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Chef=Redakteur: Dr. Ed. Hüsgen. Für die Redaktion verantwortlich: F. Breuer in Düsseldorf. Druck und Verlag der Akt.=Ges. Düsseldorfer Volksblatt in Düsseldorf.

Sonntag, 9. November 1890

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24. Jahrg.

zn die Wähler der Centrumspartei.

Von Seiten der Vereinigung der Mittelpar­zeien ist der Centrumspartei bezüglich der be­vorstehenden Wahlen zur Stadtverordneten=Ver­ammlung ein Vergleich angeboten und durch lebereinkunft zwischen beiden Parteien zum Abschlusse gebracht worden.

Darnach werden die in der III. Abteilung rforderlichen Kandidaten von der Centrums­partei allein, die Kandidaten für die I. Ab­teilung von der Vereinigung der Mittelpar­teien allein bestimmt. Ferner ist hinsichtlich der II. Abteilung festgestellt worden, daß bei der Ergänzungswahl drei Kandidaten der Mittel­varteien und ein Kandidat der Centrumspartel aufgestellt werden sollen, und daß der Kandidat für die Ersatzwahl von den Mittelparteien be­stimmt wird.

Nachdem dieser Vergleich in der öffentlichen Wählerversammlung der Centrumspartei vom 7. d. M. einstimmig genehmigt worden ist, bitten wir nunmehr die Wähler der Centrums­partei vollzählig und ausnahmslos im Rathaus­saale erscheinen und ihre Stimme abgeben zu wollen.

Die Wählerversammlung der Centrumspartei hat einstimmig folgende Kandidaten für die dritte Abteilung aufgestellt:

1) Johann Borgs, Landwirt,

2) Euler, Justizrat

3) Dr. Hermkes,

4) Diepgen, Ingenieur.

Die Wahl findet statt am Montag 10.,

Dienstag 11., Mittwoch 12., Donnerstag 13., morgens 9 bis 12½, nachmittags 3 bis 6 Uhr im Rathaussaale am Markt.

Es ist dringend wünschenswert, daß die Wäh­ler der Centrumspartei schon gleich in den ersten Tagen ihre Stimme abgeben, um die Kontrolle und die Agitation zu erleichtern.

Das Wahlbureau der Centrums­partei befindet sich Zollstraße 7. Wir bitten unsere Wähler dringend, nach der Abgabe der Stimme auf das Wahlbureau sich begeben und dort ihren Namen angeben zu wollen.

Der Hauptvorstand Vereines der Centrumspartei.

A Stöcker's Abschied.

ist außerordentlich rasch mit der Hof= und Dom­predigerschaft Stöckers zu Ende gegangen. Am Dinstag meldete derReichsanz." die Berufung des Consistorial­tats Dryander zum Stellvertreter des erkrankten Ober­gofpredigers Dr. Kögel als Schloßpfarrer. Am Mitt­och wußten liberale Blätter von einem Entlassungsge­uch des Hofpredigers Stöcker zu melden, der als nächster Stellvertreter, dem Dienstalter nach, hätte in Betracht kommen müssen. Am Donnerstag wurde von anderer Sene hinzugefügt, auch Hofprediger Schrader habe seine fnung angeboten. Während heute noch verschiedent­szweifelt wird, daß dasAngebot" ernst gemeint

a und angenommen werde, berichtet dieKreuzzeitung", Entlassungsgesuch sei genehmigt, er werde

Stöcker

al­ Entlassungsgesuch sei geneymigt, er werbe

ale demnächst in den Ruhestand treten; auch Schrader's bewilligt, dieser aber dürfe wohl ein anderes liches Amt erhalten.

