Wittener
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Kostendeckung der neuen heeresvorlage durch direkte ReichsSteuern. 55
F![Von Dr. Ahrendts=Arnstadt.
Die Kriegsbereitschaft des deutschen Reichsheeres, deren Dauer bei dem mißlichen Verhältniß zu Frankreich und Rußland noch nicht abzusehen ist, verursacht seit langen Jahren große Kosten, welche hauptsächlich durch die Erträge indirekter Verbrauchssteuern gedeckt werden. Weil nun die mittleren und niederen Vermögensklassen des Volkes im Vergleich zu den reichen und wohlhabenden dadurch zu stark belastet werden, so spricht man davon, daß die neue Militärvorlage durch solche indirekte Steuern verwirklicht werden soll, welche blos die oberen Vermögensklassen belasten. Da aber die darauf abzielenden Luxus=, Börsen= und dergl. Steuern im Ganzen doch nicht so viel eintragen, um die Gesammtkosten zu decken und also immer noch ein Ersatz offen bliebe, so ist es wohl an der Zeit, nach einem besseren Auskunftsmittel Umschau zu halten. Wie kürzlich mitgetheilt ist, ist zu einem ähnlichen Zwecke, nämlich zur Beseitigung der eben
falls sehr unbilligen und längst veralteten Matrikularbeiträge der einzelnen Bundesstauten zur Reichskasse, schon in der ersten Hälfte der 70 er Jahre von einer volkswirthschaftlichen Versammlung zu Eisenach, welcher u. A. von Bennigsen, Miquel, Georg Hirsch angehörten, die direkte Reichseinkommensteuer als die gerechteste für das Reich empfohlen worden. Zur Durchführung solcher Bestrebungen bot und bietet sich als rechtliche Grundlage Artikel 70 der Reichsverfassung, welcher dem Reiche die unbeschränkte Befugniß gewährleistet, Reichssteuern, also auch direkte, einzuführen. Dagegen wurde in einer ungefähr gleichzeitig stattfindenden Versammlung der sogenannten Katheder= sozialisten der Grundsatz aufgestellt, daß für das Reich nur die indirekten Steuern, die direkten nur für die einzelnen Bundesstaaten vorzubehalten seien, weil die gleichzeitige Erhebung von direkten Reichssteuern neben den indirekten nur unnütze Erschwerungen für die Behörden und unnütze Plagen für die Steuerzahler herbeiführte. Diese Vorschläge sind seitdem im deutschen Reiche zur Regel geworden, weil während des„alten Kurses" der Reichskanzler ihnen zustimmte. Ja, das politische Publikum glaubt jetzt sogar vielfach noch, daß das Reich kein Recht zur Auflage direkter Steuern habe, und daß viele Staatsregierungen sich im Bundesrathe aus Partikularismus dagegen erklären würden. Zu keiner von beiden Behauptungen liegt aber eine thatsächliche Veranlassung vor; vielmehr steht zu vermuthen, daß der Bundesrath nicht sowohl grundsätzlich, als vielmehr deshalb dem Plane zu einer direkten Reichssteuer fern blieb, weil ihm von Seiten des Reichskanzlers noch keine Veranlassung gegeben wurde, sich damit zu beschäftigen. Der uneingeschränkte Einwand, daß die direkten Reichssteuern sich nicht mit den direkten Steuern der Einzelstaaten vertrügen, läßt sich nicht mehr aufrecht erhalten, wenn mittels eines und desselben im Reiche und in allen Bundesstaaten giltigen Einschätzungsprinzips, nämlich der Einkommensdeklaration(Selbsteinschätzung), das Einkommen jedes Steuerzahlers für das Reich und seinen heimathlichen Bundesstaat gleich hoch angesetzt wird. Im Uebrigen kann jeder Bundesstaat die vollste Freiheit in seiner direkten Steuergesetzgebung behalten. Da die Deklarationsverpflichtung jetzt in der Mehrheit der deutschen Bundesstaaten bereits besteht, brauchte nur noch eine geringere Anzahl Bundesstaaten, wo noch ausschließlich Kommissionseinschätzung besteht, die erforderliche Aenderung vorzunehmen, welche ja auch schon bei ihnen in Aussicht steht.