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No. 216. Ferutpret=Nr. 46 für Witten.

Witten, Dienstag, den 16. Joptember. Fernpretz=Nr. 13 für Hagen. 1890

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General-Anzeiger

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Zur Situation.

Unter König Friedrich Wilhelm III. wurden die ersten Gewerbeschulen Anfang der vierziger Jahre in Berlin, Breslau und Hagen gegründet, Friedrich Wilhelm IV. erweiterte den Zoll=Verein. Beide Könige erkannten die Nothwendigkeit an, die vaterländische Gewerbthätigkeit zu heben und durch Erweiterungen der Industrien sich steuerkräftiger und vom Auslande unabhängiger zu machen. Unser hochverehrter Kaiser Wilhelm I. folgte mit unausgesetztem Interesse dem Aufblühen deutscher Gewerbthätigkeit, seine Regierungen und unser großer Kanzler, dem wir ganz insbesondere durch sein Eingreifen in dieselbe zum steten verpflichtet sind, der sich bei allen Gelegenheiten auch kund giebt, waren fortdauernd bemüht, staatlicher­seits am Gedeihen derselben mitzuwirken. Zugleich wandte sich der Kaiser mit väterlicher Fürsorge und Wohlwollen den Arbeiter=Verhältnissen zu.

Es kamen Gesetze öber Krankenkassen, Ver­sicherung bei Unfällen und Invaliden=Versorgung zu Stande und trotz großer Lasten und Mühen, welche den Industrieen durch dieselben aufgeladen wurden, wissen die betreffenden Räthe der Krone recht wohl, daß bei allem gegenseitigen Geschrei der freisinnigen, ultramontanen und demokratischen Blätter, diese Ge­setze ohne die kräftige Mitwirkung der Industriellen und namentlich auch der Groß=Industriellen dieselben nicht so schnell zur guten Ausführung gelangt wären.

Daß aber vor Inkrafttretung dieser Gesetze die Interessenten auch vor Mißgriffen warnten, um die Konkurrenzfähigkeit mit dem Auslande nicht in Frage zu stellen, war Pflicht, denn Wohlwollen allein giebt dem Lande keine Beschäftigung. Im Gegensatz hierzu hat die Verhetzung der Arbeiter, beginnend mit den Wahlreden der freisinnigen Führer über Vertheuerung des Brodes, des Tabaks und des Branntweins und dann der Demokraten durch ihre unsinnigen Be­strebungen zur Erzielung übertriebener Löhne bei Verminderung der Arbeitszeit und Vernichtung des Kapitals(wodurch dem Lande direkt die Arbeit und zugleich seine Wehrkraft und Entwickelungsfähigkeit genommen würde) und Gleichmacherei, die Arbeiter unzufrieden mit ihren Verhältnissen und zugleich für die Wohlthaten undankbar gemacht, welche durch die Initiative unserer Hohenzollern ihnen zugeführt sind.

Aeltere Arbeiter denken zwar vielfach anders, sie wissen selbst aus Erfahrung oder aus dem Munde ihrer Eltern, daß vor circa 50 Jahren die Löhne ganz bedeutend niedriger standen, in der Textil=In­dustrie kaum zur Hälfte, in derjenigen der Metalle vielfach zum Drittheil der jetzigen Lohn= und Accord­sätze. Wir hörten aber auch Aeußerungen von Arbeitern, welche nicht nur von einem Tage zum andern leben, sondern bei gutem Verdienst auch Geld zurücklegten, daß damals Einfachheit, Spar­samkeit, Nüchternheit und Zufriedenheit in den Ar­beiter= und auch in den Bürger= und begüterten Familien zu Hause waren, während jetzt vielfach Leichtsinn, Verschwendung, Putzsucht und Mißwirth­schaft bei den Frauen und Zerfall des Familien­wohls herrschen, ganz insbesondere vermehrt durch das frühe Heirathen und grade der Burschen, welche viel Geld verdienen, aber anstatt zu sparen, das Geld verjubelten und mit Schulden und Ansprüchen ans Leben in den Ehestand treten.

