ST•)NIFA
Mikrofilmarchiv der deutschsprachigen Presse.V.
Anzeigen=Preise.
Dur den Raum der einspaltigen Millimeterzeile 10 Pfg. Von Inserenten des„Verbreitungsgebietes direkt aufgegebene Geschäfts= oder kleine gefiüche den sofaortiger Ps: Familienanzeigen, Stellen= und Bohnungs. Rillimeterzelle 50 Pig. Rotals mit: Vs= berechnet. Reklamen'se in Dartemuend=Härde Hermannst. Comp.
in Vorrmund=Horde, Hermannstr. 62(Fernruf Dt. 41641). Annahmestelle für Abonnements und Anzeigen in Di.=Wickede: Hellweg 93, Buchdruckerei E. Brasse(Fernruf Dt. 52269).
Nr. 149(1. Blatt.)
Märkischer Anzeiger
für Dortmund=Wickede,=Asseln,=Brackel,=Husen=Kurl, Massen und die Nachbargemeinden.
Freiwillige Unfall=Unterstützung entsprechend den Bedingungen.
Sonnabend, den 28. Juni 1930.
Erscheint täglich.
Bezugspreis wöchentlich 50 Pfg. Falls wir in der Herausgabe der Zettung durch höhere Gewalt, Papiermangel oder sonstiges Versagen der Liefernngsmittel gehindert sind, hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. Verantwortlicher Hauptschriftleiter H. Timmermann, verantwortlich für Lokales und Provinz W. Treese, beide in Dortmund=Höroe. Arschriften: An die Redaktion
bezw. an die Geschäftsstelle des Volksblattes in Dortmund=Hörde, Hermannstraße 62(Fernruf Dt. 41641).
der Vernundigung des Vietrichprogramms
Im Reichstage gab es gestern abend eine Ueberraschung, als nach der Sitzung des Kabinetts bekannt wurde, daß die Veröffentlichung des Finanzprogramms in der morgigen Konserenz der Ministerpräsidenten der Länder erfolgen soll. Es erscheint aber durchaus verständlich, daß die Reichsregierung nun auch noch 12 Stunden wartet, und sei es nur aus Gründen der Höflichkeit gegen die Länderchefs. Der Reichskanzler wird in dieser Konferenz die großen politischen Ziele des Kabinetts vorlegen und der Finanzminister wird die angekündigte Aufklärung über die Einzelheiten der Vorlagen geben. Die Konferenz hat natürlich den Zweck, die Verhandlungen im Reichsrat vorzubereiten und zu erleichtern.=In Kreisen, die der Reichsregierung nahestehen, rechnet man nun ziemlich optimistisch damit, daß das Programm des Reichsfinanzministers Dietrich, wenn auch mit geringfügigen Aenderungen, eine Mehrheit finden wird. Ueber den Inhalt ist dem Reichstag bekannt geworden, daß es nun bei dem Notopfer für die Beamten von? Prozent bleibt, während die Festbesoldeten in den Einkommensteuerzuschlag von 10 Prozent für die Nichtbeamteten eingezogen werden. Die Ledigensteuer soll
augeblich auf 20 Prozent erhöht, also den ursprünglichen Plänen gegenüber verdoppelt worden sein. Dazu kommen dann noch die Vorlagen, die bereits genannt worden sind, also die Vorverlegung der Fristen für die Zigarettensteuer usw. Der Konferenz der Ministerpräsidenten sieht man im Reichstage mit begreiflichem Interesse entgegen. Die Sitzung ist auf dem Reichsratsraum in einen größeren Saal verlegt worden, um auch der Presse Gelegenheit zu geben, ihr beizuwohnen. Im Anschluß an die Konserenz wird der Kanzler um 12 Uhr die Parteiführer empfangen.
Annahme der Deckungsvorlagen durch das Reichskabinett.
Reichskanzler Dr. Brüning, der gestern vormittag nach Berlin zurückgekehrt ist, berichtete in der Kabinettssitzung zunächst über seinen dem Reichspräsidenten erstatteten Vortrag. Das Reichskabinett verabschiedete sodann die inzwischen fertiggestellten Texte der dem Reichsrat vorzulegenden Deckungsvorlagen. Die Reichsregierung wird heute durch den Mund des Reichskanzlers und des neuen Reichsministers der Finanzen im Reichsrat in öffentlicher Sitzung den Staats= und Ministerpräsidenten der deutschen Länder ihre Vorlagen unterbreiten und auf schleunigste Erledigung im Reichsrat dringen, um sie dann möglichst noch im Laufe
der nächsten Woche auch dem Reichstag zur Entscheidung vorzulegen.
