Go to page

Lippische Intelligenzblätter

BESTANDsHALTENDE INSTITUTION

Lippische Landesbibliothek Detmold

BESCHREIBUNG VERFASST VON

Dr. Joachim Eberhardt (2022), Lippische Landesbibliothek Detmold

GESCHICHTE UND ENTWICKLUNG

Zur Verbesserung und Beschleunigung des Mitteilungswesens erlaubte die lippische Regierung dem Lemgoer Verleger Christian Friedrich Helwing, Inhaber der Meyerschen Hofbuchhandlung und Hofbuchdruckerei, die Gründung der Lippischen Intelligenzblätter, deren erste Ausgabe „auf gnädigst-landesherrlichen Befehl“ am 7. Februar 1767 erschien. Das Intelligenzblatt erschien samstags im Quartformat, im Umfang von einem Druckbogen (also 8 Seiten); das Abonnement kostete jährlich 1 Rthlr 18 mgr. Redaktionsschluss war am Donnerstag.

Erster Redakteur war der Lemgoer Stadtsekretär Johann Albert Hermann Heldman (1734–1810). In seiner Einleitung in der ersten Ausgabe legte über das inhaltliche Profil der Zeitschrift Rechenschaft ab. Ziel sei es, über „1. Staatssachen, 2. gerichtliche Sachen, 3. vermischte Sachen, 4. gelehrte Sachen“ zu informieren. „Staatssachen“ waren landesherrliche Edikte und Verordnungen; „Gerichtliche Sachen“ waren Nachrichten über „Entweichung von Gefangenen, öffentliche Feierlichkeiten, Auktionen und Subhastationen“ (=Zwangsversteigerungen). Die „Vermischten Sachen“ waren, neben Informationen über behördliche Preisbeobachtungen wie z. B. die sogenannte Brottaxe, vor allem private Anzeigen über Angebote, Gesuche und Stellenanzeigen. Die „Gelehrten Sachen“ waren Abhandlungen unterschiedlichen Inhalts. Redakteur Heldman wünschte sich dafür Einsendungen der Leser, die praktischen Charakter hätten, und wollte auch Lektürefunde weitergeben. Die gelehrten Sachen sollen außerdem „dem gemeinen Haufen … ein guter Geschmak, eine Kentnis der nüzlichsten Wahrheiten, ein Trieb zu neuen Entdeckungen und Untersuchungen“ eingeben.

1773 übernahm Johann Lorenz Benzler (1747-1817) die Redaktion, 1783-1807 der Gymnasialdirektor Justus Conrad Mensching (1732–1807); von 1807 bis 1842 redigierte der Lemgoer Pfarrer Moritz Casimir Pothmann das Blatt.

Anfangs stand die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens in Frage, da die Auflage klein war. Die lippische Regierung suchte den Absatz durch verschiedene Verordnungen zu unterstützen, in denen sie Beamten und Pfarrern den Bezug vorschrieb. Die Redakteure taten das ihre, indem sich unter Mensching und Pothmann das Verhältnis zwischen Abhandlungen und Anzeigen / Inseraten änderte. Da die Inserate bezahlt wurden, bildeten sie eine zusätzliche Einnahmequelle. Ab 1790 erscheinen beispielsweise neben den geschäftlichen auch private Familienanzeigen (Tod, Hochzeit, Geburt) im Blatt. Wie Arno Schröder bilanziert, haben die Intelligenzblätter ihren ursprünglichen Charakter nach und nach verloren: »Die Fülle der Anzeigen gab dem Blatte ein ganz anderes Gepräge, und es ist erklärlich, daß wir vergebens nach dem suchen, was das Leben der Menschen in lippischen Landen während jener Epoche bewegt hat.« (Schröder 1936, S. 39). Die Auflage stieg jedoch von 91 Exemplaren im Jahr 1772 auf 656 Exemplare im Jahr 1842.

Für die Namensänderung zum Jahreswechsel 1808/1809 – von den Lippischen Intelligenzblättern zum Fürstlich Lippischen Intelligenzblatt – ist kein konkreter Anlass auszumachen. Das Blatt selbst schweigt sich darüber aus; an Format, Preis und Erscheinungsweise änderte sich nichts, und Pfarrer Pothmann war schon zwei Jahre vorher Redakteur geworden. Erst sein Tod am 13.2.1842 trug zur organisatorischen Veränderung bei. Der Verlag trug die Redaktion dem umtriebigen Detmolder Juristen Moritz Leopold Petri (1802–1873) an, der bereits seit 1835 Mitgründer und -herausgeber des Lippischen Magazins für vaterländische Cultur und Gemeinwohl war, eine wöchentlich beim gleichen Verlag erscheinende „Heimatzeitschrift“ (Wilhelm Süvern). Da die Intelligenzblätter das Anzeigenprivileg hatten, musste sich das Magazin allein über seine Abonnements finanzieren. Petri schlug daher vor, Intelligenzblatt und Magazin zusammenzulegen und die Redaktion von Detmold aus zu führen. Im Frühjahr 1842 hatte immerhin die Meyersche Hofbuchdruckerei Geschäftsräume in Detmold eröffnet.

