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Paderborn, Dienstag, den 25. Februar 1905.
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Sozialdemokratie und Wahlrechtskampf.
In der Frage einer Reform des Wahlrechts für den preußischen Landtag führt die sozialdemokratische Presse ihren Kampf unausgesetzt weiter gegen— das Zentrum, obwohl sich dasselbe sowohl durch seine ganze Vergangenheit als auch durch seine neuesten Kundgebungen als warm en Anhänger der Uebertragung des Reichstagswahlrechts auf die Wahlen zum preußischen Landtag be kannt hat. Unablässig setzt sie ihre schäbige Verdächtigungsart gegen das Zentrum fort, indem sie demselben den Vorwurf macht, es habe von jeher in dem Kampf für die preußische Wahlrechtsreform den„nötigen Nachdruck“ vermissen lassen. Ganz zu Un recht, da doch ein nur flüchtiger Bick auf die Vergangenheit sie schon belehren würde, daß das Zentrum in konsequen ter Verfolgung seines Zieles es nicht im mindesten hat an sich fehlen lassen, von Unterlassungssünden des Zentrums nach dieser Richtung demgemäß in keiner Weise die Rede sein kann.
Die Heuchelei, die die sozialdemokratische Presse mit ihren Vorwürfen gegen das Zentrum treibt, tritt erst so recht dann zutage, wenn man damit die Unterlassungssünden der Sozialdemokratie einmal vergleicht. Man braucht sich auf Grund der sozialdemokratischen Parteitagsprotokolle nur einmal die Geschichte der sozialdemokratischen Partei in der Frage der Beteilig ung an den Landtagswahlen vor Augen zu führen, um einzusehen, wie wenig Grund hier diese Partei zu Verdächtigungsmanövern gegen das Zentrum hat, und ein wie widerwärtiges Doppelspiel sie damit treibt. Die ganze Ratlosigkeit und Unentschlossenheit, die die Sozialdemokratie in der Frage der Wahlbeteiligung entwickelt hat, zeigt treffend der linksliberale Politiker H. v. Gerlach in seiner soeben erschienenen Geschichte des preußischen Wahlrechts in dem Kapitel: Die Sozialdemokratie. (S. 218 ff.)
wert v. Gerlach erinnert eingangs daran, daß es in der Sozialdemokratie Ferdinand Lassalle zuerst gewesen sei, der 1863 die erste grotze Bewegung für das allgemeine, direkte und geheime Wahlrecht in Preußen entfacht habe. Aber, so fährt er fort, als Bismarck dem Deutschen Reich das Reichstagswahlrecht gegeben hatte, da schien selbst die Sozialdemokratie zunächst zu meinen, nun sei der Wadlrechtskampf erledigt. Hinter dem Interesse am Reich versank das Interesse an den Einzelstaaten. Jahrzebnte sind nötia gewesen, um der Sozialdemokratie die Ueberzeugung beizubringen, daß es für eine cesunde Arbeiterpolitil fast ebenso sehr ans die Einzelstaaten wie auf das Reich ankommt. An den preußischen Wahlen beteiligte sich die Sozialdemokratie nicht. Ja, sie ignorierte fast vollig. was, im Landtage vorzing. Sie dachte even wie der alte Liebknecht:„Um den preunischen Landtag kümmern wir uns
# Der Verbrecherkönig Clifford
„Dabei kann ich dir aber nicht verhehlen, daß ich in wirklicher Angst lebte. Ebenso wie der kleine Tom, der vollständig trostlos ist. Du hast doch gewiß auch die Aufforderung in den Zeitungen gelesen?“
„Natürlich! In denen ich bereits tot gesagt wor den bin.“
„Richtig! Aber sage mir nur, weshalb diese Ko
mödie?“
„Weil es sein muß, wie ich dir schon erklärte. Clifford besitzt einen Anhang, den ich nicht zu übersehen vermag. Und seine Anhänger belagern meine Wohnung. Wäre der Detektiv Frank nicht noch zur rechten Zeit verschwunden, dann könnte es so gekommen sein, daß man nach seiner Leiche suchen müßte.“
„Wenn du wenigstens mich verständigt hättest.“ „Das konnte ich nicht, denn der Weg zu dir war mir abgeschnitten. Ebenso wie mein Haus belagert wird, so stehst auch du in getreuer Obhut der Clifford'schen Spione“.
