Sozialpolltische Tagestrage

Die Entwichlung des Krümpersystems

Im Reichsarbeitsdlatt Nr. 16 wird eine Ueber­sicht über die Entwicklung des Krümpersystems ge­geben. Nach dem Stande der letzten offiziellen Erhebungen ergibt sich, daß die Landesarbeitsämter 113 Anträge zugelassen und 6 Anträge abgelehnt haben. Die größte Anzahl von Anordnungen bezüg­lich des Krümpersystems entfällt auf das Landes­arbeitsamt Sachsen mit 40. Es folgen Südwest­deutschland mit 15, Westfalen mit 14 und Mittel­deutschland mit 9 Anordnungen. Der Rest verteilt sich auf die übrigen Bezirke. Nach der Art der Unternehmungen ist am stärksten die Textilindustrie mit 22 Betrieben vertreten. Es folgen das Metall­gewerbe mit 17, die Konsumvereine mit 15, Staats­und Gemeindebetriebe mit 12, das Verkehrsgewerbe mit 11 und der Bergbau mit 8 Betrieben. Die be­teiligten Betriebe zählen insgesamt 47.500 Arbeit­nehmer, von denen 82000 vom Krümpersystem erfaßt werden. Der Wechsel in der Belegschaft erfolgt in 68 Fällen monatlich, in 25 Fällen halb­monatlich, in 18 Fällen wöchentlich, in 6 Fällen alle drei Wochen und in einem Falle alle fünf Wochen.

Die Zahl der vom Krümpersystem erfaßten Ar­beiter zeigt, so schreibt dieMetallarbeiter=Zeitung", daß es eine große Ausdehnung noch nicht genommen hat. Zu einer Entlastung des Arbeitsmarktes hat die Einführung des Krümpersystems wenig geführt. Nur in 8 Fällen wurden insgesamt rund 1600 Ar­beiter als Ersatz für die Aussetzer neu eingestellt. In den allermeisten Fällen erfolgt die Einführung des Krümpersystems mit Rücksicht auf sonst unver­meidliche Entlassungsmaßnahmen. Die halbjährige Uebersicht über die Entwicklung des Krümper­systems läßt noch kein vollständiges Urteil zu.

Der Einzelhandel fordert Hilfe

Die in der niederrheinischen Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossenen Einzelhandelsverbände hiel­ten in Düsseldorf eine Tagung ab, deren Aus­sprache ein einheitliches Bild von der Lage ergab, in der sich der Einzelhandel überall infolge der Krise, durch die Notverordnungen und die steuerliche Be­lastung befindet. Während bisher in der Haupt­sache ein Umsatzrückgang zu verzeichnen gewesen sei, trete nun auch eine Verminderung der Waren­stückzahl in die Erscheinung. Hinzu komme der allgemeine Pessimismus, der durch die politische Lage und die Nervosität der Oeffentlichkeit noch verstärkt werde.

Unter diesen Umständen seien die meisten Ein­zelhandelsgeschäfte am Ende ihrer Kraft, wenn nicht auf dem schnellsten Wege durch die Regierung in Deutschland und allgemein weltwirtschaftlich eine Aenderung herbeigeführt werde. Die in Düssel­dorf versammelten Vertreter des Einzelhandels waren einmütig der Auffassung, daß der Druck der öffentlichen Belastung von der Wirtschaft und ins­besondere auch vom Einzelhandel nicht länger mehr ertragen werden könne. Hinzukomme noch die Aus­wirkung des durch diese Verhältnisse teilweise her­aufbeschworenen mörderischen Konkurrenzkampfes innerhalb des Einzelhandels selbst.

Dabei zeige sich gerade jetzt im Höhepunkt der Krise, daß das Gesetz gegen den unlauteren Wett­bewerb völlig unzureichend sei und dem ehrlichen Kaufmann kaum eine Handhabe gebe, sich dieser unlauteren Konkurrenz mit Erfolg zu erwehren. Ebenso, wie hier eine durchgreifende Regelung not­wendig sei, sei ganze Arbeit bei der Frage des Zugabewesens erforderlich, da die letzte Notverord­nung auf diesem Gebiet mehr Verwirrung als Gutes gestiftet habe.

