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und darüber sei mehr zu denken als zu sprechen. Erfreulich war es, als der Herr Camerarius Grote mit kurzen Worten sagte: wenn wir nun auch wählten, so habe man ja noch gar keine Garantie, daß es besser würde, 1853 sei auch versprochen, es solle ein neues Wahlgesetz gemacht werden, daß aber nichts geschehen sei, zeige der heutige Conflict. Desgleichen auch der Herr Camerarius Husemann: man müsse durch die Nichtwahl in der Residenz dem Fürsten zeigen, daß man mit seiner Regierung nicht zufrieden sei, und es möge durch die Nichtwahl kommen was da wolle, schlechter könne es nicht werden. Die ganze Ver­sammlung stimmte dem bei, mit Ausnahme einiger Staatsbeamten und von der Regierung oder dem Fürsten abhängiger Menschen.

Heute, Donnerstag, wurde nun die Wahl durch den Herrn Regie­rungspräsidenten Heldman eröffnet, wo derselbe die ganzen Regierungs­verhältnisse in seiner Weise darstellte, aber über Andersdenkende bittere Worte aussprach; man durfte ja nichts erwidern, sonst hätte derselbe auch bittere Wahrheiten hören müssen, denn es ist leicht gesagt, die Einfüh­rung der Gewerbesteuer haben wir Preußen entnommen, aber besser wäre es, wenn der Redner hätte sagen können, wir haben für die Gewerb­treibenden dies und jenes gethan; wir haben eine Eisenbahn gebaut, und deshalb können unsere Gewerbtreibenden mehr steuern.

Nun wurde zur Wahl geschritten. Von den 40 Wählern wähl­ten aber nur 9 Herren und zwar: Obergerichtsrath Cäsar und Wasser­fall, sodann Gastwirth Brokmann, Apotheker Diedrichs, Hofzimmermeister Beneke, Hoftapezierer Schieferdecker, Hofdelikatessenlieferant Steller, Ma­gistrats=Rathsherr und Kupferarbeiter vom Fürstl. Hofe, Hr. Schmitz, so auch der Schlossermeister des Durchlauchtigsten Fürsten Herr Wind. Wir wünschen allen Hofarbeitern, das sie nach ihrer Ueberzeugung gewählt haben.

Im Ganzen genommen hat sich aber die Wählerschaft Detmolds überzeugungstreu benommen, denn auch die Nichtgewählthabenden sind mehr oder weniger von den Hohen abhängig, und diese werden ihre Be­ruhigung in dem Bewußtsein finden, nach Pflicht und Gewissen gehan­delt zu haben.

Schlangen. Der eiste Jagdtag verlief auf die harmloseste Weise. Zwar mag man an maßgebender Stelle anderer Meinung ge­wesen sein, was nöthigenfalls, wollte man sich der Mühe unterziehen, durch die beiden schon Tags zuvor hier einrückenden, schwer bewaffne­ten Gensdarmen genügend bestätigt werden könnte. Wer den gemüth­lichen, harmlosen Sinn der hiesigen Bevölkerung kennt, der weiß aber, daß es bei ihnen nur dann zu Thätlichkeiten kommt, wenn sie vorher auf die unverschämteste Weise dazu gereizt werden. Und letzteres hat­ten sie vom hiesigen Forstpersonal eben so wenig, als von dem Gens­darmen-Chor, die doch alle den gerechtesten Anspruch auf Bildung ma­chen, durchaus nicht zu erwarten. Als die zum s. g. Jagdschutz be­orderten Personen, nachdem sie von den Pächtern der Gemeindejagd, welche in Begleitung fast sämmtlicher größeren Grundbesitzer unserer Dorfschaft ihren gepachteten Jagdbezirk begingen, auf die verbindlich­ste Weise dahin beschieden worden, daß sie(die Pächter) den Jagdbe­zirk nicht verlassen, eben so wenig auch ihre Gewehre abgeben würden, da wurden jine nicht grob und malitiös, sondern sie erklärten kurz und bündig, daß sie es für ihre Schuldigkeit hielten, die Pächter als Jagd­frevler zur Anzeige zu bringen. Und das nehmen wir ihnen nicht übel, verwehren es ihnen auch nicht.

