No. 86.
Montag, den 24. Juli.
Erscheint Montags, Mittwochs und Sonnabends und kostet in Brilon bei der Expedition 28 Sgr., durch die Post bezogen 27 Sgr. 6 Pf. halbjährlich.— Inserate und Anzeizen werden mit 1 Sgr. die vierspaltige Vetitzeile oder deren
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und 5: Briefe und Gelder werden vortofrei, unter der Adt
uns ebenfalle 3 Mal wöchentlich erscheinenden„Waldeckschen
Anzeiger= aufgenommen werden sollen, kosten für beide Bläternnur 1 eg. 4 Pf. die 4spaltige Petitzeile od. deren Raum.
für die Kreise Brilon und Büren.
29ter Jahrgang
Seigse und Seider welven POigus. unter der Adresse =Sauerländischer Anzeiger und amtliches Kreisblatte erbeten. Agenturen: Haasenstein u. Vogler in Hamburg, Altona, Agenturen: Wien u. Frankf. a. M. Leipziger InseratenComtoir(Neumarkt No. 9); Annonc.=Büreau von Illgen u. Fort und Aunonc.=Büreau von H. Engler(Ritterstr. 45) in Leipzig; M. Jäger'sche Buchbandl, und G. L. Daube u. Co. (Expedition für Zeitungs=Annoncen) in Frankfurt a. M.
Die Erneuerung des Abonnements
auf den Sauerländischen Anzeiger, für das mit dem 1. Juli begonnene 2. Semester, bit#ten wir gef. vor Schluß dies. Monats veranlassen zu wollen. Preis und Erscheinen des Blattes bleiben unverändert.
Brilon, im Juli 1865.
Exped. des Sauerl. Anzeigers.
Amtliches.
Bekanntmachung des Königl. Ober=Präsidenten der Provinz Westfalen. Prüfungen im Hufbeschlage betreffend.
Der hiesige landwirthschaftliche Haupt=Verein und die Landes=Cultur=Gesellschaft zu Arnsberg haben auch für das laufende Jahr zur Prämiirung sowohl für die im Hufbeschlage ausgebildeten tüchtigsten Lehrlinge und Gesellen, insbesondere derjenigen aus den Regierungs=Bezirken Münster und Arnsberg, als auch der Meister, welche sich mit der Ausbildung der ersteren befaßt, und der Zahl und Geschicklichkeit nach die meisten und besten Lehrlinge resp. Gesellen, zur Prüfung gestellt haben, eine Summe zur Verfügung gestellt.
Zur Abhaltung dieser Prüfungen wird eine nach§. 5 der Amtsblatts=Bekanntmachungen vom 11. Juni 1841 gebildete Commission am Dienstag, den 12. September c., Morgens 8 Uhr, zu Ahaus, und am Mittwoch den 20. desselben Monats, gleichfalls Morgens 8 Uhr, zu Unna zusammentreten.
Diejenigen, welche an der Prämienbewerbung theilnehmen wollen, haben sich vor Beginn der Prüfung bei der Commission zu melden.
Hinsichtlich der Zuerkennung der Preise sind die Bestimmungen ad 1 und 2 der obigen Bekanntmachung maaßgebend. Münster, den 27. Juni 1865.
Deutschland.
Berlin, 19. Juli. Aus Wien melden dortige Blätter: Nächster Tage werden in Wien etwa 10 Millionen Gulden aus Perlin eintreffen, welcher Betrag an Oesterreich als Vorschuß auf die schleswig=holsteinischen Kriegskosten bezahlt wird.
— 20. Juli. Der Rest der von dem Abgeordnetenhause noch bewilligten pleußischen 4½ proc. Anleihe vom Jahre 1864 ist im Betrage von 8,828,000 Thlrn. von der Seehandlung, der königlichen Bank, mehreren der ersteren berliner Banquiers und von dem Bankhause Salom. Oppenheim jun u. Comp. in Köln zum Pari=Course übernommen worden.
