für die Amter Dr. Oldendorf, Levern u. Dielingen(Wehdem
Bostscheckkonto Hannover 1797
Amtlicher Anzeiger des Kreises Lübbecke
(Bisher:„Tageszeitung für den Kreis Lübbecke“)
Berantwortlicher Schriftleiter: Dr. Hugo Schiüter. Bod Essen Drnck und Verlag: Franz Schlüter. Bad ossen
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Fernruf Bad Essen Nr.
Nr. 102
Preuhisch Gldendorf. Donnerstag, 3. Mai 1923
7. Johrag:
Kleine Zeitung für eilige Leser.
* Die Reichsregierung hat den Gesetzentwurf über die kommende Getreidewirtschaft dem Relchsrat überwiesen.
* In einer scharsen Verwahrung protestiert die Reichsregterung gegen die fortdauernden Rechtsverletzungen der Inter
nationalen Kommision im besetzten Rheinland.
* Der Internationale Transportarbeiterverband ruft zu einer am 23. Mai in Berlin stattfindenden Konferenz zur Bekämpfung der Kriegsgefahr auf.
* Die Berliner Börse blieb am 1. Mai geschlossen.
* In Paris spricht man von einer Wiederaufnahme der am
4. Januar unterbrochenen Reparationskonferenz unter dem Vorsitz Curzons in London.
Die neue Geireidewirtschaft,
Fertigstellung des Gesetzentwurfs—Getreidereserve bis zu zu 3½ Millionen Tonnen— Im Notfall eine Umlage von 1¼ Millionen Tonnen— Brotverbilligung für Sozialrentner— Nochmalige Zahlung der Zwangsanleihe.
Nach der bereits Ende vorigen Jahres eingenommenen Stellung der Reichsregierung und der Entschließung des Reichstages vom 12. April 1923, wonach„die Siche rung des Bedarfs an Brotgetrelde durch eine gebundene Wirtschaft nicht mehr möglich ist, daher von einer wetteren Getreideumlage abgesehen werden muß“ findet die Getreidenmlage mit Beendigung des gegenwärtigen Wirtschaftsjahres ihren Abschluß. Damit ist die Aufgabe gegeben, die Brotversorgung des deutschen Volkes im kommenden Wirtschaftsjahr auf andere Grundlage zu stellen. Diesem Zweck dient ein Gesetzentwurf, der von der Reichsregierung jetzt den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet worden ist. Bei der außerordentlichen Bedeutung einer geordneten Brotversorgung erschien es nicht angängig, die Versorgung ganz dem freten Spiel der Kräfte zu überlassen, zumal die inländische Erzeugung nicht ausreicht, um den Bedarf der Bevölkerung zu decken und eine sehr beträchtliche Einfuhr von Brotgetreide nolwendig ist. Es ist in erster Linie darauf hinzustreben daß diese Einfuhr durch den freien Handel getätigt wird Indessen müssen doch Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, um eine reibungslose Regelung der Brotversorgung zu sichern. Zu diesem Zwecke erscheint es notwendig, daß
eine Reserve in der Hand der Regierung vorhanden ist. Der Entvurf sieht eine solche Reserve in Höhe einer Menge bis zu 3½ Millionen Tonnen vor. Die Reserve soll dazu dienen, die öffentliche Versorgung in der Zeit des überganges vom alten in das neue Erntejahr fortzusetzen, ferner bei örtlichen und zeitlichen Notständen auszuhelsen und die Möglichkeit einer Elnwirkung bei ungerechtsertigten Preisgestaltungen für das Inlandsgetreide zu geben. Die Reserve, deren Beschaffung und Verwaltung der Reichsgetreidestelle obliegen soll, soll zu einem Teil durch Einfuhr aus dem Auslande beschafft werden, In Höhe von etwa 1½ Millionen Tonnen soll sie aus dem Juland entommen werden, und zwar möglichst auf dem Wege der Vereinbarung. Die Verhandlungen zu Vertragsabschlüssen in dieser Richtung sind bereits eingeleitet.
den Fall, dast es nicht gelingen sollte, die Getreidemengen durch Verträge aufzubringen, steht der Entwurf die Möglichseit vor, daß die Regierung eine Mindest= menge Getreireim WegederUmlage, trotz der gegen die Umlage bestehenden Bedenken, von der Landwirtschaft erhält, und zwar soll diese Umtage auf 1¼ Millionen Tonnen erstreckt werden können.
