Kr. 168

Freitag, den 23. Juli 1929

34. Jahrgang

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Amtliches Kreisblatt:: Anzeiger für Neuhaus und Delbrück

D# Paderberner Anzeiger erscheint an ellen S##ch.

Shiachräce e ce.e e Anzeiger werden alle amtlichen Behanntuo, Guugen des Landratsamtes, der Stadt und aller

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Simons, Mitterand und Tlohd=George üder Spa.

Kleine Zeitung für eitige Teser.

* Durch eine Verordnung des Reichspräsidenten wird in dem Kriege zwischen Rußland und Polen die Neutralität Deutsch­lands erklärt.

* Der Reichstag tritt zu einer kurzen Tagung zwecks Be­wrechung der Konferenz von Spa am 26. Juli zusammen.

* Der Teilnahme an dem Kapp=Putsch sind von dem Unter­suchungsausschuß des Reichswehrministeriums 739 Offizier­des Heeres und der Marine beschuldigt worden.

* Wie zuverlässig verlautet, soll die Fleischkarte zum 1. Sep. ember aufgehoben und durch eine Kundenliste ersetzt werden

* Die französische Kammer hat dem Ministerium Millerand mit 420 gegen 152 Stimmen das Vertrauen ausgesprochen.

Regierung erklärte im Unterhause, daß sie nicht beabsichtige, Stinnes auf die Liste der Kriegsverbrecher

zu setzen.

* Als Kriegsziel der Russen bezeichnet Lenin eine gemein­Jame Grenze zwischen Rußland und Deutschland.

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* Wie jetzt feststeht, ist der Bolschewist Bela Khun auf dem Seewege über Stettin nach Rußland zurückgekehrt.

Spa und der Reichstag.

Der Reichstagsausschuß für auswärtige Angelegenheit das Gremium der führenden Politiker der einzelnen Parteien. der sogenannten Redner erster Garnitur, das man gerne als kleinen Reichstag bezeichnet, ist zusammengetreten und bal den Bericht des Reichsministers des Auswärtigen De. Simons über die Ergebnisse der Konferenz von Spa ent­gegengenommen. Und, um das Fazit gleich vormeg zu nehmen, kann man sagen, daß die Regierung in der dem­nächstigen Plenarsitzung des Reichstages ziemlich sicher mit einem Vertrauensvotum rechnen kann. Zur Kennzeichnung des ganzenn Verfahrens, wie es in Spa unserer Delegation gegenüber beliebt wurde, dienten gleich die ersten Worte unseres Außenministers, die sich kurz dahin zusammenfasser lassen:

Unwürdige Behandlung der Deutschen.

Die Behandlung der deutschen Delegation sagte Dr. Simons war im Ansang nicht die, die gleichberech­kigten Vertretern zugekommen wäre. Ein anfängliches Schweigegebot wurde am zweiten Tage aufgehoben, so daß bald ein reger Verkehr zwischen den Mitgliedern der Dele­gation beider Seiten einsetzte. Der Reichsminister gibt sodann an Hand einzelner Beispiele ein Bild der feind­seligen Stimmung der Bevölkerung. die bis zur Verweige rung von Arzneien für erkrankte Delegationsmitglieder durch einen Apotheker ging. Zur Sache äußerte sich der Minister dann eingehend über die Tagesordnung in Spa: 1. milt tärische Klauseln(Heer, Marine, Lustflotte), 2. Straf verfolgung der der Verletzung der Kriegsgesetze Beschul­digten, 3. Kohlenfrage, 4. Wiedergutmachungen vorgeteg### und von der deutschen Delegation, da ein Grund zur#lehnung nicht vorhanden, angenommen. Der vierte Punk ist in eingehender Weise nicht mehr in Angriff genommen. sondern der Konferenz von Sachverständigen in Genf vor­behalten. Die schnellste Erledigung fand der Punkt 2. nach­dem durch das Eingreifen Lloyd Georges die Sach­verständigen beider Seiten zusammengebracht waren.

Die Militär= und Kohlenfrage.