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„Ja!“
„Das ist doch Undenkbar!“
„Nicht so sehr! Kannst du dich beispielsweise an den kleinen vorzüglichen Herrn im Kaffeehause erinnern?“ „Ja. Er schien ein liebenswürdiger Gesellschafter.“ „Von Clifford bezahlt.“
„Was?“
„Ganz bestimmt!“
„Deshalb also brachte er das Gespräch auf den Mord und wollte mich über dich ausfragen.“
„Nun wirst du also begreifen, weshalb ich zu diesem Schritte greisen mußte. Es gilt mein Leben. Des halb darfst du nie verraten, daß du etwas von mir weißt. Man mag mich ruhig für tot halten, es wird meine Zeit noch kommen.“
„Darf es Tom auch nicht wissen?“
„Ja! Er wird zu niemanden sprechen.“ „Aber so erzähle mir doch wenigstens, was du bisher erreicht hast. Bist du mit Clifford noch immer nicht zusammengetrossen? Was ist mit Conrey?“
„Gib mir erst noch eine Zigarette her!“
Erst als die Rauchringe der Zigarette die Luft durchflogen, da begann Frank mit der Erzählung seiner bis herigen Erlebnisse:
„Ich hatte die Ueberzeugung gewonnen, daß ein
nicht, den lassen wir verfaulen“. Und dementspre chend handelt sie. Eins nur hatte Liebknecht in seinem Doktrinarismus und mit ihm die Partei vergessen: selbst die verfaultenten Pfahle stehen oft noch wer weiß wie lange, wenn sich niemand findet, der ihnen einen energischen Stoß versetzt.
Und diesen Stoß ver setzte ihnen, so möchten wir hin zufügen, der Windthorstsche Zentrums=Antrag vom Jahre 1873auf Uebertragung des Reichstagswahlrechts auf den preußischen Land tag!
Erst 20 Jahre später, im Jahre 1893, griff auf dem Kölner sozialdemokratischen Parteitag der Sozialdemokrat Eduard Bernstein die Frage der Beteiligung an den preußischen Landtagswahlen in befürwortendem Sinne auf. Aber es ging ihm damit, so schreibt von Gerlach, wie mit den meisten seiner Vorschläge: zunächst trieb er die gegen jeglichen„Revisionismus“ äußerst mißtrauische Partei genau nach der entgegengeletzten Richtung. Die Partei hatte bis dahin nur tatsächlich die preußischen Wahlen boykottiert. Jetzt ging sie daran. dies ihr verkehrtes Verh alten feierlich durch Parteitagsbeschlußzusanktionieren. Nach einem Referat Bebels und nach ganz kurzer Diskussion, in der kein Widerspruch laut wurde, nahm der Parteitag zu Köln am 18. Oktober 1893 eine Resolution Bebels an, die es als„Pflicht der Parteigenossen in Preußen. sich jeder Beteiligung an den Landtagswahlen unter dem jetzt bestehenden Wahlsystem zu enthalten“ erklärte, da gegen die Parteigenossen aufforderte,„in allen Einzel staaten eine umsassende und energische Agitation für die Einführung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direk ten Wahlrechts für die Landtage im Sinne unserer Programmforderung in Angriff zu nehmen.“ Ueber die Wirkung dieses Beschlusses für die Folgezeit schreibt Herr von Gerlach:
Recht bald saben die lernfähigen Clemente der Parte ein, daß man in Köln eiuen Riesenbock geschossen habe Zwar die erne Forderung der Resclution, die der stritten Wahlenthaltung, ließ sich mit Leichtigkeit durchfahren. Aber mit der zweiten, der nach einer umfassenden Agitation zu gunsten der Einführung des N#eichstagswahlrechts, haperte es gewaltig. Die Massen ließen sich eben nicht für eine
Hamburg wurde der Kölner Beschluß umgestoben. Eine der ersten, kei„umueiernt“ hatte, war gerade der Rese rent von Köln, Bebel. gewesen.
