Der Erbprinz, der beim ersten Garderegiment in Pots­

dam dient, in für ein Jahr zum Studium an der Mün­chener Universität beurlaubt worden. Der Fürst wird. wie es heißt. in Begleitung seiner Tochter zurückkehren, die im elterlichen Schloß Wohnung beziehen soll. Ob ihr Aufenthalt in Deutschland längere Zeit dauern und ob der Exkönig seine Gattin begleiten wird, seht noch nicht fest.

Beihülfen für Altpensionäre.

Der Entwurf über die Gewährung von Beihilfen an Altpensionäre und Althinterbliebene, der dem Reichs­tage gestern zugegangen ist, bestimmt, daß den Altpensio nären auf Antrag im Falle des Bedürfnisses eine Peu­sionsbeihilfe zu gewähren ist. Diese beträgt bei Pen­sionen bis zu 1500 fl 20 Prozent, von mehr als 1500 bis 3000 M 10 Prozent. Pension und Beihilfe dürsen zu­sammen nicht mehr als 6000 M betragen. Den Alt­hinterbliebenen ist auf Autrag eine Hinterbliebenenbei­hilse von 20 oder 15 oder 10 Prozent des Witwen= und

Waisengeldes zu gewähren, je nachdem dieses beträgt bei Witwen bis 600, bis 1200, über 1200, bei Vollwaisen 200, 400, über 400, bei Halbwaisen 120, 240, über 240. Wit­wengeld und Beihilfe dürfen nicht mehr als 2400 M, Waisengeld und Beibilse nicht mehr als 800.(Voll­waisen) und 480(Halbwaisen) bei=: u. Das Vor­

handensein eines Bedürfnisses ist anzunehmen, wenn der Peusionär verheiratet oder Angehörige kraft Gesetzes zu unterhalten hat und wenn sein jährliches Gesamteinkom­men 3000 M bei Unterbeamten 1500 M nicht über­Reigt. Durch die Beihilsen dürsen Altpensionäre aber nicht besser gestellt werden wie die nach dem 1. April 1908 pensionierten Beamten. Das Inkrafttreten des Gesetzes ist offen gelassen worden, es dürfte sich nach dem Inkraft­treten der Besoldungsnovelle richten.

Ausland.

Die Erneuerung der spanischen Flotte.

#w. Madrid, 8. Mai. Kammer. Der Marine­minister hat einen Gesetzentwurf eingebracht, der einen jährlichen Kredit von 36 Millionen Besetas neun Jahre hindurch vorsicht. Diese Summe soll ausschließlich für Marinebauten verweudet werden, um den spanischen Arsenalen dauernd Arbeit zu geben und die Entwicklung einer Marineindustrie zu gewährleisten. In dem Gesetz wird angekündigt, daß in den Jahren 1915, 1916 und 1917 2 Schlachtschisse, 2 Schnellkreuzer und 6 Untersceboote ge­baut werden sollen.

Beschimpfung der österreichischen Fahne in Benedig.

Studenten verbrannten genern auf dem Martusplatze in Benedig eine önerreichische Fahn. Die Polizei ver­suchte die Demonstrauten zu zerstreuen und nahm mehrere Berhaflungen vor. Auch in Udine und Floren; sanden gestern Versammlungen statt. in deren Verlauf heftige Reden gegen die Slawen und gegen die Politik gegen­über dem östererichischen Italien gehalten wurden.

Die Bevollmächtigten auf dem internationalen Post­

T Pering, 8. Mai. Zum Bevollmächtigten Chinas aus dem im September zu Madrid stattfindenden inter. nationalen Postkongreß wurde Postmeister Piry, ein Franzose, ernaunt, zum zweiten Delegierten der Deutsche von Dewall.

Detmolder Theaterverein und Fürstliches Hoftheater.

rd. Detmold, 9. Mai 1914.

Eine öffentliche Bürgerversammlung hatte der Theaterverein gestern abend nach demHotel zum Her mann" zur Besprechung der brennenden Theaterfrage ei: berusen. Leider ließ die Beteiligung manches zu wünschen übrig.