Bei der Besprechung dieser wichtigen Fragen in Spa war auf Seiten unserer Gegner die Grundlage die An­drohung der Besetzung des Ruhrgebietes, eine Zumutung, die von der deutschen Delegation als dem Friedensvertrag wiversprechend zurückgewiesen. In Konsequenz dieser Rechts­auffassung hat Minister Simons die Unterzeichnung der be­kannten Straftlauseln abgelehnt. Die von deutscher Seite vorgeschlagenen Fristen für die Verminderung der Reichs­wehr und die Durchführung der Entwaffnung wurden nicht angenommen, immerhin sind die im Friedensvertrag ent­haltenen Fristen zu unseren Gunsten erheblich, wenn auch nicht genügend, verlängert. Unsere augenblicklich so ernste Situation in der Kohlenfrage ist erst durch das Eingreifen des Generals Le Rond in die Verteilung der oberschleßischen Kohle herbeigeführt, das eine Verminderung der bisderigen Lieferungen an die Entente und den beschwerdeführenden

Karcbt der Wiedergutmachungskommisson an den Obersten kat zur Folge hatte. Zum Schluß seiner Ausführungen vies Dr. Simons noch einmal nachdrücklich darauf hin, daß die Konferenz von Spa kein Erfolg für Deutschland g## wesen jei.

*

* Erklärungen der Parteien.

Anschluß an die Darlegungen des Ministers legten die Führer der einzelnen Parteien ihren Standpunkt dar. Ramens der Mehrheitssozialisten begrüßte es der Abgeordnete Bernstein, daß der Einmarsch ins Rudrrevier verdindert

worden sei. Im übrigen widmete er der deutschen Dele­gation anerkennende Worte mit Ausnahme von Sttunes, dessen Berufung er für falsch hielt. Demgegenüber stellte Minister Simons fest, daß er für die Berufung des Adg. Stinnes verantwortlich sei. Herr Stinnes sei nicht Ver­gangenheit, sondern Gegenwart und Tatsache. Er sei der wesentliche Repräsentant der Bergwerksbesitzer, wie Herr Hu­ein wesentlicher Repräsentant der Bergarbeiter. Diese Repräsentanten der Entente vorzuführen, sei nicht zu hindern mewesen.

Für die Unabhängigen erklärte Ledebour, in vielen Bunkten könne er dem Minister recht geben. Er tellt das Befremden über die Verhandlungsformen. Die Besetzung des Ruhrkohlengebiets unter irgend einem Vorwand mußte verhindert werden. Die Ablehnung der Unterzeichnung der Einmarschdrohung genüge zur Wahrung unseres Rechts­standpunktes. Er befinde sich in vollem Einvernehmen mi der Rechtsauffassung der Regierung.

Den Beschluß der Besprechung, die sich bis nach Mitten aacht hinzog, machte der Deutschnationale Helfferich. Er betrachtet die militärischen Bestimmungen als unausführbar. Die Kohlenschiebungen hält er nicht für verhältnismäßig

Shlemem duumsianben P.

*

Konserenz der deutschen Ministerpräsidenten.

Verlin. Am Mittwoch fand unter der Leitung des Reschs­lanzlers eine Sitzung der Ministervräsidenten der Länder statt, die der Aussprache über die Beschlüsse von Spa galt. Dabei kam von den verschiedensten Seiten die Sorge über die schweren militärischen Bedingungen zum Ausdruck, die posteuchen der Entente angesichts unserer schwierigen

polittzagen Lage auferlegt worden sind. Ebenso wurden die Lasten des Kohlenabkommens für unsere Arbeiter­schaft un für unsere Industrie sehr ernst beurteilt Gleich­wohl wucde anerkannt, daß die Delegation in Sra nicht in der Lage war, andere Ergebnisse zu erzielen, und es wurde nachdrücklich darauf hingewiesen, daß alles daran gesetzt werden müsse, den Verpflichtungen des Abkommens gerecht ur werden.

Nachreden.

Millerand und Lloyd George über Spa.

Für die Unterhändler in Spa gilt es jetzt, ihren Volks­vertretungen Rede zu stehen über das, was sie in Spa an­gestrebt und was sie dort erreicht haben. In Paris sprach Millerand am Dienstag in der Deputiertenkammer, die Rede Lloyd Georges wurde am Mittwoch in London gehalten. Die Ausführungen Millerands liegen bereits im Auszuge vor, die Ausführungen Lloyd Georges werden noch folgen.