So kam denn auf dem Hamburger sozialdemokra tischen Parteitag im Jahre 1897 gegen eine starke Mind erheit, deren Hauptwortführer Liebknecht war, der Beschluß zustande:„Die Beleiligung an den nächsten preußischen Lanbtagswahlen ist überalt geboten, wo die Verhältnisse eine solche den Parteigenossen ermög lichen. Kompromisse und Bündnisse mit anderen Par teien dürfen nicht abgeschlossen werden.“ Bezeichnend für die„Geschlossenheit“ der sozialdemokratischen Partei in der Landtagswahlrechtsfrage ist, daß dieser Beschluß in seinem grundsätzlichen Teile schon im folgenden Jahre, auf dem Stuttgarter Parteitag vom Jahre 1818, umgestoßen wurde. Der Parteitag erklärte,„daß die Beteiligung an den Landtagswahlen nicht in allen Wahl kreisen geboten ist, umsoweniger, als bei der Kürze der Zeit, die uns von den preußischen Landtagswahlen trennt, nich t daran gedacht werden kann, die in dieser Frage jetzt weit auseinandergey enden Meinungen innerhalb der Partei so einander zu nähern, daß ein ein heitliches Vorgehen der Gesamtvartei möglich in.“ Nur in verhältnismäßig wenigen Wahlkreisen beteiligte sich
Erfolg nur davon abhängig war, wenn ich Conrey nie aus den Augen verlor. Diesen suchte ich zunächst auf und erhielt die Gewißheit, wie sehr dieser schon in den Klauen Cliffords war. Ich fand Conrey halb wahnsinnig vor; er fabelte von dem Propheten, der ihm Gnade schenken wolle, wenn er büßen würde, der ihm verzeihen würde, wenn er sein Geld opfere. Ich entnahm sodann noch seinen Reden, daß der gleiche Tag etwas Ereiguisvolles bringen würde. Deshalb schlich ich mich zur Trafalgar Square, überkletterte die Mauer und fand in dem gelben Salon eine Gesellschaft vor, die ich selbst nicht erwartet hatte. Sechs Gesellen waren beisammen, die aber alle schwarze Tuchmasken trugen. Conrey saß allein i einem Lehnstuhle. Ich konnte noch folgendes belauschen. Eine grofe Erscheinung— Gesicht war ja nicht zu sehen wandte sich an Conrey„Du wirst also tun, wie dir befohlen?"„Ich kann nicht anders, denn ich stehe unter dem Gesetz", war seine Antwort, der glücklich zu sein schien, daß man ihm sein ganzes Vermögen abknüpfte. Was ihm befohlen worden war, das blieb mir unbekannt, denn ich war leider etwas zu spät gekommen. Dann sprach wiederum der große:„Ist auch sonst alles klar, was zu geschehen hat?“ Einer von den Sechs antwortete: „Ich werde heute noch auf meinen Posten gehen! Der erste Augenblick soll ihn ins Jenseits befördern." Jeder Zewifel wurde mir bald benommen, über wen diese Gesellschaft den Tod beschlossen hatte. Sie entfernten sich und zerteilten sich nach verschiedenen Richtungen. Da ich nur allein war, konnte ich nur einen von den sechs verfolgen. Das aber war der, welcher auf seinen Posten gehen wollte, um einen Mord auszuführen.
Diesen mußte ich zunächst zu verhindern suchen. Mein Erstaunen wurde immer größer, als dieser sechste den Weg nach meiner Wohnung einschlug. Er hatte inzwischen seine Maske abgenommen und ich hatte in ihm Jim Wood erkannt, einen berüchtigten schweren Verbrecher. Dieser nahm seinen Posten vor meinem Hause ein und ich wußte, daß ich dorthin nicht eher wieder zurückkehren durfte, bis Clifford und seine Leute unschädlich gemacht worden waren. Das aber war die Aufgabe, die ich mir tellte. Zunächst erfuhr ich, daß Conrey seinen Palast verkauft hatte; sogar der Kaufpreis dafür sollte eine Beute der gewissenlosen Verbrecher werden. Dann erhob er alle seine Gelder und verschwand aus London. In Begleitung Jack Blacks ist er nach Dover gefahren und von dort per Schiff nach Calais.“
