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Volkswille <Münster (Westf)>

BESTANDHALTENDE INSTITUTION

Stadtarchiv Münster

BESCHREIBUNG VERFASST VON

Angelika Gwóźdź, M.A. (2025), Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf

Geschichte und Entwicklung

Am 24. April 1919 wurde das Zeitungsunternehmen „Volkswille“ als sozialdemokratisches Organ in Münster gegründet. Die GmbH bestand aus fünf Gesellschaftern: für den Parteivorstand Otto Braun (Berlin), für den Bezirksvorstand Max König (Dortmund), für das Münsterland Bernhard Demter (Burgsteinfurt) und für Münster Heinrich Schreiber und Theodor Mogge. Otto Braun und der Heinrich Schreiber wurden als Geschäftsführer und der Buchdrucker Max Duhme als Prokurist eingetragen (Papier-Zeitung, 1919, 44. Jg., Bd. 2). Otto Braun gehörte seit März 1919 zur Kommission zur Beratung der Presseangelegenheiten der Partei.

Am 3. Mai 1919 erschien die erste Ausgabe von „Volkswille“ im Verlag der „Volkswille GmbH“, der sich im gleichen Gebäude wie die Buchhandlung „Volkswille“ sowie Parteisitz des Ortsvereins Münster und Gewerkschaften befand. Der Druck erfolgte zunächst in der eigenen Druckerei, in der auch eine eigene Zeitung für den Wahlkreis Hamm-Soest gedruckt werden sollte. Bereits nach einem Monat konnte eine Rotationsmaschine angeschafft werden und der „Volkswille“ täglich erscheinen. Im Juni 1923 wurde kurzzeitig Max Duhme als Verleger vermerkt, danach wieder Volkswille GmbH, die ab 1924 als Schreiber & Co., Druckerei- und Verlagsgesellschaft mbH aufgeführt wurde. Der Zeitungsmantel war identisch mit dem des „Volkswillen“ in Gelsenkirchen, der ab dem zweiten Blatt mit eigenem Lokalteil in eigener Redaktion einen Tag früher erschien. Auch die „Wittener Volkswacht“ scheint mit dem gleichen Mantel erschienen zu sein.

Am 24. Juni 1923 begingen Mitglieder der Münsteraner Ortsgruppe der NSDAP einen Sprengstoffanschlag auf das Partei- und Gewerkschaftshaus, das gleichzeitig Verlagssitz und Druckerei des „Volkswillen“ war (Volkswacht, 25.06.1923). Hier Druckerei wurden neben dem „Volkswillen“ außerdem die Parteiblätter für Emden und Hamm hergestellt. Den Tätern missfiel die Positionierung der Zeitung im Ruhrkampf und sie betitelten sie als die „Zeitung der Novemberverbrecher“. Denn der „Volkswille“ veröffentlichte den Aufruf zur Protestkundgebung des freien Gewerkschaftskartells gegen die Rechtsputschisten und positionierte sich gegen Albert Schlageter, der von den Nationalsozialisten zum „Märtyrer des Ruhrkampfes“ erhoben wurde. Bereits zwei Tage später erschien mithilfe der Privatdruckerei der Familie Bredt eine Notausgabe des „Volkswillens“. Für acht Wochen wurde die Zeitung in der Druckerei der „Volkswacht“ in Bielefeld hergestellt und anschließend provisorisch in einem Schuppen am Hafen untergebracht. Der Neubau eines Partei- und Gewerkschaftshauses in Münster wurde zum 1. November 1924 bezugsfertig.

Spätestens ab 1929 hatte Fritz Lenke die Betriebsleitung inne . Ab 1932/33 erschien der „Volkswille“ als Kopfblatt der „Westfälischen allgemeinen Volkszeitung“.

Spätestens ab 1933 wurde der Titelkopf um das Symbol der Eisernen Front ergänzt. Am 27. Februar erschien die letzte Ausgabe der „Volkswille“ – am Tag des Reichstagsbrands. Anfang März durchsuchten SA-Mitglieder das Haus und beschlagnahmten SPD- und KPD-Blätter sowie Ausgaben der „Freiheit“. Wenige Tage später wurde es endgültig von den Nationalsozialisten besetzt und die Druckschriften so wie die schwarz-rot-goldene Fahne wurden verbrannt (General-Anzeiger für Bonn und Umgegend, 9.03.1933 ). Am Ende des Monats wurde das Haus endgültig von den Nationalsozialisten besetzt und erst nach dem Krieg an die SPD zurückgegeben. Das von der Redaktion angekündigte Verbot der sozialdemokratischer Presse hielt länger an als bis zum 2. März. Am 13. März erfolgte die Verlängerung des Verbots um weitere zwei Wochen und erneut am 27. März. Am 22. Juni 1933 wurde schließlich auch die SPD verboten.

Titel:

  • 1919: „Volkwille. Sozialdemokratisches Organ für Münster und das Münsterland“
  • 1922: „Volkswille. Sozialdemokratische Tageszeitung für Münster und das Münsterland. Publikations-Organ der freien Gewerkschaften“.
  • Spätestens ab 1929: „Volkswille. SPD-Organ für die Interessen der werktätigen Bevölkerung in Münster und Münsterland. Republikanische Tageszeitung. Publikationsorgan der Freien Gewerkschaften und Arbeitersportvereine“. Mit neuem Erscheinungsbild und variierenden Fonts.
  • 1929: „Volkswille. SPD-Organ für die Interessen der Werktätigen in Münster und Münsterland. Publikationsorgan der freien Gewerkschaften und der Arbeitersportvereine“.
  • 1931: „Volkswille. Organ der Sozialdemokratischen Partei. Publikationsorgan der freien Gewerkschaften und der Arbeitersportvereine. Tageszeitung für Münster und das Münsterland“. Neuer Zeitungskopf
  • 1933: mit Symbol der Eisernen Front

Inhalte und politische Ausrichtung

Organ der Sozialdemokratischen Partei Deutschland. Eine Mitgliedschaft in der SPD zwang nicht zu einem Abonnement der Parteizeitung, bot jedoch auch keinen vergünstigten Bezugspreis.