Direktor Neumanu=Hofer entwickelte zunächn In einem längeren Vortrage etwa solgende Gedanken:

Nachdem am 2. Februar 1912 der alte, stolze Musen tempel unserer Residenz durch die Gewalt der Elemente für immer in Trümmer gegangen war, hörte man lange Zeit nichts über den Plan eines Neubaues. Das mag an der Ungunst der Verhältnisse gelegen haben. Einem boch herzigen Entschluß unsers durchlauchtigsten Fürsten haben wir es zu verdanken, daß dann der Plau für eine neue

Kunstsätte gesahzt wuro.. An die Stadt war man damals

mit dem Ersuchen herangetreten, mit beizutragen an der Gendung des neuen Theaters. Es sollte sofort mit dem Beu begonnen werden, sobald die Stadt die Summe von 100000 M dazu zur Verfügung stellen würde. Durch ein albes Dutzend Stadtverordnetensitzungen und vielleich noch mehr zog sich der Meinunnsaustausch über diesen Zuschuß, den man aber am letzten Ende doch freudigen Herzens hergab. Uus wurde damals mündlich zugesichert, daß mit der Bereitstellung dieser Summe zugleich alle Hindernisse beseitigt wären und sofort mit dem Bau be­gonnen werden könne. Vom Hofmarschallamt versicherte man uns den Dank des Fürsten für diese hochherzige Spende, betonte aber zugleich, daß alle Anordnungen zum Bau und später in Bezug auf die Leitung des Theaters elbstverständlich aus eigener Machtvollkommenheit des Fürsten ohne jede Einmischung der Stadt geschehen wur­den. Jedoch wolle man unsere Wünsche in weitgehendstem Maße wohlwollend erwägen und auch tunlichst berücksichtigen. Seit dieser Zeit erwartete man in der Bürgerschaft mit Recht voller Spaunung die Ausführung des Baues. Besondere Umstände, die später noch nähr: erörtert werden solle, hätten aber eine Verzögerun; in derselben hervorgerusen, die schließlich woni zu verstehen ist. Man war in der Bürgerschaft etwas verstimmt dar: über, daß die Sache in der langen Zeit gar nicht so recht in Fluß kommen wollte. Daher ist es, menschlich gedacht, wohl zu begreisen, daß sich in der Bürgerschaft mit der Zeit ein Zündstoff ausammelte, der nur des rechten Augenblicks harrte, um zur Explosion zu kommen. Diese Gelegenheit war mit der Etatsberatung in der Stadtver­orductenversammlung gekommen. Schon in einer der letzten Sißzungen war es zu Aeußerungen im Stadtparla­ment zu dieser Frage gekommen, die wohl, infolge einer irrigen Auslegung bei unserm Landesherren die Ansicht aufkommen ließen, als sorderten die Stadtverordneten das Recht, an dem Theaterbau Kritik zu üben. Es int selbst­verständlich, daß sich Se. Durchlaucht durch solche Aeuße. rungen verletzt fühlen mußte. Er befahl daher den Ober­bürgermeister aufs Schloß und äußerte sein Mißfallen, daß sich die Versammlung mit einer reinen Privatsache des Landesherru beschäftigt habe, was ihr natürlich unter keinen Umstanden jemals zusteht. Darauf konnte es auch natürlich nicht unterbleiben, daß sich nun die Stadtväter ihrerseits gegen diese Beschuldigung zu verteidigen such­ten. Sie sahen infolge einer leider mißverständlichen Auslegung der Worte diesen Vorgang als einen Eingriff in ihre gesetzlich verbürgten Rechte an und erhoben in der gestrigen Sitzung dagegen APlotest. Man war der Ansicht, daß niemand, auch der Landesherr, nicht das Recht habe, die Besugnisse der Stadtveroreneterversammlung zu beschneiden. Durch alle diese Vorgänge könnte sich leider eine Atmosphäre zwischen Fürst und Volk dräugen, die dazu geeignet sei, das gute, herzliche Einvernehmen, das bisher bestanden hat, zu Kören, eine Atmosphäre, die leider schon in außerlippischen Zeitungen großes Auf­seben erregt hat. Das zu vermeiden, zu beweisen, daß solche Annahmen einer Verstimmung zwischen dem Lan­desherrn und dem Volke grundlos ist, weil sie eben n'cht den Tatsachen entspricht, das hat sich der Theaterverein zur Aufgabe gemacht.

Es ist von vornherein als selbstverständlich anzusehen, daß man im Laufe der Besprechung, wenn es überhaupt nötig ist, daß die Person des Füciten in die Debotte ge­zogen wird, auch seiner mit der gebührenden Hoch­achtung erwähnen wird. Am beuen is es wohl, die Perion des Herrschers, die ja auch mit der Sache gar nichts zu tun hat, ganz aus dem Spiele zu lassen.

