Herforder Kreisblatt
BESTANDHALTENDE INSTITUTIONEN
Kommunalarchiv Herford, Mikrofilmarchiv der deutschsprachigen Presse e.V. (MFA)
BESCHREIBUNG VERFASST VON
Angelika Gwóźdź, M.A. (2024), Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
Herforder Kreisblatt (1846-1941)
Geschichte und Entwicklung
Bis das Herforder Kreisblatt am 4.7.1846 zum ersten Mal erschien, dauerte es 3 Jahre, seit den ersten Überlegungen, solch ein Blatt ins Leben zu rufen. Der Drucker Adolph Wolff wandte sich im Juli 1843 an den Landrat von Borries und teilte ihm sein Vorhaben, eine Zeitung zu gründen, mit. Er verstarb jedoch bereits im März 1844, bevor eine Entscheidung gefällt werden konnte. Im Juni 1846 wurde die Genehmigung zur Herausgabe eines Herforder Kreisblatts an die Witwe von Adolph Wolff erteilt, die nun die Druckerei und Verlag leitete. Die Redaktion übernahm Ludwig Hölscher.
Die Witwe Wolff übergab Druckerei und Verlag am 1. Juli 1848 an Eduard Heidemann, ihren Sohn aus erster Ehe, der bald auch alleinig für die Redaktion verantwortlich war. Im August 1853 übernahm Heidemann den „Öffentlichen Anzeiger für den Herforder Kreis“ (1853) von Friedrich Erdmann, der ein halbes Jahr nach der Zeitungsgründung nach New York übersiedelte. Spätestens ab 1868 bekam Heidemann im „Herforder Kreisblatt“ redaktionelle Unterstützung von Wilhelm Eickhoff. 1872 übernahm O. Heidemann die Position des Redakteurs. Als Eduard Heidemann 1874 verstarb, wurden Verlag und Druckerei an seine Witwe Elise Heidemann übertragen (2.7.1874).
1879 wurden Druck und Verlag an I. Holtzinger übertragen, nachdem er bereits die Redaktion betreut hatte. In seiner Ankündigung setzte er besonderen Wert auf die Themen Kirche und Schule, Gewerbe, Handel und Industrie, Haus-,Garten und Landwirtschaft und den Feuilleton (2.12.1879). Im Zeitungskopf übernahm er den langjährigen Verlagsnamen und wandelte ihn ab in „E. Heidemann Nachf. in Herford“. Die Zeitung erschien nun täglich. 1880 schied Holtzinger bereits wieder aus und der Verlag ging an Ferdinand Eßmann jr. Unter seiner Leitung erschien das Herforder Kreisblatt nur noch dreimal in der Woche. Der Druck erfolgte durch die Gebrüder Heidemann (3.1.1881).
1913 gelangte der Verlag wieder in die Hände der Familie Heidemann, nachdem Fritz Heidemann bereits die Redaktion unterstützte und den Verlag drei Jahre lang pachtete (2.1.1913). Eßmann schrieb bis zum Ende des Jahres weiterhin für den politischen Teil.
Im Nationalsozialismus
Nach der Machtergreifung Hitlers zeigte sich das Herforder Kreisblatt unter der Leitung von Fritz Heidemann euphorisch und verschrieb sich voll und ganz dem Nationalsozialismus. Ab November 1933 trug der preußische Adler im Zeitungskopf in seinen Klauen ein Schwert und Blitze, und auf seiner Brust prangt ein Hakenkreuz, dessen Linien im darauffolgenden Jahr stärker nachgezeichnet wurden. Das Gesamterscheinungsbild änderte sich, das Format wurde vergrößert und der Text auf vier Spalten aufgeteilt. Im Laufe der Jahre entwickelte es sich zum Propagandablatt der NSDAP.
1936 ging der Engersche Anzeiger, der bereits bei Heidemann im Verlag Gottlieb Niemann gedruckt wurde, auf Anweisung der Reichspressekammer in das Herforder Kreisblatt über (1. Februar 1936). Es firmierte fortan unter dem neuen Titel: „Herforder Kreisblatt. Engerscher Anzeiger und Spenger Nachrichten. Mit den amtlichen Mitteilungen des Stadt- und Landkreises Herford. Älteste und weitverbreitete Tageszeitung des Stadt- und Landkreises Herford.“ In Enger erschien eine Ausgabe B des „Herforder Kreisblatt“ mit einem Lokalteil für Enger und Umgebung. Friedrich Beck wurde nun als Verlagsleiter des Fritz Heidemann Verlags aufgeführt.
1939 wurde die Verlagsleitung Carl-Wilhelm Busse übertragen, der zuvor für den Feuilleton schrieb.
1941 ging das Herforder Kreisblatt in den „Westfälischen Neuesten Nachrichten“ auf, vermutlich spätestens im März.
Übersicht der Titelwechsel
- 1846 „Herforder Kreis-Blatt“
- Januar 1848: „Herforder Kreisblatt“ mit preußischem Adler über einem Acker. Links ein Caduceus/Hermesstab, rechts ein Pflug, symbolisiert die Verbundenheit zur Landwirtschaft.
