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Chef=Redakteur: Dr. Ed. Hüsgen. Für die Redaktion verantwortlich: F. Breuer in Düsseldorf. Druck und Verlag der Akt.=Ges. Düsseldorfer Volksblatt in Düsseldorf.
Nr.
23
Montag, 1. September 1890(Aegidius).
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Annoncen=Bureaus in allen größeren Städten. Fernsprech=Anschluß Nr. 202.
24.
der Straßenkrawall am Friedrichshain in Berlin
einer auffallenden Vorsichtsmaßregel Veranlassung Wie der„Reichs=Anz." berichtet, ist infolge der ehreitungen", welche gelegentlich der Bebel'schen Verfa lung stattfanden, eine Infanteriebrigade zur Aushülfe abre Garnisondienst vorübergehend nach Berlin gezogen worne in der Hauptstadt wegen der Herbstmanöver schwache Wachkommandos befanden.
Ee ist gewiß nicht vom Uebel, wenn der Socialdemo und allen andern unruhigen Elementen recht deutlich 4t wird, daß die Hüter der Ordnung und der Ge188 Lichkeit auf dem Posten sind. Etwas zu viel Vorsicht son immer nicht so schlimm, als Mangel an Vorsicht. lefern kann man sich mit der Heranziehung der Brigade lersanden erklären, auch wenn man von der Notwendig ncht überzeugt ist.
dagegen wurde man es bedauern müssen, wenn diese rüchtsmaßregel auf eine Mißdeutung der fraglichen Ex r Ece oder der socialdemokratischen Tendenzen zurückzuführen oder wenn sich im fernstehenden Publikum die An
hilden könnte, daß in Berlin die Ordnung nur mit sfe einer starken Truppenmacht aufrechterhalten werden
aie Mißhelligkeiten zwischen der Polizei und den Massen, belsche sich vor dem Versammlungslokal am Friedrichshain ggesammelt hatten, beruhten offenbar nicht auf parteizütischen oder gar revolutionären Grundlagen. Die Menge sich um ihre Hoffnung auf Teilnahme an der Vermmlung betrogen; die ungemütliche Stimmung kehrte sich egen die absperrende Polizei. Wenn Nicht-Socialdemoraten desselben Alters und Standes unter denselben VerAtmssen in solcher Masse versammelt gewesen wären, so zürde es aller Wahrscheinlichkeit nach auch zu Konflikten kommen sein, sobald die Polizei die Zurückdrängung und erstreuung der Menge in Angriff nahm. Daß die allemeine Mißstimmung der Socialdemokraten gegenüber der olizei verschärfend wirkt, ist gewiß zuzugeben. Aber im runde zeigt doch der glimpfliche Verlauf der Sache trotz bedauerlichen Zwischenfälle an einzelnen Stellen, daß de Menge von einem einheitlichen, revolutionären Trieb licht beseelt war.
Die äußeren Umstände und die augenblickliche Stimmung führten zu ziel- und sinnlosen Reibereien. Vermutlich wäre Ulb de ganze Skandal vermieden worden, wenn die Polizei Akten, won vornherein die Ansammlung der Zuspätgekomlugus menen verhindert hätte. Diese Vorsicht mußte um so not
swendiger erscheinen, als die Gebüsche des anliegenden iedrichshain in viel höherem Grade, als eine freie, behtete Straße, die müßigen Leute zu zeitvertreibendem Radau" reizen. Der hauptstädtische Pöbel ist schwer zu l. sbehandeln, wenn er mal in einer großen Masse sich zummengefunden hat und nicht die gesuchte Unterhaltung
idet.
A. Wenn etwa die Angstmeier sagen sollten, es zeigten ch hier bereits die schlimmen Folgen der Lockerung der trien unahmegesetz-Zügel. so stellen sie die Sache auf den Kopf. Der Krawall entsprang aus der Menschenansammneg llung, und die Menschenansammlung entsprang aus dem Ausnahmegesetz. Wäre letzteres nicht gewesen, so würde gustu seine Bebelsche Rede in Berlin nicht die Anziehungskraft embert eines Weltwunders gehabt haben. Laßt ihn und seine Geosen nur nach Herzenslust reden, dann wird in kurzer tist der Saalraum schon ausreichen, um die Menge zu assen.
