Bielefelder Post
Bestandhaltende Institution
Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld
Beschreibung verfasst von
Dr. Jochen Rath (2021), Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld
Geschichte und Entwicklung
In ihrer ersten Ausgabe bekannte sich die „Bielefelder Post“ am 31. Mai 1890 umgehend als nationalliberal, reklamierte jedoch eine redaktionelle Unabhängigkeit für sich: „Die ,Bielefelder Post‘ wird politisch auf dem Boden der nationalliberalen Partei stehen, jedoch in jeglicher Frage die volle Selbständigkeit der Beurteilung wahren.“ Die Nationalliberale Partei war 1866/67 als Abspaltung des rechten Flügels aus der Fortschrittspartei entstanden.
Die erste reguläre Ausgabe folgte am 1. Juni 1890. Laut Erstausgabe sollte das Blatt als Tageszeitung sechs Mal wöchentlich, was bis zur Einstellung auch durchgehalten werden konnte, und mit einem Beiblatt und den wöchentlichen Beilagen „Frauenblatt“ und „Landwirtschaftliche und gewerbliche Mitteilungen“ erscheinen. Organisiert war das Unternehmen als Aktiengesellschaft. Gedruckt wurde in der Druckerei Ritterstraße 43, der später u. a. „Der Turm“ produziert wurde. Immer wieder gelang es dem verhältnismäßig jungen Blatt, Beiträge zur Geschichte Bielefelds und Ravensbergs einzuwerben und in der Beilage zu veröffentlichen.
Anfangs zeichnete Direktor Paul Lorenz (1861?–?) für den politischen Teil verantwortlich, der aus Tilsit zugezogen war und 1891 nach Kassel verzog. Der allgemeine Redaktionsteil lag bei dem aus Schönau/Baden stammenden und von Berlin zugezogenen Paul Böhler (1859–?). Böhler erscheint zuletzt am 21. März 1891 als Redakteur, der danach kurzzeitig allein verantwortliche Lorenz am 31. März 1891. Die Gesamtredaktion lag danach vom 1. April 1891 bis 6. August 1892 bei Dr. Heinrich Lagler (1845–?). Der gebürtige Bamberger Lagler, der 1891 aus Altena zugezogen war und 1893 nach Berlin verzog, beendete sein Engagement mit einer überbordend-übertriebenen (vielleicht sogar ironischen?) Eloge auf Bielefeld, die am 6. August 1892 mit den Worten endete: „Ja es gibt nur ein Bielefeld, und der Bielefelder hat alle Ursache, seine Vaterstadt mit ihren Schatten- und Lichtseiten von ganzem Herzen zu lieben.“
Danach wird eine redaktionelle Verantwortlichkeit nicht mehr ausgewiesen, so dass diese möglicherweise bereits von Außen wahrgenommen wurde. Denn mit dem 31. Dezember 1892 wurde die „Bielefelder Post“ eingestellt. In der letzten Ausgabe wurde mitgeteilt, dass als regionales Parteiorgan die erst 1886 gegründeten „Hannoverschen Neuesten Nachrichten“ gewonnen worden seien, „welche die politischen Prinzipien der nationalliberalen Partei in sachlicher Weise vertreten und auch den besonderen Interessen derselben im Minden-Ravensberger Land dienen“. Die Hoffnungen erfüllten sich indes nicht: Die HNN gingen bereits 1894 im Hannoverschen Courier/Kurier“ auf, der seit 1854 erschien.
Verbreitung, Leserkreis, politische Ausrichtung, Auflagenhöhe
- Umfang, Format und inhaltlicher Aufbau: Tageszeitung
- Verbreitung: Auflagen unbekannt
- Politische Ausrichtung: nationalliberal
Beilagen
- tägliche Beilage
- „Frauenblatt“ (wöchentlich; nicht verfilmt)
- „Landwirtschaftliche und gewerbliche Mitteilungen“ (wöchentlich; nicht verfilmt)
Konkurrenzblätter
- „Bielefelder Tageblatt“ (Westfälische Zeitung) (bürgerlich, konservativ)
- „Der Wächter“ (liberal – Fortschrittspartei)
- „Neue Westfälische Volks-Zeitung“ (deutsch-konservativ)
- „Volkswacht“ (sozialdemokratisch)
Literatur
- Lüpke, Reinhard, „Spiegel der Gesellschaft”. Entstehung und Entwicklung der Bielefelder Presse von 1811 bis heute, in: Andreas Beaugrand (Hg.), Stadtbuch Bielefeld. Tradition und Fortschritt in der ostwestfälischen Metropole, Bielefeld 1996, S. 660-663