Ein Antrag auf Senkung der Gehälter und Löhne.
Die Christlichnationale und die Deutsche Bauernpartei haben im Reichstag einen Antrag eingebracht, der die Reichsregierung ersucht, umgehend einen Gesetzentwurf mit dem Ziele einer allgemeinen und unbefristeten Sentung aller von öffentlichen und privaten Arbeitgebern bezahlten Gehälter und Löhne zwecks Senkung des allgemeinen Preisniveaus und der Gesundung der öffentlichen und priraten Finanzwirtschaft vorzulegen.
Gegen die hohen Pensionen.
Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hat die Einbringung eines Initiativgesetzes beschlossen, nach dem die Pensionen in Zukunft in keinem Fall den Betrag von 12000 M im Jahre übersteigen dürfen.— Außerdem wird in dem Gesetzentwurf bestimmt, daß für Pensionäre oder Wartegeldempfänger, die neben ihrer Pension oder ihrem Wartegeld ein privates Einkommen haben, das den Betrag von 6000 Mark übersteigt, eine Kürzung ihrer Bezüge aus öffentlichen Mitteln eintritt. Die Kürzung soll die Hälfte des Betrages, um den das private Einkommen die Summe von 6000 Mark im Jahre übersteigt, betragen.
Das Arbeitslosenproblem im Reichstag.
basie de Kesie ei escnen Voen die Kealiche Biarsäae oen. Sesug##es Haushalts des. Auswärtigen Amtes beleben zu können; Reichsbahn und Reichspost
gu Ende. es wigle vann die Beratung des sollen für etwa 400 Millionen Mark Aufträge
Haushalts des Reichsarbeitsministeriums, und zwar das Kapitel, das die Arbeitslosenversicherung betrifft. In Verbindung damit wurde die Novelle zur Aenderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes beraten, die neben der Erhöhung des Beitrages auf 4½ Prozent eine Reihe von Reformen-der Versicherung vorschlägt.
Reichsarbeitsminister Dr. Stegerwald wies einleitend auf die schwere Weltwirtschaftskrisis hin. Die deutsche Depression habe ihre mannigfaltigen Ursachen. Krieg und Inflation haben für Deutschland eine gewaltige pitalverwüstung gebracht. Das Baugewerbe, eine der bedeutsamsten Schlüsselstellungen in der deutschen Volkswirtschaft, wird naturgemäß
zurch, die Unordnung der Finanzen stark in Mitleidenschaft gezogen, so daß gegenwärtig im Baugewerbe 500.000 bis 600000 Arbeiter weniger beschäftigt sind als im Vorjahre.— Der Minister lehnte persönlich jede Verantwortung für die öffentliche Finanzpolitik ab. Er habe sich der Steuerfenkungsaktion von 1926 und dem Ausmaß der Beamtenbesoldungsreform von 1927 widersetzt. Es sei falsch, die Hauptschuld an unserer Gesamtmisere auf das Schlichtungswesen zu schieben, doch müsse man in Zukunft mit Verbindlichkeitserklärungen sparsamer verfahren. Unser heutiges inneres Preisniveau sei ungesund und nicht dauernd haltbar. Wir kommen um eine baldige Preisherum, diese muß jedoch voraus
gehen, da Lohnkürzungen allein bestimmt nicht
zum Ziele führen. Wenn man die Löhne senkt, ohne die Preise zu senken, dann verschärft mon die Krise; wenn man die Löhne nur ebenso viel senkt wie die Preise, dann erleichtert man zwar die Ausfuhr, schafft aber im Innern so gurgm keine verstärkte Kaufkraft. Nur durch der Preise als der Löhne wird
zusätzliche Kaufkraft geschaffen. Einer Gen
der Reallöhne müßte ich mich nachdrücklichst widersetzen.
Aröcder. Minister, ging dann auf die Frage der
Arbeitslosenversicherung ein. Die Regierung wolle der Arbeitslosigkeit durch
ein Arbeitsbeschaffungsprogramm
begegnen, mit dem sie 200000 bis 300000 Menschen glaubt Arbeit und Brot geben zu können. Die Regierung suche wegen der Frage
Sanierung der Arbeitslosenversicherung eine Reichstagsauslösung zu vermeiden, weil dann im Herbst dieselbe Lage eintreten würde, aus der wir uns im letzten Jahre herausgearbeitet haben. Zur Sanierung der Arbeitslosenversicherung sind mindestens 700 Millionen Mark notwendig. Das Jahr 1931 wird nicht mehr, sondern weniger Steuern bringen als das vorige. Auch unsere Arbeitslosigkeit wird nur allmählich zurückgedrängt werden können. In solcher Situation gibt es keine andere Rettung, als auf der ganzen Linie zu
Keäist al olast in 14 k Ketansdaeun Maßnahmen gearbeitet werden muß, als mit dem Notovier der letzten Wochen. Wir hoffen.
erteilen, daneben soll ein zusätzliches Wohnungsbauprogramm mit 250 Millionen Mark durchgeführt werden. Voraussetzung für diese großen Aufträge ist allerdings, daß die Wirtschaft bereit ist, ihrerseits in dieser Zeit der Not durch eine angemessene Senkung der Preise ein Opfer zu bringen.
