Sonntag, den 18. Januar 1920

84. Jahrgang.

NuberoeesesEon

Antriches Kreisblatt, Anzeiger für Neuhaus und Belbruck

13

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PaderbornerZeitung

Organ des Landwirt­

sbel. Krseuerche

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Die Auslieferungsliste. Erste Sitzung des Völkerbundrates.

Kleine Zeitung für eilige Leser.

* Auf Einladung der franzö schen hegierung begibt sich der Reichsm niner für den Wiederausbau, Dr. Geßler, an Bespiechungen nach Paris.

*<space> Z u m<space> R e i c h s s c h a t z m i n i s t e r<space> w i r d<space> v o r a u s s i c h t l i c h<space> d e r<space> d e m o ­<space> kiatische Abgeoronete Wieland ernannt werden.

* Zum deutschen Geschältsträger in Paris ist der bisherige Reichsschatzminister Dr. Mayer=Kau beuren ernannt worden

* Der neu ernannte großbritannische Geschäftetläger Lord Kilmarnock hat dem Reichsminister des Auswärtigen in Berlin sein Beglaubigungsschreiben übergeben.

* Das preußische Eisenbahnministerium erklärt, daß ein­neue Verkehrssperre weder vorbereitet noch geplant ist.

* In Bertiner parlamentarischen Kreisen wird ein Antrag erwogen, der nach englischem Vorbild Demonstrationen in einem destimmten Umkreis um die Parlamentsgebaude grund­sätzlich untersagt.

* Neuerdings verlautet, die Rechtsparteien beabsichtigten. den Genetal v. Lettow=Vorbeck als Präsidentschaftskanoidaten aufzustellen.

* Nach einer Meldung aus London verzichtet die Entente auf eine Auslieferung von Hindenburg und Ludendorff.

* In der Berliner Stadtverordneten=Sitzung wurde dem madbängigen Stactverordneten=Vorsteher Dr. Weyl von den Reonern aller Fraktionen, mit Ausnahme der Unaobängigen. scharfste Mitzbilligung seiner Amtsfüh ung au gesprochen.

Fertigstellung der Auslieferungsliste.

Keine Auslieferung Hindenburgs und Ludendorff#

Wie die Londoner Blätter versichern, soll die Aus­äeferungsliste nunmehr endgültig fertiggestellt worden sein. und zwar nach dem Prinzip,nur solche Personen auf die Liste zu setzen, die so furchtbarer Verbrechen schuldig seien. daß es jeder zivilisierten Nation unmöglich sei, ihnen Unter­schlupf zu gewähren. Die Alltierten hätten in den Listen peinlich nachgewiesen, daß sie nicht Rache am Feinde suchten. sondern Gerechtigkeit gegenüber Verbrechern. Daher bestehe nicht die geringste Absicht, die Auslieferung von Männern wie Hindenburg, Ludendorff oder anderen Generalen zu fordern, die den Krieg führten und sogar rücksichtslos führten, sondern nur derjenigen, die die erlaubten Grenzen überschritten hätten. Die britische Liste enthalte natürlich eine Anzahl Personen, die zum Unterseebootkrieg in Be­ziehung ständen. Desgleichen werde die Auslieferung der jenigen gefordert, die ihren Mannschaften befohlen hätten. auf britische Matrosen zu feuern, die nach Torpedierung ihrer Schiffe im Wasser um ihr Leben kämpften. Auch der Fall des Kapitäns Fryatt werde eine Auslieferung zur Folge haben, und es sei wahrscheinlich, daß auch Tirpitz, dem aus schriftlichen Besehlen persönliche Verantwortung für die barbarische Führung des U-Bootkrieges nachgewiesen sei, au der Liste stehe.

*

Ententenote an Holland.

Die ententistischen Regierungschefs genehmigten am Donnerstag in Paris den Wortlaut der Note, die im Namen des Obersten Rates an die holländische Regierung gerichtet wird und die das Begehren auf Auslieferung des Kaisers Wilhelm II. enthält. Die Note bezieht sich auf Artikel 227 des Versailler Vertrages, der die Versetzung des früheren Kaisers von Deutschland in Anklagezustand vorsteht. Die Allierten laden Holland ein, sich an der Erfüllung dieses Werkes der Gerechtigkeit zu beteiligen. Die Note ist in treundschaftlichem Tone gehalten. Demzufolge hat die holländische Mitteilung in Paris, daß der holländischen Regierung das Auslieferungsbegehren sehr unangenehm sein würde, weil Holland das Asylrecht für politische Flüchtlinge #t. perletzen möchte, nicht die gewünschte Wirkung gehabt.