Im Gegensatz hierzu sind aus kleineren Gewerb­treibenden und Fabrikanten durch Thätigkeit, Um­sicht und Energie, welche denselben zugleich Credite und Kapitalien zuführten, ansehnliche Werkstätten und Fabriken, ja vielfach auch s. g. Großindustrielle oder durch Verbindungen der Intelligenz und des Grün­derthums mit Kapitalisten große Actien=Unterneh­mungen entstanden, die dem Lande Geldcirculation brachten, wenn die Betheiligten auch sehr häufig ganz oder thellweise leer ausgingen.

Erfahrene Geschäftsleute sind in erster Reihe in der Lage zu beurtheilen, was zur Erhaltung und Entwickelung unserer vaterländischen Gewerbe Noth thut und unser jetziger Kaifer, dem die Wohlfahrt aller Staatsangehörigen ebenfalls am Herzen liegt, erkannte selbst, daß ein einzelner Staat nicht in der Lage ist, alle Wünsche zur Aufbesserung der Arbeiter­verhältnisse zu erfüllen, sondern daß dies nur in Verbindung mit anderen industriellen Staaten ge­

sbchen konn.

In Hinblick hierauf wurde der Kongreß nach Berlin berufen, die betreffenden ausländischen Re­gierungen beschickten zwar denselben, es erfolgten wohl Worte der Zustimmung für die Vorschläge, aber bis jetzt keine Thaten, ja in England erklärten die Arbeiter=Verbindungen:Die Regierung soll sich in unsere Angelegenheiten nicht mischen", und in Frankreich giebt es zwar gesetzliche Bestimmungen be­züglich des Verbots oder Beschränkungen der Kinder­Arbeit, wie es mit der Ausführung derselben aber aussteht, das weiß ein Jeder, der französische Fabriken kennt, oder sieht wie die Kinder aus letz­teren herauskommen. Bei allem Wohlwouen, welches

ein erfahrener Geschäftsmann für seine Arbeiter hat, hieße es Pflichtvergessenheit, wollte derselbe zu allen Vorschlägen oder Anordnungen der Staatsregierung ohne Weiteres Ja sagen, ohne zu prüfen: sind die­selben anch durchführbar ohne dem Lande Arbeit zu entziehen, denn dieses würde nur ein Drücken der Löhne mit sich führen und erfolgte demgemäß Widerspruch, dann setzen sich nicht nur die Demo­kraten und Freisinnigen, die noch niemals dem Lande Arbeit, sondern nur Unzufriedenheit zuführten und auch manche andere Leute in ihrer Minder­oder Unkenntniß mit den einschlagenden Verhältnissen dahinter und schreien:Der Egoismus der Großin= dustriellen legt den Bestrebungen des Kaisers Steine in den Weg!

Wie weit dann der Unsinn sich versteigt, davon giebt ein Artikel der Grenzboter, der auch in anderen Zeitungen theils aus Ulk überging, redendes Zeugniß.

Hier einige Proben des nichtswürdigen Machwerkes:

Das Großcapital, noch besser die Groß=In­dustrie macht auf der ganzen Seite mobil gegen die arbeitsfreundliche Politik unseres Kaisers." Nach dem vorhin Gesagten: Eine Verleumdung und Aufhetzung, wie sie nicht schwerer gedacht werden kann und verabscheuungswerth, weil das Gegentheil bereits vielfach und thatsächlich nachgewiesen ist.

Der Großindustrielle war bisher absoluter Herrscher und kühn der Anspruch, daß der Staat auf seine Eitelkeit und persönliche Empfindlichkeit Rücksicht nehmen soll.

Zwischen Arbeitgeber und Nehmer bestehen Vertrags­Verhältnisse, die sich auf Fabrikordnungen gründen und die wohl in seltenen Fällen Ungehörigkeiten ent­halten und nach denselben steht es jedem Arbeiter frei, Beschäftigung anzunehmen oder nach Kündigung aus.

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Weshalb spricht der Herr nur von den Groß­Industriellen, die leider gewissermaßen bei vielen Staatsbürgern schon als die Parias angesehen wer­den: vom Widerstand gegen die proponirten Ge­werbegesetze.

