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Chef=Redakteur: Dr. Ed. Hüsgen. Für die Redaktion verantwortlich: F. Breuer in Düsseldorf. Druck und Verlag der Akt.=Ges. Düsseldorfer Volksblatt in Düsseldorf.

Mittwoch, 5. November 1890(Zacharias).

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24.

7 Jesuitisches.

Wenn Herr v. Caprivi auf seiner gegenwärtigen Süb­landfahrt mit den Leitern des bayerischen Staatswesens zu­sammentrifft, wird vermutlich vor allem die Viehsperre­srage zur Sprache komme. Die bayerische Regierung hat sich mit einer ganz unerhörten Energie in den Kampf ge­gen die Viehsperre geworfen. Von der Furcht des ver­lossenen Herrn v. Lutz, der lieber alles andere, als eine Najorisierung im Bundesrat erdulden wollte, merkt man bei der jetzigen bayerischen Regierung, obschon es zumeist dieselben Männer sind, nichts mehr so weit es, wohl­gemerkt, um die materielle Angelegenheit der Fleischpreise sich handelt. Leider zeigt sich in einer andern Angelegen­heit, welche auf dem höheren, idealen Gebiete liegt, noch die alte Lutzsche Bundesrats=Tapferkeit, deren bester Teil die Vorsicht war. Die gouvernementalen Blätter in Bayern werden nicht müde, der Welt zu verkünden, daß Bayern auf der sofortige Durchberatung seines Vieheinfuhrantrags bestehen und sich eine dilatorische Behandlung durch die vorgeschlagene Enquete nicht gefallen lassen werde. Aber vergebens suchen wir in der Presse oder in den Ereignissen en Anzeichen dafür, daß Bayern in der hochwichtigen Re­demptoristenfrage mit derselben Kühnheit und Kraft vorgehe! Und daß gar Bayern als vorwiegend katholischer Staat sich zu einem offenen Vorstoße gegen das ganz ungerechte, für alle deutschen Katholiken kränkende Aus­nahmegesetz vom Jahre 1872 aufraffen sollte daran wagt noch niemand zu denken, obschon es so ganz natür­lich wäre.

Wer sich viel gefallen läßt, wird schlecht behandelt.? Die süddeutschen Opfer der Viehsperre haben sich zu kräftigen und anhaltenden Beschwerden aufgerafft und dadurch die Regierung zu energischem Vorgehen veranlaßt. Nach der Mattigkeit und Langsamkeit, womit man die wohlbegründe­ten Beschwerden der Katholiken behandelt, können wir uns selbst bez. unsere bayerischen Genossen nicht von dem Vorwurfe freisprechen, zu ruhig und zu geduldig gewesen zu sein.

Wir müssen uns noch bedeutend in der Kunst vervoll­kommnen, unser gutes Recht hartnäckig geltend zu machen. giebt Verhältnisse, wo bescheidenes Bitten und Zureden Platze ist; aber in der Regel ist es im modernen öffent­en Leben am erfolgreichsten, ohne Ziererei und Umstände ufordern, was man von Rechtswegen verlangen kann, und ohne alle diplomatischen Kunststückchen sein Interesse und seinen Willen in die Wagschale zu werfen. Das nöchten wir besonders hervorheben angesichts des Spottes, mit welchem derReichsbote" und andere Blätter über die fähigkeit der Jesuiten und derverwandten" Ordensleute ur Bekämpfung der Socialbemokratie sich aussprechen. Wenn von unserer Seite die Verdienste der Orden um die rhaltung der Ordnung und des inneren Friedens hervor­gehoben werden, so geschieht das zu dem Zwecke, um so recht den Unsinn klar zu stellen, den der Staat macht, ndem er die socialdemokratischen Volksverführer befreit und ie Jesuiten behindert. Aber für die Entscheidung über die berechtigung oder Nichtberechtigung des Ausnahmegesetzes t es ganz gleichgültig, in welchem Maße die Jesuiten die Socialdemokratie abwehren oder sonstige Verdienste um Staat und Gesellschaft haben.

