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Vereinigte Dreistädte-Zeitung

BESTANDHALTENDE INSTITUTION

Kreisarchiv Viersen, Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf

BESCHREIBUNG VERFASST VON

Björn Karlsson (2024), Historisches Institut - Abteilung für Neuere Geschichte, Universität zu Köln

Überblick

Die Vereinigte Dreistädte-Zeitung (VDZ) war zeitweise die wichtigste Tageszeitung um die Städte Viersen, Süchteln und Dülken sowie das umliegende Grenzbiet am linken Niederrhein. Sie setzte sich zusammen aus der Viersener Volkszeitung (VVZ), der Süchtelner Zeitung (SZ) und dem Sprecher am Niederrhein (SaN) inklusive derer Neben- und Sonderausgaben. 1922 verschmolzen die Zeitungen im Dreistädtegebiet unter der Federführung der VVZ und erschienen fortan unter dem Haupttitel Vereinigte Dreistädte-Zeitung (VDZ). Im Untertitel blieben die jeweiligen Vorgängerzeitungen noch beibehalten. Der Betrieb wurde 1941 kriegsbedingt eingestellt.
Als Dreistädte-Zeitung (DZ) wurde sie ab dem 1. November 1949 wieder in Viersen verlegt. Die Umbenennung in Grenzlandkurier (GLK) erfolgte 1955. Anschließend ging der GLK 1958 in der Rheinischen Post auf und verlor so seine Eigenständigkeit.

Geschichte und Entwicklung

Vorläufer

Sprecher am Niederrhein (1862-1922)

Der Sprecher am Niederrhein (SaN) war die bedeutendste Zeitung aus der Stadt Dülken und über die Stadtgrenzen im Kreis Kempen bekannt. Ihren Anfang nahm die älteste der drei Vorgängerzeitungen der VDZ im Jahr 1862: Der kreisbekannte Drucker Anton Wefers gründete am 1. Oktober 1862 den SaN als liberales Blatt. Ihm sollten im Laufe der Jahre diverse Verleger folgen, die den SaN schließlich in ein Zentrumsblatt umwandelten. Abonnent*innen konnten den SaN zwei- bis dreimal pro Woche beziehen, 1881 zu einem Monatspreis von 50 Pfennig. Zentrales Supplement war der Allgemeiner Anzeiger, der 1888 eine Auflage von 4.000 erreichte. Seit den 1880er Jahren prägte Friedrich Wilhelm Kugelmeier, zunächst als Chefredakteur, anschließend als Verleger bzw. Geschäftsführer, den SaN mehr als 30 Jahre lang. Kugelmeier war zudem über 25 Jahre im Kreisvorstand der Zentrumspartei (Niederrheinisches Tageblatt, 13.09.1919) und galt in Dülken als die „Verkörperung der Zentrumsidee“ (Sprecher am Niederrhein, 13.09.1919). Am 12. März 1906 entstand die „Sprecher am Niederrhein GmbH“ mit einem Stammkapital von 85.000 Mark (Kölnische Zeitung, 15.03.1906). 1920 musste der SaN seinen Betrieb schließlich einstellen und die Gesellschaft wurde in „Niederrheinische Nachrichten GmbH“ umbenannt. Unter dem Titel Niederrheinische Nachrichten erschien die Zeitung unter den neuen Geschäftsführern Gerhard Kugemeier und Albert Schöny, der Vorsitzender der Dülkener Zentrumspartei und ehemaliger Verleger der Dülkener Zeitung war, noch zwei Jahre, bis die Viersener Volkszeitung (VVZ) sie erwarb.