Zur Verstärkung des Zulaufs hatte auch die Vorgeschichte der Versammlung beigetragen. Die Polizei hatte die Singersche Versammlung verboten. Als nun in die dadurch vorgebrachte Erregung die Nachricht fiel, daß der noch viel populärere Bebel wider Erwarten die Erlaubnis zum „Aufireten erhalten habe, da geriet das ganze socialdemotatisch angehauchte Berlin in Bewegung.
Trotz dieser besondern Umstände und Mißgriffe wäre vermutlich alles glatt abgegangen, wenn von Anfang an
50 bis 100 Schutzleute das„Circulez messieurs"(Nicht stehen bleiben!) zur Anwendung gebracht hätten. Der Erfolg Bebels zeigt ja klar, wie sehr man socialdemokratischerseits die Putsche(wenigstens vorläufig) scheut. Auch die „Radikalen" können trotz ihrer Schwärmerei für die„große Revolution" keine Niederlagen in planlosen Krawallen suchen wollen. Auch bei Abwesenheit des ganzen Militärs ist keine ernste Revolutionsgefahr für Berlin anzunehmen. Freilich ist die Vorsicht für alle Fälle gut; nur muß man allen Mißverständnissen über die Sachlage vorzubeugen suchen.
tion.
witsch.
tag, umst: 5Uh. ernilien
es.
* Berlin, 30. August. Unter dem Titel„Kaiser und Kanzler" haben wir nach der„Bresl. Ztg." jüngst Andeutungen über das Verhältnis Kaiser Wilhelms I. zum frühern Reichskanzler gebracht, wonach es schon damals an Schwierigkeiten nicht gefehlt hat. Ein Gewährsmann der„Tägl. Rundschau" bestätigt jene Andeutungen und liefert Ergänzungen zu denselben, welche teilweise schon Bekanntes anführen und die innere Wahrscheinlichkeit für sich haben. Genügende Aufschlüsse würden erst erfolgen, wenn alle diejenigen Schriftstücke zusammengetragen seien, die einer ausführlichen Lebensbeschreibung des Kaisers Wilhelm I. sowie des Kaisers Friedrich als sichere Unterlage dienen sollten, wozu die Vorarbeiten schon in Angriff genommen wurden. Dann führt die„Tägl. Rundschau" fort: „Da Fürst Bismarck 28 Jahre lang im Amt gewesen ist, so tritt in den geplanten beiden Werken seine Person stark in den Vordergrund, und die Würdigung des Kaisers Wilhelm in den Jahren 1862 bis 1888 ist nur dadurch zu erreichen, daß sein Zusammenwirken mit dem leitenden Minister ganz besonders hervorgehoben wird. In dieser langen Zeit hat es Tage besten Einvernehmens und ernster Zerwürfnisse gegeben. Der Herrscher verkannte nie die Verdienste Bismarck's um das Vaterland; aber er war auch niemals blind gegen des Ministers Eigenart, die zu bedenklichen Zerwürfnissen Anlaß gab. Als zutreffend wird uns bezeichnet, was die„Breslauer Zeitung" über die letzte Kanzlerkrisis erzählt, die damit endete, daß der Kaiser das Entlassungsgesuch kühl ablehnte. Es hätten dabei nur noch die Worte des Monarchen erwähnt werden müssen:„Ich verbitte mir jede weitere Kanzlerkrisis"— eine Weisung, die allerdings Erfolg hatte. Diese letzte Kanzlerkrisis war durch das Zerwürfnis des Fürsten Bismarck mit Herrn v. Stosch herbeigeführt worden. Bekanntlich endete dieser Streit, bei dem auf Wunsch des Kaisers auch Graf v. Moltke vermittelnd eingriff, mit der Entlassung des Marineministers v. Stosch, mit welchem der Kanzler in unversöhnlicher Fehde lebte, obgleich Herr von Stosch vom Kaiser wie vom Kronprinzen sehr geschätzt wurde."