Als Parteiorgan stehen vor allem parteipolitische und gewerkschaftliche Nachrichten im Vordergrund. Dabei positionierte sie sich gegen die NSDAP, aber auch gegen die KPD und die Zentrumspartei und deren Anhänger. Ausführlich schrieb der Volkswille über den Ruhrkampf und die Reichstagswahlen.
Zufinden sind Mitteilungen an Parteigenossen, Mitteilungen vom Parteivorstand und Protokolle. Texte für die Arbeiterschaft thematisieren Gewerkschaftsarbeit, die englische Arbeiterpartei, Arbeitsstreiks, Meldungen über die Eisenbahn. Außerdem gab es einen Unterhaltungsteil mit Novellen und Romanen sowie Infromationen adressiert an die Studierendenschaft. Der Lokalteil deckte den Kreis Warendorf-Beckum-Lüdinghausen, Münster und Umgegend ab und veröffentlichte Nachrichten zum Tagesgeschehen, Nachrichten aus dem Gerichtssaal, amtliche Bekanntmachungen, Inserate, Handelsteil.

Neben dem Arbeitskampf werden auch andere Soziale Bewegungen wie die Frauenbewegung thematisiert. Die „Frauenwelt“, redigiert von Hans Här, beinhaltet neben Novellen, Romanen und Dramen Nachrichten zum Geschehen der Frauenbewegung.

Sonderausgaben:

Personalia:
Heinz Al. Pohlmeyer, Heinrich Siepmann, August Freudenthal (1919-1933), Hermann Lorenz, Hans Här, Fritz Henßler (Politik, Gewerkschaft), Alwin Reismann (Wirtschaft), Karl Böttcher, Klaus Zweiling, Engelbert Kosmeier.

Periodizität, Auflage und Format

Der „Volkswille“ erschien zunächst drei mal wöchentlich mit bis zu acht Seiten in dreispaltigem Text. Bereits ab August 1919 erschien sie täglich.

Auflage

  • 1922: 8.000
  • 1925: 7.200
  • 1929: 9.600

Verbreitungsgebiet: Münsterland, mit den Städten Münster, Bocholt, Rheine, Kreis Tecklenburg, Kreis Steinfurt, Kreis Borken, Kreis Werendorf, Kreis Beckum, Kreis Coesfeld.

Beilagen

  • „Kleinsiedlung – Landwirtschaft. Allgemeine Fachbeilage aus Theorie und Praxis“, Wöchentliche Beilage
  • Für freie Stunden. Wöchentliche Unterhaltungsbeilage . Red. Otto Bröcher, Hans Här. Mit Rubriken „Unsere Frauen“/ „Frauenwelt“, „Unsere Jugend“/ „Unsere Arbeiterjugend“, „Kinderland“, „Natur und Umwelt“
  • „Der freie Gewerkschaftler“ (1925), wöchentlich
  • Frauenbeilage (1926)
  • „Volk und Zeit“
  • Beamtenstimme
  • Arbeiterjugend
  • Häufig wurden Beilagen anderer sozialdemokratischer Parteiblätter bezogen, wie zum Beispiel den Pfefferpotthast , der auch dem Gelsenkirchener Volkswillen beigelegt wurde.

Konkurrenz

Zentrumsnahe Presse mit „Münstersche Zeitung“, „Münsterischer Anzeiger“

Literatur und Quellen

  • Zum Sprengstoffanschlag im Internet-Portal „Westfälische Geschichte“.
  • Handbuch der deutschen Tagespresse. Leipzig / Frankfurt, M: Armanen-Verl. 1932.
  • Jahrbuch der Tagespresse. Berlin: Duncker, 1928 und 1930.
  • Sperling, H. O.: Sperlings Zeitschriften- und Zeitungs-Adressbuch: Handbuch der deutschen Presse. 1929.
  • Volkswille. SPD-Organ für die Interessen der werktäteigen Bevölkerung in Münster und im Münsterland. Republikanische Zeitung, Fest- und Jubiläumsnummer, vom 07. November 1929, Nr. 261, 11. Jg.
  • Hoffsten, Anke: Das Volkshaus der Arbeiterbewegung in Deutschland. Gemeinschaftsbauten zwischen Alltag und Utopie, Köln 2017, S. 503.
  • Koszyk, Kurt/Eisenfeld, Gerhard: Die Presse der deutschen Sozialdemokratie. Eine Bibliographie. Bonn 1966.
  • Korupka, Joachim: Münster in der nationalsozialistischen Zeit. In: Franz-Josef Jakobi (Hg.): Geschichte der Stadt Münster, Bd. 2, Münster: Aschendorff 1993, S. 285-330.
  • Thamer, Hans-Ulrich: Stadtentwicklung und politische Kultur während der Weimarer Republik. In: Franz-Josef Jakobi (Hg.): Geschichte der Stadt Münster, Bd. 2, Münster: Aschendorff 1993, S. 219-284.
  • Winkler, Heinrich August Winkler: Von der Revolution zur Stabilisierung. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1918 bis 1924, Berlin/Brilon 1984, S. 568.