N. 340.
Montag den 12. Dezember.
Inland.
Berlin, vom 3. Dezbr. Die umlaufenden Gerüchte, daß der Oberpräsident der Provinz Preußen, Hr. Bötticher, aus dieser Stel= lung scheiden werde, haben sich in letzter Zeit erneut, und man nennt wiederum den Ministerialdirektor v. Ladenberg als den Nachfolger desselben. Wahrscheinlich aber dürfte Hr. Bötticher noch einige Zeit in Königsberg verweilen und dann der jetzige Regierungspräsident v. Auerswald ihn ersetzen, der in Trier sich mit den Geschäften vertraut macht und, wie man vermuthet, zum Ober=Präsidenten von Preußen um so mehr bestimmt seyn dürfte, da ihn die Liebe seiner Mitbürger und Landsleute, wie seine bekannte freisinnige Ueberzeugung wohl am geeignetsten als Nachfolger des Hrn. v. Schön erscheinen laßt.7(Schw. M.)
Berlin, vom 6. Dez." Am' 16. d. M. werden es, wie schon gemeldet, 100 Jahr seyn, daß der populairste Held, den Preußen seit Friedrich dem Großen gesehen, daß Marschall Blücher das Licht der Welt erblickte. Mit Genehmigung Sr. Maj. des Königs wird dieser Tag von der ganzen Armee, so wie von den ehemaligen Waffen gefährten des heimgegangenen Helden, als ein Festtag begangen wer= den. Ganz besonders aber wird das 5. Husaren=Regiment, welches in Pommern garnisonirt, diesen Tag festlich begehen, denn in seinen Reihen hat Blücher nicht bloß seine militärische Laufbahn(als ehemaliger schwedisch=pommerscher Cornet) begonnen, soadern mit diesen Husaren ersocht er sich auch während des siebenjährigen Krieges seine ersten Lorbeern, wie er denn auch später als General stets der Chef dieses Regiment geblieben ist. Ein Urenkel des alten Feldmarschalls dient auch jetzt wieder als Lieutenant bei diesem Regimente, und zwar in derselben Eskadron, in welcher der Urgroßvater seine Heldenlauf= bahn begonnen.— Zu den belebtesten öffentlichen Festen, die kürzlich hier gefeiert wurden, gehörte dasjenige, welches die in Berlin sich aufhaltenden Schlesier auf Einladung dreier ihrer Landsleute, der Schauspieler Seydelmann und Beckmann und des Dichters Karl v. Holtei, im Saale des Hotel de Russie, feierten. Es hatten sich dort an 200 Schlesier, hohe Staatsbeamte, Gelehrte, Künstler, Kaufleute u. s. w. versammelt, die, obwohl ihr provinzielles Element vorangestellt war, doch Alle von der Idee des großen geweinsamen deutschen Vaterlandes durchdrungen waren, und nicht bloß alle nicht schlesischen Preußen, sondern auch alle nicht schlesischen Deutschen als ihre Landsleute betrachteten, gegen die sie niemals, aber für die sie zu allen Zeiten im offenen Felde dem feindlichen Auslande gegenüber zu kämpfen bereit seyen.(H. 3)
— Die Elberfelder Zeitung berichtet:„Dr. Rupp, welchen der Königsberger Magistrat an die Stelle des abgegangenen Gymnasial= direktors Lucas wählte, hat so eben eine Schrift:„Ueber den christlichen Staat" erscheinen lassen, in welcher Sätze vorkommen, wie „Es ist ein altes Vorurtheil, ein Vorurtheil, das viel tiefer in der Gelehrsamkeit als im Gefühl und im Bewußtseyn der Völker wurzelt, daß das Christenthum Religion sey." Man muß es rein unbegreiflich finden, daß die Väter dieser Stadt einem Manne dieser Gesinnung ihre Kinder anvertrauen mögen. Jn der That, am Pre= gel gefällt man sich jetzt in Extravaganzen, wie sie nur noch mit dem vor einem Jahrzehend in einigen süddeutschen Städten vorgekomme= nen Treiben des ausgelassensten Liberalismus sich vergleichen lassen.“ Daß die Elberf. Z. dergleichen Denunciationen aufnimmt, ist weder zu verwundern, noch von Bedeutung; daß aber die Allg. preußische! Staatsz. solche ihr nachschreibt, wie sie dies in ihrer gestrigen Nummer gethan hat, ist eben so unbegreiflich als bedeutungsvoll. Die Redaktion der preuß. Staatsz. wird sehr wohl wissen, daß jene Stelle aus dem Zusammenhange gerissen ist, und nur zu dem Zweck, um jene Denunciation daran zu knüpfen. Im Zusammenhange lautet dieselbe nämlich folgendermaßen:„Das Verständniß dieser Wahrheit hindert am meisten ein altes Vorurtheil, ein Vorurtheil, das in der Gelehrsamkeit noch viel tiefer als im Gefühl und Bewußtseyn der Völker wurzelt, das Vorurtheil, daß das Christenthum Religion sey. Das Christenthum steht aber zur Religion ganz in demselben Verhältniß als zu Staat, Kunst und Wissenschaft, es ist eben so wenig Religion als es Staat, Kunst oder Wissenschaft ist; aber es ist das Prinzip und die Seele unsers politischen, künstlerischen und religiösen Lebens."