Süchtelner Zeitung (1880-1906/1922)

Die Süchtelner Zeitung (SZ) war jahrelang das amtliche Organ der Stadtgemeinde Süchteln. Mit ihrer Gründung 1880 war sie zunächst ein Wochenblatt, das für einen Jahrespreis von 3,80 Mark zu beziehen war. Die SZ ist untrennbar mit der Person Joseph Thelen verbunden: Seit 1888 führte der Buchdruckereibesitzer und Verleger das Zeitungsunternehmen. Thelen war aktives Zentrumsmitglied (z.B. Viersener Zeitung, 04.03.1933), Beigeordneter der Stadt Süchteln (z.B. Niederrheinisches Tageblatt, 23.03.1918) und in diversen Ausschüssen (z.B. Niederrheinisches Tageblatt, 20.11.1924) engagiert. Nachdem die Viersener Volkszeitung (VVZ) mit der Süchtelner Volkszeitung 1902 ein Konkurrenzblatt druckte, verlor die SZ ihren Status als Zentrumsorgan der Stadt Süchteln. Zum 01.03.1907 ging die SZ im Verlag der VVZ auf und war fortan keine unabhängige Zeitung mehr, obwohl sie bis zur Fusion zur VDZ 1922 ihre eigene Gestalt, Lokalnachrichten und Lokalanzeigen beibehielt und sich so von der VVZ unterschied. Im Rahmen der VDZ blieb der Untertitel der SZ erhalten und Thelen berichtete noch bis 1935 für die Süchtelner Lokalredaktion.

Viersener Volkszeitung (1900-1922)

Am 16. März 1900 wurde die „Gesellschaft für Druck und Verlag“ (GfDuV) in der Stadt Viersen gegründet (Viersener Zeitung, 24.03.1900), die sich aus den Viersener Zeitungsunternehmen der Deutsche[n] Volksblätter[n] (DVB) und der Viersener Volkszeitung (VVZ) zusammensetzte. Letzterer Titel wurde für die neu geschaffene Tageszeitung übernommen. Geschäftsführer waren zunächst Michael Stoffels und Robert Noack, die zuvor die DVB und die VVZ leiteten. Die VVZ war vierteljährlich für 1,50 M zu beziehen. Darin waren neben dem „Katholischen Sonntagsblatt“ die „Illustrierte Unterhaltung-Beilage“ enthalten. Die VVZ entwickelte sich zum unumstrittenen Organ der Viersener Zentrumspartei. Immer wieder kam es zu „Pressefehden“ mit der konkurrierenden Viersener Zeitung (VZ), die nicht der Zentrumspartei zugehörig war (z.B. Viersener Zeitung, 22.01.1907). Von 1910 bis 1935 hatte Paul Franz Stroux die Geschäftsführung inne.

Vereinigte Drei-Städte-Zeitung (1922-1941)

Zum 1. September 1922 verkündete die VVZ in ihren Lokalnachrichten auf der zweiten Seite, dass sie über einen neuen Zeitungskopf verfüge. Der neue Titel trug neuerdings den Namen Vereinigte Dreistädte-Zeitung (VDZ). Die GfDuV verlegte neben der Süchtelner Zeitung (SZ) fortan den Sprecher am Niederrhein (SaN) aus Dülken. Das Dreistädtegebiet, dem einerseits Viersen sowie andererseits Dülken und Süchteln unterschiedlichen Landkreisen angehörten, sollte von diesem Zeitpunkt an eine gemeinsame „Heimatzeitung“ verfügen, die eine gemeinsame Linie im Sinne des parteipolitischen Zentrums verfolgte. Die Verschmelzung mit dem Dülkener SaN, der nach über 60 Jahren aufgrund finanzieller Engpässe seine Eigenständigkeit verloren hatte, führte außerdem zu einer enormen Steigerung der Auflage. Dies verdeutlichte auch der neue Untertitel „weitaus meistverbreitete Zeitung in Viersen“. Die VDZ konnte zwischen vier und bis zu zehn Seiten pro Ausgabe variieren. Abhängig von der jeweiligen Erscheinungsstadt ließ die GfDuV den jeweils dazugehörigen Zeitungstitel zentriert und größer als die Bezeichnung VDZ, die darüber in kleinerer Schriftgröße in den Hintergrund rückte, bedrucken. Diese Kopfausgaben, typisch für die Weimarer Republik, waren Ergebnis von Rationalisierungsprozessen der Zeitungsbranche und entsprechend inhaltlich weitgehend identisch. Im August 1923 verschwand der Titelwechsel im Header: Fortan stand die „Vereinigte Dreistädte-Zeitung“ im Mittelpunkt. VVZ, SZ und SaN verkamen zu Untertiteln. Dies hatte auch zur Folge, dass wiederum der Untertitel der VVZ – Deutschen Volksblätter – verschwand. Trotzdem wurde durch die Kreisbehörde am 9. November 1923 beschlossen, dass die VVZ als amtliches Kreisblatt für den Kreis Gladbach fungieren sollte (Vereinigte Dreistädte-Zeitung, 09.11.1923). Seit dem 16. November trug sie den amtlichen Status im Untertitel. Im Zuge der Hyperinflation entwickelte sich der Bezugspreis der VDZ in absurde Höhen: Am 29. Dezember 1923 kostete eine Einzelausgabe 100 Milliarden Reichsmark.