Entscheidung ist so rasch erfolgt, daß das Interesse den deiven Stöcker's im Amte an der maßgeben­

motelle nur ein sehr geringes gewesen sein kann und gar Rückgängigmachung desAngebots" sicherlich den aicht erst zu erreichen versucht hat. Die Frage nach der nen für Stöcker's Sturz von Herrn Schra­

mites" man wohl einfach sagen müssen: mitgegangen, wortesgen wird klipp und klar nicht leicht zu beant­n sein. Bekanntlich hat er schon wiederholtge­Abgesehen davon, daß Fürst Bismarck ihn

berühmtenWaldersee=Versammlung" vom 28. November 1887 in Sachen der Stöckerschen Stadtmission erschienen, welche so sehr den Zorn des Fürsten Bismarck erregte, daß seine Presse gegen dieStöckerei und Muckerei" sowie gegen das Hineinziehen des Königshauses in das politische Parteigetriebe zu Felde ziehen und diePost" auf die von dem Prinzen ausgesprochenen Gedanken mit beleidigenden Schimpfworten entgegnen mußte. Um sich für kommende Zeiten zu empfehlen, unterzeichneten auch die nationallibe ralen Parteiführer v. Bennigsen, v. Benda, Dr. Gneist, Miquel u. A. den Aufruf für die Stadtmission. Und jetzt erhält der damalige Held des Tages prompt und nett sein Entlassungsgesuch bewilligt! Daß man an höchster Stelle allmählich eine andere Meinung von Stöcker gefaßt, ließen schon 1888 Graf Douglas und Dr. Hintzpeter in Reden und Broschüren erkennen, worin sie jede Hinneigung zur Stöckerei" bestritten.

Was mag diesen Umschwung der Meinung veranlaßt ha­ben? Zunächst darf man wohl annehmen, daß die ver­antwortungsvolle Stellung als Staatsoberhaupt eine an­dere Stellung zu einem so ausgesprochenen Parteimann angezeigt erscheinen ließ, als sie ein einfacher Prinz ein­nehmen konnte. Damit gewann man zu gleicher Zeit wohl ein schärferes Auge für die zahlreichen Blößen, die Stöcker sich gegeben, für seine Taktlosigkeit und seinen konfessio­nellen Fanatismus. Der widerwärtige Zank mit sei­nen Amtsbrüdern noch am Donnerstag fand ein solcher vor einem Berliner Gerichte zwischen ihm und dem Pastor Witte statt seinen Ungenauigkeiten, welche von seinen Feinden als Lügen und Falscheid hingestellt wurden, konn­ten sein Ansehen nicht erhöhen und seine Stellung nicht befestigen. Diehierarchischen Gelüste", welche er noch jüngst auf der Berliner Synode mit großer Hitze vertreten, sind zwar nichts neues mehr, søndern seit langen Jahren in den Anträgen Kleist=Hammerstein zum Ausdruck gekon­men. Die Gegner denunzierten aber derartige Bestrebun­gen mit Vorliebe als Bestrebungen zur Schmälerung der Rechte der Krone, und bei einem seiner Würde und Rechte sich so bewußten Monarchen, wie Kaiser Wil helm II. es ist, konnten die Vertreter solcher Bestrebungen nicht wohl auf Zuneigung rechnen. Nicht eine einzelne dieser Ursachen, sondern sie alle in ihrer Gesamtheit haben vermutlich das Interesse des Monarchen für Stöcker nach und nach so erkalten lassen, daß sein Abschiedsgesuch ohne weiteres angenommen wurde.

Nach der Kreuzztg. scheint Stöcker auf ein anderes geistliches Amt keine Absichten zu haben. Er kann sich also im Ruhestande mit ganzer Kraft der Agitation widmen. Ob er aber als Hofprediger a. D. noch die alte Zugkraft bewähren und ein großer Teil seiner Freunde nicht von ihm wegrücken wird? Man kennt ja die Feigheit gewisser Leute. Bei seinen vielen Gegnern herrschte schon heller Jubel auf die Nachricht von Stöckers Entlassungsgesuch; jetzt wird der Freudenausbruch keine Grenzen mehr kennen. Uns ist Herrn Stöckers Schicksal gleichgültig. Durch seinen fanatischen Romhaß hat er sich keinen Anspruch auf unsere Teilnahme erworben. Seine Bedeutung haben wir nie besonders hoch geschätzt. Er hat zwar als Redner und Agitator viel Lärm und Aufsehen erregt und eine geräuschvolleBewegung" hervorgerufen, aber das positive praktische Ergebnis all seiner Thätigkeit ist gleich Null.

Deutsches Reich.

= Berlin, 7. Nov. Der Kaiser, der sich gestern nachmittag, einer Einladung des Grafen Eulenburg ent sprechend, nach Liebenburg zur Jagd begeben hat, wird morgen nachmittag in Potsdam wieder eintreffen.