Die Versammlung beauftragte den Verband Düsseldorf im Einvernehmen mit sämtlichen westdeutschen Einzelhandelsverbänden an die Re­gierungspräsidenten mit der Bitte heranzutreten, oden Einzelhandel mehr als bisher gegen Aufruhr #nd Demonstrationen zu schützen. Der Einzel­handel erhofft das Verständnis aller politischer Par­teien für seine Forderung, Demonstrationen nicht mehr in die Geschäftszeit fallen zu lassen.

Nötig seien endlich auch Schritte im Sinne einer aktiven Mittelstandspolitik. Eine weitere Verzöge­rung dieser Maßnahmen erschüttere nicht nur den Mittelstand selbst, sondern müsse auch das Gefüge der Staatsgemeinschaft aufs schwerste erschüttern.

Der alte Zwinger in Münster

Paradies der Einsaulkeit

Zwischen mittlerer Ruhr und ihrem größten Nebenfluß von rechts, der Möhne, erstreckt sich meilenweit das Paradies für Einsamkeit suchende Wanderer: der Arnsberger Wald. Von einem Bergvorsprung dieses gottgesegneten sauerländischen Waldgebietes grüßt als letzter Ueberrest einer früheren Burg der Turmstumpf ins Ruhrtal hinab. Zwi­schen Arnsberger Wald und der Bergnase aber hat sich das Städtchen Eversberg

friedlich eingebettet.

Die deunnghauser Teotsen Schierungr Aisme

Amsterdamer Wechselstube als Schieberzentrale Von Oberhausen aus wurde das Industriegebiet bearbeitet

Recklinghausen, 8. Juli.

In der letzten Zeit hatten drei in Brieftauben­züchterkreisen bekannte Leute aus Recklinghausen­züd durch ihre außerordentlichen Erfolge Aufsehen erregt. Beim Abflug der Tauben wurden die Konstatieruhren regelmäßig zu Gunsten dieser Besitzer gestellt. Da die übrigen Tauben diese Schiebungen nicht aufholen konnten, gingen die vor­her bestimmten Tiere regelmäßig als Sieger aus den Wettbewerben hervor. Die Flugkünste dieser Tauben erregten nun die Aufmerksamkeit der Kri­minalpolizei, die feststellte, daß die betrügerischen Taubensportler über 4000 Mark auf diese Weise erschlichen hatten. Sie wurden vorläufig festgenom­men. Ein Strafverfahren wurde gegen sie ein­geleitet.

Todessturz auf dem Wochenend=Ausslug

Marl, 3. Juli.

Im Ortsteil Sinsen fuhr Samstag ein Trek­ker=Lastzug, der Schienen geladen hatte. An den Anhänger hatte sich ein Paar aus Mülheim Ruhr, das mit seinen Rädern auf dem Wochen­endausflug zum Stausee begriffen war, die 18­jährige Haustochter Grete Breuer und der 21 jährige Schlosser Heinrich Küper angehängt, und zwar das junge Mädchen in der Mitte des Wagens zwischen dem rechten Vorder= und Hinterrad und der junge Mann am Ende des Wagens. Durch irgend einen Umstand verlor die Radfahrerin die Gewalt über ihr Rad, stieß gegen den Anhänger, kam zu Fall und stürzte unter das Hinterrad des schweren Wagens, das ihr über Brust und Hals ging. Das Mädchen war auf der Stelle tot.

Gelsenkirchen, 8. Juli.(Mädchen totge­fahren.) Freitag abend wurde an der Ecke Bochumer= und Goldbergstraße in Buer das 15

Zu den Verhaftungen in Recklinghausen, über die wir bereits kurz in der Sonntagsausgabe berichten konnten, erfahren wir noch folgendes:

Das Finanzamt Recklinghausen und das Landesfinanzamt in Münster hatten seit einiger Zeit den Verdacht, daß sich bestimmte Personen ge­werbsmäßig der Dividendenschieberei witmeten. Der werbsmäßig der Dividendenschieberei widmeten. Der schwierigen Recherchen die Angelegenhit aufzu­klären.