Anders kam es aber, als der preußische Privatförster Noak zur Steinbeke, den Lesern der Sonntagspost hinreichend bekannt, welcher vorgiebt, er habe einen Antheil an der Schlanger Koppeljagd gepachtet, in den Schlanger Feldern erschien. Dieser Mensch hatte einige Tage vorher in einem namhaften Gasthause in Lippspringe vor mehreren dort versammelten Gästen geäußert, er habe bezüglich Eröffnung der Jagd von dem Forstmeister zu Detmold ein Schreiben erhalten des In­halts, er möge sich mit seinem ganzen Jagdpersonale in dem Koppeljagds­bezirke einfinden und, wo er irgendSchlanger Bauern bei Ausübung der Jagd betreffe, letztere zur Anzeige bringen, ihnen die Gewehre ab­zunehmen, ja, dieselben auf der Stelle zu arretiren. Wir glauben na­türlich nicht, daß der Noak sich solcher vertraulichen Mittheilungen sei­tens des Chefs der Lippischen Forstbehörde zu erfreuen hat, sondern hal­ten uns deß vergewissert, daß der Herr Forstmeister, jene ihn sehr com­promittirenden Aeußerungen entschieden zurückweisen wird; dem geneigten Leser sind wir aber hier die Erklärung schuldig, daß unter dem Noak'­schen Jagdpersonale nur dessen zwei noch nicht confirmirte(!) erwachsene Söhne, welche er als seine Gehülfen(!) angestellt hat, so wie ein unter seinem Befehl stehendenParforcejagdbeaussichtigungsgehülfe. zu verstehen sind.

Trotz der ihm, wie er uns will glauben machen, zugegangener Weisung, ließ Herr Noak dieses Mal sein Personal zurück, um sich al­lein den Koppeljagdsfreunden zu überlassen. Doch auch diese hatten bald ihr Ende erreicht, und würde er sich in eiligster Hast zurückgezogen ha­ben, wenn er nicht die schützenden Arme der Gensdarmerie in seiner näch­sten Nähe wußte. Es würde zu weit führen, wollten wir Alles, was zwischen den herbeigekommenen Schlanger Grundbesitzern, dem Privatför­ster Noak und der Schutzmannschaft hin und her geredet ist, hier wieder

geben. Wir machen nur auf das Wichtigste aufmerksam. Als dem Noak von dem Vorsteher der Dorfschaft gesagt wurde, er habe nichts auf ihrem Eigenthum zu suchen, ha er weder auf die eine noch auf die andere Weise ein Recht zur Ausübung der Jagd nachweisen könne, er möge sofort sich entfernen; da entgegnet Noak:Ei, gewiß habe ich ein Recht, hie zu Jagen, schon vor 17 Jahren ist solches im lipp. Anzeigeblatte bekannt gemacht. Wir sind im Stande, dem freundl. Leser ganz ge­nau nachzuweisen, wie es mit diesem vermeintlichenRechte sich verhält.

Als der Privatförster Noak vor etwa 2 Jahren seines Dienstes als von Haxthausen'scher Förster entlassen wurde, hörte damit selbstverständ­lich auch das Recht auf, dessen Koppeljagd zu exereiren. Ja, damit ihm dieses ein für allemal abgeschnitten bleibe, so verpachtete der Herr von Haxthausen seinen Antheil an einen Lipper, und ist solches gesetzlich pub­licirt. Damit hört also die vor 17 Jahren erfolgte Bekanntmachung auf, noch irgendwie rechtsverbindlich zu sein. Nun soll Noak vor eini­gen Jahren den Koppeljagdantheil der katholischen Pfarre zu Marienloh angepachtet haben; ob es sich aber so verhält, weiß hier Niemand; es wird auch den diesseitigen Behörden darüber Nichts bekannt sein, jeden­falls ist keine Publication erfolgt. Ob also die Gensdarmerie ein Recht dazu hatte, jenen Mann bei Ausübung der Jagd zu schützen, ob sie nicht im Gegentheil denselben verjagen und seine Waffe confisciren mußte, darüber zu entscheiden, überlassen wir jedem vorurtheilsfreien Menschen. Als eine große Unziemlichkeit, um uns gelinde auszudrücken, muß es vor allen Dingen angesehen werden, daß der Noak, während alle übrigen Jäger ihre Gewehre in größter Ruhe hatten, noch inmitten des Gesprächs und den polizeilichen Schutz zur Seite, dennoch sein Jagdgewehr von der Schulter reißt und beide Hähne spannt. Wie leicht hätte da nicht ein Unglück passiren können! Wir hoffen, daß derselbe hierüber zur Verantwortung gezogen werde.