- ab 03.05.1849 ist der preußische Adler wieder aus dem Zeitungskopf verschwunden
- Spätestens 1857 preußischer Adler „Standard“ ohne Landwirtschaftlichen Kontext
- Ab 22.1.1859: „Herforder Kreisblatt. Organ für Politik, Unterhaltung, gemeinnützige Mittheilungen und Anzeigen.“ Preußischer Adler auf Acker wie 1848
- Spätestens ab Januar 1860: „Herforder Kreisblatt nebst öffentlichem Anzeiger“
- Ab 13.09.1890: Herforder Kreisblatt nebst öffentlichem Anzeiger. (Herforder Kreis-Anzeiger)
- Ab 31.03.1906: mit preußischem Adler im Zeitungskopf zu Bismarcks Geburtstag
- Ab 02.01.1913: „Herforder Kreisblatt. Herforder Kreis-Zeitung. Herforder Kreis-Anzeiger.“
- Ab 02.01.1914: „Herforder Kreisblatt. Herforder Kreis-Zeitung. Herforder Kreis-Anzeiger. Amtliches Organ für den Stadt- und Landkreis Herford“
- Ab 15.01.1920: „Herforder Kreisblatt. Amtlicher Anzeiger für den Stadt- und Landkreis Herford“
- Ab 27.01.1924: „Herforder Kreisblatt. Amtlicher Anzeiger für den Stadt- und Landkreis Herford. Der Heimat / Dem Volk / Dem Vaterlande“ (Nach Vorstellung des neuen Reichskabinetts)
- Ab 09.06.1928: „Herforder Kreisblatt. Amtlicher Anzeiger für den Stadt- und Landkreis Herford.“
- „Herforder Kreisblatt. Mit den amtlichen Mitteilungen des Stadt- und Landkreises Herford“. Ohne preußischen Adler
- Ab 1.02.1936: „Herforder Kreisblatt. Engerscher Anzeiger und Spenger Nachrichten. Mit den amtlichen Mitteilungen des Stadt- und Landkreises Herford- Älteste und weitverbreitete Tageszeitung des Stadt- und Landkreises Herford.“
Personalia
Ludwig Hölscher, Eduard Heidemann, Wilhelm Eickhoff, O. Heidemann, I. Holtzinger, W. Menckhoff, Ferdinand Eßmann, Fritz Heidemann, Walter Peters, A. Stuckenholz, Arnold Riehl, Fritz Fillies, Otto Gehne, H. Berghof, Heinrich Weinmayer, Karl Ernst Grötzsch, Friedrich Beck, Ludwig Wellhausen, Gustav Röttger, Otto Brinkmann, Erich von Lojewski
Inhalt und politische Ausrichtung
Im 19. Jahrhundert wurden landwirtschaftliche Artikel vorangestellt. Darüber hinaus wurden Amtliche Bekanntmachungen des Landraths, Bekanntmachungen der Kreissparkasse, Sensationsmeldungen, Kriminalgeschichten, Meteorologische Beobachtungen und Anzeigen veröffentlicht. Dabei wurde zum Einsenden von Beiträgen der Leser*innenschaft aufgerufen. Am Ende wurde immer das Jahr Revue passiert. An dieser Strategie hielt man bis zum Einstellen der Zeitung fest.
1848 wurden das Revolutionsgeschehen und die Mai-Wahlen intensiv beobachtet und kommentiert, sodass die landwirtschaftlichen Themen vernachlässigt oder gar komplett rausgelassen wurden.
In den darauffolgenden Jahren wurden die politischen Kommentare wieder gemäßigter. Veröffentlicht wurden Gedichte, politische Wochenschau, Lokalnachrichten aus dem Kreis und der Nachbarschaft, Artikel zur Stadtgeschichte, Landwirtschaftliches. Das Herforder Kreisblatt brachte seine Treue zum Preußentum zum Ausdruck, indem „vaterländische“ Gedichte vorangestellt oder historische Ereignisse als „Preußischer Gedenktag“ deklariert wurden. Zum Beispiel:
- George Hesekiel: Der Prinz von Preußen in Baden 1849.
- O.A.: Zu Preußens Siegesfeiern
- Fedor von Köppen: Sendlitz
- Artikel zum Wettbewerb um das Kaiser Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica (16.09.1890)
Politische Ausrichtung
Nationalliberal
Organ der Deutschen Volkspartei (siehe dazu 31.12.1919)
Ausgewählte Artikel:
- Neujahrsgrüße von Clara Mende (DVP) am 31.12.1920
- Aufruf zu einer Versammlung zum Tag der Deutschen Einheit, dem 18. Januar
- Zum Geschehen des Eisenbahner Streiks, 31.12.1921
- Reichstagswahlen, 22. Mai 1928
Nach 1933
Auch nach Machtergreifung Hitlers blieb das Herforder Kreisblatt der Regierung treu und veröffentlichte amtliche Mitteilungen und propagandistische Artikel. Trotz nationalsozialistischer Ausrichtung wurde anscheinend in der Auswahl der Texte ein Auge zugedrückt, sofern sie denn über die Heimat schrieben. So wurde zum Beispiel ein Auszug aus Ricarda Huchs „Im alten Reich, Lebensbilder deutscher Städte“ veröffentlicht, obwohl die Autorin sich offen gegen die nationalsozialistische Regierung stellte (1.2.1936).