(Wirtschafts-) Politik, Lokales und Anzeigen waren die althergebrachten Ressorts, die zum Teil Überschneidungen aufwiesen. Kirchliche Nachrichten sowie der Zeitungsroman hatten ebenfalls in jeder Ausgabe ihren festen Platz. In immer größerem Ausmaß berichteten die Redakteure, die größtenteils hochgebildet und aktive Zentrumsmitglieder waren, über Ereignisse im Umkreis des Dreistädtegebiets und den Sport, der sich zusehends zu einem eigenen Ressort entwickeln sollte. Die redaktionellen Zuständigkeiten wurden zudem transparent aufgeteilt: Im Dezember 1925 war etwa ein Redakteur für den politischen-, ein weiterer für den Kunst-, Wissens-, Unterhaltungs- und Sportteil, drei Redakteure waren für die jeweilige Lokalberichterstattung und wiederum einer für die Anzeigen verantwortlich. Der Briefkasten diente der öffentlichen Kommunikation zwischen Redaktion und Leser*innen. Diese schien über die „drei Städte“ hinaus zu reichen, denn ab dem 25. September 1927 zierte zusätzlich „Grenzgebiet und Schwalmtal“ – mit Nennung von Geschäftsstellen in Waldniel, Breyell und Lobberich – den Zeitungskopf. Die VDZ erweiterte kontinuierlich ihren Umfang: Rund zwei Monate später waren 32 Seiten inklusive der Sportbeilage zu lesen (Vereinigte Dreistädte-Zeitung, 17.12.1927). Weitere, im Wechsel erscheinende Supplements waren „Aus unserer Heimat“, „Die Festhalle“, „Frauenbeilage“, „Unterhaltungsbeilage“, „Haus- und Landwirtschaft“, „Aus Werkstatt und Fabrik“ sowie „Illustrierte Beilage“. Die VDZ gehörte zu den 12,5 % der deutschen Tageszeitungen, die sich als Zentrumspresse definierten. Mit ihrer Auflage von 12.000 Ausgaben pro Erscheinungsdatum (1928) hatte sie sich schließlich zu einer mittelgroßen Zeitung mit enormer Reichweite am linken Niederrhein entwickelt.