Schließlich haben wir noch ein Curiosum mitzutheilen. Bekannt­lich hat auch die benachbarte Gemeinde Kohlstädt im vergangenen Jahre ihre Jagd verpachtet. Der in diesem Jahre neuerwählte Vorsteher scheint aber entweder die Verpachtung nicht zu respektiren, oder er kann seiner Jagdleidenschaft nicht widerstehen; genug er geht am ersten Jagd­tage mit zwei Förstern in die Kohlstädter Jagd! Möchten wir ihm nicht zurufen: Tempora mutantur, et nos mutamur in illis

erste Jagdtag im Amte Lage.

Im Interesse des auswärtigen Publicums, und um den abenteu­

rlichen Gerüchten, wozu die Vorgänge des ersten Jagdtages gewiß

viele Veranlassung geben würden, vorzubeugen, giebt der Unterzeichnete, als Augenzeuge und Theilnehmer, nachstehend ein kurzes, wehrheitsge­treues Referat.

Die den Dorfschaften Heiden, Bremke, Nienwald und Oettern gehörenden Grundstücke sind schon im vorig. Jahre Seitens der Dorfs­vorsteher dem Gutsbesitzer Grotegut zur Ausübung der Jagd auf 3 Jahre verpachtet. Pächter Grotegut hatte nun auf den 25. d. ver­

schiedene Freunde, worunter auch der Unterzeichnete, zur Theilnahme an der Jagd eingeladen und den Ellernkrug zum Sammelplatz bestimmt, von wo aus unserersets die Jagd eröffnet werden sollte. Zur festge­setzten Stunde, 9 Uhr Vormittags, hatten sich daselbst 6 Jäger mit Gewehren und ca. 25 Personen, Vorsteher und sonstige Bewohner der genannten Dorsschaften, zur Hülfe und Abwehr gegen unberechtigte Jä­ger, sämmtlich mit guten Stöcken versehen, eingefunden. Nach unge­fähr einer halben Stunde traf unsere Gesellschaft eine zweite, nämlich unberechtigte Jagdgesellschaft von 21 Personen an, wobei die Herren Reg.=Rath Rohdewald, Gutsbesitzer Merkel von Braunenbruch mit einige Officiere und sonstige Detmolder befindlich, und welche 6 scharf­bewaffnete Gendarmen zu ihrer Deckung bei sich führten. Nachdem Herr Grotegut der Gesellschaft genähert, fragte er sie, wer ihr das Recht gestattet, in seiner Jagd zu jagen, und forderte sie dann auf, sofort sein gepachtetes Jagdrevier zu verlassen; inzwischen war unsere ganze Jagdgesellschaft herangekommen, was auf die Unberechtigten au­genscheinlich eine niederschlagende Wirkung bervorbrachte, besonders war es der Gutsbesitzer Merkel, der seine große Aengstlichkeit nicht verber gen konnte und dessen Gegenwart die Veranlassung war, daß die mit­gegangenen Colonen so rasch herankamen, da sie sahen, daß derselbe seine gespannte Doppelflinte auf den Wirth Führing aus Heiden anlegte. Natürlich äußerten sie ihren Unwillen und Entrüstung gegen denselben in stark aufgeregter Weise, wozu sie noch ihre besondern Gründe hatten, da derselbe, beiläufig bemerkt, wie ich selbst von glaubhaften Zeugen erfahren habe, wahrscheinlich um seine Bravour zu zeigen, in öffentli­cher Gesellschaft vonBauernlümmels undBauernfüsiliren gespro­chen und sonstige frivole Redensarten geführt hat.

Nachdem unter Andern auch der Unterzeichnete seine große Ver­wunderung über die Anwesenheit eines Regierungsraths ausgedrückt und diesem erklärt hatte, wie Referent es tief bedaure und beklage,

erfahren zu müssen, daß ein Lipp. Regierungsrath, der doch überall die Interessen des Landes, in dessem Dienste und Solde er stehe, wahr­zunehmen habe, sich mit an der Spitze einer solchen unberechtigten Agi­tation befinde und dadurch dazu beitrage, daß unser Lipp. Land mit