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den 2. November 1848.

Tagesereignisse.

Wien ist jetzt von allen Seiten einge­schlossen. Die Nachrichten, daß die Stadt bereits bombardirt werde und an mehreren Punkten schon in Flammen stehe, haben sich nicht bestätigt, obwohl es ganz gewiß zu dieser äußersten Maßregel kommen wird, wenn die Stadt sich nicht gutwillig ergibt. Der Kanonendonner am 23. rührte davon her, daß von dem Militär ein vor der Stadt liegendes Gasthaus zusammengeschossen wur­de, um dort eine Batterie zu errichten. Der Oberbefehl über alle Truppen ist von dem Kaiser dem Fürsten Windischgrätz übertra­gen, welcher den Wienern eine Bedenkzeit von 48 Stunden gegeben und folgende Be­dingungen gestellt hat: Alle Waffen in der Stadt, die dem Staate gehören, müssen an einen bestimmten Ort abgeliefert werden; die Studenten=Legion wird aufgelöst, die Aula gesperrt und die Vorsteher nebst 12 Stu­denten als Geißeln gestellt; alle Ausländer, die sich nicht ausweisen können, haben die Stadt zu verlassen; die Clubbs sind geschlos­sen und die Zeitungsblätter suspendirt. In der Stadt steigert sich der Mangel an Le­bensmitteln, die Niedergeschlagenheit nimmt täglich zu, die Hülfe der Ungarn ist aus­geblieben, Kossuth wird ein Verräther und Maulheld genannt. Man würde wahrschein­lich gleich auf die Bedingungen eingehen, wenn die Proletarier sich entwaffnen ließen. Robert Blum, der die Wiener zur Aus­dauer ermahnte und sagte: Er und seine Genossen, die Abgesandten der Einken von Frankfurt würden mit den Heldensöhnen Wiens stehen und fallen, hat sich Tages darauf mit seinen Genossen davon gemacht und geht jetzt in Berlin unter den Linden spatzieren, da er, von Jugend auf nur an Lampendunst gewöhnt,

den Pulvergeruch nicht vertragen kann. Der Kaiser hat den Reichstag von Wien nach der Stadt Kremsier einstweilen verlegt, wo die Sitzungen desselben am 15. November wieder beginnen sollen.

In Berlin war Alles auf den Demo­cratencongreß gespannt; gegen 200 Demo­craten(röthliche, rothe und dunkelrothe) sind zusammengekommen. Die ersten Sitzungen waren um Nichts und wieder Nichts gleich so lärmend und so stürmisch, daß man fürch­ten konnte, die Democraten möchten sich in ihrer Brüderlichkeit selber auffressen, aber der Name Democrat und der Haß gegen alles Bestehende, also auch gegen sich selbst, hielt sie noch zusammen. Der Abgeordnete Hexamer erstattete Bericht über die Finan­zen. Vom 6. Juni bis 25. October erhal­ten 587 Thlr. 5 Sgr. 3 Pf., augenblickli­cher Kassenbestand 4 Thlr. 4 Sgr. 9 Pf. Der Abgeordnete Kriege(ein Westphale, saß vor einigen Jahren auf dem Sparenber­ge, wanderte dann nach Amerika aus und ist vor einigen Monaten wiedergekommen) nahm dann das Wort und suchte die gerin­ge Wirksamkeit des Central=Vereins zu er­klären. Bei der Rechnung auf ein ideales Proletariat(?) haben wir uns getäuscht, sagte er, die Berliner Democraten haben die gute Zeit verstreichen lassen und aus den Provinzen sind wir ohne alle Nachricht und ohne Geld geblieben und hierin liegt der Hauptgrund, warum wir so wenig gethan haben, daß Sie wahrscheinlich mit unserer Thätigkeit nicht zufrieden sind; wir hätten selbst gern mehr gethan, aber wir waren gelähmt. Im ganzen Monat Juni sind uns 16 Thaler zugegangen; davon sollten 5 Männer leben und die Organisation und Centralisation Deutschlands durchführen! Von Süddeutschland blieben uns alle Be­richte aus; in Frankfurt und Leipzig war.