“) Die bundesstaatlichen Behörden könnten dann außer den indirekten, auch die direkten Reichssteuern erheben. Ehe in einzelnen Bundesstaaten die bequemeren Vorbedingungen für die Einführung und Wirksamkeit direkter Reichssteuern bestanden, hatten bezügliche Anträge im Reichstage allerdings viel weniger Aussichten auf Durchführbarkeit; man war zunächst lediglich auf Reichseinnahmen aus indirekten Steuern angewiesen. Letztere sind ja auch vielfach in aller Eile nothbehelfsweise vom Reschstage beschlossen worden, nachdem die bezüglichen Ausgaben, meist für Militär
*) Belläufig sei bemerkt, daß nach Einführung des
gleichen Deklarationsprinzips in allen deutschen Bundestaalen auch auf Grund von Art. 70 der Reichsverfassung ein Reichsgesetz beschlossen werden könnte, nach welchem die Matrikolarbeiträge zur Reichskasse nicht mehr nach der Kopfzahl der einzel=staatlichen Bevölkerung, sondern nach dem steuermäßigen Einkommensdurchschnitt dieser Bevölkerung bemessen würde. Dann könnten die so verbesserten Matrikularbeiträge immer noch aus den Staatskassen an das Reich gezahlt werden, so lange man diese Art von Reichseinnahmen dann überhaupt noch beibehalten wll.
für Witten und Amgegend.
zwecke, schon vorher unter einem gewissen moralischen Drucke bewilligt waren; und diese eilige Entstehungsweise spiegelt sich in dem unsystematischen Gepräge des Steuerganzen und in der ungleichmäßigen Vertheilung der Steuerlasten ab.
Unter diesen Umständen dürften wir jetzt, wo es sich darum handelt, eine abermalige Steuererhöhung wegen der geplanten Heeresvergrößerung herbeizuführen, unsere Reichssteuern nicht leichtsinnig der indirekten Steuerpolitik ganz und gar überlassen, welche diesmal allerdings die bisher weniger herangezogenen oberen Vermögensklassen treffen will. Da es aber, wie die Erfahrung gelehrt hat, oberklassige indirekte Steuern nicht gibt, welche zugleich die erforderlichen Summen einbringen, so sollte man sich solchen Plänen zuwenden, welche Erfolg versprechen. Jetzt müssen unsere indirekten Steuern durch direkte korrigirt, bezw. ergänzt werden, damit ein auskömmliches Gleichgewicht hergestellt wird, sonst wird die Unzufriedenheit im Mittel= und Arbeiterstande immer weiter zunehmen. Die gemeinhin größere Bequemlichkeit der Einziehung, bezw. der Bezahlung von indirekten Steuern im Vergleich zu der von direkten kann bei der ohnehin gespannten Finanzlage der weniger bemittelten Klassen nicht mehr so in Betracht kommen, wie thatsächliche Abwälzung der Hauptlasten auf kräftigere Schultern. Aber auch das moralische Moment des verletzten Rechtsgefühls der bez. Steuerklassen kommt nicht unwesentlich in Betracht; auf die Dauer leiden darunter auch die moralischen Interessen des ganzen Reiches, welche— zumal während eines Krieges — ebenso wichtig mindestens sind, wie die wirthschaftlichen. Deshalb müssen die Reichstagsabgeordneten bei den Bundesregierungen die berechtigte Verstimmung der zu stark belasteten Bevölkerungsklassen, sowie die allein zureichenden Ausgleichsmaßregeln nachdrücklich geltend machen. Dies