Von allen Stellen, mögen sie auch noch so verschi, denen politischen Richtungen angehören, ist bisher dets anerkannt worden, daß das Hoftbeater lediglich Kron­eigentum ist. Auch mit dem Domanium, üver dessen Zu­gehörigkeit vielleicht einige Zweisel entstehen können, bat es nichts zu tun. Das alleinige Eigentumsrecht des regierenden Herrschers an dem Theater ist noch von nie­manden bestritten worden. Daher ist und bleibt auch der Neubau eines Hoftheaters stets eine Privctangesegenheit des Fürsten. Daran kann auch nicht die Tatsache etwas ändern, daß die Stadt die 100 am gestiftet hat. Auch die Lotterie ist nicht imstande, diese Tatsache zu ignorieren. Denn die Kosten für den Bau sind doch vom Hofe und nicht vom Volfe aufgebracht. Nicht die Detmolder Bürger, sondern das Hofmarschallamt bat die Lotterie in Szen: gesetzt. Und wirklich hat die Detmolder Bürgerschaft doch durch den Ankauf der Lose nur einen verschwindend klei­

nen Tell zur Aufortagung der Kosten mit beigetragen.

Der Zuschuß ist aber auch nicht so bemessen, als daß man daraus ein Mitbestimmungsrecht an dem Bau herleiten kann.

Große Aufregung war ja nun entstanden, ais man

hörte, daß der Bau die ungeheure Summe von 1325 000+ verschlingen soll. Aber die eigentlichen Baukosten sind in Wirklichkeit auch gar nicht so hoch. Wenn in der letzten Stadtverordnetensitzung die Befürchtung laut wurde, daß das Theater, wenn es mit diesem Kostenaufwande erbaut würde, wohl jährlich allein an 100 000. an Zuschuß be­anspruchen würde, so kann man diese Furcht auch nicht teilen. Er wird kaum die Hälfte dieser Summe er­fordern. Man muß aber nochmals ausdrücklich seitstellen, der Theaterbau ist und bleibt stets eine reine Privatange­legenheit des Fürsten.

Das nach Gesetz und Recht. Das im kuristischen Sinre und nach den Paragraphen des Zivilgesetzes, die hier maßgebend sind. Aber sind denn diese juristischen Gründe und Paragraphen des Zivilgesetzes etwa maßgebend und erschöpfend für das Verhältnis zwischen Fürst und Volk? Gibt es für dieses Verhältnis nicht andere Fattoren, die es bestimmen? Das Band, das den Herrscher an sein Volk knüpft, die Interessen zwischen Thron und Volk sind so vielseitig, daß sie nie durch solche Paragraphen begrenzt werden können, nie begrenzt werden dürfen. Hier müssen die toten Paragraphen weichen!In Fährden und in Nöten zeigt erst das Volk sich echt!" Dieses Diehterwort trifft recht die Stellung zu unserm Herrscherhaus, muß sie treffen. Darum brauchen wir uus hier durch keine Para­graphen binden zu lasten. Wir wissen, was wir unserm Herrscher schuldig sind. Und ebenso dürfen wir getrost von der andern Seite voraussetzen, daß sich auch unser Durch­lauchtigster Fürst seiner Pflichten gegen seine Landes­kinder bewußt wird und sie auch stets erfüllen wird, wie er das bisher tat. Daher braucht man aus dieser klein=n Verstimmung, die durch bloße Mißverständnisse entstanden ist, nicht gleich eine große Staatsaktion zu machen und von einem Eingriff des Fürsten in die Rechte der Stadt­vertretung zu reden. Der ist nicht geschehen, edenso, wie die Stadtverordneten nie über eine Privatangelegenheit des Fürsten sich zu entscheiden anmaßen weiden!