Zu wiederholten Malen ist, namentlich auch vom Reichstag, gesordert worden, daß für die Bedürftigen eine besondere Fürsorge bei der Brotversorgung eintreten müsse. Dieser Forderung trägt der Entwurf Rechmung. Es sollen im Wirtschaftsjahr 1923/24 Geldbeträge bereitgestellt werden, welche die Reichsregierung mit Zustimmung des Reichsrates festsetzen soll. Sie sollen unter der Vermittlung der Länder und Kommunalverbände Verwendung finden. Da die allgemeinen Staatseinkünfte mit diesen Ausgaben nicht mehr belastet werden können. ist die Erschließung einer einmaligen Quelle vorgesehen, und zwar soll eine Abgabe i Höhe der Zwangsanleihe Fhoben wergen. Die Belastung des Besitzes, die vom a####vert worden ist, muß in einfacher und
raschester Weise durchführbar sein ohnenene Steuerfür Steuerbehörden oder Steuerpflichtige. esth ugmmendig Auschluß an die Zwangsanleihe
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darüder, ob man die Einkommensteuer oder die Ver
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mögenssteuer zur Grundlage hatte machen können, jedoch wären in beiden Fällen schwierige Umrechnungen notwendig gewesen. Wenn der Entuurf in der vorliegenen Form vom Reichstag angenommen wird, soll die i verholle Zahlung des bisherigen Zwangsauleihebetrags am 1. Juli ohne neue Einzelaufforderung werden. Es würde nur eine allgemeine offentliche Aufforderung erlassen werden, da joder den Betrag kennt, der auf ihn entfällt. Die vom Besitz aufzubringenden Mittel sollen ein billigeres Brot nur für diejenigen Volkskreise gewährleisten, die„nicht oder nicht vonständig im wirt##### lichen Erwerbsleben stehen“, während im großen und ganzen künftig auch der Brotpreis sich nicht mehr auf der aus politischen Gründen künstlich gehaltenen geringen Höne bewegen, sondern sich wie alle anderen Waren rein wirtschaftlich selbst regeln wird. Selbstverständlich wird dann ein Ausgleich zwischen dem Brotpreis einerseits und den Lohn= und Gehaltsbezügen andererselts eintreten müßen. Dieser schwierige übergang ist auch der Grund dafür, daß die Regierung sich im vorstehend stizzierten Gesetzentwurf für alle Fälle die Möglichkeit vorbehält, wenn es not int, wieder mit einer Umlage regulierend einzugreifen.## Regierung hofft jedoch, daß sich dieser Weg vermeiden läßt. Der Reservebestand, der b is zu 3¼ Millionen Tonnen gehen kann, wünde in einer solchen Höhe natürlich mur in Betracht kommen, wenn man zu einer teilweisen Zwangswirtschaft zurückkehren müßle. Andernfalls wird diese Reserve voraussichtlich auf eine weit geringere Menge beschränkt werden. Der hohe Betrag ist nur deshalb in den Ennurf eingesetzt worden, um der Regierung für alle Fälle freie Hand zu lassen
Rechtlosigkeit im Rheinlande.
Eine Verwahrung der Reichsregierung. In einer nach Paris, London und Brüssel gerichteten Note legt die Reichsregierung Protest ein gegen die im Rheinlande in bezug auf Recht und Gerechtigkeit beliebte Willkürherrschaft der französischen Eindringlinge.
