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Neue Westfälische Volks-Zeitung

Bestandshaltende Institution

Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld

Beschreibung verfasst von

Dr. Jochen Rath (2019), Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek

Geschichte und Entwicklung

Die „Neue Westfälische Volks-Zeitung“ (später „Neue Westfälische Volkszeitung“) erschien mit einer „Probennummer“ erstmalig am 31.3.1877 und wandte sich an Leser aus „allen Schichten der Bevölkerung“, wie es im Anzeigenteil hieß. Die Abonnentenzahl lag schnell bei 3.000. In einem Editorial „Was wollen die Deutsch-Conservativen?“ grenzte sich Redakteur Pfarrer Heinrich Dietz (1834-?) scharf vom Liberalismus ab. In einer Rückschau bezeichnete die Redaktion am 30.9.1887 die Zeitung selbst als „von Anfang gut konservativ und entschieden evangelisch“. Die Zeitung kann als ein Nachfolger des „Conservativen Volksfreunds“ gelten, der von 1862 bis 1874 veröffentlicht worden war.

Zwischen dem 30.3.1879 und 12.10.1881 erschien die Zeitung mit dem Untertitel „Provinzial-Organ der conservativen Partei in Westfalen und den Grenzgebieten“, hatte sich mit dieser Partei-Orientierung im redaktionellen Teil aber auch schon 1878 ausdrücklich zu erkennen gegeben und sollte diese auch über 1881 hinaus bis mindestens 1918 beibehalten. Anfangs wurden wöchentlich drei Ausgaben veröffentlicht, doch schon bereits ab dem 3.7.1877 stellte die Zeitung auf ein Erscheinen sechs Mal pro Woche um. Erster Redakteur und Herausgeber war der gebürtig aus dem hessischen Utphe stammende und aus Lardenbach nach Bielefeld zugezogene Pfarrer Heinrich Dietz, der als „Kampfnatur“ (Hoener 1923) die konservative Bewegung in der Region für zehn Jahre wesentlich prägen und in eine „Blütezeit“ führen sollte. Dietz verließ Bielefeld 1887, als er eine Pfarrstelle nach Messel bei Darmstadt antrat.

Gedruckt wurde bis zum 31.12.1877 bei Velhagen & Klasing in Bielefeld, danach bis zum 26.9.1878 bei R. Mainz, später bei „Nachfolger R. Mainz“. Am 27.9.1878 scheint die Zeitung selbst den Druck/die Druckerei übernommen zu haben und wartete direkt mit einem Datierungsfehler auf, als sie fälschlich das Tagesdatum „26. September“ setzte. Bis zum 29.6.1912 erschien die Zeitung in Bielefeld, ab dem 1.7.1912 in Herford bei der Westfälischen Vereinsdruckerei. 1924 erschienen Ausgaben mit dem Untertitel „Tageblatt für nationale Politik“. Das Blatt wird für die Zeit nach 1918 als DNVP-nah eingeordnet. 1935 schien die „Neue Westfälische Volks-Zeitung“ vor dem Aus zu stehen. Das Gaupresseamt hatte bei drei Zeitungen in Herford eine „Überbesetzung“ der bürgerlichen Presselandschaft diagnostiziert und urteilte vorschnell: „In Herford müssen sich die bürgerlichen Zeitungen vereinigen, nachdem die vorher zum Vera-Konzern gehörende ´Neue Westfälische Volks-Zeitung´ ihr Erscheinen eingestellt hat. Diese Zeitung ist politisch in jeder Weise unzuverlässig. Die Angestellten grüßen betont mit ´Guten Tag´. Das Blatt unterstützt die Bekenntnisfront.“ Die Gestapo hatte mehrere Tausend Flugschriften beschlagnahmt. Die Zeitung war allerdings nicht eingestellt worden und erschien bis zum 9. Februar 1943 unter dem traditionellen Namen mit dem Zusatz „Herforder Zeitung für Stadt und Land“, zuletzt wieder mit dem Verlagsort Bielefeld.

Verbreitung, Leserkreis, politische Ausrichtung, Auflagenhöhe

Umfang, Format und inhaltlicher Aufbau:

  • 31.03.–2.7.1877: drei Mal wöchentlich
  • 03.07.1877–1915/24: Tageszeitung, sechs Mal wöchentlich

Verbreitung:

  • 1877: 3.000
  • 1932: 6.100
  • 1934: 3.319
  • 1937: 5.000
  • 1939: 5.432

Politische Ausrichtung: Konservativ, Deutsch-konservativ, DNVP, zuletzt nationalsozialistisch

Konkurrenzblätter

anfangs: „Der Wächter“ (liberal), 01.10.1864 begründet von Rudolf Rempel

Literatur

  • Hoener, Erich, Die Geschichte der christlich-konservativen Partei in Minden-Ravensberg von 1866–1896. Ein Beitrag zur konservativen Parteigeschichte, (Diss. Münster) Bielefeld 1923, S. 41f.
  • Lüpke, Reinhard, „Spiegel der Gesellschaft” – Entstehung und Entwicklung der Bielefelder Presse von 1811 bis heute, in: Andreas Beaugrand (Hg.), Stadtbuch Bielefeld. Tradition und Fortschritt in der ostwestfälischen Metropole, Bielefeld 1996, S. 660–663
  • Meier, Gerd, Zwischen Milieu und Markt. Tageszeitungen in Ostwestfalen 1920–1970, Paderborn 1999