Es wurde festgestellt, daß der Kaufmann Hans Scheller aus der Reitzensteinstraße, der im ver­gangenen Jahre Konkurs gemacht hat und in schlechten finanziellen Verhältnissen lebte, in der letzten Zeit für holländische Devisenschieber Aktien von J..=Farben aus Holland eingeführt und sie an eine Recklinghäuser öffentlichen Bank für 34.800 Mark in Kauf gegeben hatte. Zu gleicher Zeit hatte der Elektrotechniker Berhard Weber vom Wester­holterweg, der mit Scheller zusammenarbeitete, bei einer anderen Recklinghäuser Bank I..= Farben=Aktien untergebracht und den Gegenwert von 15000 Mark erhalten.

Als die Kriminalpolizei sich entschlossen hatte, zuzugreifen und zur Wohnung Schellers ging, fand sie in dieser den erwähnten Weber, der festgenommen wurde. Mit ihm zusammen mußten Scheller und der holländische Diamanten= und Börsenmakter Hermann Terwiel aus Amster­dam den Weg zum Polizeigefängnis antreten. Gleichzeitig wurden 16070 Mark in der Wohnung Schellers beschlagnahmt!

Im Laufe der Ermittlungen begab sich ein Kri­minalbeamter nach Emmerich und nahm dort den holländischen Börsenmakler Max Abraham aus Amsterdam fest. Als Zentrale für die De­visenschieber galt der Betrieb eines Wechselstuben­inhabers in Amsterdam, bei dem alle Fäden zusammenliefen.

Das großangelegte Unternehmen mußte sich deutscher Mittelsmänner bedienen, da ohne diese eine Unterbringung der in Holland angekauften J. .=Farben=Aktien nicht möglich war. Dabei wurden riesige Gewinne erzielt. Die Aktien wurden in Holland zum Kurse von 62 aufgekauft und in Deutschland zum Kurse von 92 verkauft.

Durch diese Machenschaften, die eine Entziehung deutscher Devisenbestände und damit eine schwere Schädigung der deutschen Währung bedeuten, wurden die am Geschäft beteiligten Holländer in den Besitz großer Summen gesetzt, mit denen sie in Deutschland flott leben konnten. Von einem der ersten Hotels in Oberhausen aus haben sie im Industriegebiet gearbeitet und sind dann des öfte­ren mit dem Rheingold=Expreß nach Holland ge­fahren.

Auch der am Börsterweg in Recklinghausen wohnende Polizeioberwachtmeister Lambert Ho mann übte bei diesen Dingen eine Vermittlerrolle

aus. Homann, der sich dienstlich nicht das Geringste hatte zuschulden kommen lassen, wurde ebenfalls festgenommen. Diese Tatsache nahm er sich derart zu Herzen, daß er sich unmittelbar nach der Fest­nahme erhängte. Die Wiederbelebungsversuche blie­ben ohne Erfolg.

Recklinghausen, 1. Juli.(Neuer Bade strand.) Dem TurnvereinFrischauf" in Reck­linghausen=Suderwich ist vom Landesarbeitsamt in Dortmund ein Antrag auf Förderung einer Arbeit des freiwilligen Arbeitsdienstes als ver­antwortlichem Träger der Arbeit genehmigt wor­den. Bei rund 2000 Tagewerken sollen 21 Arbeits­lose für die Dauer von etwa 20 Wochen Beschäfti­gung bei Herstellung eines Badestrandes am Ziegeleiteich finden. Die gesamte Arbeit ist ebenso gemeinnützig als auch wertvoll für die Allgemein­heit. Der Ziegeleiteich hat geradezu ideale Wasser­verhältnisse: aus mehreren reichfließenden Quellen wird das Wasser ständig erneuert. Neben einem großen Schwimmbecken von rund 10000 Quadrat­metern befindet sich ein Nichtschwimmer= und ein Planschbecken, die im Herbst am Schluß der Bade­soison noch besonders ausgearbeitet werden sollen. Der herzurichtende Badestrand, der zum Teil eine Sanddecke erhalten soll, wird mehr als 1000 Per­sonen gleichzeitig bequemes Lagern ermöglichen. Nach Fertigstellung der Arbeiten dürfte es nach der Auffassung der Arbeitsträger in der weiteren Umgebung kein Freibad geben, das sich mit dem Suderwicher messen kann. Hinzu kommt noch die günstige Lage des Freibades, das sowohl von Reck­linghausen aus als auch von Castrop=Rauxel und Herne aus gut zu erreichen ist.

