MFA

Mikrotilmaschit

der deutschsprachigen Pressee.

Menallicher Stisgopit1s burch Boten 2.00 D. emmel. 2# 4 Doslellgese e#s###c

Nir Sc pe-uit benicht. us 1 Pohgrihrm Anmomet, gechmm ar

uramen Bnotikgn uns zutenr Leotw entgeov. Aumiemamgengen 0.10 Nar, Lanten

Su gwrichtischen Beinelbung ode Konsore###eihe d on v Jerreh.

Westfälischer Volksfteund, Hamm=Soester Volkszeitung

verbunden mit

Beckumer Zeitung, Beobachter an der Haar, Ruhr. u. Möhne=Zeitung Sauerländischer Volksfreund, Werner Volkszeitung

.***" Gribtini malich mit Ausnadme der Sonn= und Feiertage 7 2***

Hauptgeschöstestelle: Homm(Wesis.), Morst 14. Fernsprecher: Redaktion 2015 2010.

He chästestelle 2017. Dbne, 2019 Telegramm=adresse: Korter Hommwesst. Beckum, Rerdstraße 11. Fernsprecher 30 Redeim=Ruhr, Arnoberner= Ece, Zohnbottr ###rninsecher 1142 Soofl. Bruderstraße 33. Fernsprecher 260, Warslein, Wildelmstr. 2

dr 129, Wen, Waldorastr 41. Fernspr. 220, Neme Kirchplos 8, Fernsor. 249

jeder Adonum in nach Masgade der Bedingungen gegen tödlichen undal Unverlangt eingesandte Manustripte werden nur zurückgesandt, wenn nuckdorto beigeleg

de ie Maiont Ertnuch alimudan emain. uhe iu: Sana gunz! Sauerländischer Volksfreund, Werner Volklszeitung

. Zeilagen: Beiehrung=Anterbaltung; Aus Zei und Leben.Im Welsplegel, Oxigggugisch Hauptanzeigenblatt am Platze

Verbreitetste hiesige Tageszeitung Hug: Hof: Garten Seziales leben Sporsorier; Wesfälische Heimatbäter

Nummer

Hamm(Westf.), Donnerstag, den 2. Januar 1930

Einzelverlau spreis 13 Dsennig.

Jahrgang

Autbruch ins neue Jahr

Ein hochpolitischer Januar

Neujahr ist vorüber. Trotz der wenig günstigen Aussichten, die für 1930 bestehen, hat uns doch wieder der Jahreswechsel mit neuem Mut und neuen Hoff­nungen belebt. Wohl wissen wir, daß eine neue Teuerungswelle heraufzuziehen scheint, aber es besteht auch die Möglichkeit, daß die Teuerung be­stimmter Gegenstände, namentlich der Artikel, für die Steuererhöhungen 1930 eintreten, durch Verbilligung anderer Waren ausgeglichen wird, so daß sich der Lebenshaltungsindex nicht allzusehr steigert. Vor allem haben wir das Gefühl, daß nun endlich mit 6 den unbedingt nötigen Reformen auf dem Gebiete der Steuern, der Einnahmen und Ausgaben des Reiches, der Länder und Städte ernst gemacht wird, daß das Daraufloswirtschaften ohne Deckung durch zahlreiche Ausgaben ein Ende gefunden hat und daß endlich der solide arbeitende Kaufmann wieder zu seinem Recht kommt. Die Ueberaanaszeit wird unter dem Druck vom Haag nicht leicht sein. Vielleicht wird auch eine Krise, vielleicht auch mehrere Krisen ein­treten, aber sie werden alle zu der endgültigen Ge­sundung der deutschen Wirtschaft beitragen.

Die Zeit der großen Januarkonferenzen ist also gekommen. Die Reparationskonferenz im Haaa. die Völkerbundstagung in Genf, die See­abrüstungskonferenz in London das sind die Pole, um die sich die staatsmännische Kunst zu Be ginn des Jahres 1930 zu bemühen hat.