Wenn derselbe nicht blind in die Welt hinaus schrieb, dann müßte er wissen, daß die wenigsten Klagen über Unterdrückung gerade in den Regle­ments der Groß=Industrie vorkommen und daß die kleinen Fabrikanten und die Handwerker gerade am meisten unter den willkürlichen Handlungen der Arbeiter und Gesellen zu leiden haben, ja daß sich sogar in dem Gesinde der Haushaltungen Leichtsinn und Verderbtheit kundgiebt, und wir möchten fragen, ob sich die Hausfrauen auch unter Gesetze fügen sollen, welche etwa den Dienstmädchen eine Mitwirkung in der Hausregel gestatten.

Die Großindustriellen sollten bedenken, was sie dem deutschen Reiche und seiner Regierung ver­

banken. P-faggn uur 4.

Nun, glaubt der Herr Verfasser, oas deutsche Reich würde ohne Mitwirkung seiner gewerbetreiben­den Staatsbürger zu seiner Größe gekommen sein, dasselbe sich stark und mächtig erhalten können bei Vernichtung seiner Industrie? Die Letztere hat ein Wort mitzureden und sie wird dies im Interesse des allgemeinen Wohles stets thun, wenn anders nicht am Ende namentlich wenn der Verfasser des Grenz­boten=Artikels und dessen Gesinnungsgenossen ans Ruder kämen, die Industriellen das Todesurtheil über sich ergehen lassen wollen.

Endlich kommt noch Hinweis auf die kräftige Stütze der Regierung und demgegenüber:

das Verlangen der Industriellen nach einem neuen Sozialisten=Gesetz, ferner, daß auch ohne den Fürsten Bismarck und der unzufriedenen Fabrik­herren eine gründliche Abrechnung durch den mächtigen Gegner sehr bald erfolgen würde.

Man sollte wirklich fragen, ob es dem Verfasser im Oberstübchen noch ganz klar ist, oder auf was derselbe spekulirt, in letzter Beziehung rechnet derselbe jedenfalls falsch, denn unser Kaiser wird das Korn von der Spreu schon zu trennen wissen und seine Räthe vor Gefahren warnen, welche dem Reiche drohen könnten, so man sich aufs Experimentiren einließe.

Schon heute entstehen bei Industriellen und Capitalisten Fragen, ob anter gegenwärtigen Verhält­nissen und der Mißachtung des gewerbtreibenden Standes es rathsam erscheine, die Söhne für denselben zu er­ziehen oder nicht besser studiren zu lassen. Dieser Ideengang hat allerdings eine Berechtigung.

Vor der Hand sagen wir: Das Geschreibsel der Gegner macht uns nicht bange und nicht lahm, sondern gibt Veranlassung zum Engeraneinanderschließen der Gewerbtreibenden mit dem Vornehmen, allen auf­tauchenden Gefahren fest ins Auge zu sehen und die Arbeiter werden entweder durch Ausklärung erkennen, wo ihre wahren Freunde sind, oder sie werden anders eine schwere Schule durchzumachen haben, denn nur Erhaltung hinreichender Arbeit im Lande gibt lohnenden Verdienst, zu weit gehende Forderungen und Gelüste verscheuchen dieselben. F.

Rundschau.

2es In freisinnigen Zeitungen findet sich ein Artikel, welcher an der Hand der(allerdings kurzen) Erfahrungen nachweist daß es im deutschen Reiche auch ohne den Fürsten Bismarck als Reichskanzler geht". Es wird in geradezu humoristisch wirkender Weise dargethan, daß kein Menschunersetzlich sei.

Ob dieser neuen Entdeckung einer so alten und be­kannten Wahrheit möchten wir den betreffenden Zei­tungen das Prädikat:einen herauf nicht versagen. Anders liegt praktisch die Frage ob man einen be­währten Mann, der ja immerhin einmal ersetzt wer­den muß, nicht so lange im Amte wünschen möchte, als es irgend geht. Die Theorie desnicht Uner­setzlichen", trifft auf den Parteipascha der Frei­sinnigen, den Abgeordneten Eugen Richter, zu. Aber trotzdem ist bei dem letzthin ausgebrochenen Bürger­kriege in jener Partei der Pascha von den muthig ihren Mannesmuth verkneifenden Gegnern des Pa­schas, die zeitige Unentbehrlichkeit des Führers als Entschuldigung für das Unterkriechen unter das kau­dinische Joch hervorgeholt worden. Aber natürlich, das ist gang etwas Anderes!!