Hier unterbrach Brown die Erzählung seines Freundes:
demgemäß im Jahre 1898 die Sozialdemokratie an den preußischen Landtagswahlen. Deshalb nahm die„zielbewußte“ Partei 1900 wiede rum eine Schwenkung vor, indem auf dem Mainzer Parteitag im Jahre 1900 der Beschluß zustande kam:„In denjenigen deutschen Staaten, in welchen das Dreiklassenwahlsystem besteht, sind die Parteigenossen verpflichtet, mit eigenen Wahlmännern in die Wahlagitation einzutreten.“ Bei diesem Beschluß ist es bis heute geblieben. Wenn heute die preußische Wahlrechtsreform noch so„rückständig“. ist, so darf sich daran die Sozialdemokratie von Schuld nicht freisprechen; gestand doch selbst Bebel auf dem Mannheimer Parteitag im Jahre 1906(Protokoll S. 234), die Arbeiter hätten für den Landtag„kein oder doch nur geringes Interesse“ gehabt.„Fast fünfzig Jahre hab en wir uns nicht um den Landtag gekümmert.“
Und nun soll aus einmal die Sache„gemacht“werden! Mit ihrer Politik der großen Worte und Phrasen, mit ihrem auf die drei Millionen Wähler pochenden Kraftmeiertum hat die Sozialdemokratie in ihrer Anhängerschaft die unbegründetsten Hoffnungen geweckt, als ob es bloß einer Wahlbewegung bedürfe, um der preußischen Regierung eine Wahlreform„abzutrotzen.“ Mit Straßendemonstrationen soll jetzt um jeden Preis das wieder gut gemacht werden, was man früher durch eine unverantwortliche Politik der Enhaltung von der poli tischen Betätigung, radikalen Vertröstens auf den„unausbleiblichen“. Zukunftsstaat versäumt hat. Und jetzt wo die Straßendemonstrationen die erhoffte Wunderwir iung nicht tun, im Gegenteil die Reaktion gegen eine Wahlrechtsreform stärken, wo man selbst in weiten sozialdemokratischen Kreisen über die Zweckmäßigkeit von Straßendemonstrationen als eines Druckmittels sehr geteilter Mei nung ist, da scheint man in der sozialdemokratischen Par tei zu fühlen, wie man sich in eine Sackgasse verrannt hat.
Um in dieser für die sozialdemokratische Partei recht schwülen Situation sich Luft zu machen, zieht man das Bentil: Zentrumsheve. Es hat ja noch immer seine Wirkung nicht versagt, wenn die Partei gegenüber den eigenen Anhängern im„Druck“ gewesen war. Die sozialdemokratische Partei weiß— nachdem die Straßen demonstrationen versagt haben— selbst kein geeignetes Mittel anzugeven, wie man überhaupt eine Wahlrechts reform für den preubischen Landtag soll„ertrotzen“ können. In dieser Not ruft sie gar nach der Hilfe— des Volksvereins für das katholische Deutschland und der Katholikentage, obwohl sie ganz genau weiß, daß ersterer ein Verein mit genau abgesteckten sozialpolitischen Aufgaben ist, die mit der rein poliischen Frage der preußichen Wahlrechtsreform unmittelbar nichts zu tun haben, und letztere keine Zentrumsparteilage sind, sie demgemäß die Wahlrechtsfrage ebensowenig angeht, wie etwa die sozial bemokratischen Parteitage die Frage des lenlbaren Luftschiffs.
Und da wundert sich die Sozialdemokratie noch, wenn das Zentrum sich recht herzlich dafür bedankt, sich in der Wahlrechtsfrage von der Sozialdemokratie ins Schlepptau nehmen zu lassen!
Lom modernen Aberglauben.
Auf den preußischen Kultusminister ist die Franif. Itg. nicht gut zu sprechen, weil er nicht ohne weiteres alle Klosterschuten vom Erdboden vertilgen u#ll, wie es dieser Demokratie erwünscht wäre.
