Ne 12.

Paderborn, Samstag, den 9. Februar 186.

Westfälisches

Das Westfälische Volksblatt erscheint jeden Mittwoch und jeden Samstag einen halben Bogen stark.

Jahrg. XIX.

Volksblatt.

Preis viertelj. in der Exped. Sgr., durch für die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum.

Zu den Wahlen für den Norddeutschen Reichstag.

Das in Vaderborn zusammengetreteneComité von Wählern der katholisch=conservativen Partei hält an dem für den Wahlkreis Paderborn=Büren aufgestellten Candidaten, Herrn

Regierungsrath von Mallinckrodt in Düsseldorf fest, einem Manne, der, durch edlen Freimuth, echtdeutsche Gesinnung und unbeugsame Rechtlichkeit hervorleuchtend, durch seine gründliche Kenntniß der öffentlichen Verhältnisse und eine seltene Rednergabe früher Jahre lang eine Zierde des Preußischen Abgeordnetenhauses und als treuer Sohn der katholischen Kirche vorwiegend die Seele der katholischen Fraktion gewesen ist. Es werden also alle Freunde und Gesinnungsgenossen dringend gebeten, für den Erfolg des bevorstehenden Wahlkampfes zu wirken, damit auch diesmal die katholisch=conservative Partei als Sieger aus demselben

hervorgehe.

Leider geyr, nachdem das Paderborner Comité die auf die Wahl v. Mallinckrodt's bezüglichen Drucksachen bereits nach allen Seiten des Wahlkreises spedirt hatte, aus Büren die Nachricht ein, daß ein dortiges Comité unterm 6. dss. als Candidaten der katholisch=conserva­tiven Partei den Landtags=Abgeordneten Dr. Krebs aus Köln aufge­stellte habe. Es kommt diese Nachricht um so unerwarteter, als gerade die Wahl v. Mallinckrodt's im Kreise Büren lebhafte Zustim­mung fand und die von dort hier eingegangenen Nachrichten das Pa­derborner=Comité wesentlich bestimmt, die Candidatur v. Mallinckrodt's aufzustellen. Hoffentlich wird das Bürener Comité in Erwägung, daß Zersplitterung nur unsern Gegnern zu gute kommt und diese Zer­splitterung nicht Schuld des Paderborner Comités ist, von seinem Candidaten Abstand nehmen.

Die von Büren aus verbreitete Nachricht, daß Herr v. Mal­linckrodt bereits für einen anderen Wahlbezirk ange­nommen habe, glauben wir als unvegründet bezeichnen zu können. Herr v. Mallinckrodt hat, so viel wir wissen, auch diesmal, wie in früheren Jahren, auf Anfragen von verschiedenen Orten sich zwar bereit erklärt, ein Mandat anzunehmen, aber keine Verpflichtung für einen bestimmten Wahlbezirk übernommen, sondern sich die definitive Entscheidung vorbehalten.

Seien wir Alle, Alle ohne Ausnahme, am Wahltage Dienstaa. den 12. Februar zur Stelle, um ein günstiges Resultat der Wahl herbeizuführen.

Vaderborn, 8. Februar 1867.*)

Soll ein jüdischer Richter einen

abnehmen?

(Fortsetzung.)

Man glaubt in liberalen Kreisen, nur durch Zulassung der Juden zu den Richterämtern dem§ 12 der preußischen Verfassung

*) Die Wähler der katholisch=conservativen Partei unserer Stadt können gedruckte Stimmzettel in der Schöningh'schen Buchhandlung unent­geltlich erhalten. Die Abgrenzungen der fünf Wahlbezirke unserer Stadt und die Wahllokale sind in Nr. 7 dieses Blattes und des hiefigen Kreis=Anzeigers veröffentlicht. Jeder Wähler möge sich vorher vergewissern, in welchem Wahllokale er zu erscheinen hat!

