Nr 125.

Dienstag den 10. Mai.

1842.

Preußen.

Berlin, vom 1. Mai. Der Staatsrath wird sich demnächst mit einem wichtigen Gesetz über die Stellung und Anerkennung der Alt­lutheraner zu beschäftigen haben. Es fragt sich, ob ihre Gemein­schaft als eine dritte, besondere, vom Staate mit gleichen Rechten anerkannte Kirche zu betrachten sey, die neben der evangelischen und katholischen Geltung habe, oder ob sie nur alsSekte" Duldung ge­nießen solle. Der Gesetzentwurf soll sich nicht gerade für sie als Religionspartei der christlichen Kirche im Staate erklären, aber ihnen doch fast sämmtliche Rechte einer solchen einräumen und ein Zwischen­ding von anerkannter Kirche und Sekte daraus herstellen. Die Mei­nung der geistlichen Mitglieder des Staatsrathes dürfte jedoch da­von abweichen.

Als Nachfolger Flottwells in Sachsen nennt man den Hofmar­schall v. Rochow.(Ob. Z.)

Vom 2. Mai. Der Staat hat die Kunstsammlung des hiesigen Direktors Schorn, die derselbe in Deutschland sowohl als im Aus­land gesammelt hat, für die hiesigen Museen angekauft.(id.)

Vom 3. Mai. Wie verlautet, soll jetzt im Königreich Polen, wo bisher Alles nach dem gregorianischen Kalender berechnet wurde, der russische Kalender eingeführt werden.(N. W. Z.)

*+* Berlin, vom 6. Mai. Der König ist heute von Pots­dam herübergekommen, um den Exerzitien des Militärs am Kreuz­berge beizuwohnen. Nach denselben geruhten Se. Majestät, noch mehrere Audienzen auf dem königl. Schlosse zu ertheilen und den Vortrag der Minister entgegenzunehmen, worauf Höchstdieselbe sich wieder nach Potsdam zurückbegab.

Hr. v. Rochow leitet für jetzt noch immer das Ministerium des Innern. Zu seinem Nachfolger designirt man zwar allgemein den Oberpräsidenten Grafen v. Arnim, indessen ist es auch glaublich, daß derselbe Chef des Finanzministeriums werden könne, und Herr v. Bodelschwingh das Ministerium des Innern übernehme. Hr. v. Rochow scheidet aber, seiner geschwächten Gesundheit wegen, in jedem Fall aus dem Staatsdienst.

Gestern, am Himmelfahrtstage, wurde der Gottesdienst der Bap­tistengemeinde in der Scharrnstraße des Abends auf eine sträfliche Weise gestört, indem mehrere kräftige Zuckersieder, deren Kollegen sich in diese Sekte haben aufnehmen lassen, aus Aerger darüber in die versammelte andächtige Gemeinde stürzten, und nicht nur Alles in dem Betsaale demolirten, sondern auch dem ordinirten Prediger Lehmann so zu Leib gingen, daß Militär und Polizei zum Schutz herbeigeholt werden mußte. Es entstand dadurch ein großer Auf­lauf, der nur durch strenges Einschreiten wieder zerstreut wurde. Dies dürfte einige Einschränkungen der hier lebenden Baptisten zur Folge haben.

Die vom Professor Rauch gearbeitete Friedensgöttin, wozu eine mit Emblemen versehene architektonische Säule auf dem sogenannten Belle=Alliance=Platz errichtet werden sollte, wird nun wahrscheinlich auf das neu zu bauende Hallesche Thor, wie unsere Victoria auf dem Brandenburger Thore, zu stehen kommen. Durch die erstere Ausfüh­rung würde die schöne Aussicht nach dem Halleschen Thore den Be­wohnern genommen werden, was man daher jetzt verhüten will.

Gestern hat schon wieder unsere Stadt einen ihrer ersten Bankiers, nämlich den Bankier Schultz, durch den Tod verloren. Das be­deutende Geschäft desselben wird von den Erben nicht fortgesetzt wer= den, und somit ganz aufhören.

Petersburger Nachrichten zufolge schenkte Liszt aus dem Ertrag seines ersten Concerts 10,000 Rubel einem Petersburger Instrumen­tenmacher. Den zweiten Tag nach seiner Ankunft hatte er die Ehre, von dem russischen Kaiserpaare zu einer musikalischen Soiree geladen zu werden.

Die heute erschienenen Berliner Zeitungen, worunter sich sogar die gehaltvolle Spenersche zensurfreie Bitterkeiten erlaubt, wider­sprechen die über die Geschenke, welche die Königin Victoria unserm Hof gemacht haben soll, mitgetheilte Nachricht als ungegründet, dem auch so seyn muß. Wir bedauern, daß wir einem hier so allgemein verbreiteten Gerücht Glauben schenkten. Uebrigens vermag ein Kor­respondent, aus solchen Quellen nur mitunter schöpfend, zu referiren, da er nicht im Stande ist, überall persönlich zugegen zu seyn. Dies zur Rechtfertigung.