Dem„Fall Stosch" war ein anderes Zerwürfnis mit dem Hausminister v. Schleinitz vorausgegangen, das den Kaiser sehr peinlich berührt hatte. Um seinem Hausminister eine Gnaden=Erweisung zuteil werden zu lassen, hatte der König seine Erhebung in den Grafenstand befohlen, und dieser Auszeichnung widersetzte sich zuerst der Kanzler, welcher sich schließlich nur fügte, weil die Maßregel, einmal vom Kaiser angeordnet, nicht mehr rückgängig zu machen war. Der Kanzler sah eben Schleinitz für einen seiner gefährlichsten Gegner an. Der Hausminister, der während der„neuen Aera" die Geschäfte des auswärtigen Amts geleitet hatte, zählte zu den ältesten und ergebensten Vertrauensmännern sowohl des Kaisers Wilhelm wie der Kaiserin Augusta. Der Kaiser und sein Hausminister waren, als Bismarck Gesandter in Frankfurt war, Mitarbeiter an Jasmunds„Politischem Wochenblatt" gewesen, und ihre gemeinsame Opposition gegen die Otto v. Manteuffelsche Olmütz=Politik hatte sie fürs Leben freundschaftlich verbunden. Der Hausminister störte zwar die Zirkel der Bismarckschen Staatskunst niemals, aber der Kanzler glaubte an eine solche Störung und sah nur sehr ungern Schleinitz in engem Verkehr mit der kaiserlichen Familie. Dieser Umstand führte zu Mißtrauen und häufigen Reibungen, die
dem Kaiser äußerst verdrießlich, dem Kanzler ungemein peinlich und störend waren. In hohem Grade erregte den Kaiser ferner der Vorfall mit Harry v. Arnim. Der deutsche Botschafter in Paris zählte, ähnlich wie Schleinitz, zu den Lieblingen am preußischen Hofe, und ehe ihn die bekannten vernichtenden„Keulenschläge" trafen, gab es Auftritte, die den Kanzler nicht minder nervös angriffen als den Kaiser, der alles friedlich beizulegen suchte. In dieser Hinsicht harren viele Dinge der Aufklärung. Nur so viel weiß man: der Kaiser zählte zu Arnims Fürsprechern wie kaum ein anderer, und doch glaubte er den Kanzler gewähren lassen zu müssen."
— Zu dem Kapitel Kaiser Wilhelm I. und Bismarck liefert ein Korrespondent der„D. Reichsztg." noch einen kleinen Beitrag. Im Jahre 1875 erzählte ein Bischof an einer Tafel einer kleinen Gesellschaft Folgendes, wobei Schreiber dieser Zeilen zur Linken des Bischofs saß:„Vorige Woche war Fürst X bei mir. Er kam von Baden=Baden und war sehr niedergeschlagen. Als er etwas aufgethaut, erzählte er: Ich hatte Audienz beim Kaiser und wir sprachen sehr vertraut über Manches. Allmählich brachte ich das Gespräch auf den Gegenstand, der mich eigentlich zum Kaiser geführt hatte und der mir schwer auf dem Herzen lag, nämlich das Auftreten und die Stellung Bismarcks. Der Kaiser war von allem gut unterrichtet, aber seine Antworten waren ausweichend. Endlich faßte ich ein Herz und rückte mit der Sprache klar heraus:„Aber Majestät, wissen Sie denn auch, daß man in Berlin an vielen Stellen von einer Dynastie Bismarck spricht?"„Gewiß lieber Fürst", war die Antwort,„gewiß weiß ich das, aber— ich kann es nicht hindern!"— Gott sei Dank, ein anderer hat es gehindert!
— Zu den Auslassungen der„Norddeutschen Allgem. Zeitung", welche die Echtheit der von der„Tägl. Rundschau" veröffentlichten Briefe der verstorbenen Kaiserin Agusta anzweifelt, bemerkt das letztere Blatt:„Wir stehen dieser Erklärung sehr gelassen gegenüber und sehen dem Ergebnis der in Aussicht gestellten„besonderen Prüfung", die ja an„maßgebender Stelle" sicherlich mit aller Gewähr der Zuverlässigkeit wird ausgeführt werden können, vertrauensvoll entgegen.... Was aber diese Schriftstücke betrifft, so lagen unserm Gewährsmann Abschriften vor, an denen nur drei Aenderungen vorgenommen waren: es wurden zwei Kommata eingefügt, und aus einem Komma wurde ein Semikolon gemacht. Alles Andere blieb unverändert."