Das Gerücht von einer Krisis im preußischen Land wirtschaftsministerium taucht von Neuem auf, und wie dieNordd. Allg. Z." betont, diesmal mit größerer Bestimmtheit und in gemeiniglich unterrichteten Kreisen Nach einem von derStaaten=Korr." registrierten Gerücht will es scheinen, als ob Minister Frhr. v. Lucius an zuständiger Stelle auf seiner Demission bestehe"

Die Gewerbeordnungskommission des Reichs tages begann heute die Beratung der wichtigen Bestim mungen, welche den Schutz von Leben, Gesundheit und Sittlichkeit der Arbeiter betreffen. Die nationalliberalen Abgg. Möller und Böttcher bemühten sich, diese Bestim mungen zu Gunsten der Unternehmer abzuschwächen Sie beantragten u. a., daß die geforderten Schutzeinrich­tungen nur dort in Anwendung gebracht werden, wo die Natur des Betriebesohne unverhältnismäßigen Aufwand" dies gestattet. Die Unternehmer sollten dadurch darüber beruhigt werden, daß die Polizei von ihnen nichts verlan gen dürfe, was bei den technisch=wirtschaftlichen Verhält nissen der Betriebe undurchführbar wäre. Von allen Seiten und auch vom Regierungstisch wurden dieseVerbesserungs vorschläge" lebhaft bekämpft, so daß der Abg. Böttcher schließlich seinen Antrag fallen ließ und als Singer, um die Ansicht der Kommission festzustellen, ihn wieder auf­nahm, selbst nicht dafür zu stimmen wagte. Ein Antrag des Abg. Möller, der darauf hinauslief, die Trennung der Geschlechter bei der Arbeit nicht zur Pflicht zu machen, sondern nur zur thunlichsten Berücksichtigung zu empfehlen, fand den schärfsten Widerspruch seitens der Abgg. Hitze und Letocha und des Ministers v. Berlepsch. Bezeichnenderweise sprang Bebel dem nationalliberalen Abgeordneten bei, weil die Trennung der Geschlechter im Interesse der Sittlichkeit erfahrungsmäßig nicht erforderlich sei. Ueber den Ausgang der Beratung liegen noch keine Berichte vor.

Die Arbeiterschutzkommission nahm§ 120a (Arbeitsschutz gegen jede Betriebsgefahr), 120c(Schutz für

wackelt".

anfangs der Sce.m Arbeiter unter 18 Jahren hinsichtlich Gesundheit und Sitt­

gesetzes hat aus Berlin ausweiten Terre imiten lichkeit) unverändert an, dagegen 120b mit einer die Tren­

aerhat aus Berlin ausweisen lassen wollen, hat Noch als." wie konservative Blätter jüngst erzählten,

die t.pinveiseinem Vater dazwa.ung Stöckers betrieben; es trat aber der Tod bleihen:. den99 Tagen" soll Stöcker sein Ver­gehabt bat nur dem Fürsten Bismarck zu verdanken setzigen fr.. Im vorigen Jahre wurde er durch den oder dier die Wahl gestellt, entweder sein Amt

Luther sche Agitation aufzugeben, worauf derneue

As Senntlich das Amt vorzog.

Stoger er. II. zur Regierung kam, ließen e Dineine eine Freunde es sich schwerlich träumen, daß ee konserne bald wenden würden. Wenigstens war och die othodoxe Presse voll Hochgefühl. Sollte sen undserin dem Hofprediger ganz besonders gewogen war doch der Kaiser als Prinz Wilhelmauf jener

nung der Geschlechter genauer bestimmenden Aenderung, und 120d(polizeiliche Maßregeln zur Einrichtung der er­forderlichen Schutzanlagen bezw. Beschwerde dagegen) mit einem Antrag Stumm, wonach bei Beschwerden gegebenen­falls der Vorstand der Berufsgenossenschaft gutachtlich zu hören ist.