Den großartigen Reigen eröffnet wohl die wich­tigste von den drei Tagungen: die zweite Haager Konferenz, auf der das Schicksal des Youngplanes endgültig besiegelt werden soll. Es ist

die ungeheure Tragweite des Yaung­

Furchtbarer Kinobrand in England

70 Kinder getötet

Opfer giftiger Gase Ungeheuere Panik Niedergelreten

Beses*#ma um ½2 Uhr nachmitlags

überflüssig, die ungeheure Tragweite des Yaung planes zu beleuchten: Es wurde genug in der letzten Zeit darüber geredet, geschrieben und gestritten. Heute geht Deutschland den schwerwiegendsten Ent­schlüssen entgegen, die je in der Nachkriegszeit, gesehen von der Unterzeichnung des Versailler Ver­trages, gefaßt wurden. Mit Besorgnis begleitet das deutsche Volk die Männer, die an der Spitze der deutschen Haag=Delegation für die Geschicke von drei Generationen zum letztenmal zu kämpfen haben.

Zum letztenmal? Der Youngplan liegt in seiner absolut endgültigen Form noch nicht vor. Es gibt noch streitige Punkte, die auf der ersten Haager Konferenz nicht ungelöst geblieben, oder gar dort neu entstanden sind. Man spricht in diesem Zusammen hang von15 Punkten. Die Zahl klingt für manch abergläubisches Gemüt nicht gerade ver­heißungsvoll. Wie es aber sein mag, es ist anzuneh­men, daß Deutschland nur eine solche Fassung des Youngplanes in Betracht ziehen kann, die in aller Klarheit Revisionsmöglichkeiten enthält. Die Ver­handlungspartner Deutschlands zeigen sich stets pein­lich davon überrascht, wenn man in Deutschland von der Revisionsklausel des Youngplanes spricht. Sie sagen: ihr habt den Youngplan noch nicht unterschrie­ben, und schon denkt ihr an seine Revision. Selbst die entscheidendsten Befürworter des Youngplanes wissen keine besseren Argumente ins Feld zu führen als daß der Youngplan keine der Reparationsfrage darstellt und daß er Revisions möglichkeiten enthält. Es ist eine der wichtigsten Aufgaben der deutschen Delegation, die Re­visionsklausel des Youngplanes mit ster Sorgfalt und mit dem größten Weitblick zu ver­teidigen und nötigenfalls durchzukämpfen.

Das Memorandum des Reichsbankdirektors Dr. Schacht hat viel dazu beigetragen, die Aufmerksamkeit der deutschen Oeffentlichkeit erneut auf die Probleme zu lenken, die durch den Youngplan für Deutschland sowohl in reparationspolitischer wie auch überhaupt

in finanzteller Hinsicht entstehen. Die Kassenlage des deutschen Reiches, die in Verbindung mit dem Young­plan die Natwendigkeit einer sofortigen Finanzreform ergeben hat, ist nur eines der vielen Zeichen dafür was der Youngplan für Deutschland mit sich bringt Es ist schwer, in Bezug auf die Voraussagen über die Auswirkungen dis Youngplans optimistisch zu sein, und es ist heute schwer zu übersehen, wie sich die Situation in der ersten Zeit der Young=Aera ent­wickeln wird. Vieles hängt dabei zweifellos davon ab, was die deutsche Delegation auf der zweiten Haager Konferenz erreichen wird. Denn, die letzten Einzelheiten des Youngplanes sind noch nicht fixiert. Diese Einzelheiten vermögen selbstverständlich nicht, wie sie auch gelöst werden sollten, die Grundlagen

des Youngplanes selbst zu ändern. Wohl aber kön­nen sie vielen Bestimmungen des Youngplanes eine solch: Wendung geben, die ihn zumkleineren Uebel machen würden. Der Dawesplan war auf die Dauer unerfüllbar, war grausam und sinnlos. Wie ist es um den Youngplan bestellt? Die endgültige Ant­wort ist nicht nur für Deutschland wesentlich.

*

Ein Gutes wird diese letzte Diplomatenkonferenz haben. Es wird zu einem Ende mit Unsicherheit kommen. Aber selbst wenn es im Haag nicht zu einer uns befriedigenden Lösung kommt, haben wir doch

London, 1. Januar. (Eigene: Drahtbericht.)