wird um so leichter sein, sofern der Bundesrath, wie es verlautet, noch keine bestimmte Vorlage über die Deckung der neu bevorstehenden Militärkosten beschlossen hat. Wenn die Bundesregierungen abermals patriotische Opfer zu Gunsten der Heeresvergrößerung vom Volke fordern, so darf das Volk auch Opferwilligkeit von solchen Bundesregierungen verlangen, welche bisher vielleicht weniger geneigt waren, von ihrem Partikularismus der direkten Steuern im Geringsten abzugehen. Der Reichstag muß früher oder später die bevorstehende Deckungsfrage wenigstens prinzipiell festsetzen, bevor die verbündeten Regierungen mit eigenen, weniger probaten Deckungsmitteln hervortreten. Ueberhaupt wäre es zu wünschen, daß zur Neuordnung der Reichsfinanzen, wenn nicht dem Namen, so doch der That nach, ein wirkliches Reichsfinanzministerium geschaffen würde, welches, wenn es sich frei bewegen könnte, auch Großes leisten würde. Jedenfalls hat bei der thatsächlich zu starken Belastung der mittleren und niederen Bevölkerungsklassen mit indirekten Reichssteuern und bei der ziemlichen Aussichtslosigkeit, diese Urbilden durch andere indirekte Steuern auszugleichen, der Reichstag die Pflicht, die Einführung einer direkten Reichseinkommensteuer mit Deklarationsverpflichtung vorurtheilsfrei und gründlich zu erwägen, sowie im Annahmefalle darüber sich grundsätzlich mit den Bundesreglerungen zu verständigen. Auf diese Weise kann der unersprießliche Streit der Kostendeckung verhältnißmäßig schnell, gerecht und gründlich beseitigt werden. Indessen: Man muß das Eisen schmieden, wenn es warm ist.—
(Wir haben den vorstehenden Ausführungen des bekannten Parlamentariers angesichts ihres allgemein interessirenden Inhalts Raum gegeben, ohne gerade mit jeder einzelnen seiner Behauptungen, beispielsweise mit dem geringen Ertrage einer Börsensteuer, buchstäblich übereinzustimmen. Sein Vorschlag, die Einführung einer direkten Reichseinkommensteuer, hat jedenfalls so viel für sich, daß er an maßgebender Stelle gründlich erwogen werden dürfte. Ein jeder gut gemeinte Rath. Mittel und Wege zur Kostendeckung der neuen Militärvorlage unter möglichster Schonung der weniger bemittelten Klassen zu finden, ist dankbar zu begrüßen.)
Rundschau.
* Die Ausbildung der Volksschullehrer erfolgt in Preußen zum größten Theil in staatlichen Seminaren, und es ist ein lange erstrebtes und nunmehr erreichtes Ziel gewesen, daß der Staat in der Lage sein würde, sämmtliche Schulen des Landes mit wohlausgebildeten Lehrern zu versorgen. Von 1828 bis 1846 wurde, wie die„Stat. Korr.“ mittheilt, nur ein einziges Lehrerseminar errichte:, von 1846 bis 1871 entstanden in den alten Provinzen 20 neue Anstalten, nach 1871 wurden 42 Seminare neu gegründet und die vorhandenen erweitert.
Für Bauten wurden in der Zeit von 1873 bis 1892 21 421 415 Mk. ausgegeben. Die ordentlichen Gesammtkosten für Seminare betrugen 1892 5841 Millionen Mark, wozu aus Staatsmitteln 4258 Millionen Mark beigetragen wurden. Die Zahl der in Ausbildung begriffenen Seminaristen(männliche und weibliche) hat sich von 1870 bis 1892 fort und fort vermehrt und ihr Verhältniß zur Bevölkerung erheblich gebessert. Während die Zahl der Seminaristen i. J. 1870 5008 betrug, ist sie im Jahre 1892 auf 10 836 gestiegen. Während i. J. 1870 2 Seminaristen auf 10 000 Einwohner entfielen, kommen jetzt darauf 3,6.