Nun hat sich in der Bevölkerung leider vielfach die Ansicht breit gemacht, daß die verantwortliche Behörde, das Hofmarschallamt an der Verzögerung der ganzen Sache schuld sei. Das muß energisch bestritten werden. Als damals das Geld bewilligt wurde, hatte man auch die ehrliche Absicht, den Bau in kürzester Zeit fertigzustellen. Und an diesem guten Willen hat es von keiner Seite bis heute gefehlt. Leider haben die Verhältnisse einen frühr­ren Bau verhindert. Dafür kann man aber nicht das Hofmarschallamt verantwortlich machen. Es fragt sc, nun, ob wirklich die Stadt ein so reges Interesse an dem Fortgang der Arbeiten hat. Die Frage muß von jeden. Unbefangenen mitJa beautwortet werden. Sie hat auch dieses Interesse genugsam bewiesen durch die doch­herzige Spende, die ihr gewiß nicht leicht gefallen ist. Das vorhandene Kunstbedürfuis verlangt nach Befriedigung. Das nicht allein. Der Mangel an einem Theater bedeutet für unsere Geschäftsleute nicht den Ausfall einer erwarte. ten Summe, sondern es ist der Verlust, der erhebliche Verlust eines bereits vorhanden gewesenen Verdienstes. Er bedeutet für unsere Geschätfswelt und nicht zum Min­desten auch für unsere Arbeiter geradezu eine Existugge­

fährdung!

Daher kann man es unsern Stadtvätern auch nicht verdenken, wenn sie, die nun doch einmal als das Sprach­rohr der Bürgerschaft dazu berufen sind, zu reden, ihre Bünsche äußern. Das hätte ihnen auch niemand, selb? der Fürst nicht übel genommen. Aber auf etwas anderes kommt es an:Cest le ton. Daran liegt es eben. Hätte man einen andern Ton angeschlagen, so wäre vieles ver­mieden worden. Das ist eben keine Sprache, die man seinem Fürsten gegenüber spricht! Dann zare auch auf der andern Seite ein anderer Tou zu finden gewesen. Denn es find doch die gleichen Interessen, die Fürs und Volk verbinden. Sie gehören zusammen!

Mau hat überhaupt das Gefühl, als wenn das Ge­witter in der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten nich: entstanden wäre, wenn man überhaupt über die Sache völlig unterrichtet gewesen wäre. Denn die bisher o#breiteten Gerüchte, daß das Hofmarschallamt für die Ver­tögerung des Baues verantwortlich wäre, sind grund­salsch! Der Fehler hat eben daran gelegen, daß mit dem Entwurf des Plaues nicht einer, sondern drei Architekten

Setrant wurden, und zwar brei, die alle noch kein Theater gebaut haben. Daß da jeder dann die Reise der Künstler­schaft für sich in Anspruch uimmt, wird man verstehen. Und, wie das so ist, viele Köpfe, viele Sinne. Dabei konnte die Arbeit nur langsam fortschreiten. Und ledig­lich diese Verzögerung, die eigentlich dem uus gegebenen Versprechen nicht entsprach, hat die große Erregung ver­ursacht. Daß der der Fürst diese Erregung als einen Ein­griff in seine Privatangelegenheiten angesehen hat, ist wohl darauf zurückzuführen, daß er über die Diuge nicht genügend unterrichtet worden ist. Und die Neußerung des Fürsten nun gleich als eine Beleidigung der Stadt­vertretung anzusehen, dafür fehlt einem Menschen mit ge­sundem Empfinden eigentlich jedes Verständnis.

Vollen wir nun endlich diese leidige Augelegenheit, die doch schon mehr der Geschichte als dem Leben angeyört, vergessen und das alte Band der Harmonie, das uns mit unserm Herrscher seit jeher verknüpft, nicht frevelnd zu zerrütteln suchen. Daß uns auch der Fürst nach wie vor mit dem größten Wohlwollen begegnet, dos beweist die Tatsache, daß er uns für diesen Abend das Rodell seines Theaters hochherzig zur Verfügung gestellt vat. Wit haben allen Grund, unserm Landesherrn dafür unsern herzlichsten Dank auszusprechen. Unser Herrscher selbst reicht uns die Hand, schlagen wir herzhast ein. Es wird nicht zu unserm Schaden sein!(Laute Bravorufel.