Die Einfuhr von lebenden Schweinen aus

den Mastanstalten Bielitz=Biala und Steinbruch ist, dem Reichsanz." zufolge, nunmehr auch in die Schlachthäuser zu Stendal, Staßfurt, Witten a. R., Bochum, Hagen i. W., Dortmund, Gelsenkirchen und Lippstadt unwiderruflich ge­tattet.

Wien, 7. Nov. Ueber die Ursachen, welche den jetzt verschollenen Joyann Orth(ehemals Erzherzog

Johann) veranlaßten, auf seine frühere Würde zu ver­zichten, war bisher nichts in die Oeffentlichkeit gedrungen. Wie jetzt von hier berichtet wird, hat Johann Orth nach seinem Uebertritt in die bürgerliche Sphäre ein bürgerliches Wiener Mädchen, mit dem ihn eine jahrelange Herzens­neigung verband, im vergangenen Frühjahre in London in aller Stille geheiratet.

* Amsterdam, 7. Nov. Der Zustand des Königs ist durch einen Schlaganfall sehr verschlimmert; die Kräfte nehmen merkbar ab. Der König war schon seit Donnerstag Morgen sehr aufgeregt.

*Mailand, 7. Nov. Der deutsche Reichskanzler

v. Caprivi traf um Uhr heute Morgen hier am Bahnhofe ein, wo eine zahlreiche Menschenmenge sich ein­gefunden hatte, und wurde von Crispi, dem Präfekten, dem Polizei=Chef und dem Botschaftsrat Doernberg ein­pfangen. Morgen begiebt sich der Reichskanzler nach Monza und überreicht dort dem König ein eigenhändiges Schreiben des Kaisers.

Crispi wird dem Reichskanzler ein Promemoria, be­treffend den italienischen Exporthandel, übergeben mit der Bitte, demselben soweit als möglich Rechnung zu tragen. Soweit bekannt, wünscht die italienische Regie­rung Tariferleichterungen für Wein, Südfrüchte und Roh­Seide.

*Aus New-York wird derDaily News" telegra­phiert, daß man die demokratische Mehrheit im nachsten Repräsentantenhause auf 115 schätze. Der Korrespondent glaubt, die öffentliche Meinung werde den republikanischen Senat binnen Jahresfrist zwingen, dem demokratischen Unterhaus die Hand zur Abschaffung der Tarifbill zu bieten. Die Londoner Morgenblätter beider Parteien drücken ihre größte Befriedigung aus über die Niederlage der Schutzzollpartei in denjenigen Staaten, welche bislang als Bollwerk der Schutzzöllnerei galten.

* Zanzibar, 7. Nov. Heute ist die englische

Schutzherrschaft über Zanzibar ausgerufen

worden. Der englische Konsul Sir Evan Smith und der Admiral Fremantle statteten dem Sultan einen Be­such ab. Gleichzeitig wurde die englische Flagge gehißt und Salutschüsse abgegeben.

Frivatdepeschen d.

A Berlin, Samstag, 8. Nov. Es verlautet, daß ganz besonders das Auftreten Stöckers in Baden dessen Verab schiedung veranlaßt habe. Der Großherzog von Baden soll über die Agitationsreise Stöckers direkt beim Kaiser Be schwerde geführt haben.

1 Hamburg, Samstag, 8. Nov. Infolge eines hef tigen Sturmes wurden viele Schiffe im Kanal an die Küste geworfen.

( Graz, Samstag, 8. Nov. Laut Regimentsbefehl tritt Graf Hartenau heute das Kommando des zweiten Bataillons an.

+ Paris, Samstag, 8. Nov. Der Journalist Monrey, welcher Sarah Bernhardt durch einen Artikel imCourier français" beleidigt hatte, wurde vom Sohne der Schau­spielerin gefordert und durch einen tiefen Stich am Arme verwundet.(Nach anderer Meldung hatte die Schauspielerin selbst den Redakteur gefordert.)

Tokales und Provinzielles.

Düsseldorf, 8. November.

* Die nächste Sitzung der Stadtverordneten=Versammlung ist auf Dienstag, 11. November, nachmittags Uhr, im Rathaussaale angesetzt. Gegenstände der Beratung sind:

1. Annahme eines Geschenks.

2. Feststellung der Bedingungen für die Lieferung von elektrischem Strom an Private, insbesondere Fest­setzung der zu bewilligenden Rabattsätze.