Und wenn die Jesuiten nichts thäten zum Wohle der besamtheit, so müßten sie doch zugelassen werden im lamen der Freiheit und der Rechtsgleichheit. Wir wollen ie wieder haben! Wer dieser Willensmeinung des atholischen Volkes entgegentritt, der muß nachweisen, daß es ein höheres, besser berechtigtes Interesse giebt, welches e Befriedigung unseres Interesses mit Fug behindert. lassen wir die Beweislast nicht verschieben. Es ist nicht insere Pflicht, die Tugenden der Jesuiten zu erweisen, son­dern es ist Sache der Gegner, diejenigen Missethaten der Jesuiten, welche ihre Verfolgung durch ein Ausnahme­rechtfertigen, zu erweisen.

Nanche Gegner thun so, als ob dieser Beweis schon 1012, bei der Entstehung des Gesetzes geführt worden sei. Wenn man mit tendenziösen Redensarten etwas be­beisen kann, ja; aber von Thatsachen der fraglichen die durch Zeugen oder Dokumente erhärtet wären, sindet man in den Akten von 1872 nichts. Auch jetzt weiß

man keine begründete Anklage vorzubringen. DerReichsb." hilft sich heute wieder mit der alten Behauptung, daß der Beruf des Jesuitenordens die Bekämpfung des Protestan­tismus sei. Ob das richtig ist, lassen wir ruhig dahinge­stellt; denn wenn es auch wahr sein sollte, so könnte es doch das Ausnahmegesetz nicht rechtfertigen. Denn die Bekämpfung einer andern Glaubensrichtung innerhalb der gesetzlichen Formen ist in allen Kulturländern erlaubt und wird von Niemanden mit mehr Eifer geübt, als von den protestantischen Romhassern.

Geistesarme Intoleran­ dieser Vorwurf eines katholischen Blattes gegen die protestantischen Jesuitenver­folger ärgert denReichsboten" gewaltig. Aber er selbst liefert eine Rechtfertigung des Vorwurfs, wenn er fordert, daß der Staat mit Polizeigewalt den Protestantismus vor seinen jesuitischen Gegnern schützen und zugleich den prote­stantischen Romhassern volle Freiheit zum Ansturm gegen den Katholicismus lassen soll. Wer dasgleiche Recht für Alle" nicht vertragen kann, ist entweder feig oder schlecht.

Deutsches Reich.

= Berlin, 4. Novbr. Der Verband deutscher Serufsgenossenschaften, welcher 44 von den 69 ge­werblichen Berufsgenossenschaften umfaßt, hat sich in seiner außerordentlichen Versammlung auf den Standpunkt gestellt, daß einstweilen von jeder grundsätzlichen Revision des Un­fallversicherungsgesetzes abgesehen werden müsse, weil die bisherigen Erfahrungen noch kein abschließendes Urteil ge­statteten. Das Reichsversicherungsamt teilt diese Auffassung; gleichwohl wird in manchen Blättern die Behauptung laut, die Berufsgenossenschaften widerstrebten einer prinzipiellen Revision der Unfallversicherung besonders deshalb, weil da­mit die Frage der berufsgenossenschaftlichen Organisation selbst auf die Tagesordnung gesetzt werden würde. Wir müssen zugestehen, daß auch auf uns die Verhandlungen des außerordentlichen Genossenschaftstages wie die Bemüh ungen des Verbandes überhaupt den Eindruck gemacht haben, als suche man den Berufsgenossenschaften so viel als möglich eine Erweiterung ihrer Aufgaben zu erwirken, in dem Gefühl, daß die große Organisation jetzt ihrem Inhalt keineswegs entspricht. Es wird wohl auf keiner Seite ernst­lich geleugnet werden, daß die Berufsgenossenschaften nicht das geworden sind, was sie werden sollten: eine lebens­kräftige korporative Gestaltung der Großindustrie Innungen des gewerblichen Großbetriebes. Sie sind thatsächlich kost­spielige und schwerfällige Versicherungsanstalten, in denen sich eine rechte Selbstverwaltung nicht herausbilden kann, denen es insbesondere an einem der Form entsprechenden Inhalt fehlt.