Unbegreiflich ist es, wie die preuß. Staatszeitung solche hämische Denunciation nachschreiben konnte, wenn dies nicht absichtlich geschah, um etwa die zu versagende Bestätigung der Wahl des Dr. Rupp vorzubereiten. Wäre aber bloßer Leichtsinn an der Aufnahme dieses Artikels Schuld, so ware solcher ganz unverzeihlich, weil die Redaction nicht zweifeln konnte, daß solche von der Staatszeitung mitgetheilte
Notiz als ein bedeutungsvoller Wink angesehen werden würde. Die Staatszeitung müßte sich selbst verachten, wenn sie diese öffentliche Beachtung zurückweisen wollte.(L. A. Z.)
Berlin, vom 7. Dez. Aus guter Quelle kann ich Ihnen versichern, daß die Klausel bei den freigegebenen zwanzig Bogen, welche verordnet, jedes Exemplar 24 Stunden vor der Ausgabe an die Polizeidirection des Druckorts abzuliefern, durchaus keinen verfäng= lichen Sinn hat. Die Fassung des Gesetzes rührt aus dem Rochom'schem Ministerium her.Der Referent hatte dabet ganz einfach das französische Gesetz zum Muster und namentlich den ganzen Passus mit der vorgängigen Ablieferung an die Polizei wörtlich daraus ge= nommen.— Dennoch hat man hier viel geredet und geklagt, dies sey sehr schlimm für die Verleger. Was ist Schlimmes dabei? Die Verleger und die Schriftsteller der großen Bücher sind nun so frei, als die Franzosen und wenn sie es nicht sind, woran wird es liegen? daß sie nicht wagen es zu seyn. Eben so, wie die überraschten Buchhändler, war aber auch die höchste Polizeistelle, die das Gesetz ohne Jnstruction publicirt sah, in Verlegenheit. Was ist mit den Büchern anzufangen? heißt es, wer soll sie lesen? und wo sollen sie hinge= stellt werden? Und wenn sie aufgestellt und gelesen sind, was soll alsdann geschehen im Fall sich etwas Gefährliches findet? Wie wird es aber möglich seyn zur Zeit der Messe, wo täglich 20 bis 30 Bücher einlaufen können, auch nur eine oberflächliche Einsicht zu nehmen? Die Polizei ist in demselben Falle, wie die Buchhändler und die Schriftsteller.RhZ.)
Der Großherzog von Mecklenburg=Schwerin, hat Cornelius ersucht, die Zeichnungen für die Fenster einer alten Kirche in Schwe= rin, welche durch schöne Glasmalereien geschmückt werden sollen, zu entwerfen, damit auch ein Strahl seines schöpferischen Genius nach dem hohen Norden Deutschlands falle. Der Meister ist dem Wunsche des Großherzogs bereitwillig nachgekommen und hat bereits mehrere Zeichnungen entworfen.804 zn2 hun(W. M.)
Berlin, vom 8. Dez. Se. Maj. der König haben Allergnadigst geruht, den bisherigen Regierungsrath Karl Otto Dannenberg zu Liegnitz zum Ober=Regierungsrath und Dirigenten der Abtheilung für direkte Steuern, Domainen und Forsten bei dem Regierungs= Kollegium in Posen zu befördern.
— Am heutigen Tage wird das 26. Stück der Gesetz=Sammlung ausgegeben, welches enthält u. A. unter Nr. 2312: Die Allerhöchste Kabinets=Ordre vom 14. v. M., betreffend die Uebertragung der Lei= tung der Verwaltung der Domainen und Forsten an den Grafen zu Stolberg=Wernigerode; und unter 2313: Desgleichen vom 23. v. M. die Ernennung des Ober=Regierungsraths Köhler und des Stadt= Aeltesten Knoblauch zu Mitgliedern der Haupt=Verwaltung der Staats= schulden.
— Düsseld.=Elberf. Eisenbahnactien 59 Br. 58 G., Prioritäts=
Aktien 95 Br.
Rheinische„ 83 Br. 82 G. Prioritäts=
Aktien 96¼4 G.
*Berlin, vom 8. Dez. Vielen Männern, denen das Wohl des Staates wahrhaft am Herzen liegt, und die nicht von einseitigen Partei=Ansichten getrieben werden, scheinen jetzt ihr Mißfallen durch Schweigen zu erklären, und sich von jeder Mitwirkung zu einer un= zeitigen Maßregel entfernt zu halten. So ist nun auch der Chefpräsident des hiesigen Kammergerichts, Herr v. Grolman, nachdem er mit Gründen gegen das neue Ehescheidungsgesetz lange vergebens gekämpft hat, aus der Gesetzkommission geschieden, indem er die Unmöglichkeit einsah, gegen bestimmt ausgesprochene Grundsätze länger anzukämpfen.
Die Herausgabe der Werke Friedrichs des Großen hat gegenwär= tig durch die Abwesenheit Alexander v. Humboldt's Unterbrechungen erlitten, welche man aber bei dessen Rückkehr aus Paris mit ange= strengter Mühe nachzuholen hofft.
Heute Nachmittag sind sämmtliche Stadtverordnete(an der Zahl 101) hier versammelt, um zu berathen, wie weit die Oeffentlichkeit bei ihren Verhandlungen künftig gehen soll,
An dem Streite, der unsere Kritiker gegen den Maler Magnus in den hiesigen Zeitungen jetzt führen, nimmt unser gebildetes Publikum den größten Antheil. Magnus hat nämlich als Künstler zu scharf und unkollegialisch Lessings Bild„Huß zu Kostnitz" kritisirt, wofür er nun wieder von den Verehrern Lessings, deren Anzahl hier sehr groß ist, hart angegriffen wird.
Der Rückkunft des politischen Dichters Herwegh aus Königsberg wird hier täglich entgegen gesehen.
Im Handelsstande ist es bei uns fortwährend sehr still, da nichts politisch Wichtiges sich ereignet.