In Paisley in der Nähe von Glasgow ereignete sich Dienstag nachmittag ein furchtbarer Kinobrand, dem nach einer amtlichen Fesistellung 70 Kinder im Alter von 16 Mo­naten bis zu 14 Jahren zum Opfer gefallen sind. neber den Brand liegen folgende Einzelheilen vor: In dem Glen­Kino in Paisley brach aus vorläufig noch nicht feststehender Ursache Feuer aus. Auf die Alarmsignale stürzten alle Kinder den Ausgängen zu. Als die Flammen aus dem Vorführungsraum herausschlugen, entstand eine unge heure Banik. Das ganze Kino füllte sich schnell mit Rauchwolken. Bei dem allgemeinen Andrang zu den Aus­gängen wurde eine große Anzahl der Kinder niedergetrilen, so daß die Vollzei und die Feuerwehr späier die größle Mühe hatte die Bewußtlosen und Verletzten zu bergen. Jus Krankenhaus sind insgesamt 150K unde. eingengs et worden, von denen jedoch nur ein ganz kleiner Teil ernstere Verletzungen davongetragen hat.

Ein Augenzeuge gibt folgende Schilderung der Kata­strophe: Als ich einen der Eingänge in der von dichten Kauchwolten gefüilten halle erreicht halte, verlgchg, ein Polizist vergeblich, in die von der Panik ergriffenen Kinder Ordnung zu bringen. Am Aufgang zu den beiden treppen, die von der Tribüne führen, lagen die nieder­gelretenen Kinder, wie ich später selbst zusammen mit dem Polizisten feststellte, zu sechs übereinander.

Sobald sich die Nachricht von der Kalastrophe verbreitete, eilten Zivilisten in großer Anzahl für die Hilfeleistung her­bei. Auf Leitern erreichten sie die Hoffenster, die sie ein schiungen. Von dort ließen sie sich in den Saal hinab. Ein Arzt war gleichfalls schnell zur Stelle und eine größere Anzahl der niedergetretenen Kinder konnte in Sicherheit gebracht werden. Der Kraftwagendienst erwieg sich spa­ter als unzureichend. Ein Straßenbahnwagen leistete Hilfs­diensie in der Besörderung der Token und Verlehlen

nahenelegenen Alexandra=Krankenhaus. Die dort im Gang befindliche Weihnachlofeler wurde soforl ugigrb Inzwischen war ein dringender hifferuf an sämtliche Alerzle ergangen und in kurzer Zeit war ansreichende medizinische sie zur Stelle. In zahlreichen Fällen kam diese jedoch

Ueber den Verlauf des Anglücks und die näheren Um­Jände werden nnumehr eine Reihe weilerer Einzelheit

berichtel. Danach wurde elwa um 142 Uhr nochmittage in der Stadt der Feueralarm gegeben. Zwei oder drei Kin der kamen aus einem schmalen Tor des Glen=Kinos he aus. Der elwa 20 Meler enisernt auf der Straße in Dienst befindliche Schutzmann war sofort darüber klar, daß irgend­etwas Ernstes vorgefallen war und hielt sämtlichen Verkehr an. Bei seiner Ankunft am Eingang des Kinos war die Panik unter den Kindern jedoch in vollem Gange und sein Versuch, durch Wiederherstellung der Ordnung den größten Teil der Kinder zu relten war hoffnungslos. Die Nachricht von dem Ausbruch des Feuers hatte sich inzwischen in der Stadt mit größter Schnelligkeit verbreilet und hunderte von Angehörigen, deren kinder im Kino waren. waren inner­halb weniger Minuten eingetroffen und verschiedene Per­sonen, die bei dem Feueralarm in der Nähe waren und die ersten Retlungsarbeilen millaten, berichten, daß, dig Pagik lo groß war, daß die Kinder zu zehn und zwölf überein aader in den Augtnen. Beagh.

wurden dadurch ungeheuer erschwert. Im Augenblick wa es noch nicht möglich, die Ursache des Feuere generz, sast.

zustellen, doch sogt der Vorführer aus, daß einer seiner Kollegen in der Vorführungszelle einen anderen Fllm au­rollte und plötzlich ein verdächtiges Geräusch hörle. A mittelbar darauf wurde die Vorführungszelle von dichlem Rauch erfüllt. Der Vorführer erkannte sofort die Gefahr und versuchte, den brennenden Film außerhalb des Gebäu. des zu bringen. Zu dieser Zeit war jedoch der dichte Rauch In die Halle des Kinos gedrungen und die Kinder von einer Banik ergriffen worden. Mehr als hundert Feuerwehrleute und Polizisten versuchten mit auer Kraft, die Kinder aus der Todesfalle, die das Kino darstellte, zu retten. Anßer­halb spielten sich herzzerreißende Szenen ab, da der größte Teil der Mütter und Väter der im Kino befindlichen Kinder inzwischen eingetroffen waren. Die Szenen wiederholtlen sich späler im Franknhang,wo lange Reihen von Kinderleichen aufgebahrt lagen. Die meisten der Opfer sind wie später festgestellt wurde den durch die Flammen entwickelten giftigen Gasen erlegen.