Was die gestern laut gewordenen Befürchtungen an­betrifft, so sind sie von den vorsorglichen Stadtvätern wohl zu verstehen und zu würdigen. Aber sie werden Gott sei Daut nicht eintreffen, wenigstens nicht in dem Maße. Der jährliche Zuschuß dürfte die 100 000 A lange nicht erreichen, er wird wohl nur 50000 c im Höchstfalle betragen. Und sollten wir die einzigen Klugen sein, die da fänden, daß auf die Dauer bei der Ausführung dieses Projektes höhere Unterhaltungskosten enntänden? Das wird man an maßgebender Stelle auch gewußt haben. Wenn man aber dennoch den Bau in Augriff nimmt, so wird auch wohl das Geld für die Unterhaltung da sein. Man sagte, daß das Modell in seiner jetzigen Ausführung. der bloße Bau 1 300 000 A kosten wird. Das int gar nicht der Fall. Pro­sessor Kuhlmann war damals beauftragt, ein Theater für 5600 Gb zu entwerfen. Er reichte einen Auschlag über 600000 A ein. Als man dann aber einen genaueren Kostenanschlas vornahm, stellte sich heraus, daß das Pro­jekt 900000 M kosten würde. Dazu kommen dann noch für Honorare, Stizzen usw. 100000 M. ferner 108.000 A für den Fundus, ebensoviel zur Ausrüstung mit Ersatz­stücken. Erst damit stellt sich die Summe so boch. Und noch immer ist das Hoswarschall redlich bemüht, die Summe zu verringern. Professor Kuhlmann ist ja nun infolge Difserenzen mit der Hosverwaltung ausgeschieden und der neue Plan von Professor Ebhardt dai für das Gebäude an sich 700(00 A vorgesehen. Dazu kommen dann die 300 000 A für die vorhin genannten Ausgaben, so daß der ganze Bau etwas über eine Million kosten dürfte. Auch davon will man noch nach Möglichkeit etwas herunter­drücken.

Eigentämlich hat es einen großen Teil der Bärger­schaft berührt, daß die Frage der Unterstützung des In­terimstheaters eine so ablehnende Haltung der Stadtver­ordnetenversammlung erfahren hat. Es ist da der Grund laut geworden, daß man durch eine theaterlose Zeit ein Exempel satuieren wolle. Nun, wenn das wirklich Ven­anlassung gewesen ist, dann muß man sagen, manwirit die Henne weg, die die goldenen Eier legt!. Wen Arifft denn der Schaden anders, als die Stadt selbst. Wenn man an dem Theater des Herrn Geheimen Intendanz= rats etwas auszureten datte, dann honnte man das doch ruhig äußern. Wenn vielleicht die Auswahl der Stücke oder die vorhaudenen Kräfte nicht gesielen, so baite man doch das Recht. an die Bewilligung Bedingungen zu knüpfen. Der größte Teil der Bürgerschaft wird den Stadtverorducten recht wenig dankbar sein für diesen Ent­schl. k. der uns dietheaterlose, die schreckliche Zeit brin­gen wird. Hossen wir, daß sich dieser Bescheid der Stadt­verordneten noch forrigieren lassen wird.(Ueberall leb­hafte Instimmung.)

An diese Rede schloß sich eine Inaugenscheinnahme des von Professor Ebhardt angesertigten Modells, das allec­mein lebbaftes Gefallen sand. Herr Felix Witten­stein gab dabei die nötigen Erläuterungen. Lassen wir nunmehr eine kleine Beschreibung des Prachtbaucs folgen:

Er erhält ja belanntlich wieder den Standort des alten Musentempels. dem roten Tor des Schloßplatzes gegenüber. Ueber dem aus echten Marmor versertigten Portilus grüßt uns das stattliche, 22 Reter hohe Logen­haus. das Dach zeigt einenmmlichen Siufeuban, ein: Art der Ausführung, wie man sie bisher bei Theatern noch nicht gesunden hat. Die öde Ebleichförmigteit der toten Masse gewinnt durch diese Saufen Leven. Sie wirtt angenehm,

e EMHIEEKEET

Detmolder Ateliers.

Von H. M. Fuchs=Barial

I. Ernst Rötteken.

Sein Atelier liegt wic verzaubert und ganz berson nen i einem so dichtbewachsenen Garten mit alten Bäumen und hohen Hecken, daß man von der Straße der das kleine, rotc Haus kaum sehen kann, in dem Ernst Rötteken seine Bilder malt, wenn er nicht, was sich aller­dings noch häusiger ereignet, draußen im Freien arbeitet.

Hat man den schnell und steil aufsteigenden Garten durchschritten und ist man in das hübsche, behagliche Atctier eingetreten, so ist es, als wäre die übrige Welt sehr weit entfernt, als sei sie irgendwo zurückgeblieben, und als sei man hier ganz allein in einer besonderen Welt, allein mit schönen, versonnenen, stillen Bildern, die so tief, schlicht und schön sind, wie Verse Eichen­dorfis.