— In Gegenwart des Kaiserpaares fand gestern die Taufe der Tochter des Erbprinzen von Hohenzollern in dessen Privatwohnung statt. Die Kaiserin hielt die Prinzessin über die Taufe. Dieselbe wurde vom Erzpriester Geistlichen Rat Bayer vollzogen. Die Prinzessin wurde auf die Namen Auguste Victoria, Wilhelmine, Antonie, Mathilde, Elisabeth, Ludovica getauft. Die Rufnamen sind Auguste Victoria. Der heiligen Handlung wohnten ferner bei der Fürst von Hohenzollern, der PrinzThronfolger von Rumänien, Prinz Alexander von Preußen, der Minister des königlichen Hauses v. Wedell=Piesdorff.
— Der lippische Landtag sist auf den 2. Oktober einberufen zur Beratung eines Gesetzes, betreffend die Einsetzung eines Regenten für Prinz Alexander zur Lippe. Art. 3 des Gesetzentwurfs besagt: Der Fürst ist befugt, im Voraus für den Fall einen Regenten aus der Zahl der successionsberechtigten volljährigen Agnaten des fürstlichen Hauses zu ernennen, daß der Thronerbe Prinz Alexander zur Lippe zur Zeit des Anfalls der Regierung an deren eigener Uebernahme durch körperliche oder geistige Schwäche verhindert sein sollte.
— Der„Standard" berichtet in seiner vom 27. August über die russischen Manöver und tischt bei dieser Gelegenheit eine breit ausgesponnene Anekdote auf, nach welcher Kaiser Wilhelm bei einem Angriff des Wyborgschen Regiments auf überlegene Streitkräfe„gefangen" genommen, aber durch die Dazwischenkunft des russischen Kaisers wieder befreit worden sei, der den Kaiser Wilhelem„in seine Suite einrangierte"— wahrscheinlich um ihn vor längerer„Gefangenschaft" zu schützen. Wir haben dieser Anekdote keinen Wert beigelegt und sie deswegen unbe
achtet gelassen. Doch scheint dieselbe anderwärts recht übel aufgenommen worden zu sein, denn die Berliner„Post" wendet sich zornig gegen den Gewährsmann des„Standard". Selbst mitten im Sommer glaubten wir— so sagt das Blatt— einen solchen— phantasievollen Artikel statt im „Standard" eher in einem französischen chauvinistischen Winkelblatt zu finden oder allenfalls in der„Münchener Allgemeinen Zeitung"; diese hätte damit ihren neuerlichen Schatz an Artikeln über Thaten und Aussprüche Seiner Majestät bereichern können, die hinsichtlich der Allerhöchsten Intentionen in der Arbeiterfrage auf dem gleichem Niveau des Sachverständnisses stehen, wie der Artikel des„Standard" hinsichtlich mililitärischer Uebungen.
— Ueber den Geschäftsgang bei dem Reichskanzler v. Caprivi berichtet die„Post" angeblich nach Mitteilung eines Eingeweihten:„Während früher die meiste Berichterstattung schriftlich geschah, hat Herr v. Caprivi für viele Dinge den kürzeren Weg des mündlichen Vortrages eingeführt und ist in stetem Verkehr mit den vortragenden Räten, um sich über den Gang der Dinge auf dem laufenden zu erhalten, vielfach aber auch pro informatione über Gebiete, die ihm bisher fremd waren. Die auswärtigen Angelegenheiten werden auch jetzt, wie früher, nicht durch den Geheimen Kabinettsrat, sondern durch den Staatssekretär des Auswärtigen dem Kaiser vorgetragen. In vielen Dingen ist das aber gar nicht erst nötig, denn als Dritter mit dem Reichskanzler und dem Staatssekretär des Auswärtigen arbeitet der Kaiser selbst. Von Civilsachen interessieren ihn die auswärtigen Angelegenheiten wohl am meisten, und für nicht wenige kommt die Initiative von ihm.