Die amtliche Totenliste der Kinobrandkalastrophe in Paislay ist mit 68 Opfern abgeschlossen worden. Am Neu­jahrslag ist jedoch ein weiteres Kind gestorden. 37 Kinder befinden sich in ärzklicher Behandlung. Der Irstand von einigen unter ihnen ist sehr ernst. Nach den der Aerzte ist ihr Zustand jedoch nicht lebensgefährlich. 12 der verletzten Kinder sind noch immer bewußllos. Die übrigen können, wie man hofft, bald enklassen werden.

Frankreichs Botschafter überbringt die Glückwünsche

Politischer Neujahrsempfang

Reichsregierung, Parlament und Wehrmacht bei Hindenburg

Berlin, 1. Januar.

(Eigener Drahtbericht.)

Aus Anlaß des Neujahrstages fanden auch in diesem Jahre beim Reichspräsidenten die üblichen Empfänge statt. Gegen 10 Uhr traf die Wache mit der Kapelle des Wachtregiments am Hause des Reichspräsiden­te; ein. Der Reichspräsident empfing sie am Portal des Hauses. Anschließend brachte die Kapelle dem Reichs, präsidenten im Park ein Ständchen. Um 12 Uhr mittag empfing der Reichspräsident die Chefs der beim Reich be­glaubigten fremden divlomatischen Vertretun­gen. denen eine im Ehrenhof des Reichspräsidentenhauses aufgestellte Abteilung Reichswehr militärische Ehrenbezeu­gungen erwies. Sodann brachte der französische Bot schafter die Glückwünsche des Diplomatischen Korps dem Reichspräsidenten dar, worauf der Reichspräsident er­widerte. Nach dem Austausch der Ansprachen begrüßte der Reichspräsident die einzelnen Botschafter. Gesandten und Geschäftsträger und wechfelte mit ihnen Neujahrswünsche. Darauf hielt der Reichskanzler eine Ansprache an den Reichspräsidenten, worauf dieser erwiderte. Um 13 Uhr brachte das Reichstagspräsidium(Reichstagspräsident Loebe und Vizepräsident v. Kardorff) dem Reichspräliden; ten die Glückwünsche des Reichstages dar. Anschließend erschien eine Abordnung des Reichsrats(Kultusminister

Dr. Becker, der sächsische Gesandte Dr. Gradnauer, der württembergische Gesandte Dr. Bosler und der braun­schweigische Gesandte Exzellenz Boden). Die Glückwünsche der Wehrmacht überbrachten der Reichswehrminister Dr. h. c. Groener, General der Insanterie Hasse als Ver­treter des Chefs der Heeresleitung, Generaloberst Heye, und der Chef der Marineleitung Admiral Dr. h. c. Naeder. Generaldirektor Dr. h. c. Dorpmüller überbrachte die Glückwünsche der Deutschen Reichsbahn. Anschließend erschten Reichsbankpräsident Dr. Schacht im Namen des R.ichsbankdirektoriums. Bei dem Neujahrsempfang waren

außerdem anwesend: Reichsaußenminister Dr. Curtius, die Staatssekretäre Dr. Meißner und Dr. v. Schubert, der Chef des Protokolls, Graf Tattenbach, sowie die Herren der Umgebung des Reichspräsidenten. Nach Beendigung der Empfänge trat Reichspräsident v. Hindenburg auf den Balkon seines Hauses und wurde von der in der Wilhelm­straße versammelten Volksmenge durch lebhafte Hochrufe begrüßt.

Hannover lehnt ab

Welfenschatz verloren

Haunover, 1. Januar.

(Eigener Drahtbericht.)