— Die Zeidlersche Correspondenz schreibt:„Wir dürfen versichern, daß die kölner Behörden bei allen in Betreff des Abgeordnetenfestes ergriffenen Maßregeln durchaus selbständig und aus eigener Jnitiative gehandelt haben. Der Herr Minister des Innern hatte in Folge der Zeitungsnachrichten über das beabsichtigte Fest eine Anfrage nach Köln gerichtet, doch kreuzte sich diese Anfrage bereits mit der Mittheilung der ersten Schritte, welche dort von dem Polizeipräsidium im Einverständniß mit dem Regierungs=Präsidenten gethan worden waren. Es erhellte hieraus, daß die Behörden in Köln vollständig ihrer Pflicht bewußt sind, so daß man auch alle späteren Verfügungen ihrer Action überlassen durfte."
— Eine größere Anzahl Todesurtheile, die dem Könige zur Unterzeichnung vorlagen, sind in der letzten Zeit sämmtlich, wie es scheint, durch Umwandlung in lebenslängliche Zuchthausstrafe erledigt worden.
— Die Stelle eines Feldpropstes der Armee, welche der zum Bischofe von Trier gewählte Dr. Pelldram versah, wird von dem Divisinns=Pfarrer Koch von der 2. Garde=Division so lange interimistisch verwaltet werden, bis ein neuer Feldpropst gewählt ist.
— Die in Folge des Gesetzes vom 21. Mai 1861 gemachten großen Vorarbeiten zur Einführung einer gleichen Grundsteuer im ganzen preußischen Staate geben eine sichere und tief eingehende Kenntniß von der Größe, Boden=Eintheilung und Ertragsfähigkeit aller Liegenschaften. Danach ist der ganze Staat zu
108,825,650, Morgen oder 5046,10. Quadratmeiten berechnet(jede Meile zu 21,566,„„„ M.) Bisher wurde die Größe zu 5101, Quadrat=Meilen angenommen, weil die Morgenzabl in anderer Weise berechnet ist.
— 20. Juli. Die Spener'sche Zeitung erfährt in Bezug auf die Nachricht von der beabsichtigten Beantragung eines Alternats im militärischen Oberbefehle in den Herzogtbümern von zuverlässiger Seite, daß die österreichische Regierung bereits seit einiger Zeit ihr volles Einverständniß mit der Ernennung Manteuffels zum Oberbefehlshaber ausgesprochen und ihre Bereitwilligkeit ohne Weiteres kund gegeben habe, ihre Truppen in den Herzogthümern unter seinen Befehl zu stellen. Herr v. Manteuffel werde daher auch nur durch. dienstliche, seiner bisherigen Stellung entsprechende Rücksichten noch für einige Wochen am königlichen Hoflager zurückgebalten und sich nach Erledigung der damit verbundenen Geschäfte auf seinen neuen Posten begeben.
Köln, 22. Juli. Heute Vormittag fand die Schließnng sämmtlicher Zugänge zum Gürzenich seitens der Polizei Statt, nachdem die Vorbereitungen zu dem zu Ehren der Abgeordneten angeordneten Bankette bereits vollständig getroffen worden waren.
Köln, 21. Juli. Heute Vormittag wurden hierselbst von Seiten des Herrn Ober=Procurators Boelling und mehrerer Polizeibeamten bei den Herren Classen=Kappelmann, Literat H. Bürgers und Zeitungs=Verleger Kaulen Haussuchungen abgehalten. Bei dem zufällig abwesenden Herrn Classen, so wie bei Herrn Bürgers wurden verschiedene Schrift= und Druckstücke, bei letzterem u. A. auch die für den 22. und 23. d. bestimmte Festkarte in Beschlag genommen. Der dem Herrn Bürgers gegenüber abgegebenen Erklärung, des die Nachforschung abhaltenden Polizei=Beamten gemäß, fand die Haussuchung Statt auf die Beschuldigung hin:„daß das als politischer Verein aufgelöste Festcomite fortgefahren habe, als solches zu fungiren.“
Bonn, 20. Juli. Als Delegirte zu der bevorstehenden fünfhundertjährigen Inbelfeier der Universität Wien sind Seitens der hiesigen Universität die Herren Geh. Justizrath Bauerband und Professor Plücker gewählt worden.
Kiel, 20. Juli. Heute Vormittag ist die preußische Corvette Vineta mit der Flotten=Stammdivision nebst Stab in den hiesigen Hafen eingelaufen.