Die Berufsgenossenschaften selbst merken das sehr wohl. Es wäre sonst gar nicht erklärlich, warum die Genossen­schaften, die zur Bewältigung ihrer Unfallsachen Dank dem ungemein schwerfälligen Formalismus neben einer Unmenge von unentgeltlichen Ehrenämter eine große Reihe von bezahlten Stellen haben schaffen müssen, sich mit sol­chem Eifer nach neuenAufgaben" drängen, selbst wenn diese mit der Uufallversicherung und=Verhütung nichts oder nur wenig zu thun haben. Dieser Eifer nach Er­weiterung des Geschäftskeeises ist hauptsächlich bei den be­zahlten technischen Verwaltungsdirektoren zu finden, die Industriellen selbst stehen der Sache vielfach mehr wie kühl gegenüber. Es fragt sich, ob es gelingen wird, das Thätigkeitsgebiet der Genossenschaften so auszugestalten, daß sie nicht nur wie jetzt vegetieren, sondern daß sie zu frischen, lebenskräftigen Gestaltungen auswachsen. Sicher­lich wird dies Ziel nicht dadurch erreicht, daß man so ge­legentlich hier und da eine neue Aufgabe für siemit­nimmt", wie es jetzt schon beabsichtigt ist, sondern daß man sie zu Trägern der Arbeiterversicherung überhaupt macht. Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, daß bei einer zukünftigen, unausbleiblichen Vereinfachung der Ar­beiterversicherung die Berufsgenossenschaften die Unterlage für die Zusammenlegung der verschiedenen Versicherungs­zweige abgeben werden. Freilich werden sie und ihr Ge­schäftsgang dann nicht so bleiben können, wie sie sind.

* Unmittelbar nach der Wiedereröffnung des Reichs­tages wird in Berlin eine Kouferenz zur Erörterung der Fragen des Industrieschutzes zusammentreten.

Die Konferenz, welche von größeren industriellen Ver­bänden, Handelskammern usw. beschickt werden wird, soll einen wesentlich informatorischen Charakter tragen und sich namentlich mit der Frage wegen einer Reichszentral­stelle für den Schutz des gewerblichen Eigentums be­

schäftigen.

An den Bundesrat ist nunmehr der mit Span­nung erwartete Entwurf, betreffend die Vereinigung von Helgoland mit dem deutschen Reiche, nebst Begründung gelangt. Der Entwurf enthält sechs Para­graphen, von denen der erste und fünfte das meiste In teresse beanspruchen.§ 1 lautet: Die Insel nebst Zube­hörungen tritt dem Bundesgebiete hinzu. Das Reich er­teilt seine Zustimmung dazu, daß die Insel dem preußi­schen Staate einverleibt wird;§ 5: Durch kaiserliche Ver­ordnung unter Zustimmung des Bundesrats wird festge­setzt inwieweit die Vorschriften in den§§ 2, 3, 4, 7, 8 des Gesetzes, betreffend die Reichskriegshäfen vom 19. Juni 1883, für die Insel und ihre Gewässer zur Anwen­dung gelangen. In der Begründung wird u. A. ausge­führt, daß es keinem Bedenken unterliege, die Vereinigung Helgolands mit dem Reiche ohne gleichzeitige Inkraft­setzung der Reichsverfassung herbeizuführen; zur Einver­leibung in den preußischen Staat bedürfe es eines preu­ßischen Landesgesetzes. An Zöllen werden nur solche auf Wein, Bier, Spiritus und Petroleum erhoben. Es em­pfehle sich. die Insel zunächst außerhalb der gemeinschaft­lichen deutschen Zollgrenze zu belassen. In der Begrün­dung zu§ 5 heißt es u. A.: Die Insel bildet gleichsam einen vorgeschobenen Posten und wird für den Kriegs­beobachtungs= und Kriegssignaldienst von besonderer Wichtigkeit sein; auch bietet sie den zum Vorpostendienst ausgesandten Fahrzeugen einen Schutz= und Stützpunkt. Ein Uebergang in Feindeshand könnte die Aktionsfreiheit der deutschen Flotte um deswillen wesentlich beeinträch­tigen, weil die Insel dann dem Feinde sowohl für die Blokade als auch für den Angriff auf die deutsche Nord­seeküste viele strategische Vorteile bieten würde. Es wer­den daher militärische Maßnahmen zum Schutz der Insel gegen feindlichen Handstreich zu treffen sein. Welche Aus­dehnung diesen Maßnahmen zu geben ist, läßt sich im Einzelnen noch nicht übersehen:

* DieKreuzztg." giebt die Bemerkung derMünch. Allg. Ztg. wieder, daß Fürst Bismarck im Herren­hause die Führung der konservativen Gegner der Land­gemeinde=Ordnung übernehmen könnte. Wir vermissen jedoch jede Andeutung, ob derKreuzztg." diese Zukunfts­aussscht erfreulich erscheint oder nicht. Fürst Bismarck der Führer der konservativen Herrenhausopposition, es wäre allerdings ein eigenartiges Bild, ebenso bezeichnend für den Führer wie für die Geführten.

Ein interessantes Urteil über Bismarck findet sich in den Erinnerungen ans dem Leben des Mi­nisters v. Roon, die jetzt in derD. Revue veröffent­licht werden. In einem Briefe an Roon aus dem Jahre 1865 schreibt General v. Manteuffel, damals Gou­verneur von Schleswig, über eine Meinungsverschiedenheit mit Bismarck, den er dabei folgendermaßen charakterisirt: Minister Graf Bismarck kann nur Maschinen oder poli­tische Gegner erzeugen; ich will weder das eine noch das andere; ich gehe." Es gelang dem Kriegsminister damals noch, die Differenz zu schlichten und Manteuffel zum Bleiben zu bewegen. Aber das kleine Charakterbild, das der General schon in der ersten Zeit der Ministerlaufbahn Bismarcks von diesem entwarf, ist in der Folgezeit nur zu sehr bestätigt worden.

* Bochum, 1. Nov. DerFrankf. Ztg." wird ge­meldet: Interessante Mitteilungen wurden in der heutigen Delegiertenversammlung des rheinisch-westfälischen Bergarbeiterverbandes gemacht. Der Verbands­vorstand hatte nämlich bis in die höchste Instanz Beschwerde erhoben gegen die sogenannte Mundsperre, das heißt gegen jene Verfügung mehrerer Landräte, wonach keine Versammlung zu gestatten ist, in welcher Schröder, Bunte, Siegel, Margraf, Brodam und Meyer als Redner auf­treten. Der Herr Minister hat diese Beschwerde für be­gründet erklärt und den Vorstand von der Ungültigkeit jener Maßregel in Kenntnis gesetzt. Nun ist es aber durch den heutigen Delegiertentag erwiesen, daß die Lokalbehörden

der ministeriellen Entscheidung gar keine Beachtung schenken. Den genannten Bergleuten ist das öffentliche Auftreten namentlich im Dortmunder Kreis noch immer verboten, und als Schröder z. B. in Langendreer dem verhindernden Beamten das Ministerialschreiben selbst vorwies, hat ihm dieses nicht im geringsten geholfen. Was der Herr Mini­ster dazu wohl sagt?

Desterreich.

* Wien, 4. Nov. Johann Orth, allas Erzherzog Johann von Oesterreich ist verschollen. Nach Briefen, welche er im Juli nach Wien richtete, hatte er ge­hofft, Ende August, spätestens anfangs September in Val­paraiso einzutreffen. Seine Mutter, die Großherzogin Antonie von Toskana in Gmunden hat keinerlei Nachricht, obgleich ihr Orth sonst regelmäßig von jeder größeren Station über seinen Aufenthalt und sein Befinden telegra­phisch berichtet hat. Die Großherzogin ist sehr besorgt. Beim Verlassen Oesterreichs hatte Orth 600000 Gulden erhoben. Durch das österreichische Konsulat in Montevideo ist festgestellt, daß Orth nicht den Landweg eingeschlagen, sondern am 11. Juli an Bord seines SchiffesSanta Margareta" sich von Montevideo nach Valparaiso einge­schifft hat. Falls das Schiff seinen Kurs nicht geändert hat, ist die Verunglückung desselben wahrscheinlich. In der kritischen Zeit herrschten in den betreffenden Gebieten heftige Stürme. In den letzten Tagen sind massenhafte Telegramme an die österreichischen Konsulate Amerikas abgegangen; auf keines ist bisher eine Kunde über den Verbleib des Ver­mißten eingelangt. Trotz dieser höchst ungünstigen Anzeichen glaubt man aber in Hamburg noch nicht das Schlimmste befürchten zu müssen. Eine Hoffnung spricht sich in folgen­dem Telegramme aus, das derFr. Pr." aus Hamburg zugekommen ist:Die hiesigen Schiffsrheder sind noch ohne Nachricht über Johann Orth. Sie vermuten aber, daß er mit derSanta Margareta" einen kleinen Hafen angelau­fen habe, um das Schiff ausbessern zu lassen. Man glaubt hier nicht an eine Katastrophe."