Der Nothstand im Rybnicker Kreise.

Es ist eine wirklich ganz eigenartige Erscheinung, daß die freisinnige Presse den Hungertyphus, den die Freis. Ztg. im Rybnicker Kreise ausbrechen ließ, auch nachdem er sich als eine Erfindung herausge­stellt hat, fortfährt gegen unsere Wirtschaftspolitik ins Feld zu führen. Das Gerücht, so sagt dieVoss. Ztg. darf immerhin als Warnung betrachtet wer­den. Dieses Verfahren kennzeichnet sich als eine dop­pelte Unverfrorenheit, da, wie wir noch einmal hervor­heben müssen, dieFreis. Ztg. die Bedeutung des Falles und die aus ihm zu ziehenden Schlußfolge­rungen in ihr gerades Gegentheil verdreht hat. Nach ihrer eigenen Schilderung handelt es sich bei der von ihr erwähnten Bedrängniß nicht nur um einen Noth­stand des Konsumenten, sondern um einen solchen des Produzenten: der kleine Mann in Oberschlesien ist in Schwierigkeiten gerathen, nicht weil die Fleisch­preise zu hoch sind, sondern im Gegentheil, weil seine Schweinezucht in Verfall gerathen ist. Das ist seine Kalamität; läge sie nicht vor, so wären hohe Schweinefleisch=Preise sogar ein Gewinn für ihn. Es berührt unter solchen Umständen geradezu in einer Weise, für die der parlamentarische Ausdruck fehlt, wenn dieVoss. Ztg. auch hier, Angesichts eines auf solchen Phrasen beruhenden Nothstandes die alte Klappermühle der Phrase in Bewegung setzt:Was nützt es, der armen Familie jährlich ein paar Mark Klassensteuer zu erlassen und ihr den vielfachen Be­trag in dem Preise der nothwendigen Lebensmittel abzunehmen? Ist das eine Finanzpolitik zum Besten des armen Mannes? Und ist es ein Schutz der na­tionalen Arbeit, wenn man den Arbeitern ihre Nah­rung beschränkt oder verschlechtert, weil eine Anzahl Großgrundbesitzer und Großzüchter ein dringendes Verlangen nach Erhöhung ihrer Rente hat? Hier bei den geschilderten Verhältnissen im Rybnicker Kreise, ist nicht die Rede von der Rente des Großgrundbesitzers und ähnlichen Paradestücken des demagogischen Sprachschatzes, sondern im eigentlichsten Sinne des Worts von dem Schutz des armen Mannes, der ein Interesse an nicht zu niedrigen Schweinefleisch=Preisen und an Maßregeln, welche unsere inländische Viehzucht vor dem Ruin bewahren, hat und dem mandie Nahrung beschränkt und verschlechtert, wenn man Sozialpolitik im Sinne derVoss. Ztg. treibt. Gs ist auch billig, wenn dieses Blatt die der bitteren Wahrheit entsprechende Feststellung, daßes schon aus dem Grunde nicht angängig sei, einen etwaigen Hungertyphus in der betreffenden Gegend mit mangelndem Fleischgenuß in Verbindung zu bringen, weil die Masse der dortigen Bevölkerung auch früher so gut wie kein Fleisch ge­nossen habe, sondern sich wesentlich von Kartoffeln und Schnaps nähre", alsCynismus" bezeichnet. Cynismus ist es, da dieVoss. Ztg. einmal dieses Wort gebraucht hat, wenn man kein Auge für die Lebensverhältnisse der landwirthschaftlichen armen Bevölktrung, der gedrücktesten von allen, haben will und den Wunsch der Stadtbewohner und Industrie­arbeiter nach einer möglichst billigen Fleischnahrung als das einzige in Betracht zu nehmende Interesse behandelt.