— Wie bereits erwähnt(vgl. Wochen=Rückblick in Nr. 235) wurden zwei Schweizer, der Stadtrat Schlatter und Oberstlieutenant Hauser aus Zürich, welche als Kurgäste in Kissingen weilen, auf Ansuchen des letztgenannten vom Fürsten Bismarck empfangen. Die„Neue Züricher Zeitung" bringt über die Unterredung derr Genannten mit dem Fürsten Bismarck folgenden Bericht: Befragt, was er von der schweizerischen Neutralität im Falle eines neuen Krieges halte, antwortete Fürst Bismarck:„Deutschland wird die Neutralität aufrechterhalten, ob Frankreich? das bleibt dahin gestellt; wenn nicht, dann werden die Schweizer zu uns stehen und mit uns siegen. Denn die Schweizer haben sich immer gut geschlagen." Fürst Bismarck rühmte sich bei früheren Anlässen wiederholt, die Einsetzung eines ständigen Bundesanwaltes zur besseren Ueberwachung der Umtriebe von Fremden sei sein diplomatischer Erfolg im Wohlgemuth=Konflikt. Als die Schweizer sagten: Wir haben jetzt einen Bundesanwalt, aber er hat nichts zu thun— versetzte Fürst Bismarck: Desto besser, vielleicht hat er nur deshalb nichts zu thun, weil er da ist. Die Schweiz ist mir lieb; die diplomatische Note von damals (Sommer 1889) hatte nur den Zweck, Ihre Regierung zu veranlassen, sich unsere lieben Landsleute drüben etwas näher anzusehen; jene Leute, die unter dem Schutze der schweizerischen Freiheit aus sicherem Versteck sich erlauben durften, uns fortwährend zu molestieren, ohne daß wir dagegen etwas thun konnten. Wir wissen wohl, daß das nicht Schweizer, sondern unsere eigenen Landsleute waren; nun ist ja alles besser geworden. Als die Schweizer sagten, ob nicht die Schweiz mehr Chancen habe, die sociale Frage zu lösen, bemerkte Fürst Bismarck:„Für Ihre Staatsform mag es angehen, für die Monarchie nicht. Die Monarchie giebt sich selbst auf, wenn sie paktiert. Sie darf sich durch Leute, welche streiken, mit Arbeitseinstellung und anderem drohen, in keiner Weise bestimmen lassen; das ist ein Ding, wie eine Nebelwand; wenn man sich ihr nähert, weicht sie zurück und man greift ins Leere. Was wollen Sie? Alle Menschen sind unzufrieden."
— In Eisenbahnkreisen glaubt man, daß Minister Maybach im Herbst seinen Abschied nehmen und durch den Direktionspräsidenten Thielen(Hannover) ersetzt werde. — Die Waldenburger Grubenverwaltungen machen bekannt, daß wegen Mangels an Kohlenabsatz größere Arbeiterentlassungen bevorständen.
— Die am 25. August vorgekommenen Ausschreitungen
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Roman von Marga Brechten.
16. Kapitel.
Eine Sylvesternacht.
Nun liegt die Welt umfangen Von starrer Winternacht,
Was frommt's, daß am Kamine ich Entschwund'ner Lieb' gedacht?
Das Feuer will erlöschen,
Das letzte Scheit verglüht,
Die Flammen werden Asche,—
Das ist das End' vom Lied.
I. Viktor v. Scheffel.
XXXVI.
nabteeihnachtswoche ging vorüber und das alte Jahr selen seinem Ende. Es schneite noch immer, die Flocken ogen m went Menge und die Kälte hatte eher zu als
er am Sylvestertage. Felicitas saß in einem an Holiothek grenzenden Zimmer und versuchte zu lesen. bloßer brannte ein hellloderndes Feuer und schon sein
ordentick wirkte bei der draußen herrschenden Kälte ordentlich wohlthuend.
an trat Illa herein, geräuschvoll wie immer. Seit des von o war es überhaupt, als sei ihr guter Engel Scle gewichen. Sie musterte im Gehen die lange sppe ihres bordeauxroten Tuchkleides und stellte, sich geren Spiegel, um die Wirkung eines weißblühenden Nötensmeiges in ihrem schwarzen Haar zu beobachten.