Periodizität, Format und Auflage
Periodizität
- 1846: zunächst jeden Samstag, zwei mal wöchentlich
- 1847: 6-8 Seiten
- Nach 1848: 2-4 Seiten, zwei mal wöchentlich ab 29. April 1848 (mittwochs und Sonnabend), halber Bogen, danach wieder einmal wöchentlich
- Ab 1860 zwei mal wöchentlich
- Ab 1865 vermutlich in vergrößertem Format, da der Text nun dreispaltig ist. 4 Seiten, davon 2 Seiten redaktioneller Teil. Gesamtanzahl der Seiten variiert je nach Menge der Anzeigen
Auflage
- 1850: 400
- 1912: 4.800
- 1926: 6.000
- 1933: 7.000
- 1934: 4.650, mit Nebenausgabe 5.950
- 1936: 3.860 Ausgabe A, 877 Ausgabe B
- September 1944: 6.785 (Westfälische Neueste Nachrichten)
Beilagen
Vereinzelte Exemplare der illustrierten Unterhaltungsbeilage befinden sich zwischen den Digitalisaten des Herforder Kreisblattes.
- Illustriertes Unterhaltungsblatt, Verlag von F. Eßmann jr. (1894)
- Landwirtschaftliche Mitteilungen aus Minden-Ravensberg, gegründet vom Direktor F. Burgtorf, monatlich (1911)
1920er:
- Kunst und Leben
- Heimat-Blatt
- Hof und Scholle
- Recht und Justiz
- Jugendbeilage
- Die Deutsche Glocke
- Frauenbeilage
- Neue Illustrierte
- Illustrierte Unterhaltungsbeilage des Herforder Kreisblattes. Schriftleiter Hans Werdelmann
- Ausstellungs-Zeitung. Im Auftrage der Ausstellungsleitung herausgegeben vom Herforder Kreisblatt. (Juli 1920)
- Herforder Heimatblatt. Herausgegeben von dem Herforder Verein für Heimatkunde (1922-1940)
- Ravensbeger Heimatscholle
- Vom Film unserer Zeit (1937)
Nachfolger
Westfälische Neueste Nachrichten, Ausgabe C
Westfalen-Zeitung. Herforder Tageblatt für Politik und christliche Kultur(1946) erschien zum ersten Mal am 15. März 1946 als Lizenzzeitung der britischen Militärregierung in Bielefeld. Darin distanzierte sich die Redaktion von der nationalsozialistischen Vergangenheit. Lizenzträger waren Alfred Hausknecht und Diether Lauenstein. Gedruckt wurde wieder bei Busse.
Ab 1949 erscheint das Herforder Kreisblatt als Lokalteil des Westfalenblatts in Bielefeld, das von Carl-Wilhelm Busse übernommen wurde.
Weiteres
Das Kampfblatt für Vaterland und Heimat ist vermutlich ein selbstständiges Blatt unter der Redaktion von General Friederichs in Bielefeld. Gedruckt wurde die Zeitung bei Meyer & Beckmann in Halle in Westfalen. Das erste Exemplar erschien am 27. März 1924 mit vier Seiten, wovon 1 1/5 Seiten aus einem Anzeigenteil bestehen. Mit Artikeln vom DVP-Politiker Otto Hugo. Die Zeitung scheint ein größeres Format als die offiziellen Beilagen des Herforder Kreisblattes zu haben.
Literatur und Quellen
- Deutscher Zeitungs-Katalog für 1850. Verzeichniss der in deutscher Sprache erscheinenden periodischen Schriften mit Einschluss der politischen Zeitungen, der Tage-, Wochen- und Intelligenzblätter, Leipzig: Verlag von Carl B. Lorck, S. 114.
- Handbuch Der Deutschen Tagespresse. Leipzig Frankfurt, M: Armanen-Verl, 1932, 1934, 1944.
- Jahrbuch Der Tagespresse. Berlin: Duncker, 1928, 1930.
- Kürschner, Joseph: Handbuch der Presse. Berlin / Eisenach / Leipzig : Hermann Hillger Verlag, 1902.
- Sperling, H. O.: Sperlings Zeitschriften- und Zeitungs-Adressbuch: Handbuch der deutschen Presse, 1906, 1911, 1912, 1915, 1926,1927,1929, 1933, 1935.
- Kohl, R.: Die Anfangsjahre des Herforder Kreisblattes. In: Herforder Kreis-Blatt. 90 Jahre Herforder Kreisblatt. Für Heimat u. Reich. [Jubiläums-Ausg.] (Herford.) Jg. 90. Nr 154 vom 4. Juli 1936.