Hörder Volksblatt
BESTANDHALTENDE INSTITUTIONEN
Mikrofilmarchiv der deutschsprachigen Presse e.V. (MFA), Institut für Zeitungsforschung
BESCHREIBUNG VERFASST VON
Chantal Stephan (2025), Westfälische Hochschule Gelsenkirchen
Hörder Volksblatt (1857-1949)
Geschichte und Entwicklung
Anzeiger und Wochenblatt für Hörde, Schwerte, Aplerbeck, Westhofen und Umgegend (1857-1862)
Das „Volksblatt, Ausgabe Hörder Volksblatt“, wurde 1857 als „Anzeiger und Wochenblatt für Hörde, Schwerte, Aplerbeck, Westhofen und Umgegend“ von Franz Knoll in Hörde gegründet. Es nannte sich ab 1863 „Hörder Volksblatt“ und erschien mit zahlreichen Nebenausgaben, wie zum Beispiel dem „Barop-Hombrucher Volksblatt“ (ab 1928) bei May im heutigen Dortmund-Hörde, ab dem 22. März 1934 unter dem Titel „Volksblatt, Dortmund-Hörde“. Der Titel „Volksblatt“ stand also für verschiedene regionale Zeitungen. In der NS-Zeit konnten sie nur „überleben“, indem sie sich der Ideologie anpassten. Das Hörder Volksblatt wurde so vom sozialdemokratischen und arbeiternahen Periodikum zu einer der NS-Ideologie angepassten Zeitung. Die Zeitung existierte bis zum 31. Mai 1941.
Im Jahre 1859 gingen Druckerei und Zeitung durch Kauf in den Besitz von Erwin May über. Erwin May hatte seine Ausbildung als Buchdrucker und Buchhändler in den Vereinigten Staaten abgeschlossen und hatte seine preußische Staatsbürgerschaft verloren. Vor der Wiederverleihung durfte er den erworbenen Betrieb nicht selbstständig führen. Knoll (der Gründer der Zeitung) blieb deshalb als Teilhaber in der Firma, deren Name nun Knoll & Comp. lautete. Als die Firma schließlich von dem alleinigen Besitzer E. May weitergeführt werden konnte, wurde sie zu May & Comp. umbenannt. Am 1. Oktober 1860 wurde dem Geschäft eine Buchhandlung angegliedert. Er änderte den Titel der damals in einer Auflage von 500 Exemplaren erscheinenden Zeitung mit dem 1. Januar 1863 in „Hörder Volksblatt“.
Hörder Volksblatt (1863-1944)
Die Zeitung wuchs mit der Zeit und den Auflagen. Im Dezember 1863 erschien erstmalig eine Nummer im Umfang von 10 Seiten. Im Jahre 1870 erhöhte sich durch das Interesse an den Kriegsnachrichten der Abonnementstand um das Doppelte. Dadurch konnte die Zeitung häufig im Umfang von sechs bis acht Seiten erscheinen.
1880 verzeichnete die Zeitung rund 7.000 Abonnent*innen. Die Zustellung erfolgte nun durch 30 Bot*innen. Spätestens ab 1888 wurde der Titel in den heute noch bestehenden Titel „Hörder Volksblatt verbunden mit der Hörder Zeitung“ geändert. Dadurch veränderte sich auch die Ausgabe: Ab dem 10. Dezember 1892 erfolgte die wöchentliche dreimalige Ausgabe (Dienstag, Donnerstag, Sonnabend) und eine Preisänderung.
Der Fortschritt auf drucktechnischem Gebiet durch Rotations- und Setzmaschinen ermöglichte im Dezember 1902 das tägliche Erscheinen des „Hörder Volksblattes“ mit wöchentlich beigefügten Unterhaltungsblättern. Spätestens ab dem 1. Januar 1912 war die Zeitung ein amtliches Kreisblatt für den Stadtkreis Hörde.
Der Erste Weltkrieg und seine Nachwirkungen brachten auch für das Blatt große Schwierigkeiten. Unter anderem beim Kapp-Putsch, als die in Hörde regierenden Spartakisten den Verlag mit Zensur und anderen Unannehmlichkeiten belästigten. Und während der Besatzungszeit durch die Franzosen, die das Erscheinen fünfmal verboten hatten. Die ersten Verbote konnten durch Titeländerungen („Märkische Zeitung, Kamener Zeitung“) umgangen werden. Die anderen Verbote konnten nicht umgangen werden, da die Druckmöglichkeit durch Versiegeln der Maschinen unterbunden wurde.
Im April 1939 starb der langjährige Verleger des „Hörder Volksblattes“, Carl May. Sein Sohn führte die Arbeit weiter. Mit dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges wurden beide Söhne eingezogen. Im Jahr 1941 überraschte sie das Verbot des seit 80 Jahren erfolgreichen Zeitungsunternehmens. Den privaten Verlagen wurde aus „kriegswirtschaftlichen“ Gründen kein Papier mehr zugeteilt. Die Zeitungen, die bereits erschöpft waren, mussten daraufhin sofort eingestellt werden. Ziel dieser Aktion war es, die kleineren Verlage an die NS-Presse zu binden. Das „Hörder Volksblatt“ war ebenfalls davon betroffen. So blieb nur noch die Wahl, „freiwillig“ zu verkaufen. Die „Westfälische Landeszeitung“ erwarb und die Verlagsrechte des „Hörder Volksblattes“. Die Abonnent*innen wurden ab Juni 1941 mit der „Westfälischen Landeszeitung – Rote Erde“ beliefert (31.5.1941). Die NS-Presse gewann ebenfalls weitere 19.000 Leser und erhielt die Fachkräfte aus dem Betrieb. 200.000 Mark wurden für die 19.000 Abonnenten bezahlt.