3. Aenderung einzelner Bestimmungen des Tarifs der Werftgebühren.

4. Anstellung zweier Assistenten bei der Armenverwaltung an Stelle des pensionierten Armenkommissars.

5. Herstellung zweier provisorischer Senkbrunnen in der Schinkelstraße.

6. Vorlage betr. Errichtung einor neuen Klasse an der Volksschule in der Blücherstraße und Neuanstellung einer Lehrerin.

7. Genehmigung der Bauskizzen für den Neubau einer Volksschule in der Bilker Allee und die Herstellung eines Anbaues bei der Schule in der Höhenstraße.

8. Festsetzung der Wertsumme für zwei zu dem Hafen zu verwendende Grundstücke.

9. Bewilligung eines Beitrags zu dem bei Wörth zu er­richtenden Kaiser Friedrich=Denkmal.

10. Verlängerung des Mietvertrages über einen Lagerplatz am Bergerthor.

11. Verpachtung der Restauration auf dem Eiskellerberg Uebernahme der daselbst errichteten Gebäude in das Eigentum der Stadt.

12. Verlängerung des Vertrages über die Benutzung des Schwanenspiegels zu Gondelfahrten.

13. Pensionierung eines Lehrers.

14. Wahl von drei Mitgliedern der städt. Schuldeputation.

15. Wahl der Kommission zur Vorbereitung der Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers.

16. Anstellung des Chemikers für die städtische Lebens­mittel=Untersuchungsanstalt.

* In den am 4. und 5. November hierselbst unter dem Vorsitze Sr. Excellenz Frhrn. v. Solemacher=Antweiler abgehaltenen Sitzungen des Provinzial=Ausschusses, welchen als Vertreter der kgl. Staatsregierung der Oberpräsi­dent der Rheinprovinz Se. Excellenz Nasse beiwohnte, wurde eine Tagesordnung von 87 Petitionen durchberaten und er ledigt. Wir heben daraus zunächst hervor die Feststellung der Berichte des Provinzial=Ausschusses an den Provinzial­Landtag über verschiedene Vorlagen der kgl. Staatscegierung. Dieselben betreffen: 1. Die Begutachtung über die Frage des Bedürfnisses nach gesetzlicher Regelung des Ansiedelungswesens in der Rheinprovinz und bejahenden Falles über die Einführung der entsprechenden Vorschriften des Ansiedlungsgesetzes vom 25. August 1876 in unsere Provinz. 2. Die Begutachtung des Provinzial=Landtages über die Vereinigung der Gemeinde Neuendorf im Landkreise Coblenz mit der Stadtgemeinde Coblenz.

Ferner wurden die Berichte des Prov.=Ausschusses über die folgenden Vorlagen des letztern an den Prov.=Landtag estgesetzt: 1) Ueber die Errichtung neuer landwirtschaftlicher Winterschulen: in Altenkirchen, Kreis Altenkirchen, in Neuer­burg, Kr. Bitburg, in Hermeskeil, Landkreis Trier, und end­lich in Geldern.(In dem Berichte an den Landtag wird vorgeschlagen: dem landwirtschaftlichen Vereine für die Schu­len eine jährliche Beihülfe von je 2200 M. zu bewilligen.)

2) Ueber die Anträge auf Uebernahme der Aktienstraßen in den Kreisen Aachen=Land, Eupen, Jülich, Lennep und Mayen und die Regelung der desfallsigen Verhältnisse. 3) Ueber die

Errichtung eines Kaiser=Wilhelm=Denkmals in der Rhein­provinz. 4) Ueber die Errichtung einer landwirtschaftlichen Winterschule zu Elsdorf. 5) Ueber den Antrag des Fisch­schutzvereins für den Reg.=Bezirk Köln auf Gewährung einer provinziellen Beihülfe an den Verein. 6) Ueber die Eingabe von Landbürgermeistern der Rheinprovinz, betreffend Zay­lung der Pensionen der Volksschullehrer aus der Pensions­kasse der Landbürgermeistereien und Landgemeinden der Rheinprovinz. 7) Ueber den Antrag der Stadt Mayen auf Erbreiterung der Provinzialstraße innerhalb des Gebietes der genannten Stadt. 8) Ueber den Antrag auf Erwirkung des Allerhöchsten Privilegiums zur ferneren Herausgabe von 20 Millionen Rheinprovinz=Obligationen für die Verstärkung des Betriebsfonds der Landesbank. 9) Ueber die ander­weitige Regelung der Unterstützung des Gemeindewegebaus und 10) Ueber den Antrag der Gemeinde Warbeyen auf Beseitigung der Ulmen an der Cleve=Emmericher Provinzial­straße. Endlich wurde die Liste über die dem Provinzial­Landtage vorzulegenden Anträge auf Bewilligungen aus dem Verfügungsfonds des Provinzial=Landtags Ständefonds festgestellt.