* Englische Militärkreise besorgen, daß die dies­jährige Rekrutirung des englischen Heeres um 6 bis 10 000 Mann hinter dem Mindestbedarf zurückbleiben wird. Um den Ausfall zu decken, werde nichts übrig bleiben, als entweder den Sold zu erhöhen, oder das Maß der physischen Anforderungen herabzusetzen. In der Presse wird überdies empfohlen, in Nachahmung des deutschen Beispiels eine Civilversorgung für gediente Soldaten einzuführen, um dadurch die Anziehuungs­kraft des Heeresdienstes in einer den Interessen der Landesvertheidigung entsprechenden Weise zu verstärken.

Die Kaisertage in Breslau

verlaufen, wenn auch der Himmel nicht immer das freund­lichste Gesicht mechte, doch in glanzvoller Weise. Die Parade über das schlesische Armeecorps fand am Frei­tag Vormittag bei Regen statt, gelang aber vollkommen und der Kaiser gab seinem Danke für diese Leistung bei dem am Nachmittage stattfindenden Parade=Diner Aus­druck. Am Abend fand Zapfenstreich statt, welcher von 20 Musik=Trompetercorps, sowie von den Tambours und Spielleuten von acht Infanterie=Regimentern ausgeführt wurde. Die keiserlichen Majestäten erschienen während desselben an einem Feuster des Breslauer Schlosses und wurden vom stürmischen Jubel der Menge begrüßt. Am Sonnabend fand in der Umgebung von Deutsch=Lissa Corpsmavöver gegen einen markirten Feind statt, das Nachmittags 2 Uhr bei Leuthen sein Ende erreichte. Der Kaiser hielt nach demselben eine sehr eingehende Kritik ab und ließ dann sämmtliche Regimenter an sich vor­überdefiliren. Bei der Ankunft und Abfahrt wurden beide Majestäten mit lautem Jubel begrüßt. Am Abend gab der Kaiser den Vertretern der Provinz Schlesien ein Gastmahl im Breslauer Schlosse. Im Verlauf der Tafel brachte der Monarch einen Trinkspruch auf die Provinz Schlesien aus und hob in demselben hervor, wenn das gute Beispiel des Fürsten Pleß(der als Be­sitzer großer Kohlengruben viel zur Verbesserung der Lage seiner Arbeiter getban) und die gute Absicht des Fürstbischofs Dr. Kopp Nachuhmung und Verwirklichung fänden, so hege er keine Besorgniß hinsichtlich der Lösung der socialen Frage. Am Sonntag wurde den Majestäten im Breslauer Schlosse von den dortigen Gesangvereinen ein Ständchen dargebracht. Darauf begaben sich der Kaiser und die Koiserin nach Minkau, wo ein großer Feldgottesdienst, an welchem Vertreter aller Waffen­gattungen theilnahmen, abgehalten wurde. Am Nach­mittag fuhren die Majestäten mit der Bahn nach Camenz, um dem Prinzen Albrecht von Preußen und Regenten von Braunschweig in seinem dortigen Schlosse einen Be­such abzustatt=n. Die hohen Gäste wurden in dem fürst­lich geschmückten Camenz mit endlosem Judel von der Bevölkerung begrüßt. Am späten Abend erfolgte die Heimkehr nach Breslau.