Re eiskenma ded Baulen baltschich hettlfobeck. n atürlich keineswegs sicher. Es wäre denkbar, daß Holland freundschaftlichen Tone die Auslieferung ablehnt.

Neueinteilung der Reichstagswahlkreise.

Vorschläge der Landesregierungen. Über die beabsichtigte Neueinteilung der Reichstags mahlkreise wird amtlich mitgeteilt:

Die Reichsregierung hat zu der Frage der Einteilung der Wahlkreise noch nicht Stellung genommen. Dagegen hal das Reichsministerium des Innern die Landesregierungen

geheten, im Anschluß an die Vorentwürfe des Reichsministers des Innern. von denen einer 3 bis 5. der andere 6 bis 8 Abgeordnete für den Wahlkreis in Aussicht nimmt, ihren seits Vorschläge über die Gestaltung der Wahlkreise zu machen. Es kann sich dabei natürlich nur um Eventual­verschläge handeln, da ja die Frage, ob die Kreise auf die Wahl von 8 bis 5 oder 6 bis 8 Abgeordnete abgestimmt werden sollen, erst noch der Entscheidung der National­

Gersag ier Wstesche Von denr Bändern haben einige #ein ihrr Suusche geäußert, andere, darunter Preußen. uec nicht. Elie Reichsresterung wicb bei ibren enbahltinen

Vorschlägen auf die Wunsche der Länder geouhrend Rücksicht nehmen, da diese aus ihrer besonderen Kenntnis der geo­graphischen, Verkehrs= und sonstigen Verhältnisse heraus am besten die möglichst praktische Gestaltung der Wahlkreise er­messen können. Die Reichsregierung entscheidet über die Wahlkreiseinteilung überhaupt nicht endgültig, da die Ab­grenzung der Wahlkreise einen Bestandteil des Wahlgesetzes bilden soll und daher von der Nationalversammlung, in der alle Parteien ihre Vorschläge und Anregungen geben können beschlossen werden wird.

Die Friedensbedingungen für Angarn.

Fünfzehn Tage Frist!

Die Übergabe der Friedensbedingungen der Alliierten an die ungarische Delegation fand im Ministerium des Außern in Paris statt. Zu der Übergabe erschien Graf Apponyi mit den ungarischen Bevollmächtigten, begleitet von Oberst Henry und alliierten Offizieren. An der Sitzung nahmen Clemenceau. Llovd George und Nitti teil. Die Botschafter der Vereinigten Staaten und Japans. and Matsui nahmen an der Übergabe ebenfalls teil. Nach­dem Graf Apponyi gegenüber dem Büro des Ministers

Außern Platz genommen hatte, ergriff Clemenceau das Wort und sagte: Der Generalsekretär der Friedenskonferenz vird Ihnen den Tert der Friedensbedingungen der Allsierten überreichen. Zur Eingabe Ihrer Bemerkungen ist Ihnen eine Frist von 15 Tagen eingeräumt. Wir haben das Schreiben des Grafen Apponyi erhalten, in dem er den Wunsch ausdrückt, der Konferenz die Lage der ungarischen Regierung unter den gegenwärtigen Umständen darzulegen. Die Konferenz hat einstimmig beschlossen, ihn unter der Bedingung anzuhören. daß diesem Exposé keine folgt. Generalsekretär Dutasta übergab hierauf dem Chei der ungarischen Delegation die Friedensbedingungen dei Alliierten. Graf Apponyi erhob sich und erklärte in fran­zösischer Sprache, daß er sich damit begnüge, Kenntnis von

den Friedensbedingungen zu nehmen, die ihm soeben über­geben wurden.

Territoriale and milltärische Bestimmungen.