Eine Petition des Bürgermeisters Daniels und verschie dener Vereine, betreffend die Kanalisierung der Mosel wurde an den Provinzial Landtag verwiesen, ohne Stellungnahme des Provinzialausschusses zu dieser Frage. Der Ortschaft Hoisten im Kreise Grevenbroich wurde eine Beihülfe von 4000 M. zur Melioration des Hoistener Gemeindebruches be­willigt; der Gemüseschule zu Anrath im Landkreise Crefeld eine solche von 1000 M., und zwar 500 M. für das lau­fende und 500 M. für das folgende Jahr, und für die Re­gulierung der Yssel ein Beitrag von 6000 M., unter der Voraussetzung, daß von der Provinz Westfalen die Summe von 3000 M. zu dem gleichen Zwecke hergegeben wird. Nach den Anträgen der Kommission des Provinzial=Ausschusses: Gutsbesitzer Lieven und Destrée, welche die örtliche Unter­suchung vorgenommen, wurde die Bewilligung von Prämien für bäuerliche Musterwirtschaften aus dem vierten Prämi­ierungsbezirke im Gesamtbetrage von 2450 M. beschlossen.

Ferner erklärte der Provinzial=Ausschuß sich mit der An­stellung eines Wanderlehrers für den Weinbau, und zwar für die Bezirke von Rhein, Nahe und Aar, einverstanden und bewilligte für das Jahr 189192 einen Zuschuß zu dem Ge­halte im Betrage von 2000 Mark. Auf den Antrag des Vorstandes des Vereins von Altertumsfreunden in Rhein­land genehmigte der Provinzial=Ausschuß eine Beihülfe von 400 Mark zur Abfassung und Veröffentlichung eines Registers über die letzten 30 Hefte der Vereinsjahrbücher. Schließlich erwähnen wir, daß das Verzeichnis der dem 36. Landtage zu machenden Vorlagen festgestellt wurde und die Berichterstatter des Ausschnsses zu den einzelnen Positionen ernannt wor­den sind.

* Gestern abend fand im Vereinshaussaale eine Wähler­versammlung der Centrumspartei statt zu dem Zwecke, die Kandidaten für die Stadtverordnetenwahlen der dritten Ab­teilung zu bestimmen. Die Versammlung war gut besucht. Herr Direktor Dr. Kiesel leitete die Verhandlung ein mit der Mitteilung, daß auf Anregung der Vereinigung der Mittelparteien ein Vergleich zustande gekommen sei auf der Grundlage, daß in diesem Jahre die Centrumspartei sämt­liche Kandidaten der dritten Abteilung, die Mittelparteien sämtliche Kandidaten der ersten Abteilung stellen sollen, daß in der zweiten Abteilung bei der Ergänzungswahl drei Kan­didaten von den Mittelparteien und ein Kandidat von der Centrumspartei bestimmt werden, und der Kandidat für die Ersatzwahl den Mittelparteien zugestanden werden soll. Nach­dem Herr Dr. Becker noch weiter über die Geschichte des Vergleiches sich verbreitet, wurde derselbe einstimmig von der Versammlung genehmigt.

Auch darüber herrschte Einstimmigkeit, daß von den drei Ausscheidenden die Herren Johann Borgs und Justiz­rat Euler wiederzuwählen seien, zugleich bedauerte man allseitig, daß Herr Direktor Kiesel nicht mehr zur weiteren Annahme eines Mandates zu bewegen sei. An seine Stelle wurde Herr Dr. Hermkes aus Oberbilk aufgestellt und als vierter Kandidat Herr Ingenieur Diepgen bestimmt. Auch diese Aufstellungen erfolgten einstimmig.