Recklinghausen, 1. Juli.(Keine Vermit­telungen zu Untertarif=Löhnen.) Ge­legentlich eines Transportes von jungen Mädchen in die Landwirtschaft der Osnabrücker Gegend, der durch Vermittelung des Arbeitsamtes Recklinghau­sen Freitag erfolgte, wurden hier beunruhigende Gerüchte nach der Richtung hin kolportiert, daß die Mädchen zu Monatslöhnen von 6 und 8 Mark ar­beiten sollten. Wie uns auf Anfrage beim Ar­beitsamt mitgeteilt wird, trifft das keineswegs zu. Es handelt sich um 1415jährige Mädchen, die nach den geltenden Tarifbestimmungen mit10 Mark monatlich beginnen und jährlich im Lohn steigen. Es wurde uns versichert, daß Vermittlungen des Arbeitsamtes ausschließlich auf der Grundlage der festliegenden Tarife erfolgen.

Recklinghausen, 1. Juli.(Sonderautobus­fahrten des Verkehrsamtes). Das städt. Verkehrsamt veranstaltet im Juli folgende Sonder­fahrten auf Autobussen: am., 6. und 9. Juli 14,45 Uhr ab Hauptbahnhof zum Stausee in Hal­tern, am 9. Juli 14,80 Uhr zur Hohensyburg und Hengsteysee, am 18. Juli 14,30 Uhr nach Schloß Kappenberg und Nordkirchen, außerdem am 16.17. Juli eine Ahr=Rhein=Fahrt, am 21. Juli Fahrt nach Kevelaer und Xanten, am 24. Juli Fahrt nach Burg an der Wupper und am 30. und 81. Juli eine Moselfahrt.

Schiedung nin Vriestäuren

4000 Mark durch Schwindeleien mit Uhren erbeutet

Jahre alte Lehrmädchen Elsbeth Reinhardt aus der Körnerstraße in Hassel beim Ueber­schreiten der Bochumerstraße von einem Kleinkraft­rad angefahren. Das Mädchen erlitt eine Gehirn­erschütterung. Samstag ist es seinen Verletzungen erlegen.

(Wer hat esgesehen?) Am 14. Mai, nachmittags zwischen 2 und 8 Uhr, Materialienverwalter Westerkamp aus War­tenscheid, der mit einem Fahrrad die Bismarck­straße in Richtung Wellmannshof überqueren wollte, von einem Motorradfahrer überfahren und so schwer verletzt, daß er starb. Nach dem Unfall wurde W. zu dem Arzt Dr. Thiele in der Bis­marckstraße gebracht. Genau einen Monat spä­ter, am 14. Juni, gegen 5,25 Uhr nachmittags, wurde der Invalide Ernst Marslo aus der Schützenstraße an der Straßenbahnhaltestelle am Bahnhof Schalke=Nord von einem Wagen der Straßenbahnlinie 1 angefahren und schwer verletzt. Beide Unfälle sind bisher unaufgeklärt geblieben. Die Polizei, Wildenbruchstraße 11=18, bittet drin­gend alle Zeugen, sich zu melden.

Gelsenkirchen, 1. Juli.(Buersche Sorgen um das Forum.) Die Stadtverwaltung teilt uns mit: Eine Zeitung im Ortsteil Buer hat sich vor einigen Tagen Sorgen um eine Fluchtlinie am Buerschen Forum gemacht. Diese Sorgen sind un­begründet. Die neue Anschlußmauer des städtischen Grundstücks am Forum zwischen K..=Theater und Polizeiamt wird genau in der Fluchtlinie errichtet, die vom städtischen Tiefbauausschuß am 11. Juni 1929, ferner vom Hauptausschuß im Juli 1929 und von der Stadtverordnetenversammlung im Juli 1929 beschlossen und festgelegt worden ist. Durch das Einfügen eines Verkaufsstandes in die Ein­fassungsmauer wird die festgelegte Fluchtlinie nicht berührt.

