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Volksbtart.
den 23. November 1848.
Der so genannte Staatsstreich in Preußen.
Endlich ist es Ernst geworden. Die Regierung hat sich nach monatelangem Zögern und Schwanken mit Muth und Entschlossenheit aufgerafft,— alle Anzeichen sprechen dafür, daß sie, ohne im mindesten an eine Beeinträchtigung der im März gewährten Volksfreiheiten zu denken, festen Schrittes auf der betretenen Bahn vorwärtsgehen werde und so können wir denn wieder ohne Schaamgefühl uns Preußen nennen, und uns der stolzen Hoffnung hingeben: daß das Vaterland gerettet worden sey.
Das Vaterland war in Gefahr,— darin habt Ihr sanguinischen und unpraktischen Demokraten, Ihr gutmüthigen und urtheilslosen Philister, die Ihr in diesen Tagen in Masse und auf Commando die von leidenschaftlichen Agitatoren nach ein und derselben Schablone entworfenen, und von hirnlosen Emissaren geschäftig durch die Provinzen verbreiteten Zustimmungs=Addressen an die preußische Nationalversammlung unterschriebt, ohne auch nur im geringsten den politischen und Rechtsstandpunct in besonnene Erwägung zu ziehen und ohne im mindesten die hiesigen verwickelten Zustände zu kennen, darin habt Ihr vollkommen Recht;— aber es war nicht in Gefahr gebracht durch eine von Tage zu Tage ehrlos beschmutzte Krone, nicht durch den in seinen Grundfesten erschütterten Thron, noch auch durch eine Partei, die
Ihr mit dem Ausdrucke Reaction belegtet, um dergestalt der urtheilslosen und leicht aufregbaren Menge einen dunklen Begriff als Brocken vorzuwerfen, durch den sie angereizt werden möchte, die brutale Macht der Fäuste gegen alle diejenigen zu richten, die in dem allgemeinen Schiffbruche noch einen Rest von Macht, Ansehn, Bildung und Rechtlichkeit gerettet hatten; die Gefahr kam von einer ganz anderen Seite. Der Grund des Uebels war der: daß mittelst des schaamlosesten Mißbrauchs der Presse in Schandblättern und Plakaten tagtäglich aller Ehre und Sitte frech in's Gesicht geschlagen wurde, daß eine Menge von s. g. Clubbs, an deren Spitze, wie fast aller Orten, kein Mann von offentlicher Achtung stand; die vielmehr fast ohne alle Ausnahme ein Spielball von unreifen Studenten, Bankerottirern, Verbrechern und anderem Gesindel geworden waren, durch eine Menge offener und geheimer Fäden auf das frechste die Achtung vor dem Gesetze und vor jeder Art von heilsamer Autorität untergruben, daß die Nationalversammlung, die zunächst heru
fen war, im Verein mit der Regierung auf Begründung und Befestigung eines gesetzlichen Zustandes hinzuwirken, in sträflicher Pflichtvergessenheit ihre kostbare Zeit mit unfruchtbaren Interpellationen vergeudete, von der äußersten Linken sich zu den unbesonnensten und gefährlichsten Beschlüssen hinreißen ließ, ja, indem sie nicht Anstand nahm, ein Gesetz über den Schutz persönlicher Freiheit zu votiren, zugleich aber auf das hartnäckig
ste sich weigerte, als nothwendiges Gegengewicht ein Gesetz gegen die Willkühr und