*Bern, 2. Nov. Das luzernische Bataillon, auf welches die Radikalen in Lugano so feige Angriffe gemacht haben, erhielt auch bei seiner Heimkehr nach Luzern eine glänzende Genugthuung. Am Bahnhof wurde es be­grüßt von der Stadtmusik, dem Unteroffizier= und Artillerie­Verein mit Fahnen und einer großen Volksmenge. Der Einzug in die Kaserne erfolgte mit klingendem Spiel und unter Hochrufen des Volkes. In der Kaserne fand Be­wirtung durch die Regierung statt sowie Verlesung des Tagesbefehls Künzlis, welcher dietadellose Haltung in schwieriger Lage und große Selbstüberwindung und Lang­mut trotz allen Schmähungen" anerkennt. Hierauf hielt Oberst Bühlmann eine warme Ansprache unter Dank und Anerkennung für diemusterhafte, tadellose Haltung der Truppe, zumal am 27. Oktober", und unter Protest gegen die schmählichen Angriffe, welche die Truppe in der Presse erfahren". Nachher gab die Regierungim Engel" den Offizieren ein Essen.

Belgien.

* Brüssel, 4. Nov. Nach hier eingegangenen Nach­richten kam es in Uccle zwischen belgischen und fremden Arbeitern zu einem ernsten Streit. Die Polizei machte von der Waffe Gebrauch und verwundete mehrere Arbeiter. Von den Polizeibeamten wurden ebenfalls meh­rere leicht verletzt.

Niederlande.

*Luxemburg, 3. Nov. Die Stadtbehörde, der Schöffenrat, erließ eine Proklamation, worin sie die Bürgerschaft, da ein offizieller Empfang des Her­zogs von Nassau mit Rücksicht auf den Gesundheits­zustand des König=Großherzog verbeten sei, einladen, mit in ihrem Ausdruck beschränkten Gefühlen der tiefen(Er­kenntlichkeit den Herzog zu empfangen, welche der Hingabe an die Landesinteressen und der Fürsorge gelten, mit der er zum zweitenmale nach Luxemburg komme, um im In­teresse des Vaterlandes die ihm durch dessen Verfassung auferlegten Pflichten zu übernehmen. Die Bürger wur­den ersucht, sich am Bahnhof bis zum Palastehrfurchts­voll aufzustellen" sowie die Häuser zu beflaggen.

0 Dunkle

Erlebnisse einer Erzieherin.

Nacherzählt von Lina von Berlepsch.

Sie haben Einfluß im Hause, Fräulein Christ", flüsterte grau Loris,in der Nacht, wo Ella erkrankte, zwan­" Sie Sara, Ihnen zu gehorchen. Wenn ich Ihneu beweisen Sie es, und erlangen Sie mir n Tag der Frist, nur einen, lassen Sie mich in diesem gimmer bis morgen."

bier.. Summe wurde schwächer und schwächer, kaum

Ich werde versuchen, es zu thun," entgegnete ich sanft. und nun gehen Sie, liebes Fräulein, Sie stehen im ser und werden sich erkälten, gehen Sie, gehen Sie . Gott segne

ner drückte sie das Fenster zu uno verschwand im In­wei Zimmers, dessen Einblick mir verwehrt war, das Gesimse einen halben Schuh über meinem Kopfe u: Ich watete durch die Nässe und eilte dem Hause über.. Fußbegleitung zu wechseln. Thränen perlten ene Wangen beim Gedanken an das arme ver­wochttose Wesen, für das ich so wenig zu thun ver­

orau Loris erschien beim Thee; Sara war zugegen und ßte die Dame, als ob ich sie heute noch nicht ge­

Loris schrieb mir," wendete ich mich während inkens an seine Frau,er wünsche, Sie möchten beziehenamstdas große Zimmer des ersten Stockes gen, Frau Loris."