Als nächsten schweren Schicksalsschlag trafen das Unternehmen die völlige Zerstörung des technischen Betriebes bei dem Angriff auf Hörde im Frühjahr 1944.
Inhalte und politische Ausrichtung
Das „Volksblatt“ war eine tägliche Zeitung und Anzeiger für die Region Dortmund-Hörde und Umgebung. Der Fokus lag dabei auf dem Tagesgeschehen. Während der NS-Zeit hat sich das Volksblatt komplett der NS- Ideologie angepasst und keine oppositionellen Inhalte mehr zugelassen. Laut Mosse 1925 und Sperling 1926 und 1929 war die Zeitung parteilos und somit überparteilich.
Der inhaltliche Schwerpunkt lag dabei auf Nationalsozialistischer Propaganda, Berichterstattungen über Arbeit, Wirtschaft und Soziales, Militär und Krieg, Gesellschaftliches und Kulturelles und Lokalnachrichten. Sport, Todesanzeigen, (Werbe-)Anzeigen wurden auch geschaltet. Zusätzlich hat die Zeitung Kurzromane sowie Hinweise auf ausgewählte Sendungen im Radio abgedruckt. In der Ausgabe Nr. 69 am 22. März 1934 wurde zum Beispiel ein Roman von Paula von Hanstein abgedruckt. Sie war eine deutsche Schriftstellerin, die auch das Pseudonym Henny Tura verwendete und sich auf Frauenschicksale spezialisierte. Ihre Bücher wurden nach 1945 oft in Bibliotheken aufgenommen. Außerdem konnte sie sich so eine eigene Identität erschaffen und anonym bleiben.
Das Blatt befasste sich hauptsächlich mit Übersichten der wichtigsten politischen Tagesereignisse und ferner Geschehnissen. Die Verbreitung ist örtlich und gering.
Periodizität, Auflage und Format
Die Zeitung ist zunächst zwei Mal wöchentlich, ab 1892 drei Mal wöchentlich und ab 1902 täglich erschienen.
Auflage:
- 1863: 500
- 1909: 8.000
- 1913: 9.300
- 1929: Gesamtauflage 10.000
- 1934: Gesamtauflage 10.863
- 1939: Gesamtauflage 8.622, davon
- Hörder Volksblatt: 5.706
- Barop-Hombrucher Volksblatt: 1.198
- Hellweg-Märkisches Volksblatt: 1.061
- Volksblatt für Lütgendortmund: 657
Nebenausgaben
Das „Volksblatt“ hatte verschiedene Lokalausgaben, die in demselben Verlag gedruckt wurden. Weitere Lokalausgaben waren:
- Volksblatt: märkischer Anzeiger (tägliche Zeitung für den Hellweg, die Mark und Kreis Unna), gegründet 1925 als Märkischer Anzeiger
- Barop-Hombrucher Volksblatt: verbunden mit der Morgenzeitung (tägliche Zeitung für Barop-Hombruch und die Nachbargemeinden Dortmund-Hörde), 1928 als Morgenzeitung gegründet
- Volksblatt: tägliche Zeitung und Anzeiger für Schwerte, für die Ämter Westhofen, Ergste und die Nachbargemeinden
- Volksblatt: Kamener Zeitung und Volksfreund für Kamen und für die Ämter Unna-Kamen und Pelkum, Lokalanzeiger für Altenbögge, Bönen, Heeren-Werwe, Wiescherhöfen, Herringen
- Volksblatt, Ausgabe Dortmunder Volksblatt und Stadtanzeiger, gegründet 1932, Dortmund-Lütgendortmund
Beilagen
- „Illustrierte Volksblattbeilage“ (1934), diente der Unterhaltung
- „Für die Frauen“ (1912-1914), wöchentliche Gratisbeilage zum Hörder Volksblatt
- „Für’s Heim. Unterhaltungs-Beilage für Stadt und Land“
- Humoristische Blätter
Nachfolger
Höxter Volksblatt (1949-1963)
Nach Beendigung des Krieges ging Dr. Gerhard May an den Wiederaufbau des technischen Betriebes. Trotz Schwierigkeiten gelang es, am 1. November 1949 die erste Nachkriegsnummer des „Hörder Volksblattes“ den alten Leser*innen zuzustellen. Auch hier wurde wieder über die Ereignisse in der Heimat, lokale Missstände und das Geschehen der weiten Welt berichtet.
Ein Zusammenschluss mit der „Westdeutschen Allgemeinen“ erfolgte 1955, seit dem 26. Februar 1955 erschien die das Volksblatt nur noch als Nebenausgabe unter dem Titel „Westdeutsche Allgemeine. Hörder Volksblatt“. 1963 wurde die Ausgabe „Westdeutsche Allgemeine. Hörder Volksblatt“ eingestellt.
Literatur und Quellen
- Westfälische Rundschau Dortmund (Nummer 3, vom 04. Januar 1963). „Hörder Volksblatt“ verkaufte seine Leser. „Westfälische Landeszeitung“ zahlte 200.000 Mark für die 19.000 Abonnenten.
- Sonderbeilage Westdeutsche Allgemeine. Hörder Volksblatt. 100 Jahre Hörder Volksblatt (1857-1957).
- Ruhr Nachrichten Dortmund (04. Januar 1963). Zwangsverkauf einer Hörder Zeitung durch Altsparer-Gesetz entschädigt.
- Mosse, R. (1909). Zeitungskatalog. Annoncen-Expedition Rudolf Mosse.
- Mosse, R. (1913). Zeitungskatalog. Annoncen-Expedition Rudolf Mosse.
- Jahrbuch der Tagespresse (1930).
- Handbuch der deutschen Tagespresse (1932).
- Handbuch der deutschen Tagespresse (1934).