Nach einem aus Sonderburg eingegangenen Telegramme ist die Nymph:, welche mit den Künstlern
Gold und Liebe.
Novelle
von August Schrader.
1. Auf der Reise.
(Fortsetzung.)
Amanda selbst kam ihm zu Hülfe.
„Mein Herr,“ fragte sie,„haben Sie die Reise auf dieser Bahn schon früher gemacht?“
„Ja.“
So kann ich wohl von Ihnen erfahren, wann wir nach F. kommen.
„Diesen Abend 10 Uhr.“
„So spät?“ fragte Amanda verdrießlich.
Wir haben einen langen Weg zurückzulegen, mein Fräulein.=
Er nannte sie unwillkürlich„Fräulein, denn nichts gab Anlaß zu dem Glauben, daß sie eine Frau sein könne. Ihr ganzes Wesen war naiv, mädcheuhaft.
Amanda lächelte mit einer Art Bitterkeit. Vielleicht über das=Fräulein? Gustav erschrack. Sollte jener Leo, der eurchaus mit ihr reisen wollte und sein Verlangen so diktatorisch zu erkennen gab, ihr Mann sein? Das alte häßliche Gesicht mit dem Fuchsbarte sprach nicht dafür. Daß er eine gewisse Autorität über sie übte,
und daß sie ihn fürchtete, daß sie vor ihm floh, ließ sich nicht bezweifeln.
„ Sie kennen diese Bahn demnach nicht?“ fragte Gustav.
„ Ich bin in der Nacht auf derselben gereist.“
„Wann, wenn ich fragen darf?“
„Vor acht Tagen. Aber bei Nacht. Ich habe den größten Theil der Reise verschlafen.“
Amanda sprach mit so wohlklingender, einschmeichelnder Stimme, daß dem armen Gustav ganz seltsam zu Muthe ward. Er fand sie so anmuthig, so wunderhold, wie er bis jetzt noch kein weibliches Wesen kennen gelernt hatte. Ihre Thränen hatten ihn tief ergriffen; ihre Stimme, die Art des Sprechens und ihre Blicke enzückten ihn.
„Mir scheint,“ sagte die Dame nach einer Pause,„der Zug fährt heute sehr langsam.“
Nicht langsamer als sonst. Es ist ein Schnellzug.“
„Ein zweiter Zug kann uns wohl nicht einholen.
Das ist ein Ding der Unmöglichkeit.“
„Gott sei Dank! rief Amanda aufathmend.
„Wenn jener Herr Lust hätte, Sie zu verfolgen, so müßte er entweder den uächsten Zug benützen, der in zwei Stunden abgeht, oder er müßte eine Extralocomotive nehmen.
„Jedenfalls komme ich früher nach F., und das ist mir lieb.“
„Mittels der Extralocomotive, mein Fräulein, würde Herr Leo, wie Sie ihn nannten, schon auf einer der nächsten Stationen bei uns sein können.“
Amanda erschrack.
„Außerdem,“ fuhr Gustav fork,„gibt es noch ein Mittel.. doch verzeihen Sie, mein Fräulein, wenn ich bei Aufzählung der Verkehrsmittel Dinge voraussetze, die Ihnen gewiß fremd sind.“
„Was setzen Sie voraus?“
„Daß Sie auf der Flucht begriffen sind.“
„Ich leugne es nicht!“ rief sie lebhaft.„Sie waren ja Zeuge eines Abschiedes, den ich gern vermieden hätte. Leo wird mich gewiß verfolgen; er hätte mich wohl gar festhalten lassen, wenn es irgend möglich gewesen. Welches Mittels kann er sich noch bedienen, um meine Reise zu unterbrechen.“
„Des electrischen Telegrafen.=
„Mein Gott!“
„Wenn er ihn gleich benutzt hat, sind die Behörden in E., wobin wir in einer Stunde kommen, bereits in Kenntniß gesetzt, daß Fräulein Amanda, die einen weißen Spitzeuhut mit Rosen und eine schwarze Atlasmantille trägt, sich in einem Coupé zweiter Classe befindet.=