Als wir neulich draußen waren, um den Künstler und sein Haus zu besuchen, stand mitten zwischen den seinen Landschaften ein anmutiges, lichtes Porträt einer jungen blonden Frau, die in einer leicht hingeworfenen, sast nur angedeuteten Frühlingslandschaft vor reinem, blauen Himmel ruhig sitzt und mit klaren, hellen Augen still ins Leben hinaussiebt.

Dieses Bild, in dem Anmut und sinnender Ernst sich lieblich mit einer ganz leisen Traurigkeit vermischen, mit einem halb wehen, halb süßen Hauch von Melancholie. erscheint mir als ein Somvol für Ernst Röttekcus ganze Kraft zu sein, die mehr das Stillc, Idyllische und Lorische, als das Dramatische und Bewegte dieser schönen Landschaft sucht, die ion und sein Haus umgibt. Seine Linien sind sanft, seine Farben sind weich, und wenn man seine Bilder ansicht, wird cinem wohl und heimelig zu Sinn und man denkt, wie schön es sich wohl durch dieses Lano wandern lassen muß, das ihm seine Bilder geschenkt hat.

Er hat die Kunst des seinen Ohres und des gedul­digen Auges. Seine Bilder sind sehr deutsch, innerlich und äußerlich, und sie geben dem Zuschauer sogleich viel von jener inneren Heiterkeit, aus der sie genommen sind. Diese Bilder stürmen nicht kühn und mit heißem Wagen in die Welt, sondern sie haben die stille Anmut junger Frauen, ihren sinnenden Ernst und ihr Sich Freuen, das ohne Lärm ist.

Es muß hüvsch sein, aus allem Drang der A beit und der lauten Tage zu solch einem stillen Bilde an der Wand aussehen zu können. Sie sind wie ein Grußen eines Fcierabends, der da kommen muß.

Für jeden.

Auch für den feurigsten Nenner.

II. Heleue von Unruh.

In einem stattlichen Bande, den einer aus dem weit­verbrcticten Geschlechte der Unrubs geschrieben hat, sind alle Nachrichten über die Uniubs zusammengetragen, die ihres Hauses Geschichte bis zu den fernen Zeiten Kaiser Karls des Großen zurückverfolgen können, und es müßte eigentlich eine sesselnde und lohnende Ausgabe sein, in

diesen Tagen, wo über der deutschen dramatischen Kunst der leuchtende Stern Fritz von Unrubs ausgegangen ist, nachzuspüren, wo und wie sich in diesem Geschlechte schon Künstlersinn gezeigt und betätigt hat. Wir erleben jetzt das schöne und ergreisende Schauspiel, daß sich bei drei Trägern dieses Namens eine hohe Künstlerschaft so ge­waltig aus Licht ringt, als sei hier die Fähigkeit und der Trieb, sich in din Künsten auszuleben, seit Genera­tionen und Generationen ausgespeichert und ausgestaut: es ist doch gewiß nichts Alltägliches, daß sich in einem Kreise von Geschwistern gleich drei Künstler finden, die schon bei ihren Anfängen und bei ihrem ersten Hervor­treten Außerordentliches leisten und gleich einen Weg einschlagen, der sich schnell und entschlossen von der großen Straße der allgemeinen Kunstübung entsernt.

Beinabe ware auch Fritz von Unruh, der Dichter der Offiziere und desLouis Ferdinand, mit dem nach meiner Meinung in Deutschland ein neuer Abschnitt der dre ratischen hiftorischen Dichtung beginnen muß, Maler geworden, und wenn man die vielen Blätter und Skizzen sicht, die er aus Italien und Aegypten mit nach Hause gebracht hat, kann man nicht genug bestaunen, daß er als eine Art von Ergänzung seines dramatischen Genies eine malerische Begabung besitzt, die gewiß schon stark genug wäre, um ihm auch als Maler einen Namen zu schaffen.

Seine Schwester, Helene von Unruh, dat nun den Sprung, Malerin zu werden, gewagt, was nicht des­wegen eine Kühnheit bedeutet, weil das ein Beruf ist, an die vielen, vielen Stilleben und ebenso guigemeinten wie bel inglosen Bilder denkt, die alljahrlich von fleißigen Frauenhänden aus den Markt gebracht werden, Bilder, von denen kein Mensch weiß, warum sie malt sind, und wo sie eigentlich bleiden.