Um ihm Naison beizubringen, zitiert sie(Nr. 48, Abendbl. vom 17. Februar 1908) ihm einige Stellen aus den Briefen Friedrichs II. an den französichen Gottes
„Soviel konntest du schon erfahren? Bist du nicht auch nach Calais gefahren?“
„Das wäre doch zwecklos gewesen. Black hatte doch nur einen ganz geringen Betrag mit sich genommen. Alle anderen Gelder blieben hier, wie auch die üörigen Mitglieder der Bande.“
„Von diesen sind dir allo schon zwei bekannt?“
„Alle! Jack Bluck ist jetzt in Calais, Jim Wood und Ted Crackitt, die sich in die Ueberwachung meiner Wohnung teilen, und zuletzt Parker, der freundliche alte Herr, der für dich eine so große Zuneigung besitzt. Der sechste ist Clifford, den ich noch immer nicht stellen konnte.“
„Ueber diesen weißt du noch gar nichts?“
„Nein! Ich bin aber schon so sehr auf seiner Spur, daß ich das Netz schon in den nächsten Tagen über seinem Kopf zusammenziehen kann.“
„Dabei benutzest du immer diese Maske?“
„Dann würde ich nie ein Ziel erreichen. Jetzt siehst du mich so a.ls Bettler. In zwei Stunden findest du mich in einer der vornehmsten Spielhöllen Londons. Dort würde man mir in dieser Gestalt sehr wahrscheinlich den Jutritt verweigern.“
„Aber dann mußt du doch irgend einen Schlupfwinkel haben, wo du dich verbergen kannst, wo du diese Verkleidungen vornehmen kannst.“
„Ich habe drei in London! Eine könnte mein Gegner entdecken, so muß mir noch ein zweites und ein drittes Versteck bleiben.“
„Davon hast du mir nie etwas gesagt!“
„Das sind Geheimnisse, die Geheimnisse bleiben müssen. Doch die Zeit verstreicht furchtbar rasch und ich bin schon zu lange hier, um einen Teller Suppe zu verzehren. Für mich ist es Zeit zu gehen.“
„Kann ich dir nicht in irgendwelcher Weise helsen?“
„Nein! Du würdest mir eher hinderlich sein, denn ich habe vorerst aus dem gleichen Grunde auch auf die Hilfe der Polizei verzichtet.“
„Können wir uns ab und zu nicht treffen?“
„Das würde zu gewagt sein, war das heutige Beginnen schon allzu gefährlich. Wenn ich wirklich etwas zu vermelden habe, so wirst du in der Morgenpost ein Inserat finden, das neben deinem Namen einen Ort bezeichnet, wo du dich dann abends um zehn Uhr einfinden wirst. Tom aber kannst du melden, er solle nur weiter auf mich warten, dabei jedoch mißtrauisch gegen jeden Fremden sein.“
leugner Voltaire. Darunter auch den Satz:„Waffen werden den Aberglauben nicht zerstören, durch die Arme der Wahrheit muß er sterben. Da ro die meisten Klöster sind, ist das Volk am blindesten dem Aberglauben dahingegeben.“
Wir könnten der Frankf. Ztg. einen Gegendienst erweisen und etwa aus desselben Friedrich Schriften einige Kraftsprüche über die— Juden zitieren. Doch lassen wir das; machen wir vielmehr mal die Probe aufs Erempel, indem wir fragen: wo herrscht der Aberglauben am stärksten und am krassesten, dort, wo Klöster sind, oder dort, wo keine sind? Und siehe da! Für jeden Kenner ist es eine recht bekannte Tatsache, daß in ganz Deutschland der Aberglaube nirgends so im Schwunge ist, als eben in dem klosterreinen— Berlin, der Hauptstadt der Intelligenz und Bildung, wie es ehedem hieß!
Eben geht durch die ganze Welt die Kunde von dem famosen Fang, der der Berliner Kriminalpolizei in der Verhaftung des Schwindlers„Professor Maxim“. in Schmargendorf gelungen ist. Der Mann konnte herrlich und in Freuden leben, strich ungeheure Gelder ein— nian spricht von Millionen—, die ihm die Dummheit der Massen abwarf. Die dem Mann seinen Schwindel abkauften— er handelte nämlich mit einer Planchette, welche ihrem Besitzer die Möglichkeit gab, alle Geheimnisse der Jukunft zu erforschen— saßen aber nicht in den Klöstern und hatten auch leine Klostererziehung genossen.
Fragen wir weiter: wie konnte dieser Mann em solches Bombengeschäft machen? dann müssen wir antworten: weil er die—Presse bereit fand, für ihn Reslame zu machen. Ja, man lese nur mal die Berliner Preise durch nach Annoncen solcher Art, deren Zwea ganz offensichtlich auf eine Rupfung jener abgesehen ist, die nicht alle werden, und man wird staunen, was man da zu lesen bekommt.
Wir setzen eine solche Anzeige her, die im Jahre 1906 regelmäßig zu leser war, nicht bloß in der Deutschen Tageszeitung, der wir sie entnahmen. Die Notiz lautete:
Erstaunlich.
