheinen einstellen, dieses wurde ab 1884 wiederaufgenommen. Die Zeitung blieb jedoch unrentabel, sodass der Verleger 1889 bis 1891 sein Unternehmen vollständig neu ausrichtete und 1891 den „General-Anzeiger“ gründete und somit zum Zeitungstyp seines Großvaters zurückkehrte (cf. Vogt 2018).
Im Jahr 1890 erwies sich die „Bonner Zeitung“ als nicht mehr rentabel, Neusser entschloss sich gegen eine Subvention durch die nationalliberale Partei und den damit verbundenen Verlust der Selbständigkeit als Verleger und Redakteur und ließ die Zeitung 1891 eingehen. Am 30.09.1891 erschien die letzte Ausgabe der „Bonner Zeitung“, Neusser löste sowohl die Zeitung als auch seinen Verlag auf (er verkaufte diesen an die Buchhandlung Friedrich Cohen, später Bouvier), nur seine Druckerei betreib er zunächst weiter.
Das Eingehen der „Bonner Zeitung“ war für die nationalliberale Partei Anlass, eine neue Zeitung herauszugeben: So wurde am 9. Februar 1892 ohne Beteiligung Neussers eine Aktiengesellschaft gegründet und zunächst als „Neue Bonner Zeitung“, später als „Bonner Zeitung“ bei Carl Georgi gedruckt.

Beilagen

Ab dem 01.10.1869 lag der "Bonner Zeitung" ein „Sonntags-Blatt der Bonner Zeitung“ bei, das alle Beziehenden gratis erhielten. Es war im Gartenlaubenstil zusammengesetzt, beinhaltete Novellen, Humoresken, Anekdoten, Reiseberichte und Abbildungen und kann als ein Vorläufer der späteren illustrierten Beilagen (wie z. B. zur FAZ) gesehen werden (cf. Wenig 1968: 191).

Literatur