Die städtischen Kollegien beschäftigten sich am Montag­abend in einer mehrstündigen Beratung mit dem Verlauf des Welsenschatzes. Der Welsenschatz war von dem Her­zog von Braunschweig und Lüneburg an ein Konfortium von Kunsthändlern verkauft worden. Der Herzog hatte sich aber bereit erklärt, von diesem Vertrag zurückzutreten. wenn Hannover den Welfenschatz mit den Herrenhäuser Gartenanlagen übernehmen wolle. Die Gesamtbelastung für die Stadt Hannovei würde insgesamt 10 Millionen Mart betragen. Der vom Oberbürgermeister als äußerst günstig vertretene Antrag wurde vom Magistrat ange­nommen, im Bürgervorsteherkolleglum aber mit den Stim­men der Sozialdemokraten und Kommunisten abgelehnt Auch ein Kompromißantrag, nach dem einige große Stücke des Weljenschatzes für etwa vier Millienen Mark an den Staat abgetreten werden sollten, versie! der Ablehnung. Damit dürfte der Welfenschatz für Deutschland ver­loren sein, da der Herzog nur bis zum 1. Januar von dem Verkauf an das erwähnte Konfortium zurücktreten kann.

Tscheka-Justiz!

Sowjelprozesse

gegen Priester

Der. für die ersten Januartage angesetzte Prozeß der Sowjets gegen Pfarrer Graf in Rosental in der Krim weckt die Erinnerung an einen ganz ähnlichen gegen einen anderen katholischen Priester aus dem Anfang des eben abgelaufenen Jahres, der mit der Verurteilung des verfolgten Priosters wegen gegenrevolutionärer Propaganda" zu; 8 Jahren Einzelhaft und 5 Jahren Verbannung###digte. Es handelt sich um den Prozeß des ukrginischen Pfarrers Kölsch, über den derWest=östliche Weg" im eben erschienenen Heft 12 ausführlich und mit Quellen­

angabe berichtet.

Pfarrer Kölsch betreute eine Reihe deutscher utulenoorfer, Pogorelowka, Neu. Maria­nowka, Jasnaja=Poljana und Andreewka. Nach den Angaben der SowjetzeitungDas deutsche Dorf" hät­ten deutsche Kolonisten aus diesen Dörfern ihren Pfarrer als Leiter und Organisator gegen revolutionärer Kulakengruppen an­gezeigt, die die Dorfarmut terrorisierten und unterdrückten. Die sofort angestellte Untersuchung habe(selbstverständlich!) die volle Richtigkeit dieser Beschuldigungen ergeben und eine Reiheemporen­der Verbrechen dieser von Kölsch geleiteten Kulaken­gruppen ans Tageslicht gebracht. Kölsch im beson­deren habe bei seiner angeblichrein religiösen Ar­beit systematisch die Sowjetgesetze übertreten, Re­ligionsunterricht in mehreren Kindergruppen ver­anstaltet, die Jugend durch Proklamierung des Dorf­boykottes von den Sowjetschulen, den roten Ecken, demOsoaviachim, dem Jugendverband, ferngehal ten, Frauen den Besuch der Versammlung verboten, die kulturellen Maßnahmen der Sowjetregierung von der Kanzel bekämpft und horribile dictu Jesuitenorden organisiert", um die gesellschaftliche Arbeit in den Dörfern zu stören. Uebrigens habe er auch in der Verhandlung zugegeben, prinzipiell Anhänger der Bourgeoisie zu sein, weil diese den Glauben und die Religion unterstütze

Es war klar, daß ein solcher Schwerverbrecher vor einem Bolschewistengericht der Verurteilung anheim­fallen mußte. Er soll jetzt in Archangelsk am nördlichen Eismeer gefangen sein. Tatsächlich hat nach den Berichten einer sehr wohlunterrichteten Per­sönlichkeit Pfarrer Kölsch in den Verhandlungen vor dem Kreisgericht Millerowo den Beweis erbracht. daß seine Tätigkeit einzig die des reii giösen Führers und Seelsorgers gewesen war. Daß er Religionsunterricht gab, war seine heilige Pflicht, daß er seine Gläubigen vor dem Besuche des Komsomol, des kommunistischen Jugendverbandes und der dort üblichen Verhetzung gegen Gott und den Glauben warnte, und Paare. die auf gut botschewistisch unter Verzicht auf kirchliche Trauung miteinander leben wollten, mut dem Ausschluß aus der Kirche bedrohte, ebenso. So hat er auch nur soweit und aus dem Grunde vor den Kollektivwirtschaften gewarnt, als diese die Religion und ihre Ausübung mit allen Mitteln zu unter­drücken versuchten.