Nach den Bestimmungen des Friedensvertrages erkenm Ungarn die volle Unabhängigkeit des serbo=kroatisch=sloweni­schen und der tschechoslowakischen Staaten an. Ungarn ver­zichtet zugunsten Italiens, des serbo=kroatisch=slowenischen Staates, Rumäniens und der Tschechoslowakei auf alle Rechte und Titel jener Gebiete der ehemaligen österreichisch= ungarischen Monarchie, die als Bestandteil diesen Staaten einverleibt werden. Ungarn verzichtet auf alle Rechte an Italien über Fiume und die angrenzenden Gebiete, die dem früheren Königreich angehörten. Ungarn verzichtet zugunsten Österreichs auf alle Rechte des ungarischen Königreiches, soweit es außerhalb der festgelegten Grenzen liegt. Die Gesamtstärke der ungarischen Wehrmacht wird auf 85000 festgesetzt. Es darf kein schweres Geschütz, d. h. kein Ge­schütz geführt werden, dessen Kaliber mehr als 105 Milli­meter beträgt. Was die Wiedergutmachung betrifft, so sind die Bestimmungen identisch mit jenen des Vertrages für Österreich. Die wirtschaftlichen Bestimmungen sind identisch mit den im österreichischen Vertrag enthaltenen Einzel­bestimmungen über die wirtschaftlichen Beziehungen zwischer Österreich und Ungarn.

Todessirafe gegen Graf Arco beantrag

5 München, 16. Jonuar.

Graf Arco=Valley, der wegen Eimordung des seiner­zeitigen bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner heute vor dem Volke gericht steht, ist ein auffallend kleiner, recht jugend­licher Offizier, in dessen äußerer Erscheinung nichts auf die

schweren Operationen, die er nach dem Attentat durchzumachen patte, schlieren läßt. Seine Vernehmung gestaltet er zu schweren, leidenschaftlichen Anklagen gegen den ermordeten Eiener, den er alsVerräter seines Königs und seines Vater­landes von Herzen haßte und verachtete. Eisner, so meint er, habe dann aber auch das Volk und die Republik verraten und das unglückliche Land dem Bolschewismus in die Arme treiben wollen. Das habe in ihm den Entschluß reifen lassen. den gefährlichen Mann zu töten, und zwar aus dem Hinter­halt, nicht im offenem Kampfe, weil Eisner ja ein hinter­hältiger Jeind gewesen sei, der keine ehrliche Kugel verdiente. Graf Arco wurde 1897 als Sohn eines bayerischen Offiziers geboren, machte im deitten Kriegejahre sein Notabiturium und trat dann sofort beim Militähr ein. Er macht den Ein­druck eines sehr intelligenten Mannes. Zum Schluß seiner Ausführungen. in der er seine Kriegserlebnisse und seine mil­tärischen und politischen Ansichten wiedergibt, sagte er. es dabe ion eine wahnsinnige Wut gepackt gegen Eisner, den er a.6 Führer des Bolschewismus ansab und von dem er annahm, daß er den Freistaat Bayern an Spartakus verkausen wolle. und so habe er die Tat ausgeführt.

Nach Schluß der Beweisaufnahme beantragse der Staatsauwalt gegen den Grasen Arco=Valley wegen Gr­wordung des Ministerpräsidenten Siener die Tobsostrafe.

Ernährungsfragen

Kein Orund zu übertriebener Beforguft.

Zn der Sächsischen Volkskammer führte der Arbeio. i S tenr Schemrche

kreffend die Ernährungslage, u. a. aus:

Alle Behauptungen, als ob wir schon morgen nichts mehr zu essen hätten, sind maßlos übertrieben. Seit einem Jahre wären wir 865 mal zusammengebrochen, wenn die Zeitungsnachrichten recht hätten. Diese Zusammenbruchstheorie trägt einen Teil der Schuld, daß die Teuerung fortbesteht. Allerdings werden wir mit den heimischen Erzeugnissen bis in die nächste Ernte nicht hinüberkommen können. Die schwersten Tage werden im Hochsommer kommen. Wir sind in dieser Hinsicht auf das Ausland angewiesen. Die über­triebene Furcht, daß wir finanziell zusammenbrechen müßten, wenn wir die Löhne steigern, teile ich nicht. Steigen die Preise um 50%. dann müssen auch die Löhne steigen. Wir: werden am Ende dieses Jahres Löhne haben, die heute zeradezu phantastisch klingen würden. Die Lebensmittel­versorgung des deutschen Volkes hängt jetzt davon ab, im Auslande wieder das Vertrauen zu sinden, daß wir mit ihm in Geschäftsverbindung treten können. Wer da glaubt, durch Propaganda der Gewalt etwas zu erreichen, der beachtet nicht, daß bei einem Zusammenbruch in erster Linie der die Zeche bezahlt, der heute schon am schlechtesten ge­stelt ist.:

Der Völkerbundsrat.