Erhaltung des Düsseldorfer Schauspielhauses gesichert?

Ein städtischer Zuschuß von 75000 Mark genügt

Nachdem eine Kundgebung der Freunde des Schauspielhauses die Bereitschaft der Anhänger des Theaters, zugleich aber auch ihre Treue zum Ge­neralintendanten Lindemann ergeben hatte, scheint das Fortbestehen des Schauspielhauses in Düsseldorf gesichert zu sein. Der Aufsichts­rat der Schauspielhaus=GmbH. und seine Geschäfts­führung haben an die Stadtverwaltung ein ge­meinsames Schreiben gerichtet, in dem sie die Wei­terführung des Schauspielhauses in der kommen­den Spielzeit versprechen, wenn die Stadt das Schauspielhaus mit einem Zuschuß von 75000 Mk. unterstützt. Ein Ueberbrückungskredit der Stadt in Höhe von weiteren 25000 Mk. soll hypothekarisch sichergestellt werden. Die Spielzeit soll mindestens acht Monate dauern und im September 1932 be­ginnen. Dieses Angebot, betont das Schreiben, sei der Schauspielhaus=GmbH. ermöglicht worden durch die erneute Opferwilligkeit der Freunde des Schauspielhauses. Es ist kaum anzunehmen, daß die Stadt, der schon aus Gründen des Prestiges das Fortbestehen und der Verbleib des Schauspielhauses in Düsseldorf gelegen sein muß, diesen Vor­schlag nicht annimmt. Gemessen an dem fast zehn­fach höheren Zuschuß der städtischen Oper, gemes­sen auch an den zu erhaltenden Kulturwerten ist der vom Schauspielhaus benötigte Zuschuß minimal, das Angebot für die Stadt aber außerordentlich günstig.

Düsseldorf, 8. Juli.(Justizobersekretär unzurechnungsfähig.) Der Dienststraf­senat beim Oberlandesgericht verhandelte im Diszi­vlinarverfahren gegen einen Justizobersekretär aus Wuppertal=Elberfeld, der den Auftrag seines Amtsgerichtsdirektors, festzustellen, ob ein entlassener Justizobersekretär unrechtmäßigerweise seinen Titel weiterführe, mit einem beleidigenden Briefe quittiert hatte. Die Verhandlung endete damit, daß der Justizobersekretär freigesprochen wurde, weil er unzurechnungsfähig sei.

Düsseldorf=Benrath, 8. Juli.(Einbrecher

erbeuteten 4000 Mark.) Eine Einbrecher­bande machte in der Nacht zum Samstag reiche Beute. Die Diebe stiegen in eine Metzgerei an der Schloßallee ein und erbeuteten 4000 Mark, die der Metzgermeister für einen Einkauf von der Spar­kasse geholt hatte. Aus einem im gleichen Hause gelegenen Radiogeschäft nahmen die Diebe fünf Netzanschlußgeräte im Werte von weit über 1000 Mark mit. Damit nicht zufrieden, stattete die Bande einem Restaurant in der Hauptstraße einen Besuch ab und raubte Wirtschaftskasse und Spiel­automat aus. Hier betrug die Beute schätzungs­weise 200 Mark.

(Beim Ausweichen verunglückt.) Der Führer eines Personenwagens wurde in der Schloßallee durch eine vor ihm fahrende Rad­fahrerin, die allzu plötzlich einer Straßenbahn nach rechts auswich, zu schärfstem Bremsen gezwungen.

Der Führer bewahrte die Radfahrerin vor Schaden, er selbst aber wurde schwer verletzt, als sein Wagen infolge des scharfen Bremsens ins Schleudern geriet und gegen einen Mast der Straßenbahn fuhr.

