S7.) WFA

Mikrofilmarchiv der deutschsprachigen Presse.V.

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Märkischer Anzeiger

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Nr. 299(1. Blatt). Montag, den 22. Dezember 1930.

6. Jahrgang.

Der Vulkau noch in Tätigkeit. Der Vernichtungsweg des Lawastromes. Bisher 700 Tote.

Die Ausbrüche des Vulkans

Merapi sind seit zwei Tagen besonders heftig. Ungeheure Rauchsäulen steigen aus dem Krater aus, und die Dörfer und Wälder in seinen Ab­hängen stehen in Flammen. Selbst in großer Entfernung von dem Vulkan fällt Asche nieder, die sich mit dem Regen zu einer schlammartigen Masse vermischt. Die Einwohner der Dörfer wurden von einer Panik erfaßt und flohen in die Städte. Im Umkreise des Vulkans gehen täglich schwere Gewitter nieder.

Nach den letzten aus Java eingetroffenen Meldungen ist die Zahl der beim Merapi=Aus­bruch zu beklagenden Todesopfer auf rund 700

gestiegen. Man befürchtet, daß auch diese Ziffer noch nicht endgültig ist, und daß noch zahlreiche Menschen dem glühenden Lavastrom zum Opfer gefallen sind. Acht Eingeborenendörfer sind gänzlich zerstört worden während ein ausgedehntes Gebiet, in dem sich zuvor frucht­bare Landstriche besanden, von dem rotglü­henden Sand, den der Lavastrom mit sich führt, in eine Stätte des Grauens verwandelt worden ist. Da der Lavastrom noch immer nicht zum Stehen gekommen ist, werden weitere menschliche Niederlassungen bedroht.

Tausende von Flüchtlingen aus deren Ge­sichtern sich die ausgestandene Todesangst deut­lich wiederspiegelt, sind bereits in den Städten Mitteljavas zusammengeströmt, und noch immer treffen weitere Flüchtlinge ein.

Der ganze Bezirk von Stroenboeng ist in einen großen brennenden Trümmerhausen ver­wandelt worden. Der Merapi ist in voller Tätigkeit und stößt ständig große Rauch= und Feuersäulen aus.

Das unterirdische Grollen hat inzwischen stark nachgelassen. Der Resident des vom kanausbruch betroffenen Gebietes hat bei den Nachforschungen nach dem Umfang der angerich­teten Verheerungen eine Anzahl von Häusern angetroffen, deren Bewohner aus Todes­

angst Selbstmord verübt haben. Der ge­waltige Vulkanausbruch kann als die größte Vulkankatastrophe gelten, von der Java jemals betroffen worden ist.

Vom Krater verschlungen.

Der Tod des Professors Borchardt.

Der deutsche Gelehrte Professor Dr. Werner Borchardt ist nicht dem Ausbruch des in Mitteliava liegenden Vulkans Merapi zum Opfer gefallen, sondern schon meh­rere Tage vorher auf Sumatra umge­kommen. Dort unternahm er trotz Warnungen, von zwei Eingeborenen begleitet, eine Expe­dition nach dem ebenfalls Merapi ge­nannten Vulkan, kehrte aber nicht zurück; die Suche blieb erfolglos. Einer der beiden Be­gleiter wurde mit blutenden Wunden am Ab­hang des Vulkans aufgefunden.

Er erklärte, daß sich Professor Vorchardt gerade zur Vornahme von Untersuchungen an einem Strick in den Krater hinabgelassen hatte, als plötzlich ein kleiner Ausbruch des Vulkans erfolgte. Obwohl der Eingeborene schnell die Flucht ergriff, wurde er doch noch durch die glühende Asche des Vulkans verletzt. Professor Vorchardt hat höchstwahrscheinlich bei dem unerwarteten Ausbruch sein Leben ver­loren.

Untergang desOberon

Schiffsunglück im Kattegatt. 45 Passagiere vermißt.

Nach Meldungen aus Kopenhagen stießen bei Laesoe die finnischen Dampfer Oberon" undArcturus zusammen. Die Passagiere des DampfersOberon gingen in die Rettungsboote und es gelang demArc­turus, die meisten von ihnen an Bord zu neh­men.