„Ich kann Ihnen eine erstaunliche wicktige Mitteilung machen, die ich Jonen gratis übersenden werde, wenn Sie mir in Ihrer eigenen Handschrift den genauen Zeitpunkt
I#rer Geburt angeben. Vielleicht glauben Sie nicht an Astrologie, Graphologie. Tokalismus und andere geheimnisvolle und meist unbekannte Wissenschaften; aber trotzdem werden Sie sich über die wichtigen Angaben. die ich über Ihr Leben machen kann. wundern. Viese, denen ich meine Gratismitzeilung gesandt, haben mir Briese geschrieben voll warmsten Dankes.... Zahlreich wurde mir bestätigt, daß
ch unbedingt richtige Angaben über treue und faliche Freunde, Liebhaber, Geschäftsangelegenheiten usw. gemacht habe, dank der mir durch Vererbung und levenslängliches Studium beverrschten tieten und wunderbaren Wissenschaft.“
Solche Annoncen kehrten häusig, allzuhäufig wieder; sie nährten ihren Mann, und auch die Presse, welche sie brachte, konnte mit von dem Rahm schöpfen. Wiederum, es waren nicht Blätter, die von Klöstern herausgegeben wurden, sondern von ganz andern Leuten. Auch die Frage, ob eine Geschäftspraris, welche in solcher Weise in wenig fairer Gesinnung dem Aberglauben Vorschub leistet und sich darum aus skrupelloser Gewinngier mitschuldig macht, als ahristlich bezeichnet werden darf, oder ob man dafür nicht ein anderes Beiwort geprägt hat, möge die Frankf. Ztg. selbst beantworten.
Es wäre wirtlich ein Schauspiel für Götter, wenn der verhaftete Schwindler in seiner Verteidigungsrede alle jene Blätter nennen würde, die seine Annoncen verbreitet und ihm so die Schafe zum Scheren selbst zugetrieben haben.
Die Korridortür war verschlossen; das konnte nur Browns Vermieterin sein, die zurückkam.
Da war Frank aufgesprungen und war schon wieder der kleine hinkende Bettler, der jetzt mit kreischender Stimme schrie:
„Ich danke Ihnen, mein werter Herr! Ach, es tut der Hunger uns Armen so weh! Dank, Herr! Tausendmal soll es Ihnen vergolten sein!“
Brown ließ ihn zur Türe hinaus und sagte:
„Ist schon gut! Macht nur, daß Ihr fortkommt.“ Die Vermieterin aber wich scheu dem häßlichen Gesellen aus dem Wege, und als sich hinter diesem die Türe geschlossen hatte, sagte sie in vorwurfsvollem Tone:
„Wie können Sie nur so einen Menschen in Ihr Zimmer lassen? Der hätte Sie ja ermorden können! Ich weiß gewiß, daß ich diese Nacht vor Aufregung kein Auge schließen kann und immer dieses häßliche Gesicht sehen werde. Und dann war er fast eine Stunde bei Ihnen.“
„Ja, die Zeit vergeht rasch!“ Dies und ein eigentümliches Lächeln waren Browns Antwort; er hatte doch heute zum ersten Male ein Abenteuer erlebt, wie noch nie in seinem Leben. Ein verlotterter, verschmutzter Bettler, vor dem er bei dem ersten Zusammentreffen ein instinktives Grauen empfunden hatte, war in seinem Lehnstuhl gelegen und hatte seine Zigaretten geraucht Wenn das erst seine Vermieterin gesehen hätte!
Der Bettler war die Treppe heruntergebinkt.
Auf der Straße herrschte schon die Dunkelheit der Nacht.
Scheu irrten die Augen des häßlichen Gesellen umher, ob nirgends eine Gefahr im Wege lag. Nichts zu sehen! Nächtliche Passanten eilten dahin, um wohl möglichst rasch nach ihrem Heim zu kommen.
Da erscholl auch schon wieder die klägliche Stimme des Bettlers, der die Straße entlang zog:
„Erbarmen mit mir Armen! Ein Unglücklicher bittet um eine Gabe.“
Das aber war dem Bettler entgangen, daß in der finsteren Nacht hinter der Kellertreppe ein dunkler Schatten zusammengekauert versteckt war, der sich nun herauswagte und dabei zischend die Worte ausstieß:
„So habe ich dich doch noch gefunden, alter Schleicher. Wer mit Clifford den Kampf unternimmt, der muß verlieren. Wer werden heute abrechnen!“
(Fortsetzung folgt.)
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