gerecht werden zu können. Nach unserer Ansicht fordert gerade dieser Paragraph die Ausschließung der Juden vom Richteramte. Es heißt nämlich in demselben:Der Genuß der bürgerlichen und staatsbürger­lichen Rechte ist unabhängig von dem religiösen Bekenntnisse. Den bürgerlichen und staatsbürgerlichen Pflichten darf durch die Ausübung der Religionsfreiheit kein Abbruch geschehen. Man beachte namentlich den letzten Satz. Was soll damit gesagt werden? Doch nichts anders und nicht mehr und nicht weniger als: Die Ausübung des Religionsbekenntnisses darf Niemanden in der Verrichtung seiner bürgerlichen und staatsbürgerlichen Pflichten hindern. Dies trifft aber gerade bei dem Juden zu, wenn er Richter ist. Denn der Sabbat hindert ihn, irgend einen Theil seines Amtes an diesem Tage wahrzunehmen. Die Intention des Gesetzgebers zielt offenbar hier auf die Ausschließung der Juden vom Richter­amte hin, und gibt ihnen demnach die Verfassung kein Recht, jene For­derung zu stellen. Aber dem sei wie ihm wolle, und die Verfassung lautete ebenso für die Zulassung, wie sie dagegen spricht; dann könnte

der Jude doch nur unter der Bedingung zum Richteramte wie zu irgend einem Staatsamte zugelassen werden, wenn er seinen Sabbat preisgäbe, also sich gegen eines der Hauptgesetze seines Religionsbekenntnisses grund­sätzlich versündigte. Zu solchem Frevel einer charakterlosen Zwitter­

Judenschaft darf ein, wir wollen nicht sagen auf christlichen, son­dern nur moralischen Grundsätzen, basirender Staat die Hand nicht reichen. Ist aber einem Juden an seinen religiösen und nationalen Heiligthümern nichts mehr gelegen, so daß er sie für ein Amt hingibt, so ist nicht einzusehen, warum er nicht für denselben Preis sich auch einem christlichen Bekenntnisse anschließen könnte. Denn wenn er sich rühmt, am Sabbat zu arbeiten und Schweinefleisch zu essen, warum sollte er sich denn nicht auchschmadden" lassen? Die christliche Re­ligien würde dabei freilich wenig gewinnen, aber dem Ehrgeize der Ju­den wäre doch das unverkümmerbare Anrecht zu Theil geworden, in die Staatsämter einzutreten. Diese moderne Zwitter=Judenschaft, voll List und Lust sich heranzudrängen, aufzuschwingen, wichtig zu machen, voll Dünkel, Moquerie und Spott über alles, was einem religiösen Herzen heilig und theuer ist, trägt also selbst die Schuld, wenn ihnen der christ­liche Staat die Thur vor der Nase zuschlägt. Warum legen sie ihre Vorurtheile gegen das Christenthum nicht ab, wollen noch mit der Schale prunken, nachdem sie den Kern längst fortgeworfen haben? Diese wären denn doch wohl zuerst zu belehren, und wäre ihnen zu sagen: Wenn ihr an den Staatsämtern theilnehmen wollt, dann müßt ihr entweder Juden oder Christen sein, zum Wenigsten einer vom Staate anerkannten Religions=Gesellschaft angehören; da ihr nun aber keine Juden seid, wie euer Reden und Thun deutlich zeigen, auch keine Chri­sten werden wollt, so müßt ihr euch gefallen lassen, daß euch der Staat mindestens für ein Richteramt unbrauchbar findet. Einem wirklich gläubigen, auf seine Religion noch etwas haltenden Juden dürfte dagegen nicht einmal einfallen, nach einem Amte zu verlangen, das ihn mit der Ausübung seiner Religion in einen so demüthigenden, spöttischen Con­flict brächte, indem er ihm die gesetzliche Sabbats=Ruhe opfern müßte. Es wäre daher sehr angemessen gewesen, wenn in der angezogenen Kam­merverhandlung irgend ein Mitglied des hohen Hauses die Gelegenheit wahrgenommen hätte, das Rabbinat aufzufordern, die Judenschaft über das Ungehörige und Widersprechende der Petition des Rabbiners Sutro in Münster,(welche die Zulassung der Juden zu Richtern und Lehrern fordert) aufzuklären.