Auf dem Paradediner in Breslau hat der Kaiser auch in tiefergreifenden Worten seines Vaters gedacht. Der Toast, welchen Se. Majestät auf das schlefische Armeecorps ausbrachte, hatte nachstehenden Wortlaut:Wenn ich mein Glas erhebe, um auf das Wohl des 6. Armeecorps zu trinken, so thue ich das mit dem Gesühl der vollsten Anerkennung für die heutige Leistung. Die Varade des Corps hat unter sehr ungünstigen Verhältnissen stattgefunden und gleich­wohl hat das Corps bewiesen, daß für uns Preußen das gute Wetter nicht nöthig ist, um die Truppen ihren Vor­gesetzten vorzuführen und ihre vorzügliche Haltung zu zeigen. Ich kann aber nicht enden, ohne zugleich auszu­sprechen, welche tiefernsten Gefühle mein Herz durchzogen, als ich die Truppen des 6. Armeecorps heute wiedersah. Wenn ich an die Phasen der Geschichte unserer preußi­schen Armee denke, die in den Regimentern und ihren Namen verkörpert ist, wenn ich zurückblicke auf mein Kürassier=Regiment, welches schon vor über 200 Jahren unter Marlborough und Eugen zu fechten Gelegenheit hatte, wenn ich weiter der Namen Keith und Winterfeld, die uns in die Zeiten Friedrichs des Großen versetzen, gedenke, und wenn ich endlich die Regimenter: Das Dragoner=Regiment König Friedrich III. Nr. 8 und das Grenadier=Regiment Kronprinz Friedrich Wilhelm Nr. 11 anschaue, die uns die Heldengestalt meines dahingegangenen Herrn Vaters vor Augen führen, so will mir das Herz schier in Wehmuth zerspringen, zumal wenn ich zurückdenke, wie vor acht Jahren mein damals noch blühend, gesund und frisch aussehender Herr Vater die 8. Dragoner und vielgeliebten Grenadiere bei meinem Herrn Großvater vorbeiführte unter dem unge­heuren, nicht enden wollenden Jubel der gesammten Provinz Schlesien. Nun, meine Herren, seit der Zeit sind diese Heldengestalten dahingegangen, jedoch leben sie fort in dem Herzen des Korps, welches unter ihnen ge­sochten hat, und vor Allem wird in dem Korps das Bestreben fortleben, die Saat, welche die hohen Herren gepflanzt haben und die sie vor dem Feinde haben reifen sehen, als ein heiliges Vermächtniß weiter zu pfl gen. Unerschütterliche Treue, Disziplin, Geborsam gegen den Allerhöchsten Kriegsherrn werden nach wie vor die schönsten Blüthen an dem Lorbeerzweig des 6. Armee­korps sein. Ich erbebe mein Glas und trinke auf das Wohl des 6. Armeccorps. Es lebe hoch!

* Berlin, 14. Sept. Der Kaiser hat dem komman­direnden Admiral durch folgende Kobinetsordre seinen Dank ausgesprochen:Nachdem mir die Besichtigung der Manöverflotte Veranlassung gegeben, den Admiralen und Kommandanten meine lebhafte Anerkinnung mit der Führung und den Leistungen innerhaft der Flotte auszu­sprechen, gereicht es mir zur Genngthnung, im Verlaufe der gemeinsamen Manöver der Marine und des 9. Armeecorps den guten Eindruck auch im vollen Umfange bestätigt gefunden zu haben. Die soeben beendeten Manöver haben mir die angenehme Ueberzeugung geliefert, daß die Leitung durchdacht, die technische Führung des Materials gesichert, der Geist der Besatzungen frisch und Erfolg verbürgend ist. Ich er­warte, daß die Marine mit Ausdauer in dem lobens­werthen Streben der Vervollkommnung fortfahren wird, und empfehle die Beachtung der Bemerkungen, welche am Schlusse der Uebungen Ich gemacht habe. Ich spreche Ihnen, den Admiralen und kaiserlichen Offizieren meinen Dank für die Kundgebungen aus, mit welcher Alle gestrebt und gearbeitet haben, und beauf­trage Sie auch den Mannschaften meine volle Zufrieden­heit mit ihren Leistungen bekannt zu geben.

Der Fürstbischof zu Breslau Dr. Kopp hat den rothen Adlerorden zweiter Klasse mit dem Stern erhalten.

Freisinnige Blätter hatten einer Notiz aus einer ihrer Korrespondenzen Berbreitung an den Wechsel in der Person des Kaisersichen Kommissars für Helgoland die gewagtesten Komdinationen geknüpft waren. Dem gegenüber bemerkt derReichsanzeiger, daß dieser Ersatz des bisherigen Kammissars durch einen jängeren Beamten der Reichsverwaltung von Anfang