VDZ in der Zeit des Nationalsozialismus

Während der nationalsozialistischen Diktatur erschien die VDZ im Vergleich zur VZ, die in der Westdeutsche Zeitung (WZ) aufging, weiterhin regelmäßig. Thelen wurde Hauptschriftleiter, wie Chefredakteure fortan hießen, und musste wie alle Journalist*innen in der Schriftleiterliste geführt werden. Spätestens mit den Amann-Anordnungen vom 24. April 1935 wurde die VDZ gleichgeschaltet. Trotzdem blieben christliche Elemente, wie der Wunsch für ein „gottgesegnetes neues Jahr“, erhalten (Vereinigte Dreistädte-Zeitung, 31.12.1938). Ab dem 1. April 1936 tritt Peter Pfeiffer als Verlags- und Hauptschriftleiter in Erscheinung. Zudem oblag Verlag und Herausgabe nicht mehr der GfDuV GmbH, die weiterhin den Druck übernahm, sondern dem Verlagshaus „Vereinigte Dreistädte-Zeitung GmbH“ in Viersen. Im Laufe des Jahres übernahm der langjährige Redakteur Georg Schmidt Pfeiffers Stellvertretung. Diese behielt er auch inne, nachdem Heribert Schenk am 4. April 1938 Pfeiffer als Geschäftsführer ablöste. 1939 definierte sich die VDZ als „alteingesessene Heimat- und Familienzeitung“ und hatte eine Auflage von 7.921 pro Erscheinungsdatum. Schenk blieb bis zum 31. März 1941, als die VDZ schließlich kriegsbedingt ihren Betrieb einstellen musste, verantwortlich.

Auflage

  • 1926: 12.000
  • 1939: 7.921

Nachfolger

Rund achteinhalb Jahre später, am 1. November 1949, erfuhr die Zeitung wieder ihre Aufnahme, diesmal unter dem Haupttitel Dreistädte-Zeitung und dem Untertitel „Heimat- und Familienblatt für Viersen, Dülken, Süchteln, Grenzgebiet und Schwalmtal“. Sie erschien drei- bis fünfmal wöchentlich. Die Umbenennung in Grenzlandkurier (GLK) erfolgte im April 1955. Etwa drei Jahre später verlor der GLK endgültig seine Eigenständigkeit und ging in der Rheinischen Post (RP) auf. Seit dieser Übernahme berichtet der GLK als Regionalteil der RP noch bis heute über Viersen und das umliegende Grenzland.

Literatur und Quellen

Quellen

  • Mosse, Rudolf (Hrsg.): Zeitungskatalog und Insertionskalender, Annoncen-Expedition, 1889 (22. Auflage), 1895 (28. Auflage) und 1899-1906 (32.-40. Auflage) und 1910 (44. Ausgabe), Berlin.
  • Reichsverband der deutschen Werbungsmittler e.V. (Hrsg.): Zeitungskatalog 1939, Berlin.
  • Sperling, H. O. (Hrsg.): Sperlings Zeitschriften-Adressbuch 1906, 43. Ausgabe, Stuttgart 1906.
  • Verband deutscher Annoncen-Expeditionen e.V. (Hrsg.): Zeitungskatalog 1927 und 1934, Hamburg und Berlin.
  • Woerl, Leo: Die Presseverhältnisse im Königreichen Preußen, Würzburg 1881.

Literatur

  • o. A.: Den Menschen der Heimat verbunden, in: Was bietet Viersen? Veranstaltungen im Monat Januar 1953, Nr. 51, 5. Jahrgang, Viersen.
  • Föhles, Eleonore: Kulturkampf und katholisches Milieu 1866-1890 in den niederrheinischen Kreisen Kempen und Geldern und der Stadt Viersen, Viersen 1995.
  • Karlsson, Björn: Koloniale Spuren am Niederrhein, Verbindungen, Verflechtungen und Erinnerungen an das Kolonialzeitalter am Beispiel der Stadt Viersen, Berlin 2021.
  • Karsten, Jürgen: Presse und Presseamt in den ersten Nachkriegsjahren. Mit einem kurzen Rückblick in die Zeitungsgeschichte des Kreises Viersen, in: Kreis Viersen (Hrsg.): Heimatbuch des Kreises Viersen, Band 38, 1987, S. 215-232.
  • Röttgers, Otto: Die Anfänge der Presse im Kreise Kempen 1848 bis 1867, in: Stadt Viersen (Hrsg.): Mein Heimatbuch, Band 14, 1963, S. 130-136.
  • Verein für Heimatpflege e.V. Viersen (Hrsg.): Rintgen, Entwicklung eines Viersener Stadtteils, Viersen – Beiträge zu einer Stadt, Bd. 47, Viersen 2021.