8000 Kilometer Bahngleise ernederungsorbarftig

In einer Eingabe an die Reichsbahnhauptver­waltung und die zuständigen Ministerien weist der Langnamverein angesichts der verhängnisvollen Arbeitslosigkeit auf die außerordentlich einschneiden­den Einschränkungen der Sachausgaben der Reichs­bahn hin und erwähnt u.., daß am Anfang dieses Jahres weit über 8000 Kilometer Gleise der Reichs­bahn erneuerungsbedürftig waren. Eine ent­schlossene Vergebung der notwendigen Erneue­rungsarbeiten liege einerseits im eigenen Interesse der Reichsbahn, werde aber andererseits den an Eisen=, Holz= und Schotterlieferungen interessierten Wirtschaftskreisen starken Auftrieb verleihen und den Arbeitsmarkt fühlbar entlasten, da 80 Prozent aller Preise auf Löhne und Gehälter entfielen.

Die Krawalle hören nicht auf

Nazi=Ueberfall auf Zentrumsorgan in Düsseldorf

Am Geschäftslokal des Zentrums=Organs in der Bastionstraße wurden nachts zwei Schaufenster von uniformierten SA.=Leuten eingeschlagen. Als Passanten sich den Schaden besahen, wurden aus einiger Entfernung Schüsse abgegeben, die über die Köpfe dieser Leute in das Lokal gingen. Samstag wurde in derselben Straße eine schwere Schlägerei zwischen politischen Gegnern nur durch die Polizei verhindert. Drei Personen wurden festgenommen. Bei einem Nationalsozialisten fand man einen Trommelrevolver. Zur Beerdigung des erschosse­nen Kommunisten Witkowski in Ratingen hatten sich etwa 2000 Kommunisten eingefunden. Die Polizei hatte ein starkes Aufgebot auf den Friedhof entsandt. Eine Gruppe in der Uniform des Rotfrontkämpferbundes wurde vorläufig fest­genommen. Den Leuten wurden die Mützen und Blusen abgenommen. Nach Feststellung ihrer Per­sonalien wurden sie dann entlassen.

Was kosiet eine nicht ernst gemeinte Drohung?

21 Monate Irrenhaus und Entmündigung

Von Paul Elmer, Berlin

Der nachstehend erörterte Fall, zu dem ich das Material in der Hauptsache den Akten über die gegen den Justizfiskus und Genossen wegen un­berechtigter Freiheitsberaubung anhängige Scha­denersatz=Klage entnehme, beweist zum so­undsovielten Male die Notwendigkeit einer Gesetzes­vorschrift, daß jede Aufnahme in eine Irrenanstalt unverzüglich vom zuständigen Gericht nachzuprüfen ist. Wäre dies in dem vorliegenden Falle geschehen,

so hätte das Gericht sicher sehr bald die Freilassung angeordnet. Außerdem aber hätte der Internierte, was bei zwangsläufiger und schneller gerichtlicher Nachprüfung besonders hoch zu bewerten ist, sich nicht von jeder Rechtshilfe abgeschnitten gesehen. Er konnte schon am Aufnahmetage damit rechnen, von einer nichtärztlichen Instanz, deren Unpartei­lichkeit vorausgesetzt werden muß, eingehend verhört zu werden wie in einem Strafprozeß, hätte ohne die furchtbaren seelischen Qualen völliger Schicksals­ungewißheit die Kraft gefunden zur Hoffnung auf Rettung.

Der Friseur R. aus einer westfälischen Klein­stadt, der am 23. Februar 1929 von der Polizei nach der Irrenanstalt Gütersloh alsgemein­gefährlich geisteskrank eingeliefert wurde, ist nie­mals geisteskrank gewesen, wie später, sogar noch während der Internierung und lange vor der Ent­lassung, festgestellt wurde. Er hat als Familien= vater am Weltkriege teilgenommen, brachte es bis zum Feldwebel, erhielt wegen seines Heldenmutes in den massenmordenden Kämpfen an der West­front das EK. I und schreibt mir:Was ich in wder Hölle von Verdun erlebte, war nicht so entsetzlich als die Hölle des Irrenhauses.

Was war die Ursache der Internierung? Wie Hunderttausende anderer Kriegsteilnehmer, mußte nach Beendigung des Krieges auch R. schwer um seine Existenz ringen. Er arbeitete zunächst im Bergwerk, konnte sich erst nach längerer Zeit wieder ausschließlich als selbständiger Friseur betätigen. Hierbei kam es aus rein wirtschaftlichen Gründen zu einer Reihe ihm aufgezwungener Zivilprozesse. Schon während dieser Prozesse, die gewissen macht­zebietenden Kreisen sehr gegen den Strich gingen. jat man ihm den Psychiater auf den Hals geschickt, um nach sattsam bekanntem Muster den berüchtigten Begriff des Querulantenwahnes zu konstruieren. Der hinzugezogene Psychiater in Münster war aber so gewissensehrlich, das Vorhandensein eines Krankheitszustandes, der zur Zwangseinstellung aller Klagen geführt hätte, zu verneinen.