Zu einer Zusammenlegung der beiden Periodika kam es nicht. Das Intelligenzblatt wurde in „Fürstlich Lippisches Regierungs- und Anzeige-Blatt“ umbenannt und erschien ab Januar 1843 „im Wesentlichen unverändert“ (so die redaktionelle Bemerkung in der ersten Ausgabe). Nur die landesherrlichen Gesetzveröffentlichungen sollten künftig in einem eigenen Gesetzblatt erscheinen. Von der Erklärung der Pressefreiheit in Lippe im März 1848 blieb das Blatt unberührt, da es keine aktuellen Berichte und Nachrichten brachte. Nur Redakteur Petri zog sich zurück, da er im Auftrag der Regierung Lippe in Frankfurt vertreten sollte. 1852 ist es mit der Pressefreiheit wieder vorbei; die 1848 aufgesprossenen politischen Organe wie Volksblatt und Wage hatten ihr Erscheinen eingestellt bzw. waren verboten worden; der Nachfolger des Lippischen Magazins, die Vaterländischen Blätter, war schon im März 1849 eingegangen.

Ab 1864–1868 erschien das Blatt zweimal wöchentlich (mittwochs und samstags), 1869-1871 dreimal (dienstags, donnerstags und samstags). Inhaltlich ändert sich nichts, obwohl 1868 das Meyersche Privileg gefallen war und mit der Lippischen Post und dem Lippischen Volksblatt zwei Zeitungen als Konkurrenz erwachsen waren.

Im Mai 1871 verkaufte die Inhaberin der Meyerschen Hofbuchhandlung den Verlag an den Unternehmer Wilhelm Klingenberg, der mit seinem Bruder in Detmold eine lithografische Anstalt führte. Unter Klingenberg stieg die Erscheinungsfrequenz weiter: ab Juli 1872 erschien das Blatt täglich montags bis samstags, mit kleinerer Schrifttype und größerem Papierformat (22 x 32 cm statt 17 x 21 cm). Die Abonnementgebühren stiegen auf 2 Rthlr 20 sgr. (Dahl S. 20) Redaktionell entsprach dem die Hinzufügung eines „nichtamtlichen“ Teils, der „politische und andere Nachrichten aus Deutschland und dem Auslande sowie Local-Nachrichten und Besprechungen über Landesangelegenheiten enthalten“ sollte, wie es in der Ankündigung am 29.6.1872 heißt. Diesen nichtamtlichen Teil nutzte nun auch die Regierung bzw. der lippische Kabinettsminister Adalbert von Flottwell, um seine Politik gegen Kritik aus anderen Periodika verteidigen und so auf die öffentliche Meinung einzuwirken. Mit der Einführung des „nichtamtlichen Teils“ und der Erhöhung der Erscheinungsfrequenz war der wesentliche Schritt zur Tageszeitung modernen Typs gemacht. Zum Jahreswechsel 1877/78 wurde aus dem Fürstlich Lippischen Regierungs- und Anzeigeblatt die Lippische Landes-Zeitung, die nur noch aus dem Anzeigengeschäft und dem nichtamtlich-redaktionellen Teil bestand. Die amtlichen Anzeigen standen ab 1878 im wöchentlich erscheinenden Amtsblatt für das Fürstenthum Lippe.

Auflagenentwicklung

  • 1772: 91

  • 1792: 240

  • 1806: 317

  • 1842: 656

  • 1850: 925

  • 1871: 1.200

(Angaben nach Schröder, S. 37 und S. 73)

Literatur

  • Arno Schröder, Geschichte des Zeitungswesens in Lippe, Detmold 1932.

  • Wilhelm Süvern, Lippisches Magazin. Die Geschichte einer Heimatzeitschrift, Detmold 1974.

  • Friedrich Huneke, Die „Lippischen Intelligenzblätter“ (Lemgo 1767-1799). Lektüre und gesellschaftliche Erwartung, Bielefeld 1989.

  • Michael Dahl, Die Geschichte der Lippischen Landes-Zeitung, Detmold 2017. (Kulturlandschaften, 35)

  • Michael Dahl, Joachim Eberhardt: Titelblätter 1767-2017. 250 Jahre Zeitungsgeschichte, Detmold 2017.

  • Joachim Eberhardt: Der weite Weg zur Tageszeitung. Bemerkungen zu 250 Jahren Geschichte der Lippischen Landes-Zeitung. – In: Lippische Mitteilungen (2022), im Druck.