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Die Kopenhagener Vertreter des Dampfers Oberon erhielten ein Telegramm vom Kapi­tän des DampfersArcturus", das besagt: daß dieOberon" im Laufe von drei Minuten unterging. Als das Telegramm abgesandt wurde, waren von dem gesunkenen Dampfer 36 Passagiere gerettet. DieArcturus ist über der Wasserlinie ernstlich beschädigt.

*

Die Dampfschiffahrts=Agentur Franck und Tobisenen teilt mit: Die Besatzung der Oberon" betrug 60 Mann. Außerdem befan­den sich 21 Passagiere an Bord, davon in der 1. Klasse fünf Erwachsene und ein Kind, in der 3. Klasse 15 Erwachsene. Soviel man weiß, sind bisher 4 Passagiere und 32 Mann der Besatzung gerettet. Er werden also 17 Passagiere und 28 Mann von der Besetzung vermißt.

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Der DampferArcturus hat den Hafen von Kopenhagen erreicht. Kapitän Hielt von derOberon befindet sich an Bord der Arcturus. Er ist tief erschüttert und will mit niemandem sprechen. Die Nachforschungen der Marineflieger an der Unfallstelle mußten wie­der wegen Nebels aufgegeben werden. Auf Ver­anlassung der Reederei wurde von Gotenborg aus ein Schlepper an die Unfallstelle gesandt, der jedoch nichts aufgefunden hat.

Außerhalb von Gotenborg wurden drei leere Rettungsboote von derOberon aufgesunden. Auch einige Rettungsringe wur­den aufgefischt. Der gerettete Engländer Mar­tin hat ausgesagt, daß er im Augenblick des Zu­sammenstoßes die Hand seiner Frauer­griffen hat, um mit ihr zusammen ins Wasser zu springen. Der Fuß der Frau Martin ver­wickelte sich jedoch in Tanwerk. Martin versuchte, den Fuß seiner Frau zu befreien, aber das Schiff sank. im gleichen Augenblick. Die Frau wurde mit in die Tiefe gerissen, wäh­rend Martin selbst gerettet wurde. Auch das Kind der Eheleute Martin ist umgekommen.

George Washington. verunglückt.

Mit einem dänischen Motorschiff zusammen­gestoßen.

Von den Anwohnern der Unterelbe wurde bei dichtem Nebel der gewaltige Krach

eines Schiffszusammenstoßes vernom­men. In dem Nebel war zuerst nichts zu er­kennen. Wie sich später herausstellte, handelt es sich um eine schwere Schiffskollision zwischen dem 25000 BRT. großen amerikanischen Passa­gierdampserGeorge Washington" und dem dänischen MotorschiffMalaya, das bei Cuxhaven beide Anker verloren hatte.

DerGeorge Washington wurde mit gro­ßer Gewalt am Achtersteven getroffen. Der Steven derMalaya hatte sich tief in die Schiffswand gebohrt. Bei dem Zusammen­stoß ist das ganze Vorschiff derMalaya. schwer beschädigt worden, sodaß ein Teil des Schifses sofort voll Wasser lief.

Die Schiffsleitung sah sich daher gezwun­gen, den Dampfer auf Strand zu setzen, um größeres Unglück zu verhindern. Die Lage der Malaya ist insofern gefährlich, als das Schiff eine größere Lage Soyabohnen an Bord hat, deren Ausdehnung das Schiffausein­

ander zu treiben droht. Bergungsfahr­zeuge befinden sich bei dem gestrandeten Schiff. Die Beschädigungen desGeorge Washington sind naturgemäß weniger schwer, wenn auch erheblich.

*

Wie das Hamburger Büro der United States mitteilt, sind bei dem Zusammenstoß des Tamp­fersGeorge Woshington mit dem dänischen MotorschiffMalaya Menschen nicht zu Schaden gekommen. Der Dampfer hat, wie gewöhnlich am Roßkai festgemacht; die Passagiere sind sämtlich gelandet, und mit der Löschung der Ladung ist begonnen worden. Ueber den Umfang des Schadens könne noch nichts ge­sagt werden.

Noch ein Zusammenstoß.