Breslau, vom 3. Mai. Zum zehnten Male versammelte sich gestern das schlesische Korps der preußischen Freiwilligen von 1813/15, zur Feier der Erinnerung an die Schlacht bei Lützen, über 200 Mann stark in Kroll's Wintergarten. Das Fest begann mit der Vorlesuug des Aufrufesan mein Volk" durch K. Wäcker, und sollte eben seinen

weitern Verlauf nehmen, als unerwartet des Herrn Generallieutenant v. Rohr Exc., von drei Adjutanten begleitet, erschien, und ein königl. Handschreiben kund machte, laut welchem der gütige Monarch, ein­gedenk der schönen Stunde am 14. Septbr. v. J., dem Vereine ein dauerndes Zeichen seiner Huld bestimmt. Es ward herbeigebracht ­das Bild des ritterlichen Königs, und von der überraschten Versamm­ung mit unwillkürlichem Hurrah begrüßt, und die Ansprache des Hrn. G.=L. v. Rohr, sowie die Dankeserwiederung des K. Grafen Pückler I. klang in Aller Herzen wieder. Ein solcher Augenblick kann ja nicht vergessen werden. Um so lebendiger erscholl nun das Hoch für den König und sein erhabenes Haus, angestimmt von K. Grafen Pückler I. als Zoll reinster dankbarster Verehrung. Hierauf ergriff r. G.=L. v. Rohr Exc. Wort und Pokal, um des Geistes, der in Preußen damals erwacht und seitdem einheimisch geblieben, zu geden­ken, wie er allmälig in die Gesinnung des ganzen Volkes übergegan­gen, und wie solche Gesinnung die sicherste Gewähr gebe für eine glückliche große Zukunft Preußens und mit ihm Deutschlands. Der verehrte Redner nannte den Verein einen der Träger und Fortpflanzer dieses Geistes, und brachte ihm ein lebhaft wiederholtes Hoch. Nach ihm nahm K. Frhr. v. Strachwitz das Wort, um dem geliebten Va­terlande Heil zu wünschen. Ihm folgte K. Schultz, das Andenken der gebliebenen und verstorbenen Waffenbrüder zu feiern. Während er sprach, wurden die Feldzeichen des 1. und 2. Garde-, des Leib­Infanterie=, des 1. westpreußischen Infanterie= und des brandenbur­gischen Ulanenregiments, denen die im Laufe des Vereinsjahrs ver­storbenen Kameraden Schlegel, Wagner, Laurent, Hennig und Heu­mann angehört hatten, mit dem Trauerflor geschmückt. Demnächst brachte K. Frhr. v. Rothkirch=Trach dem Heere und dessen Führern ein freudiges Hurrah, und dem anwesenden hochgeehrten Führer Hrn. G.=L. v. Rohr einen herzlichen Gruß, der von dem Begrüßten ebenso herzlich erwiedert wurde. Das letzte Hoch, von dem K. Berndt I. ausgebracht, galt den für des Vaterlandes Heil besorgten Männern und Frauen der damaligen ernsten Zeit, der Gegenwart und der Jugend, welche eine neue Zukunft zu schaffen bestimmt ist. Noch er­freuten die K. Hermes und Warnke die Versammelten durch erhebende wie humoristische Vorträge. Hiemit schloß der erste Theil des Festes. Der folgende, der fröhliche herzliche Verkehr der Feiernden mit ihren Familien, die mittlerweile herbeigekommen waren, schloß mit dem festlichen Zapfenstreiche, während die erleuchtete Front des Wintergartens überstrahlt wurde von den hellglänzenden bengalischen Flammen der K. Wiedner und Schwerner. Heute wurde Appell gehalten, und in demselben unter Anderm beschlossen, schon künftigen 2. Mai die vor 4 Jahren begonnene Freiwilligen=Stiftung ins Leben treten zu lassen. Ein heiteres Mahl schloß diesen Appell.

Vom 4. Mai. Gestern Mittags nach 11 Uhr und Nachmittags 2 Uhr geschahen abermals Probefahrten auf der Oberschlesischen Eisenbahn bis hinter Cattern. Diesmal wurden dieselben bereits von mehreren Personen, worunter auch sogar einige Damen bemerkbar, mitgemacht. Eine nicht übermäßige, zufällig herbeigekommene Zu­schauerzahl war Zeuge des interessanten Schauspiels. Auch diese Fahrten erfolgten mit derSilesia". Die Angelegenheiten der Niederschlesischen Eisenbahn dürften endlich auch eine günstigere Wen­dung nehmen.(Bresl. Z.)

Halle, vom 4. Mai. Wie schon gestern gemeldet, wurde durch ein Schreiben des Finanzministers v. Alvensleben vom 30. April dem Oberbürgermeister unserer Stadt angezeigt, daß der König die erbe­tene Vermessung und Veranschlagung des diesseitigen Territoriums von Halle bis zur kurhessischen Gränze auf Staatskosten vornehmen zu lassen bewilligt hat, im Fall auch die übrigen betheiligten Regie­rungen zu gleicher Gewährung auf ihren Gebietstheilen sich verste­hen würden. Da nun von Seiten Weimars die Bereitwilligkeit zur Uebernahme der Vermessungskosten auf Staatsrechnung bereits aus­gesprochen und von Seiten Gothas dasselbe mit Bestimmtheit erwar­tet wird, so dürfte man in jenem neuen Beweise der königl. Huld eine weitere Garantie für die Ausführung der Bahn zu finden be­rechtigt seyn. Wie sehr dieselbe in unserer Stadt die allgemeinste Theilnahme in Anspruch nimmt, geht schon daraus hervor, daß die gesammte Bürgerschaft dem darum hochverdienten Stadtrath Wuche­rer, als ihm der König den rothen Adlerorden 3. Klasse mit der Schleife verliehen, vor einigen Tagen einen prachtvollen silbernen Pokal überreicht und einen Fackelzug veranstaltet hat, der an Glanz und Größe alles übertraf, was an derartigen Festzügen wir bisher gesehen haben.(L. A. Z.)

eutschlan

Hamburg, vom 5. Mai. 2 Uhr Nachmittags.

Da des Him­