Entsprechend dieser Vermehrung der Lehrkräfte hat man nicht nur die vorhandenen Stellen mit vorschriftsmäßig geprüften Lehrern besetzt, sondern auch neue Schulklassen errichtet und bei einer Anzahl von Klassen die Ueberfüllung beseitigt. In den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der Schulkinder in überfüllten Klassen von 2233373 auf 1 661 182 vermindert. Die Ausbildung der Präparanden erfolgt größtentheils auf kommunalen oder privaten Anstalten, ebenso die der Lehrerinnen. Es bestehen im ganzen 35 staatliche Präparandenanstalten und 11 staatliche Lehrerinnenseminare. An den 111 Lehrerseminaren waren 1892 676 Direktoren, Oberund ordentliche Lehrer und 122 Hülfslehrer angestellt, an den 11 Lehrerinnenseminaren 49 Direktoren, Ober= und ordentliche Lehrer und Lehrerinnen, 1 Hülfslehrer und 45 Hülfslehrerinnen. Von den Zöglingen befanden sich im Internat 5814 Seminaristen und 363 Seminaristinnen, im Externat 4319 Seminaristen und 340 Seminaristinnen.
* Nach einer Aufstellung des„Reichsanzeigers" über den Personenverkehr auf den größeren deutschen Staatseisenbahnen in den Jahren 1890 bis 1892 wurde der Personenverkehr mit der wirthschaftlichen Depression im Jahre 1891/92 in seiner fortschreitenden Entwicklung aufgehalten. Immerhin war aber auf den meisten Bahnen, hauptsächlich auf den deutschen Staatsbahnen, eine Steigerung der Frequenz zu verzeichnen. Die Verkehrsdichtigkeit stieg auf den preußischen Staatsbohnen um 3,22 pCt. auf 321 788 Personen=Kilometer auf 1 Kilometer Bahnlänge, auf den Reichsbahnen um 3.60 pCt.(auf 243 373 Personen=Kilometer), in Württemberg jedoch nur um 2,55 pCt.(auf 222414 Personen=Kilo= meter), in Sachsen nur um 0,05 pCt.(auf 348838 Personen=Kilometer) und ging in Bayern um 0,80 pCt.(auf 184 263 Personen=Kilometer), in Baden sogar um 3,16 pCt.(auf 290 835 Personen=Kilometer) zurück. In der Zugausnutzung wurde Preußen mit durchschnittlich 62,4 Personen nur von Sachsen mit 63,9 Personen übertroffen, während die übrigen größeren Staatsbahnen eine erheblich geringere Durchschnittsbesetzung der Züge aufweisen, die Reichsbahnen nur 48, die bayrischen Staatsbahnen nur 42,2, die württembergischen Staatsbahnen 46,7 und die badischen Staatsbahnen 48,4. Die Zugausnutzung ging 1891/92 in Preußen um 2,95 pCt. gegen das Vorjahr zurück, noch mehr aber auf den übrigen Staatsbaynen— bis 7,10 pCt. in Baden. Die Platzausnutzung war mit 24,78 pCt. in Preußen am günstigsten, wenn schon dieselbe auch hier um 1,67 pCt. gegen das Vorjahe (25,20 pCt.) zurückging. Auf den übrigen größeren Staatsbahnen betrug die Platzausnutzung nur 21,09 bis 23,21 pCt. und der Rückgang gegen das Vorjahr 1,49 pCt. in Württemberg, 1,79 pCt. in Bayern, 3,81 pCt. in Sachsen, 7,18 pCt. auf den Reichsbahnen und 9,79 pCt. in Baden.
* Ueber die Volksbildung in Rußland giebt die russische Wochenschrift„Nedelja“ eine Zusammenstellung, aus der hervorgeht, daß nur in Finnland, dem Dorpater Lehrbezirk und den deutschen Kolonien im Innern westeuropäische Bildungsverhältnisse vorhanden sind. Das Blatt schreibt nämlich:
„Im Jahre 1874 zählte man unter der Gesammtzahl der Rekruten im europäischen Rußland(ohne Finnland und Polen) 78 pCt. Analphabeten(Schreibensunkundige), 1883 nur 74 pCt. und 1887— 68% pCt. Speziell bei den Rekruten bäuerlichen Standes zahlte man in diesem letzteren Jahre 72„Ct. Analphabeten, ausgenommen jedoch den Dorparter Lehrbezirk, woselbst die Volksbildungsverhältnisse(namentlich in Livland und Estland) denen der am meisten fortgeschrittenen Staaten Westeuropas nahekommen. Ein höchst unbefriedigendes Bild dietet das Weichselgebiet (Polen): Hier zählte man 1875— 81 PCt. Analphabeten, welches Verhältniß von Jahr zu Jahr stieg, und im Jahre 1878 bereits bis auf fast 86 pCt. gewachsen war, bis 1885 dlieb es sodann fast unverändert. In Sibirten und Mittelasten ist die Zahl der Analphabeten unter den Rekruten(nur russischer Nationalität) von 1874 bis 1887 von 86 pCt. bis auf 83 pCt. herabgegangen.“
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Deutsches Reich.