9 riß sie denselben ab, drehte sich um und fragte: asich Du, daß Bertha van der Lohe viel schöner ist
gences¬seid beide schön, jede in ihrer Art," entgegnete ausweichend.
ussenich in diesem Kleide neben ihr und den Comvon Neuberg bestehen können?"
ftags Du bist ja in voller Toilette; aber warum doch n" sagte ihre Schwester erschreckt.„Du kannst
Bealanmöglich beabsichtigen, heute, und noch dazu ohne g, dorthin zu gehen?"
nd wenn ich es vor hätte, warum sollte ich nicht?"
„Weil Ihno dort ist, um Lebewohl zu sagen und den bei den Familien unsere Wüusche und Karten zu überbringen. Bedenke doch— es ist Sylvester!"
„Wohl, ich weiß das Alles," lautete die ungeduldige Antwort.„Mein Kalender zeigt auch den 31. Dezember an, und mein Herz sagt.mir, daß es der letzte Tag vor Ihno's Abreise ist. Und wenn ich nun hingehe und diesen noch mit ihm zubringen möchte, wer könnte es mir verbieten?"
„Niemand," erwiderte Felicitas kalt.„Aber weiß Du auch, was man auf Haus Rast und in der Villa von Dir sagen wird?"
„Was denn, wenn ich bitten darf?"
„Sie werden sagen: Du liefest ihm nach und drängtest Dich noch am letzten Tage ihm auf."
Illa's Augen flammten. Sie trat einen Schritt vor und rief in leidenschaftlicher Heftigkeit:
„Und wenn sie es sagen, wenn sie Alle über mich herfallen, was geht das Dich ans? O, Du, die Du so weise Ratschläge giebst und die Heilige spielst mit Deinem kalten, ruhigen Wesen, meinst Du, ich habe Dein Spiel nicht durchschaut? Denkst Du wirklich, ich wüßte nicht, was in Dir glüht und Dich fast verzehrt?— Es ist die verbotene, sündige Liebe! Mein Blick sagt mir, was Dein verblendeter Gatte nicht sieht; Dein Auge sucht Ihno, Dein Ohr lauscht nur seiner Stimme, Dein Herz schlägt nur ihm entgegen und Deine Glieder zittern in seiner Nähe!"
„Nein, nein!" schrie Felicitas auf, geisterbleich, mit weit geöffneten Augen streckte sie die Hände wie abwehrend aus.
Aber Illa's ganze wilde Natur war entfesselt.„Doch," wiederholte sie,„es ist so. Ich sah es und deshalb frage ich Dich: Jetzt, wo Du dasselbe Feuer in Dir trägst, warum beurteilst Du mich so hart? Ich kann und brauche nicht so heimlich zu ringen wie Du, meine Neigung ist schrankenlos, sie durchbricht die Fesseln der kalten Anstandsformel, fragt nicht, was Regel und Herkommen gebieten. Und wenn ich nun ihm, dem mein Herz gehört und der doch zu schüchtern ist, um je darum zu werben, meine Liebe zu verstehen gäbe, was wäre dabei? Kann das ein Unrecht ein, was zweien Menschen Glück bringt?"
„Bist Du wahnfinnig?"
„Nein, ich war es, als ich wähnte, ich müsse ihm so gefallen, wie ich bin. Sein hoher Geist verlangt mehr ich will ihm alles opfern, ich will hin und die letzte Frist benutzen. Was ist er Dir? Was kann auch Ihno für
Dich sein— Du bist ja doch gebunden! Bist Du etwa eifersüchtig, weil Du mein Glück hindern willst?"
Das war zu viel. Die gequälte Schwester erhob sich und stand hochaufgerichtet mitten im Zimmer, bleich mit zitternden Lippen; selbst Illa wich entsetzt zurück vor dem fast feindlichen Blick, welcher sie traf.