In dichtem Nebel auf der Höhe von Blan­kenese stießen die von Hamburg ausgelaufenen DampferPhönix" undAnnemarie" zusam­men. Beide Schiffe erlitten schwere Beschädi­gungen. DieAnnemarie wurde mit einem großen Leck unter der Wasserlinie auf den Strand gesetzt.

Standpunkt der Gewerkschaften

in der Frage der Feierschichten.

Der Eisenbahnereinheitsverband will für diese Woche seinen großen Beirat einberufen, eine Organisation, in der Funktionäre der Ge­werkschaften aus dem ganzen Reiche sitzen. Man will zu der Frage Stellung nehmen, was zu geschehen habe, um einen Ausgleich der Lasten herbeizuführen. Die Gewerkschaften wollen ver­suchen, eine abermalige Intervention des Reichsarbeitsministeriums herbeizuführen, mit der Begründung, daß es untragbar sei, für einen großen Teil der Arbeiterschaft Feier­schichten einzuführen, und zwar gerade für solche Arbeiter, deren Einkommensgrenzen bei einem Wochenlohn von 20 bis 25 Mark liege. Eine weitere Verkürzung dieser Löhne sei un­tragbar, solange andere Arbeitsgruppen infolge der Ueberarbeit bis zu 60 Stunden in der Woche arbeiteten. Sollte sich eine friedliche Lösung nicht finden lassen, so gedenke man im ganzen Reiche die Arbeitsgerichte gegen die Reichs­bahn anzurufen, um auf diesem Wege die Verwaltung zu veranlassen, einen Ausgleich zu schaffen.

Kündigung in der Seidenindustrie.

Der Arbeitgeberverband der rheinischen Seidenindustrie in Krefeld hat sämtliche beste­henden Lohntarife zum 31. Januar 1931 gekün­digt. Die Forderungen für einen Neuabschluß der Tarife liegen noch nicht vor.

Die Gehaltskürzung in Preußen.

Die vom preußischen Finanzminister bei der Haushaltsberatung angekündigte Verordnung über die Gehaltskürzung der Beamten ist nun­mehr dem Staatsrat zugegangen. Sie sieht eine Gehaltskürzung von sechs Prozent ab 1. Fe­bruar 1931 unter denselben Bedingungen wie die Gehaltskürzung im Reich vor. Die Ver­sordnung gilt nicht nur für die unmittelbaren Staatsbeamten, Lehrer usw., sondern auch für die Beamten der Gemeinden und Gemeinde­verbände, die der Landesaufsicht unterstehenden Körperschaften des öffentlichen Rechtes und die Beamten der Anstalten, Vereine und Stiftun­gen des öffentlichen Rechtes.

Realsteuern in Preußen.

Die Entwürfe für eine

Die Entwürse, die im Zusammenhang mit der Verordnung des Reichspräsidenten zur Siche­rung von Wirtschaft und Finanzen vom 1. Dez. 1930 steuerliche Erleichterungen für Preußen bringen, sind im preußischen Finanzministerium fertiggestellt worden. Das

Grundvermögenssteuergesetz

soll dahin geändert werden, daß für den Woh­nungsneubau die Steuerbegünstigungen in der Weise erweitert werden, daß für Wohnungs­neubauten, die nach dem 31. 3. 1924 fertiggestellt sind, auf Befreiung von der staatlichen Grund­vermögenssteuer von fünf auf acht Jahre aus­gedehnt wird und daß für das neunte und zehnte Jahr nur die Hälfte der Steuer erhoben werden soll. Die

Hauszinssteuerordnung

erfährt eine Aenderung dahin, daß der Steuer­betrag vom 1. April 1931 ab um 3 Prozent gesenkt wird. Die Senkung soll nicht durch eine Kürzung der Steuersätze, sondern durch eine Kürzung der im Rechnungsjahr 1930 ver­anlagten Steuerbeträge erfolgen. Ferner wird die Verordnung durch die Aufnahme einer Be­stimmung ergänzt, daß, wenn die Gemeinden besondere Richtlinien für die Bautätigleit auf­stellen, die staatliche Genehmigung ersorderlich sein soll. Es soll dadurch die Bindung der Gemeinden an die ministeriellen Richtlinien gesichert werden. Nach einer

zur Gewerbesteuer vorgesehenen Aenderung soll die Anrechnung des Gewerbeverlustes nicht nur für ein Jahr,

Senkung fertiggestellt.

sondern für die beiden Jahre zulässig sein, die der Veranlagung für 1931 vorangehen.