Aus der Rede Millerands

leten folgende Stellen ihrem Inhalte nach wiedergegeben:

Spa habe lediglich die Anerkennung des Versailler Vertrages durch Deutschland zum Ziel gehabt. Weitere Ab­sichten. Deutschlund heimtückisch abzubrechen und seine Einheit

zu zerstören, würden nicht verfolgt. Insbesondere werde sich Frankreich nicht auf Loslösungsbestrebungen einlassen, um die

greußische Hegemonie in Deutschland, dies Totengeläute der isation und den Ruin Deutschlands, für weitere Zeiten

g, Diesem Zoedte diene die Ernzgung, Jus kran­chen Gesandten in München, der die Tätigkeit des Bot­sters in Berlin verstärken solle. Der Botschafter aberer gebört der in Frankreich herrschenden großen Unternehmer­hlasse an! habe den Auftrag, normale wirtschaftliche Be­siehungen zu Deutschland herzustellen. Deren Vorbedingung lei wieder der Verzicht Deutschlands auf alle kriegerischen An­wandlungen. Deshalb habe die Entwaffnung an erster Stelle der Beratungen von Spa gestanden und für sie seien die großen Bürgschaften verlangt worden. Die wirtschaftlichen Vereinbarungen, die ihr gegenüber erst in zweiter Linie tänden, schilderte Millerand natürlich als mäßig und billig.

#. Der laut werdenden Kritik setzte er später noch entgegen: Der Vertrag möge mangelhaft sein, aber Frankreich verlange

nur die Mittel zum Arbeiten, deshalb habe man geglaubt, vor

allen Dingen die Koblenlieferungen. Wenn es einen Menschen

gähe, der den heißen Wunsch hätte, daß die Besedzung des

hraebjets niemals notwendig werde, so sei er es. Aher der Vertrag solle ein wirkliches Instrument werden und der Friede solle seiner Bestimmung entsprechen. Die Ergebnisse seien hinter seinen Hoffnungen zurückgeblieben, aber er möchte wissen, wie man zu einem besseren Ergebnis hätte kommen sollen. Wenn die Verfasser des Friedensvertrages bessere Methoden wüßten, dann sei er bereit, ihnen seine Stelle abzutreten. In dem Kampf, den man tatsächlich führen müsse, verlange er das Vertrauen des Parlaments.

Diese Außerungen sind schon in sich widerspruchsvon zenug, ganz abgesehen von dem Gedanken die hinter ihnen stehen. Die Kritik ist zunächst von Tardieu, dem Vertrauensmann Clemenceaus, in dessen Geiste, d. b. leb­haft genug aufgenommen worden. Und damit sprach dieser nicht bloß aus jener französischen Tradition, sondern augen­scheinlich auch aus dem Herzen des Volkes, wenn er das Abkommen von Spa eine Revision des Friedensvertrages gannte und der Regierung Schwäche und Langsamkeit in seiner Durchführung vorwarf. Seine weiteren Ausführungen, die ganz den Geist unbarmherziger Rachsucht atmeten und zu einem Schimpfen ausarteten. könnten als längst Gewohntes

übergangen werden, hatten sie nicht in der Kammer, die sich Vertag gefungenen Geistes erwichk, großer

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mssamngeinend ausdrücken, und daß das Wort von der Völkerverbrüderung nicht dazu dienen kann, Frankreich einen Vorteil oder eine Machtstellung zu verscherzen.

. Die emsache Tagesordnung wurde nach dem Wunsche #a Spierung mit 457 gegen 152 Stimmen abgelehnt und das Vertrauen, daß die Regierung die materiellen und

Interessen Frankreichs in Verbindung mit den Verbündeten energisch wahren werde, mit 420 gegen 152 Eiamen angenomnen. 44 uit 40 gegen

Die Antersuchung der Märzvorgänge.

739 beschuldigte Offiziere.