Vielleicht war ihm neben dem Ergebnis seiner wissenschaftlichen Untersuchung bekannt, was der geniale Wiener Rechtslehrer Rudolf v. Ihering in seiner berühmten SchriftDer Kampf ums Recht sagt:Das mutige Einstehen für das eigene Recht ist ein Akt persönlicher Selbsterhaltung, ist die wirksamste und sicherste Garantie gegen die Willkür. Recht ist unausgesetzte Arbeit, und zwar nicht etwa nur der Staatsgewalt, sondern

des ganzen Volkes..... Jeder einzelne, der in die

Lage kommt, sein Recht behaupten zu müssen, nimmt an dieser nationalen Arbeit seinen Anteil.

Die Prozesse liefen also weiter und verschärften sich sogar, weil R. sich durch seinen damaligen Rechtsvertreter ob mit Recht oder Unrecht, will ich nicht beurteilen prozessual schwer benachteiligt fühlte. Jetzt beging., der eine Kraftnatur ist

und sich ohne Gewalt so leicht nicht unterkriegen läßt, eine Dummheit, die er sicher nicht begangen hätte, wenn ihm die in unserer Staatsordnung üblichen Folgen bekanntgewesen wären. Er drohte seinem Rechtsvertreter schriftlich, daß er ihn, wenn er nicht gewissenhafter arbeite, erschießen würde und hat leider diese Drohung nach der Festnahme auf Befragen durch den Polizeiarzt wiederholt, anstatt sarkastisch die Gegenfrage zu stellen, ob man ihn wirklich für so dumm halte, daß er, aus dem Welt­kriege mit hohen Ehren zurückgekehrt, sich am eigenen Rockzipfel aufhängen werde.

In den Schadensklageakten steht:Die Drohung war nicht ernstlich gemeint, sollte auf Rechtsanwalt .. lediglich Eindruck machen, damit dieser nach­gebe. Hierfür wird Zeugenbeweis angeboten. Herr R. hatte bei seiner Drohung, was ein häufi­ger verhängnisvoller Irrtum bei solchen Prozessie­renden ist, noch etwas anderes im Sinn. Er wollte mit voller Absicht sich strafbar machen, glaubte im Strafverfahren alles feststellen zu können, was im Zivilprozeß festzustellen nicht gelang. Der Polizei­arzt, kein Fachpsychiater und noch weniger ein Psychologe, gab sich keine Mühe, die leicht erkenn­baren Hintergründe der leeren Drohung zu erfor­schen, war schnell fertig mit dem Wort: geistes­krank und gemeingefährlich! Kurz vor­her hatte man R. nach dem Amtsgericht führen las­sen, um einen Haftbefehl zu erwirken, aber das Gericht winkte ab, überließ der Polizei die volle Verantwortung.

In der Irrenanstalt Gütersloh fand bald nach der Aufnahme die übliche kurze Untersuchung und Befragung durch den Stationsarzt statt, wobei., der nun einsah, daß er sich in dem beabsichtigten Zweck der Drohung gewaltig geirrt hatte, offen er­klärte; er denke nicht daran, seine Drohung auszu­führen. Nach vier Wochen ließ der Anstaltsdirektor auf Anfrage mitteilen, R. sei von der Polizei als dauernd gemeingefährlich eingeliefert. Und das nennt sich Heilanstalt!