Aber hier war eine Krast lebendig, die so heiß und so kräftig einsetzte, daß man schon die ersten Arbeiten bemerken mußte, und wenn man die Bilder ansicht, die Helene von Unruh in ihrem lichten und weiten Ateliet in der Schülerstraße aufgestellt hat, oder die neuen, an denen sie fleißig arbeitet, und die bald auf die Aus stellungen des Sommers hinausgehen sollen, erkennt man sogleich, daß sie Recht daran gctan hat, nach Pinsel und Palette zu greisen, und daß bei ihr auch nicht die leiseste Gefahr ist, daß sie den ungebeuren Bestand gleichgültiger und überflüssiger Bilder um eine neue Sammiung davon vermehren könnte. Helenc von Unrun hat, wenn sie auch ein paar Stilleben, und zwar vortreffliche gemalt hat und ein paar Blumenstücke, doch durchaus kein Still­lebentalent, ja, was sonst, wie wir gern annehmen, eine Malerin besonders anziehen müßte, die Landschaft mit ihren vielen großen und kleinen Schönheiten, bedeutet für sie nur eine Art von Zwischenspiel, eine Art von Ab­wechslung nach Erholung. Ihre eigentlichste Begavung weist sie auf das Porttät, und all ihren Bildnissen ist eins gemeinsam: sie sind prachwvoll resolut angepackt. Hier ist eine Malerin, die keine Angst vor Licht und Farbe hat, eine, die auch vor bäßlichen Gesichtern nicht zurückschreckt. Es sind Studienköpse nach Modellen da, die alles Andere als füß und gewinnend anzusehen sind,

aber diese Bilder sind rassig und flott gemalt, und ihre malerischen Vorzüge sind so groß, daß man gern und oft ansehen mag.

Das Atclier, in dem Helene von Unruh arbeitet, war noch vor gar nicht langer Z## ein Schulraum, und es gibt sogar noch von diesem Damals der eine große schwarze Wandtasel. Aber die Bilder an den Wänden, eine Lichterkrone aus Tannengrün an der Decke, ein paar Vorhänge, ein alter Schrank, ein paar Möbelstucke und Blumen haben alle Rüchternheit aus dem weiten Zimmer vertrieben, das gerade jetzt von einem ange­fangenen Porträt Fritz von Unrubs und von dem großen Bilde einer Frau in einem wunderhubschen, bunten Biedermeierkleide beherrscht wird. Das ist ein Aus­stekungsbild für Minden, und ich bin sicher, daß dort bei der Ausstellung der lippischen Künstler das lustige Bild dieser Biedermeierdame dem Namen der jungen Künstlerin eine Prägung geben wird.

III. Kurt von Unruh.

Wie sich das für die Jugend gehört, sind seine Bilder die temperamentvollsten und kühnsten, die ich hier in Detmold gesehen habe. Bei diesem jungen Künstler, den Liebermann gelobt und ermutigt hat, ist es vielleicht das allererstaunlichste, daß er so gut wic ohne Unterricht und ohne Unterweisung mit dem Malen begonnen hat, aber da er gleich damit angesangen hat, in freier Luft zu arbeiten und die Welt so abzuschildern, wie er sie sah, wie sie sich ihm in tausend verschiedenen Beleuchtungen und angefüllt von unzähligen Bewegungen zeigte, so hat er sich schuell zu jener Art der Malcrei gefunden, die man immer noch, obwohl sie schon lange genug geübt wird, die moderne nennt: es liegt ihm nicht daran, alle Einzelheiten eines Ausschnittes der Natur festzuhalten, aber es gelingt ihm mit einer Sicherheit und Kraft, die für seine Jahre und für die Dauer seiner malerischen Arbeit ein wahres Wunder ist, das Wesentliche zum Aus­druck zu bringen, und auch vann, wenn er sich damit be gnügt, nur eine Andeutung von der Landschaft zu geben, die ihn getade gesesselt hat. Die Landschaft und die zahl losen Bewegungen der Menschen und der Tiere sind es in erster Linie, die ihn bislang beschäftigt haben, und erst seit ganz kurzer Zeit wagt er sich auch an das Por trät heran. Aber auch hier ist es so, als sei diesem Glück lichen eine Lehre und eine Lernzeit erspart, und er trifft wieder auf den ersten Hieb, das was er will.

