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Vottsbrart.

Detmold, den 7. December 1848.

K

Tagesereignisse.

In Frankreich findet am 10. De­cember, also nächsten Sonntag, die Präsi­denten=Wahl Statt. Jeder volljährige Fran­zose hat seine Stimme abzugeben. Alle Welt ist auf den Ausgang der Wahl gespannt. Die Wahl steht zwischen dem General Ca­vaignac und Louis Bonaparte, die andern Bewerber kommen nicht mehr in Betracht. Diejenigen Franzosen, welche die Republik aufrichtig wollen und darnach streben, daß Gesetzlichkeit, Ordnung und friedlicher Ver­kehr endlich wieder kehre, sind für Cavaignac. Für Louis Bonaparte, welcher ein ganz dum­mer Mensch sein soll, sind alle diejenigen, welche die bestehenden Verhältnisse wieder umstürzen wollen und bei dem Umsturz al­ler Dinge Etwas zu gewinnen hoffen. Louis Bonaparte hat kein anderes Verdienst, als der Neffe des Kaisers Napoleon zu sein. Seine Anhänger geben sich alle erdenkliche Mühe, für ihn die Stimmen zu erhalten; unter anderm haben sie 500 Orgeldreher angeworben, die in Frankreich umherziehen und die Thaten und Verdienste des Kaisers Napoleon überall in Erinnerung rufen müs­sen. Für Deutschland liegt an dieser Wahl viel; wird Cavaignac Prasident, so ist die Hoffnung auf Frieden größer, als wenn Louis Bonaparte ans Ruder käme.

In Italien verwirren sich wieder die öffentlichen Zustände. Die Democraten in Rom, die vor einem Jahre den Pabst Vius IX. immer hoch in den Himmel erho­ben, haben sich jetzt auch an der Person und der Würde des Pabstes vergriffen. Der Minister der päbstlichen Regierung, der Graf

Rossi, wurde gerade, als er in den Sitzungs­saal der Abgeordneten sich begeben wollte, meuchlings uberfallen und mit einem Dolche in die Seite und in den Hals gestoßen. Der Minister suchte mit dem Schnupftuch die Wunde zuzuhalten und sagte zu seinem Begleiter: Es ist Nichts; noch einige Stu­fen zu dem Saale hinaufsteigend, sank er aber todt nieder. Der Mörder ist ein Stu­dent, das umstehende Volk sah ruhig zu und ergriff nicht einmal den Mörder. Eine Rotte Democraten zog dann mit Gesindel zu dem Palaste des Pabstes; es war die Nacht des 17. November erhellt durch das überall in Europa gesehene Nordlicht. Auf den Palast wurde ein wilder Angriff gemacht, 15 Men­schen haben das Leben verloren, die Kugeln pfiffen durch das Zimmer des Pabstes. Die Cardinäle sind aus Rom geflohen. Ueber das Schicksal des Pabstes widersprechen sich die Nachrichten; nach einigen soll der Pabst nachgegeben haben, nach andern aber geflüch­tet und schon in Marseille in Frankreich an­gekommen sein. Gewiß ist, daß die fran­zösische Regierung 4 Dampffregatten mit 3500 Mann nach Italien zum Schutze des Pabstes abgesandt hat.

In Wien hat das Standrecht aufge­hört, durch dasselbe sind 10 erschossen wor­den; die Verhafteten werden jetzt vor ein Kriegsgericht gestellt. In diesen Tagen be­ginnt der Krieg mit den Ungarn, deren Geld hauptsächlich den letzten Aufstand in Wien veranlaßt haben soll. Ungarn wird von al­len Seiten her angegriffen. Von Wien aus brechenWindischgräz und Jellachich mit 45 Halalurnen, 58 Schwadronen und 238 Ge­schützen auf. Aus Croatien rücken 30,000