Berlin, 12. Juli. Der Kaiser und die Kaiserin unternahmen am Dienstag Morgen einen gemeinsamen Spazter
ritt in die Umgegend Potsdams. Nach der Rückkehr hörte der Kaiser im Neuen Palais den Vortrag des Chefs des Militärkabinets, hatte sodann eine Konferenz mit dem Reichskanzler und empfing Mittags im Beisein des Chess der Kolontalabtheilung des Auswärtigen Amts, Geh. Ratb Dr. Koyser, den in Berlin eingetroffenen Afrikareisenden Dr. Otto Ehlers.
Am Abend traf der russische Thronfolger zum Besuche der kaiserlichen Majestäten auf der Wildparkstation ein und wurde daselbst vom Kaiser empfangen. Zu Ehren des hohen Gastes fand im Neuen Palats eine größere Festtafel statt. Nach Aufhebung derselben setzte der Thronfolger, nachdem er sich von den Majestäten verabschiedet hatte, seine Rückreise nach Petersburg fort.
Am Kaiserhofe wurde am Dienstag der Geburtstag der Prinzessin Heinrich von Preußen festlich begangen. Die Prinzessin, geboren 1866, weilt gegenwärtig noch mit ihrem Gemahl in London, wohin sich Beide zu den Hochzeitsfeierlichkeiten begeben hatten.
— Fürst Georg zu Schaumburg=Lippe ist zum Chef des in Bückeburg stehenden westfältschen Jägerbataillons Nr. 7 einannt worden, dessen Chef früher der im Mai d. J. verstordene Fürst Adolf Georg gewesen war. Fürst Georg stand bisher als General= lieutenant à la suite der preußischen Armee.
— Den großen Herbstmanövern, welche in der Nähe Salzwedels(Provinz Sachsen) stattfinden sollen. gedenkt der Kaiser in der ersten Augusthälfte versönlich beizuwohnen. Die Uebungen werden vom Inspekteur der Kavallerie, General von Krosigk, geleitet.
— Aus Elseß=Lothringen wird geschrieben: Die bereits wiederholt als fraglich gemeldeten Herbstmanöver finden nun doch statt. Die von dem Bezirkspräsidenten zusammenberufenen Vorstände der landwirthschaftlichen Vereine haben mit Rücksicht auf die allgemeine Futternoth den Wunsch geäußert, es möchten die während der Manöver mit Einquartirung belegten Gemeinden für die Lieferungen von Futtervorräthen nicht in Anspruch genommen werden. Hierauf ist militärischerseits angeordnet, daß schon jetzt ein umfangreiches Hauptfouragemagazin. wie es heißt in Bolchen, errichtet werden soll, von dem aus die Verpflegung der Pferde mit Futter. das von auswärts bezogen wird, geschehen wird. Durch den in Aussicht stehenden sehr guten zweiten Schnitt der Wiesen wird dem Futtermangel übrigens erheblich abgeholfen werden.
* Berlin, 11. Juli. Graf Caprivi hat bekanntlich am Freitag im Reichstage angekündigt, der neue Börsensteuergesetzentwurf, welcher mit zur Deckung der Heeresvorlage dienen soll, werde in nächster Session in neuer, einen ausgiebigeren Ertrag sichernder Form wieder unterbreitet werden. Es wird nun berichtet, die Einnahmen aus dem neuen Gesetzentwurf seien auf 24 Millionen pro Jahr berechnet; das ist indessen zu niedrig, die Börse wird noch mehr bluten müssen und kann das auch vertragen. Der frühere, vom Staatssekretär von Maltzahn=Gültz ausgearbeitete Gesitzentwurf sollte schon 26 Millionen erbringen, man wird also nun nicht wieder erst mit 24 Millionen anfangen. Sagen wir 36 Millionen, so haben wir etwa das, was die Börse bequem leisten kann und ohne den Druck zu empfinden, unter welchem Mittelstand und Arbeiter leiden.