Der unter, dem Vorsitz des Staatssekretärs Stock arbeitende und paritätisch zusammengesetzte Untersuchungs­ausschuß im Reichswehrministerium für die Prüfung des Verhaltens der Oifiziere während der Märzvorgänge hat die Untersuchung gegen die Marineoffiziere abgeschlossen. Ins­gesamt wurden 230 Offiziere beschuldigt. Der Ausschuß#af die Fälle folgendermaßen abgeschlossen:

1. Bei 5 Fällen ist Verabschiedung.

2. Bei 18 Fällen Dienstenthebung,

8. Bei 41 Fällen Beurlaubung,

4. Bei 11 Fällen Versetzung.

5. Bei 23 Fällen Umkommandierung,

6. Bei 12 Fällen Disziplinaruntersuchung.

7. Bei 120 Fällen ist beantragt worden, nichts zu unten gehmen.

Bei den unter 1. bis 4. genannten Fällen sind die Akten sämtlich dem Oberreichsanwalt zur gerichtlichen Klar­stellung und eventuellen Aburteilung übergeben. Außerdem wurden in wetteren 30 Fällen der Anträge 5. bis 7. die Akten aus den gleichen Gründen dem Oberreichsanwalt überwiesen. An Beschuldigungen gegen Offiziere aus der Reichswehr sind insgesamt 509 eingelaufen, von denen zur­zeil mehr als 860 erledigt worden sind. Als Revisions­instanz für angeblich wegen ihres Verhaltens in den März= tagen entlassene Unterofsiziere und Mannschaften in der Reichswehr ist ein Reserat eingerichtet, das mitten in seiner Arbeit steht.

Neutralitätserklärung Deutschlands.

Der russisch=polnische Krieg.

Der Reichsanzeiger veröffentlicht folgende, vom Außen­minister gegengezeichnete Bekanntmachung des Reichspräst­denten:

In den zwischen der polnischen Republik und der eussischen Gowjetrepublik entstandenen kriegerischen Ver­wicklungen hat Deutschland, das sich mit beiden Staaten im Friedenszustand befindet, bisher volle Neutralität beobachtet und wird diese Neutralität auch weiterhin beobachten. Ich weise demzufolge darauf hin, daßt für jedermann im Reich und für die Deutschen im Ausland die Verpflichtung besteht, sich aller Handlungen zu enthalten, die der Neutralität Deutschlands zuwiderlaufen.

Diese Bekanntmachung ist den Regierungen in Warschau und Moskan sofort telegraphisch übermittelt worden. Gleich­zeitig erklärt die deutsche Regierung, daß an unserer Ost­grenze genügende militärische Maßregeln getroffen worden sind, um ein Hinüberspielen des Krieges nach Deutschland zu verhindern.

Rußlands Kriegsziel.

Die Absicht der russischen Sowjetregierung geht keines­wegs lediglich dahin, den volnischen Angriff. der gänzlich sehlgegangen ist, restlos abzuwehren; das eigentliche russische Kriegsziel ist viel weiter gesteckt und damit auch für Deutsch­land von größter Bedeutung. Das amtliche Organ Lenins enthält nämlich eine Erklärung, in der gesagt wird, daß die industrielle und wirtschaftliche Zukunft Rußlands es erforder­lich machen, daß Deutschland und Rußland eine gemein­schaftliche Grenze haben. Die Offensive gegen Polen werde, nicht eher eingestellt werden, bis diese Erenze eine Tatsac­eeworden i2.

*

Mißglückte Vermittlung Englands.

Die russische Antwort auf den englischen Vermittlungs­vorschlag wird merkwürdig geheim gehalten. Die englische Presse und neuerdings Millerand in seiner Kammerrede haben sich über ihren Ton beschwert. Jetzt wird über Ihren Inhalt einiges bekannt: es heißt da, die Sowjetregierung sei immer darauf ausgegangen, in Osteuropa den Frieden wiederherzustellen, und freue sich, daß England neuerdings sich um ihn demühe. Sie sei aber in keiner Weise von der polnischen Regierung in dem Wunsche, einen Friedensschluß heibeizuführen, unterstützt worden. Auch zwischen Rußland und Volen mühten direkte Beziebungen angebahnt werden.