Protest der Bergarbeiter

gegen die beabsichtigte Lohnsenkung.

Der Gewerkverein Christlicher Berg­arbeiter hielt an allen größeren Plätzen des Ruhrgebietes stark besuchte Vertrauens­männerkonferenzen ab, in denen lebhafter Pro­test gegen die beabsichtigte Lohnsenkung zum Ausdruck gebracht wurden. Die Referenten be­haupteten bei der Schilderung der Lage im Bergbau, daß die ab 1. Dezember erfolgte Kohlenpreisermäßigung auch ohne Lohnver­minderung von den Betrieben getragen werden könne. In der lebhaften Diskussion kam von allen Seiten zum Ausdruck, daß die Christ­lichen Gewerkschaften sich mit den schärf­sten Mitteln gegen den Lohnabbau wenden wollen. In mehreren Resolutionen wurde diese Entschlossenheit den amtlichen Stellen zur Kenntnis gebracht und eine objektive Prüfung der Geschäftslage im Bergbau verlangt.

Da die in diesem Jahre eingelegten neun Millionen Feierschichten schon einen Lohnaus­sall in Höhe von 81 Millionen Mark gebracht hätten, könnten weitere Opfer von der Berg­arbeiterschaft nicht verlangt werden.

Kleine Nachrichten.

Im Tarifstreit der Bankangestellten kam man zu der Vereinbarung, daß die Gehälter der Angestellten um sechs Prozent gekürzt werden.

Die internationale Erklärung über Geld­abrüstung ist bisher von nahezu 130000 englischen Frauen unterzeichnet worden.

Zuckerfabrik niedergebrannt.

20 000 Zentner Zucker vernichtet. Millionenschaden.

In der Zuckerfabrik in Bockenem am Harz brach nachts ein Feuer aus, das sich mit rasender Schnelligkeit verbreitete. Die auf dem Zuckerboden beschäftigten Arbeiter konnten nur mit knapper Not ihr Leben retten. Die gesamte Inneneinrichtung' der Fabrik, das Ma­schinenhaus mit den wertvollen Maschinen= und Herstellungsanlagen, den Werkstätten, dem Zuckerboden und ein Teil des Lagers sind ver­nichtet.

Von dem 80 Meter langen und 30 Meter breiten Gebäude stehen nur noch die Mau­ern, die teilweise auch eingestürzt sind. Ver­nichtet sind neben riesigen Rohvorräten 20000 Zentner Zucker, die einen Wert von 400000 Mark darstellen. Der Gebäude­und Maschinenschaden geht in die Millionen.

Die Brandursache konnte bisher noch nicht festgestellt werden. Man nimmt an, daß das Feuer im Laboratorium ausgebrochen ist. *

Ueberfall auf einen Postbeamten.

Bei Wetzlar wurde in der Nähe der Lun­genheilstätte Waldhof=Elgershausen ein schwerer Raubüberfall verübt. Der 37jährige Postbe­amte Weber aus Katzenfurt wurde, als er sich mit dem Motorade auf einer Dienstfahrt für das Postamt Ehringhausen befand, unterwegs von zwei Männern zum Halten aufgefordert. Weber gab jedoch Vollgas und fuhr weiter. In diesem Augenblick zog einer der Männer einen Revolver und gab auf Weber einen Schuß ab. Die Kugel drang. diesem in den Kopf.

Weber stürzte in voller Fahrt vom Rade und blieb besinnungslos liegen. Die Täter raubten ihm die Geldtasche mit 191 M Inhalt und verschwanden.

Insassen der Heilanstalt, die den Schuß gehört hatten, fanden ihn schwerverletzt in einem Blute liegen. Webers Zustand ist##bensgefährlich. Zwei Personen, die der Tat verdächtig erscheinen, wurden verhaftet.