Die weitere Beschuldigung. einer Kulakengruppe als Haupt vorgestanden und in ihr den Widerstand gegen die Maßnahmen der Regierung organisiert zu haben, konnte Pfarrer Kölsch mit Recht als unbewie­sen bestreiten. Das gegen ihn zusammengebrachte Material war auf echte Tschekamanier zu­sammengebracht: durch Aussagen von Dorfbewoh­nern, Kirchenvorstehern und Mitgliedern des Kirchen­beirates, die in strenger Einzelhaft durch un­zählige Verhöre mürbe gemacht, ohne Dolmetscher vernommen wurden, obwohl die meisten von eihnen des Russischen nur wenig machtia waren. Man kann sich denken, wie be­weiskräftig das so erpreßte Material gewesen sein muß. Zudem haben die Bauern bei der eigentlichen Gerichtsverhandlung die erpreßten Protokolle sämt­lich bestritten oder widerrufen.

Daß Pfarrer Kölsch trotzdem verurteilt wurde, war klar, denn die GPU. wollte es. Seinem Leidens­genossen Graf wird es nicht besser gehen. Denn die Sowjets stehen im bolschewistischen Kampf gegen Gott und die Pfarrer, und in diesem Kampfe gilt nur die brutale Gewalt.Schonungsloser Kampf gegen die Kirche und Geistlichkeit, welcher Art sie auch sind!, das ist nach der Dorfzeitung die Fol­gerung, diedie Werktätigen aus dem Falle Kölsch ziehen müssen. Daß sie das nicht nur in Rußland wirklich tun, sondern auch bei uns nur zu gern tun möchten, davon haben wir in den letzten Tagen in der Kommunistenpresse genugsam Zeugnis erhalten.

so viel aus den Erfahrungen des letzten Jahrzehnts gelernt, daß sich die Weltwirtschaft nach der Kon­stituierung einer endgültigen Lösung nicht richtet. Werden für Deutschland die uns aufgebürdeten Lasten zu schwer sein, so muß es zu einer Revision kommen: denn bei der starken Verflechtung der Weltwirtschaft. wurhe'e wirtschaftliche Gefährdung einer Nation auch in den anderen schwerste Krisen hervorrufen. Das Jahr 1930 soll uns selbst vor allem das Ver­trauen zur eigenen Wirtschaft bringen. Nach dem Wunder der Stabilisierung der Mark, woran wir alle, die es miterlebt haben, schon nicht mehr zu glauben wagten, ist zwar das Vertrauen zur eigenen Währung wieder aufgelebt und erstarkt, es wurde auch nicht, wie die Vorgänge im vergange­nen Jahre gezeigt haben, enttäuscht. Aber das Ver­

trauen, das jedem in der Vorkriegszeit einfach selbst­verständlich war, ist weder im Inland noch im Aus­land völlig wiederhergestellt worden. Daß es dazu kommen wird, ist unsere große Hoffnung im neuen Jahr. Und darum sehen wir, nachdem die Festtage vorüber sind, in dem Augenblick, in dem das neue Arbeitsjahr beginnt, vertrauensvoll der Zukunft gegen. Die Tatsache, daß wir beim inneren Wiedet­aufbau gerade 1930 schweren Kämpfen entgegen­gehen, wird uns nicht mutlos machen, sondern wir werden etwa eintretende Erschütterungen als letzte krankhafte und auszumerzende Erscheinungen der wiederaufblühenden deutschen Wirtschaft betrachten dürfen. Ein neues Jahr hat begonnen! Wir wollen alle an dem Wiederaufstieg mit­arbeiten.

Endlich bestraft?

Graf Mirbachs Mörder

Lowno, 1. Januar.

(Eigener Drahtdericht)

Wie aus Moskau gemeldet wird, wurden in der letzten Zeit in der Hauptstadt mehrere Verhaftungen von Leuten vorgenommen, die mit der geheimen Trovkistischen Opposition zusammenhängen und verbotene Bezie­

Lungen zu ihrem Führer Tropki unterhelten haben. Liese ppe soll wichtige Dokumente in das Ausland aus­geliefert haben; unter anderen ist der Führer der Mos­kauer Trotzkistischen Gruppe, der Mörder desersten deutschen Borschafters in Moskau, Grafen Mir­bach, Bliumkin, von der OGPU. verhaftet und zum Tode verurteilt worden. Das Urteil soll am 22. Dezember dunch die Wachen der OGPII, vollstreckt worden sein.

**