Erste Sitzung in Paris.

Am Freitag fand in Paris die erste Sitzung des Bölker­bundrates statt. In seiner Eröffnungsansprache erklärte Leon Bourgeois u. a.:Eine Anzahl europäischer Gebiete, die durch ihre geographische Lage oder die Verschiedenheit ihrer Bevöikerung eine Quelle internationaler Unruhe sind, wurden mehr oder weniger vollständig unter die Ver­waltung des Völkerbundes gestellt, das Gebiet der Saar dessen Regierung wir ernennen werden, sobald seine Grenzen festgestellt sind; die Freie Stadt Danzig, deren Schutz von dem Völkerbund garantiert werden wird, die Ge­biete von Eupen und Malmedy, deren Zukunft durch Ab­stimmung entschieden werden wird, sind die Fälle unter diesem Abschnitt. Wir haben gleichfalls Vorrichtungen ge­troffen für die Streitfälle, die in der Verwaltung der großen internationalen Wasserwege cnie###n können.

Die Wahrheit über den 13. Januar.

Enthüllungen des Vorwärts.

Der Berliner Vorwärts bringt weitere Einzelheiten über die blutigen Vorgänge. So wird dem Blatt von einem Augenzeugen noch berichtet:

Auffallend war es, daß stets nach einer der vielen Ansprachen, die gehalten wurden, Unruhe in die Masse kam und diese sich ruckweise vorwärts gegen das Reichstags­gebäude bewegte. Leute, die auf erhöhtem Posten standen, winkten mit den Hüten oder den Händen nach dem Ge­bäude zu, dann rückte stets die Menge nach. Von oben aus konnte man auch genau beobachten, wie in der vorderen Ligie eine systematische Umgruppierung sich nach und nach bollzog. Besondere Trupps, die zunächst passiv im Hinter­grunde standen, setzten sich nach vorn in Bewegung und drängten die zuerst dort Stehenden zurück. Die Provo­kationen der Sicherheitsmannschaften setzten dann in ver­schärfter Form ein, besonders dann, wenn ein Redner, meist sehr jugendlich, eine Ansprache gehalten hatte. Das Verhalten der Soldaten gegenüber der aufgeregten und von Minute zu Minute gewalttätiger werdenden Menge war geradezu bewundernswert, sie sind sichtlich bestrebt gewesen. jeden Zusammenstoß mit den Demonstranten zu vermeiden. Bemerkt sek noch, daß Schreiber dieses gegen 1 Uhr mittags durch die Luisenstraße nach dem Reichstagsgebäude ging. Diesen Weg ging auch eine Gruppe von Demonstranten in der Stärke von zehn Mann. Einer derselben äußerte sich dabei laut und nach dem Reichstagsgebäude rufend:Na. hoffentlich gelingt es heute, die Bude auszuräuchern! Auch aus dieser Außerung ist zu schließen, daß die Demonstration nicht dem Betriebsrätegesetz allein galt, vielmehr die Aus­bebung der Nationalversammlung der eigentliche Zweck der Wissenden gewesen sein dürste.

Die Streiklage.

Politische Demonstrationen und Unruben.

Das Scheitern des in Berlin entstandenen Planes. einen Generalstreik in Szene zu setzen, war schon Freitag klar erkennbar. Sonnabend früh trat in der Reichshaupt­stadt alles zur Arbeit an. Nach den Feststellungen der großen Arbeitnehmer=Verbände haben sich Freitag an dem Demonstrationsstreik höchstens 25% der Arbeiter beteiligt. Von den Arbeitgebern sind jetzt etwa 1200 Arbeiter wegen der Beteiligung an dem Streik entlassen worden. E## dandelt sich zumeist um Fälle, wo die Arbeiter, ohne ihre Betriebsausschüsse zu fragen, der Arbeitsstätte ferngeblieben sind oder wo sie gegen den Willen der Mehrheit gestreiß haben. Versammlungen der Arbeitslosen wurden verdoten. Verschärfter Ausnahmezustand.

Nuruhen und Ausschrettungen, wie kürzlich in Hamdorn. Amnsten sich in den lchten Tasen and in andem Stühten