Im März wurde von einer erregten Volksmenge die Druckerei des bekannten Sonderbündlers und Franzosenfreundes Dr. Dorten in Koblenz beschädigt. Die deutsche Polizei ermittelte einen Unterprimaner, der an den Zerstörungen beteiligt war. Amtsgerichtsrat Napp vernahm den Vorgeführten, sah aber von dem Erlaß eines Haftbefehls ab, da es an den gesetzlichen Voraussetzungen hierfür sehle. Darauf wurde am 14. März der über 60 Jahre alte Amtsgerichtsrat wegen dieser in Ausübung seines Richteramtes getroffenen Entscheidung von französischen Polizelbeamten verhaftet und zwecks Aburteilung vor dem Kriegsgericht in das Gesäugnis nach Zweibrücken geschafft. Ferner wurde der städtische Pollzeiinspektor Schuchardt, der die polizetlichen Ermittlungen ges leitet hat, ausgewiesen. Elnige weitere Gymnasiasten, möglicherweise auch beteiligte, waren ins unbesetzte Gebiet gegangen. Ihre Familien wurden einfach ausgewiesen. Der Stadt wurde mitgeteilt, allen an der Druckerei entstandenen Schaden zu tragen.
Die deutsche Note stellt fest, daß zu allen diesen Handlungen der Interalliierten Rheinlandkommistion und den übrigen Besatzungsbehörden jeder Rechtstitel fehlt. Die Inhaber der Druckerei sind zwar Naterlandsverräter, aber doch deutsche Staatsangehörige. Infolgedessen handelt es sich um eine rein deutsche Angelegenheit. Die trotzdem von der Interalltierten Rheinlandkommission und den französischen Besatzungsbehörden vorgenommenen Maßnahmen zeigt die gegenwärtig in Rheinland herrschende Rechtlosigkeit In besonders greller Beleuchtung. Wenn es gilt, deutsche Landesverräter vor Schaden zu bewahren, kennen die Olkupations= gewalten keine Hemmung. Dann hört jede Achtung vor der richterlichen Unabhängigteit, jede Scheu vor den heiligsten Familienrechten auf. Die deutsche Regierung legt gegen diesen neuesten Rechtsbruch der Interalliierten Rheinlandkommission Verwabrung ein.
Chronik der Gewalttaten.
Franzosen haben die Schachtaulagen„General Blumenthal 1 und 2“ und die Zeche Recklinghausen bei Essen beseht. Darauf haben die Arbeiter die Arbeit eingestellt.
— In Trier haben die Franzosen mit der Beschlagnahme und Fortführung der Wohnungseinrichtungen der ausgewiesenen Beamten begonnen. Es wurden bereits zahlreiche Gegenstände fortgebracht.
— Die Brannkohlengruben„Tonatus“,„Liblar“ und „Liblar Konfordia“ bei Brühl an der Grenze des englisch besetzten Gebietes wurden zur Abbetörderung von Kohle militätisch besetzt. Die Belegschaften der drei Gruben sind in den Ausstand getreten; es werden nur die Notstandsarbelten verrichtet.
— Der belgische Kreisdelegierte hat über M.=Gladbach die Verkehrssperre verhängt. Der Straßenverkehr ist von 9 Uhr abends bis 5 Uhr morgens bis zum 15. Mal ge sperrt.— Für das Geblet der Stadt Bottrop Ist jeder Verkehr von 8 Uhr abends bis 6 Uhr morgens verboten.
— Der von den Franzosen in Dortmund verhaftete und ausgewiesene Kaplan Sielke hatte in seiner Previgt die Zuhörer vor Annäherung an die Franzosen gewarnt. Der französische Divistonspfarrer, der diese Ausführungen angehört hatte, veranlaßte darauf die Benachrichtigung des Mommandierenden Generals in Recklinghausen, der die Ausweisung verfügte. Zahlreiche andere Personen sind ausgewiesen worden.
— Das belgische Kriegsgericht verurteilte den Redakteur Fisch von der Duisburger Volksstimme zu einer Geldstrafe von 100000 Mark.
— Das sozialdemokratische Zentralorgan Vorwärts wurde in der französischen und belgischen Zone des altbesetzten Gebietes auf drei Monate verboten. Die Gründe sind bisher unbekannt.
Die Maifeier.
Reichshauptstadt— München— Ruhra=##et,
Berlin, 1. Mai, nachm. 4 Uhr.