— Neuer Antrag im Reichstage. Die Abag Gamp von Kardorff. Maibach und Graf Arnim haben mit Unterstützung anderer Mitglieder der freikonservativen Partei einen Antrag im Reichstag eingebracht, welcher lautet, der Reichstag wolle beschließen, den Herrn Reichskanzler zu ersuchen: 1.) mit möglichster Beschleu igung einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen 1) dem gesammten Handwerk eine organisierte Vertretung in Handwerkerkammern gegeben wird, denen die Beaufsichtigung des Lehrlingswesens, des Herbergswesens etc., sowie die Aufgabe zu übertragen wäre, die Interessen des Handwerks in technischer und wirthschaftlicher Beziehung zu vertreten. 2) diejenigen Personen von der Ausübung des handwerksmäßigen Betrieb's ausgeschlossen werden, die ihre Beschäfttgung zu diesem Betriebe nicht durch längere Ausbildung als Lehrling und Geselle dargethan haben.(Befähiguugsnachweis.): II. bei den Bundesregierungen dafür zu wirken, daß die die Handwerker schädigende Beschäftigung der Strafgefangenen nach Möglichkeit eingeschränkt wird.
— Ueber die Behandlung der ungültigen Wahlen bemerkt die„Köln. Ztg.“:
Nach der letzten Sitzung des Reichstages werden sofort die Mitglieder der Wahlprüfungs=Kommission gewählt werden. Die dringendste Frage, die ihrer Beschlußfassung alsbald zu unterbreiten sein wird, ist die nach der Rechtsgültigkett der fünf Wahlen in den Wahlkreisen Stadt Köln, Landkreis Köln, LennepMettmann, Elberfeld=Barmen und Bochum=GelsenkirchenHattingen. Unter den Juristen herrscht nicht der allermindeste Zweifel darüber, daß die Wahlen in diesen fünf Kreisen unter offenkundigster Verletzung des Reichswahlgesetzes zu stande gekommen sind. Es ist zu dedauern, daß die maßgebenden Provinzialbehörden eine ungenügende Prüfung der Rechtslage und damit eine falsche Festsetzung der Wahlkreisgrenzen sich zu schulden haben kommen lassen. Aber die Verletzung des Reichsgesetzes wird dadurch nur erklärt, nicht gehoben. Alle Parteien haben ein dringendes Interesse, diese Rechtsverletzung thunlichst bald ungeschehen zu machen; es hindelt sich nicht um Fraktionsfragen, sondern um Schutz und Wahrung des Reichsrechts. Die thatsächliche Feststellung kann kaum Schwierigkeiten machen, da ja die Reichsbehörden längst in der Lage waren, den Sachverhalt zu ermitteln und festzustellen. Es ist deshalb dringend zu wünschen, daß die Wahlprüfungskommission recht bals und noch in der gegenwärtigen kurzen Tagung den Beschluß des Reichstages über die Ungültigkeit der fünf Wahlen herbeifuhre, damtt bis zur Herdsttagung rechtzeitig die erforderlichen Neuwahlen stattfinden können.
— Die kaiserliche Verordnung, betreffend. das Verbot der Ausfuhr von Streu= und Futtermitteln von 4. Juli findet auf Durchfuhrsendungen keine Anwendung. Allen derartigen Sendungen, bei welchen aus den Frachtbriefen, den sonstigen Transportpapieren oder den Fakturen in glandhafter Weise entnommen werden kann, daß sie aus dem Auslande kommen und unmittelbar nach dem Auslande weiter befördert werden, das Reichsgebiet also nur im Durchgangsverkehr berühren, darf daher der Austritt aus