Samstag?" wiederholte Sara. ge Samstag," betonte ich etwas unruhig, ob der de nndrigens kommt es auf Sie an, Frau Loris, gehen sehensee morgen, oder wünschen Sie schon heute umzu­

antwortete sie starren Blickes.

ich nehme jede Verantwortung auf mich," wandte n Sara,falls Doktor Loris unzufrieden sein

wohl, Fräulein Christ," entgegnete Sara unter­

Zum zweiten Male fiel mir der fast magische Einfluß auf, den Doktor Loris' Name übte.

Während Sara das Theegeschirr abräumte, flüsterte Frau Loris kaum hörbar:

Seien Sie auf der Hut, sie haßt Sie und ist ge­fährlich."

Ich war so gewohnt, mich vor Sara zu fürchten, daß die Warnung keinen besonderen Einbruck auf mich machte. Ohne weitere Nachgedanken begab ich mich zur Ruhe. Während der Nacht erwachte ich plötzlich. Ich setzte mich im Bette auf und sah, daß Ella ruhig schlummerte und das Feuer beinahe niedergebrannt war. Ich wollte auf­stehen, um Holz aufzulegen, da war mir's, als hörte ich leises Geräusch vor meiner Thüre. Ich lauschte. Es war, als streife etwas leise auf den Stufen der Treppe hin und her. Ich erhob mich geräuschlos, zündete die Kerze an, schlich zur Thüre und legte das Ohr an's Schlüsselloch. Das eigentümliche Wischen und Streifen wurde wieder hörbar.

Vielleicht ist's Elfin, der sich ein Nachtlager sucht," dachte ich. Aber die Stufen waren doch zu schmal für das Tier.

Ich raffte all meinen Mut zusammen, drehte rasch den Schlüssel im wohlgeölten Schlosse und trat, das Licht in der Hand, auf die Schwelle. Mein Plan hatte Erfolg. Eine Gestalt, die auf der Treppe gekauert, sprang auf. Es war Sara.

Ehe ich zu Anderem Zeit hatte, als das böse wild­blickende Gesicht zu erkennen, stieß sie einen grellen Schrei aus, ihr Fuß glitt und sie stürzte rückwärts die Treppe hinunter. Bebend stand ich oben und sah die langen hage­ren Arme vergebens nach einem Halt haschen. Dumpfer Fall, schweres Stöhnen erfolgte. Mir schienen die Sinne zu vergehen; zitternd lehnte ich gegen die Thüre. Vielleicht konnte ich helfen. Ich wankte der Treppe zu. Auf der ersten Stufe glitt auch ich aus. Hätte meine Erregtheit mich nicht gezwungen, langsam zu gehen, so wäre ich in die Tiefe gestürzt. Auf der zweiten Stufe glitt ich wieder aus. Als ich behutsam den Fuß auf die dritte setzte, wurde ich gewahr, daß man einen Strick quer über derselben be­festigt hatte. Nun erfaßte mich Argwohn. Ich setzte mich nieder und berührte die Stufen mit der Hand. Sie waren

alle schlüpfrig. Die Turmtreppe war dunkel selbst am Tage. Wäre ich nach meiner Gewohnheit schnell hinab­geeilt, so mußte ich mich zu Tode fallen. Sara hatte die Stufen mit brauner Seife beschmiert. Als mir die Wahr­heit klar wurde, wankten die Knie unter mir. Ich sank auf der Treppe, die mir den Tod hatte geben sollen, zu sammen und hatte Mühe mich zu fassen.

Schmerzhaft dumpfes Stöhnen, das zu mir drang, brachte mich wieder zur Besinnung. Behuisam kroch ich die noch übrigen Stufen hinab, bangend vor dem Anblick, der sich mir zeigen würde.

23. Kapitel.

Totenähnlich, aus einer Kopfwunde blutend, lag Sara auf den Fliesen. Ich beugte mich nieder, um den Arm frei zu machen, der in sehr unnatürlicher Verrenkung un­ter ihr lag.