Herr Direktor Kiesel entwickelte dann die Gründe, welche uns veranlassen müßten, trotz der Erleichterung der Wahl infolge der Abmachung mit den Mittelparteien oder gerade wegen dieser Erleichterung, alles aufzubieten, um eine große Stimmenzahl auf unsere Kandidaten zu vereinigen. Von anderer Seite wurde dies noch weiter ausgeführt und zollte die Versammlung den Gründen ihren vollen Beifall.

Nach einigen geschäftlichen Mitteilungen wurde gegen 10 Uhr die Beratung geschlossen.

Die Fortschrittspartei wird für die dritte Abteilung einen eigenen Zettel aufstellen, auf welchem die Herren Borgs, Scherhag, Erbach und Dr. Mayer als Kandidaten sich befinden.

* Kunstnotizen. Wiederum ist die Ausstellung von I. Morschheuser mit einer bedeutenden Menge künstlerischer Novitäten beschickt. Zuerst finden wir eine große Landschaft von Deiters, ein feingestimmtes und gegliedertes Motiv aus der Münsterländischen Haide veranschaulichend. Th. Hagen in Weimar hat einen Kiefernwald am Stoppelfelde geschickt, in welchem die einzelnen Bäume mit vollende er Plastik her­vortreten. Max Schmidt in Königsberg ist mit einem der ostpreußischen Landschaft entnommenenen Gewittermotive ver­treten. F. Ebel hat eine ungemein stimmungsvolle Wald­landschaft ausgestellt, Hans Schleich in Berlin eine den gro­ßen rauhen Charakter des Motivs kraftvoll wiedergebende Ansicht des Vorgebirges von Arcona und A. Waizerzick, ein talentvoller Schüler Meyersheims, zwei vortreffliche, dem Geflügelleben ihre Motive entnehmende Aquarellbilder. Durchaus gesund in Auffassung und Durchbildung ist das Stillleben von H. Forschner in Biberach, während in H. Arnold's Brautwerbung mit Humor gemischte feine Charak­teristik den hervorspringenden künstlerischen Zug ausmacht. Zum Schlusse der Novitäten führen wir gewissermaßen als Krönung das wohlgelungene Kaiserbild von H. Hummel in Berlin an. Außer diesen bleiben noch die hervorragend­sten der Bilder aus der vorigen Woche der Besichtigung des Publikums erhalten.

Bei Ed. Schulte ist u. a. ein neues großes Bild von Claus Meyer,Die Urkunde" betitelt, zur Ausstellung ge­kommen, ein sehr interessantes Werk dieses ausgezeichneten Künstlers. Ferner kam ein großes figurenreiches Bild von M. Boppo, die Generale Wallensteins vor einer Kriegsrats­Sitzung darstellend. Auch von dem belgischen Maler Pieter Jan van der Ouderaa in Antwerpen kam ein größeres Bild, Die letzten Augenblicke Peter Breughel's des Aelteren", wel­ches wegen seiner hervorragenden Koloristik besonders inte­ressiert. V. St. Lerche's neuestes größeres Bild,Fahrendes Volk im Kloster", kommt ebenfalls hier zur Ausstellung. Außerdem kommen verschiedene Novitäten am Sonntag hier­her, welche im Anzeigenteil zu ersehen sind. Die Novitäten dieser Woche bleiben ebenfalls noch ausgestellt.

* Stadttheater. In der gestrigen gut besuchten Wieder­holungs=Vorstellung desWaffenschmied" mit Herrn Rüdi­ger als Georg war das wünschenswerte Ensemble schon bes­er erreicht, so daß zu erwarten steht, daß bei fernerem sorg­ältigem Eingehen auf die Intentionen des liebenswürdigen Meisters Lortzing, besonders seitens der Vertreter der Partien des Stadinger und des Grafen Liebenau recht einheitlich ab­gerundete Wiedergabe erzielt werden wird.

:[ Das Komitee für die Bilker Martinsfeier hat die Vorarbeiten für den Zug und die Bescheerung der Kleinen beendet und werden wohl Alle reich bedacht werden können.