Die Aussprache eröffnete Abg. Graßmann (Soz.). Er erklärte, der tiefste Grund dafür, daß die Sanierung der Arbeitslosenversicherung noch nicht erreicht sei, liege darin, daß die Arbeitslosenversicherung letzten Endes dem Wesen des Kapitalismus widerlaufe. Die Einsparungs= vorschläge nannte der Redner bedenklich und unzozial.— Abg. Wolf=Stettin(Dutl.) betonte, die ungeheure Zahl der Arbeitslosen sei die Folge der verfehlten Wirtschaftspolitik der letzten Jahre Die Wirtschaft selbst habe nach der Inflation den großen Fehler gemacht die Preise in ungerechtfertigter Weise zu erhöhen mit dem Erfolg, daß entsprechende Lohn= und Gehaltsforderungen kamen. Die Stellungnahme zu dem vorliegenden Gesetz behielt sich der Redner für den Ausschuß vor.
Eine Preissenkung werde schwer durchzusein, wenn in jedem Vierteljahr 300 Millionen Mark neue Steuern bewilligt werden.
Abg. Ulbricht=Westfalen(Komm.) nannte den Arbeitsminister einen ausgesprochenen Lohnraubminister.— Abg. Hueck(.Vp.) führte die große Arbeitslosigkeit in erster Linie auf den Wegfall der Kolonien und das Heer, auf den Zugang von Arbeitskräften sowie die Weltwirtschaftskrise zurück. Abzulehnen sei
Sonderbelastung einzelner Volksgruppen. Ein Abbau der Ausgaben durch Senkung der Beamtengehälter sei etwas anderes, als wenn man einen Teil des Beamtengehaltes wegsteuere, um es in den bodenlosen Topf der Arbeitslosenversicherung zu werfen.— Abg. Gerlach(Soz.) forderte Erweiterung der Krisenfürsorge und erhöhte Mittel für die wertschaffende Arbeitslosenfürsorge.— Abg. Troßmann(Bayer. Vp.) sagte dem Minister die Unterstützung seiner Partei zu, wenn er bestrebt sei, das deutsche Volk aus der gegenwärtigen Wirtschaftskrise herauszuführen.— Abg. Esser(Ztr.) erklärte sich mit allen Ausführungen des Ministers einverstanden und sprach ihm den Dank seiner Fraktion aus.
Der Reichstag überwies dann die Vorlage über die Aenderung der Arbeitslosenversicherung an den Sozialpolitischen Ausschuß und vertagte die Weiterberatung des Haushalts des Reichsarbeitsministeriums auf Sonnabend.
Die Arbeitszeit der Angestellten.
Die Internationale Arbeitskonferenz hat am Freitag den 3. und letzten Punkt ihres diesjährigen Arbeitsprogramms, die Regelung der Arbeitszeit der Angestellten erledigte. Sie hat einen Konventionsentwurf angenommen, der die Arbeitszeit im Handel und in den Büros international auf acht Stunden festsetzt. Als Arbeitszeit gilt die Zeit, während der das Personal zur Verfügung des Arbeitgebers steht. Die wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden muß so verteilt werden, daß die tägliche Arbeitszeit zehn Stunden nicht überschreitet. Der Regelung sind folgende Betriebe unterworfen: Handelsbetriebe, Post=, Telegraphen= und Telephonbetriebe, Betriebe und Verwaltungen, die in denen Büroarbeit überwiegt, Betriebe, die
sowohl Züge von gewerblichen wie auch von Handelsbetrieben aufweisen, soweit sie nicht als gewerbliche Betriebe angesehen werden.
Der Postverkehr steigt.