Sein Atelier ist die weite Welt, und sein Zimmer, dessen Wände sast ganz mit Bildern bedeckt sind, und wo es überall Mappen und Skizzenbüchern mit einem schier unerschöpflichen Inhalt gibt, ist eigentlich nur ein großer Schrank, wo er sammelt und ausbewahrt, was er sich aus der Welt da draußen mitbringt. In allem, was er gemalt und gezeichnet hat, spiegelt sich ein Leben wider, das zwar noch nicht lang ist, das aber von einem reichen Erleben bunt und vielgestaltig gemacht ist. Wan­derungen und Reisen waren ihm nur ein Vorwand und eine Gelegenheit zu malerischem Schauen, und da er sich sondern weil man bei einer Malerin leider immer noch überall, wo er war, mit den offensten Augen in der Welt umgeschen hat, sind ihm auch Drolligkeiten, Schnurrig­

keiten und Wunderlichkeiten des Lebens nicht enigangen, und so ist denn oft genug ein lautes oder betmiicdes Lachen in seinen Arbeiten. Und das int auc sehr bnosch und eine Freude denn noch vor zehn Jahren hielten die jungen Künstler das Lachen förmlich für eine verbotene Sache, und einer überbot den andern in einsen und stier­lichen Gevärden. Das liegt dem jungen Kurt von Un­ruh so fern, daß er nicht einmal aus all dem viesen Prunkhaften und Feierlichen, was er angeseben hat, feierliche Blätter gemacht hat. Er sicht mit hellen Augen in die Welt als einer, der sich auf dir Welt und auf das Leben freut, und ich glaube, seine Bilder werden vicle erfreuen, weil sie voll sind von der Freude über die schönc Welt.

IV. Franz Vorn.

Ein hübsches, delles Zimmer ist mit Eischick und Ge­schmack zu einem Atelier umgestaltet, und viele Bilder an den Wänden und aus den Staffeleien, Plastiken und Reliefs, allerlei bunter Kleinkram, der für den Besitzer reich an Beziehungen und voll von Erinnerungen sein muß, geben dem nicht großen Raume eine bebagliche Ge­schlossenheit und umsangen den Eintretenden mit dem ganz besonderen Hauche jener Heimstätten, die nicht mit einem Schlage fertig im Laden gesauft sind, sondern die vielmehr langsam, mit einer Art von Notwendigkeit, um ihre Bewohner herumgewachsen sind.

Allerdings: auf diese Art ist natürlich bei Franz Born mehr ein böchst perfönlich gesärvter Wohnraum als ein eigentliches Atclier zustande gekommen. Aber da er mehr ein Freilichtmaler als ein Arbeiter im Atelier ist, macht es seiner Kunst nichts oder wenig aus, daß iom der große Raum sehlt und die mächtigen Glasfenster, ohne die es, in unserer Vorstcllung weniastens, kaum ein Atelier gibt.

Franz Born ist kein Lipper. Er kommt aus Frank­furt, und er hat als Bildbauer begonnen; er ist vor allen Dingen, so viclsättig er sich auch schon versucht bat. Land­schafter. und wenn man sich in seinem kleinen Reice um­sicht, bietet sich dem Ange überall die reiche Ernte, die er schon von seiner Arveit in diesem Lande seiner Wahl davongetragen dat. Aus seinen Bildern flutet viel richt, und es ist hübsch, daß er nicht mude wird, den Frühling und seine bolden Wunder zu malen. Da blübt vor schwarzem Tannenwalde ein junges Apfeldäumchen, in einem weiten Stück Wiesenland mit einem hoden Strauch mitten darin ist ein ganzer, sonniger Frühlingsmorgen eingesangen, ein Waldrain im allerersten Grün gibt Zeugnis von dem liebevollen Sichversenkru des Masers in ein Stück Weit, das nicht mit großen Schönheiten prunkt und prahlt, das man, bevor es sich erschließ., be­schleißen muß wic der Jäger sein sehr scheues Wild.

Aber auch die hübsche Stadt, in der er lebt, dat ihm malerische Vorwürse geschenkt, aber es sind nicht die ver­träumten, abseitigen Gassen und Straßen, die er auf­sucht, und die ihn anziehen, sondern cs ist vielmehr die heitere, bunte Fatbeupracht des Wochenmarktes, die er auf seine Leinwand gebracht hat: und das ist ein so schönes, sonniges Bild geworden, daß es jedes Zimmer bell und freundlich=lebendig machen müßtc.

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