Die Malfeler ist, nach den bisher vorliegenden Nachrichten, in Berlin durchaus ruhig verlaufen. Die Straßen boten insofern ein anderes Bild, als in dem werftätigen Leben die gewohnte Note der Elektrischen, der Omnibusse und der Hochbahn fehlten. Droschten und Automohie machten gute Geschäfte. Die Stadt= und Vorortbahnen fuhren. Die feternden Arbeiter veranstalteten ihre Umzüge und Versammlungen in gewohnter Weise. Bekannie Führer der Sozialdemokratischen Partei hielten Reden und Ansprachen, in denen sie auf die Bedeutung des 1. Mai als eines Internationalen Arbeitsseiertages hinwiesen. Alle diese Kundgebungen verliesen in vollster Ordnung. In den meisten Betrieben, zumal in größeren Fabrikbetrieben, ruhte die Arbett. Die Mittagsblätter und die Abendausgaben der Tageszeitungen konnten nicht erscheinen, da sast das gesamte Buchdruckerpersonal feierte. Der Verkehr war stark eingeschränkt.
München, 1. Mai, 2 Uhr nachm.
Die Stadt ist bis zur Stunde ruhig. Die Großbetriebe sind im allgemeinen geschlossen. Einige Betriebe, in denen hauptsächlich christlich organisierte Arbeiter beschäftigt werden, arbeiten. Die sozialdemokratischen Arbeiter versammelten sich in ihren Parteilokalen, um die behördlich genehmigte Demonstration auf der Theresienwiese zu veranstalten. Die amtlichen Gebäude sind von Reichswehr bewacht.
Essen, 1. Mai, 2 Uhr nachm.
Die von den Freien Gewerkschaften im Ruhrgebiet veranstalteten Maifeiern der Arbeiterschaft verliefen, soweit bekannt, ruhig und ohne Zwischenfall. In Essen fand eine Massendemonstration statt, an der sich mehrere 100 000 Männer und Frauen beteiligten. Auf zahlreichen Schildern, die neben den Fahnen im Zuge milgeführt wurden, forderten die demonstrierenden Massen der Ruhrarbeiterschaft Freiheit, Recht und Völkerverständigung. Die französischen Truppen mieden die Straßen. Lediglich franz#sische Milltärflugzeuge beobachteten die Züge der Massen und warfen Propaganda=Flugblätter herab. Auch in nen übrigen Großstädten des Ruhrreviers sanden gleichaftige Kundgebungen und Umzüge statt.
Sorgen von heute?
Neben dem Völkerbund, der Reparationskommisston und dem Garantiekomttee haben wir bekanntlich noch ein diertes Kollegium von Richtern über die Streitigkeiten dieser Welt in Gestalt des Haager Weltschiedszerichtshofes. Aber nur ein unverbesserlicher Nörger kann zu der Aussassung kommen, daß es nur wegen rieses liberflusses so schlecht um den Frieden in Europa bestellt sel. Man weiß noch weiter, daß über den Wert dieser Kollegien die verschiedensten Meinungen bestehen und, daß im besonderen Amerika sich gegen den Lölkerbund immer sehr absprechend und absehnend verhalten hat, während in neuerer Zeit in England Leute vie Lord Robert Cecil gerade vom Völkerbund alles Heik erwartet. Am Weltschiedsgerichtshof im Haag war es illerdings in letzter Zeit merkwürdig still geworden, und tur die wenigsten ahnten noch, daß er existiere. Man hatte zuch innerhalb der Kreise des Paziftsmus nur ein geinges Bedürfuis, sich über seine Zuständigkeiten wieder enmal näher zu unterrichten, dem da bekanntermaßen Frankreich zurzeit sich gegen den Weltfrieden mit 800 000 Vajonetten zur Wehr setzt, so hat man mit Recht das Gefühl, daß dagegen auch der Weltschiedsgerichtshof ohnmächtig sei.
Es muß deshalb Fernerstehende eigentlich wunder
lehmen, daß ausgerechnet in diesem Augenblick Hardung, der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, das Jahresfestmahl der amerikanischen Pressevereinigung zum Anlaß genommen hat, um sich in einer issentlichen, programmatisch anmulenden Rede mit großem Nachdruck über die Tatsache#### verbreiten, daß dieser Tage u dae hohe Haager Kolleglum endlich auch einamerika