200 Millionen für Arbeitsbeschaffung.
Der Arbeitsausschuß des Verwaltungsrats der Deutschen Reichspost trat gestern zusammen. Bei dieser Gelegenheit stellte Reichspostminister Dr. Schätzel fest, daß der Verkehr in fast allen Betriebszweigen der Deutschen Reichspost im Mai gegenüber dem Vormonat erfreuliche Steigerungen erfahren habe. Der Reichspostminister sprach die Hoffnung aus, daß die Aufwärtsbewegung des Postverkehrs anhalten und sich als günstiges Anzeichen für die allgemeine deutsche Konjunkturentwicklung erweisen werde. Der Abschluß für das Rechnungsjahr 1929 weist nach den Darlegungen des Ministers einen Ausfall von 20 Millionen Reichsmark auf, der jedoch durch Ersparnisse ausgeglichen werden konnte.— Die Barablieferungen an das Reich in Höhe von 151,5 Millionen Reichsmark seien sichergestellt. Der der Reichspost zufallende Anteil an der Mobilisierungsanleihe fließt im Augenblick ein. Hinsichtlich des Arbeitsbeschaffungsprogramms führte Reichspostminister Dr. Schätzel aus, daß die Deutsche Reichspost 200 Millionen Reichsmark zur Linderung der gegenwärtigen Wirtschaftskrise bereitstellen werde.
Eine neue große Skandalaffäre.
Das Betrugsdezernat der Berliner Kriminalpolizei hat gestern den russischen Kaufmann Alexander Uralzeff, der vor etwa einem Jahr im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der Deutschen Raiffeisenbank viel genannt wurde, auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft in Dresden unter dem Verdacht des Betruges und der Urkundenfälschung festgenommen.
Mit der Verhaftung Uralzeffs scheint ein neuer großer politischer Skandal seinen Anfang zu nehmen. Es soll sich nun um eine Verpflichtungsurkunde handeln, die gefälscht worden ist. Die Urkunde ist auf den Namen eines Abgeordneten des Preußischen Landtags ausgestellt und lautet über 250000 Mark, die Uralzeff erhalten soll, Sie wurde Uralzeff von einem Mittelsmann übergeben. Uralzeff hat auf Veranlassung seines Verteidigers der Staatsanwaltschaft Dresden selbst angezeigt, daß die Urkunde gefälscht sei. Der Abgeordnete, auf dessen Name diese Urkunde ausgestellt ist hat selbst im Untersuchungsausschuß des preu# ßischen Landtags, der sich mit der Raiffeisenaffäre beschäftigte, eine bedeutende Rolle gespielt.
Ein Befreiungstaler anläßlich der Rheinlandräumung.
Vorder= und Rückseite des Befreiungstalers, den die Reichsregierung aus Anlaß der Räumung des Rheinlandes am 1. Juli herausgeben wird. Die Rückseite zeigt die schrift„Der Rhein Deutschlands Strom— nicht Deutschlands Grenze“.
Um
Blitzschlag in eine Dynamitladung
31 Personen vermißt.
Heftige Gewitterstürme richteten während der Freitag Nacht an verschiedenen Orten des Nordostens großen Schaden an. Ein schweres Unglück ereignete sich bei Brockville in der kanadischen Provinz Ontario, wo der Blitz in ein Baggerboot schlug, das bei Felssprengungen in St. Lorenz=Fluß beschäftigt war, und au dem sich 20 Tonnen Dynamit befanden. Der Sprengstoff explodierte mit ungeheurer Gewalt, das Boot wurde völlig zerstört. Von der Besatzung konnten nur 11 Mann gerettet werden, 31 werden noch vermißt.
*
Der 45. Todesfall in Lübeck.
In der vorletzten Nacht ist wieder einer der mit dem Tuberkulosepräparat gefütterten Säuglinge gestorben, sodaß sich damit die Zahl der Todesfälle auf 45 erhöht. Krank sind noch 68, gebessert 74, gesund 64 Säuglinge,
Schweres Eisenbahnunglück in Kanada.
In der Freitagnacht entgleiste beim Past sieren der Brücke über den Vermillton=Fluß ein Zug der kanadischen Nationaleisenbahn. Zwei Wagen stürzten in den Fluß, der Hochwasser führte. Vier Personen fanden den Tod, zwöl erlitten Verletzungen.
Schweres Automobilunglück.
Ein mit Trauergästen besetzter Autobus fuhr in einer Kurve zwischen Zillisheim und Brunstatt(Elsaß) mit voller Wucht in einen Straßengraben und gegen einen Baum. Alle Insassen wurden aus dem Wagen geschleudert. Sieben Personen wurden schwer verletzt, zwei von ihnen sind unmittelbar nach der Einlieferung in das Kolmarer Krankenhaus gestorben. Auch bei den anderen besteht. Lebensgefahr. Die übrigen Personen kamen mit leichteren Verletzungen davon