Sie schlug die Augen auf und blickte wild verworren um sich. Hanna hatte der Lärm geweckt, sie eilte herbei, nach dem ersten Blick auf das entstellte Gesicht der Verun­glückten aber lief sie hinweg, die Köchin zu rufen, welche eine ältere erfahrene Person war. Diese sandte sofort nach dem Arzte und versuchte einstweilen das Blut zu stillen, während ich etwas Cognac zwischen die farblosen Lippen der Bewußtlosen träufelte. Würden wir sie am Leben er­halten, bis der Arzt erschien?

Wie furchtbar rächte sich der unselige Haß, den sie gegen mich genährt! Arme, verblendete Sara, der Tod lauert auf Dich, und ich kann Dir nicht sagen, daß ich Dir verzeihe!

Ich wagte kein lautes Wort, aus Furcht, sie möchte meine Stimme erkennen. Welch schauerliche Stunden ver­lebten wir in tiefer Nacht. Das Schweigen nur unter­brochen von schmerzhaftem Stöhnen und den Schlägen der Turmuhr, welche die erste Morgenstunde verkändete.

Endlich erschien der Arzt.

Fühlen Sie sich stark genug, das Licht zu halten, wäh­rend ich operiere?" fragte er nach der ersten Untersuchung.

Ich faßte die Lampe und wandte unwillkürlich das Ge­sicht ab, als der Doktor die langen schwarzen Haare ab­schnitt und eine tiefe klaffende Wunde sichtbar wurde. Die Verletzung der Hirnschale allein dürfte hinreichen, den Tod zu bringen, ob die Wirbelsäule ebenfalls verletzt war, ließ

sich vorerst nicht mit Bestimmtheit erkennen. Der Arm war gebrochen und mußte geschindelt werden.

Nach beendeter Operation wurde Sara auf eine Ma­tratze gelegt und behutsam in ihr Zimmer getragen.

Jemand muß bei der Kranken bleiben", bestimmte der Arzt,haben Sie den Mut dazu, Fräulein?"

Gerne, wenigstens bis zum Morgen."

Sie wird sehr unruhig werden, aber kaum zum Be­wußtsein zurückkehren."

Der Arzt gab die nötigen Vorschriften zur Behandlung und entfernte.

Im Zimmer brannte helles Feuer. Ich setzte mich mit einem Buche an den Kamin, konnte aber nicht lesen, denn Sara wurde unruhig und versuchte unter Stöhnen den ge­brochenen Arm in die Höhe zu heben.

Veit!" rief sie plötzlich heiser,bist Du da?"

Das blasse Antlitz wandte sich mir zu, die blassen Augen starrten unheimlich.

Sie sind Dir auf der Spur, Veit!" flüsterte Sara, Du mußt noch heute fort. Verstecke Dich an dem be­wußten Ort, ich will sie aufhalten. Es ist wegen der Fälschung, Veit, hörst Du?"

Ich beugte mich vor, um besser zu hören, denn manch­mal wurde das Geflüster schier unhörbar. Die schwarzen Augen glühten fortwährend auf mich, ohne mich zu er­ennen.

's ist schlecht von Dir, Veit Woodfall, daß Du Dich von mir wendest und Dein Herz an sie hängst, während ich zu Dir gehalten habe in Freud und Leid."

Stöhnend bohrte die Kranke den Kopf tief in die Kissen. Thu's nicht, Veit,'s ist zu gefährlich," begann sie

wieder;laß mich's thun; ich bring's an"

Aus Allem, was Sara im Delirium sagte, ging her­vor, daß sie eine entschwundene Zeit wieder durchlebte, eine Zeit, die nicht frei war von Schuld und Fehler. Jener Veit, der ihren Geist beschäftigte, mochte wohl ein gefährlicher Mensch gewesen sein, der in Sara eine Hel­ferin gefunden.

Setz' Dich doch deshalb keiner Gefahr aus", fuhr Sara in flehendem Tone fort,man hat Verdacht auf Dich, und es giebt so viele andere Mittel, sich Geld zu verschaffen." Forts. folgt.

IENII