Man überließ Herrn R. den Pflegern, kom­

mandierte ihn die gesamte Pflegerbedienung zu übernehmen, Pfleger und Patienten zu rasieren, sowie ihnen die Haare zu schneiden. DemGei­steskranken und dauernd Gemeingefährlichen" wäre es also ein leichtes gewesen, einem Pfleger oder Patienten mit dem Rasiermesser den Hals durchzuschneiden. Selbst die Pfleger, die oft einen viel besseren Blick als die Irrenärzte haben, hielten R. für geistesgesund. Erst im Oktober 1929, acht Monate nach der Aufnahme, hat der Oberarzt, Me­dizinalrat Dr. Kanis, wie aus einer plötzlichen Laune heraus sich dazu bequemt, einige Worte mit R. zu reden. Näheres Eingehen auf die Ursachen der Internierung unterblieb auch jetzt und ferner­hin. Der Patient war zur Nummer geworden.

In den Akten der Schadenersatzklage heißt es: Die Anstaltsleitung hat sich herzlich wenig um den Kläger gekümmert, hielt sich für berechtigt, durch Freiheitsberaubung dem Kläger die Lust zum Prozessieren auszutreiben. Das war grob fahr­lässig. An die gemeingefährliche Geisteskrankheit hat Dr. Kanis selbst nicht geglaubt, wie sein Gut­achten im Entmündigungsverfahren, das nur von Geistesschwäche spricht, ergibt. Trotzdem hielt man R. auch noch nach der natürlich im Geheimverfah­ren erfolgten Entmündigung ganz unzulässig in der Anstalt fest, sodaß R. monatelang einen Flucht­plan so sorgfältig vorbereitete, wie es ein Ver­rückter niemals tun kann. In der Nacht vom 17. zum 18. Juni 1980 ging die mit größter Lebens­gefahr verbundene Flucht, ohne die R. wahrschein­lich noch heute in der Irrenanstalt Gütersloh säße, glücklich vor sich. Nach vielstündiger Fußwanderung, immer auf der Hut vor den ausgeschwärmten Ver­folgern, langte R. in Münster bei einem ihm be­kannten Rechtsanwalt an, der sich für verpflichtet hielt, nach einigen Tagen die Anstaltsleitung in Gütersloh von dem Aufenthaltsort seines Schütz­lings in Kenntnis zu setzen.

Und nun geschieht das eigentlich Groteskeste

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dieses Skandalfalles: die Anstaltsleitung, die doch mit dem von ihrem Oberarzt Dr. Kanis erstatteten Entmündigungsgutachten zugegeben hatte, daß R. nicht geisteskrank und nicht gemeingefährlich ist, ließ R. zwangsweise zurück­

holen! R. fügte sich widerstandslos, weil es seinem Anwalt darauf ankam, den Kampf um die Freiheit legal zu Ende zu führen und der Anstalts­leitung Gütersloh die absolute Unzulässigkeit ihres Verhaltens nachzuweisen. Dem kurzen neuen Aufenthalt in Gütersloh folgte auf Betreiben der nun mit Hochdruck arbeitenden Rechtsvertretung die Ueberweisung nach einer anderen Heilanstalt, wo der zuständige Oberarzt nach neunwöchiger Be­obachtung feststellte, daß R. nach ebensolanger Beobachtung, die aber garnicht stattgefunden hat, auch aus Gütersloh unbedenklich hatte entlassen werden können und müssen.

So aber wurden aus8 Monaten 21 ver­lorene Lebensmonate. Nach der am 11. November 1930 erfolgten Entlassung in die Freiheit ist durch Entscheidung des Oberlandesgerichtes Münster vom 3. Oktober 1931 auch der Entmündigungsbeschluß im Anfechtungsverfahren als völlig unberechtigt aufgehoben worden.

Schwere wirtschaftliche, körperliche und seelische Schäden sind in diesem von Irrenärzten unverant­wortlich behandelten Skandalfall entstanden. Das Vermögen, das im Friseurgeschäft steckte, ist ver­loren, verschleudert, das Familienleben zerstört. Nach der Entlassung aus der Irrenanstalt wollte niemand dem noch Entmündigten einen Laden ver­mieten. Erst nach Aufhebung der Entmündigung gelang es; aber nur sehr schwer und langsam, zu­mal im Zeichen allgemeiner Wirtschaftskrise, kommt der Wiederaufstieg.

Auf den Ausgang der Schadenersatzklage, die nicht auf der Internierung an sich, sondern auf der unberechtigt langen Freiheitsentziehung beruht, darf man gespannt sein.