„Geh," rief sie streng,„und Gott vergebe Dir, was Du mir heute gethan, ich kann es nicht."
„Felicitas, Du irrst, ich will Dir sagen—"
„Geh!" wiederholte diese hart,„es ist zu spät."
Die Thüre schloß sich hinter der Davoneilenden. Nach kurzer Zeit kam ein hastiger Schritt die Treppe herab, Hufschläge ertönten im Hofe, dann wurde es still.
Die Flocken wirbelten immer dichter und umtanzten schmeichelnd das Roß und die Reiterin. Sie kühlten das schöne heiße Gesicht und flüsterten kosend: Komm', komm' weit hinter der Haide am Tannenhag' haben wir manch' trautes Bett, so tief und weiß und weich! Da ruht sich's gut, da schläft's sich sanft, und wenn Sylvester vorüber und die Menschen ein neues Jahr mit lachendem Mund und sorgenden Herzen beginnen, liegst Du dort unten, warm und geborgen!—
Und der Himmel färbte sich grauer, die Wolken ballten sich fester zusammen und sandten ganze Schneewehen über das flüchtige Roß und die Haide. Wohin, wohin?— Dem Schnee, der Nacht, vielleicht dem Tode entgegen.
Ob Felicitas daran dachte? Nein, an ihrem früheren Platze sitzend, das Gesicht in die Hände begraben, bemühte sie sich, über ihre furchtbare Aufregung Herr zu werden. Ihr Herz wallte auf in heftigem Zorne gegen die Schwester. Plötzlich blitzte ein entsetzlicher Gedanke durch ihren Kopf— wie, wenn die in die Bibliothek führende Thüre offen gestanden? Sie sprang auf, schob die Falten der niederhängenden Portière zurück und suchte nach dem Schlosse. Ihre Hand griff ins Leere— die Thüre war offen gewesen. Jetzt erinnerte sie sich eines leisen Geräusches— barmherziger Gott, sollte jemand dort gewesen und Illas Worte vernommen haben? Wenn Herbert— nein, das konnte nicht sein, er pflegte nach Tisch in seinem Zimmer zu ruhen. Kein Gedanke folgte mehr der nach Haus Rast gerittenen Schwester, ihr ganzes Denken und Empfinden wurde von der tötlichen Angst beherrscht, daß ein Lauscher in der Nähe gewesen. Bleich und verstört saß sie da und wartete. Warum kam Herbert nicht? Sie würde es als einen Trost empfunden haben, mit ihm spre
chen und an seinem Benehmen herausfühlen zu können, daß wenigstens er nichts gehört hatte. Nur einen Tag noch, nur wenige Stunden, und sie brauchte sich nicht mehr zu verstellen, wie Illa es nannte; der Kampf war vorüber, sie war allein mit Herbert und würde das stille Leid in ihrer Brust beschwichtigen, ohne daß er den Glauben an ihre Treue verloren. Aber die Stunden vergingen und er kam noch immer nicht. Dennoch hielt sie ein unbestimmtes Gefühl ab, selbst nach iym sehen zu gehen.
Als der Nachmittag verstrichen, konnte sie die Einsamkeit nicht mehr ertragen; sie ging in den Speisesaal und trat an das Fenster. Eine sichere Ahnung von einem neuen, ihr bevorstehenden Leide bemächtigte sich ihrer in beängstigendem Grade; mit seltsamer Bestimmtheit nahm sie an, daß es ihre Schwester betreffen werde. Die Dämmerung senkte sich rasch über die Erde, und die Haide sah aus, als ob ein riesiges Leichentuch über sie hingebreitet läge.
Es war erst 5 Uhr und doch nahezu finster. Nur der matte Schein, der von der Schneefläche herrührte, erhellte in etwas die Nacht. Noch immer fielen die Flocken sich schiebend und drängend in schneller und dichter Folge. Ob man die Weggrenze noch erkennen konnte? Felicitas glaubte es nicht.
Wie, wenn Illa etwas zustoßen würde? Jetzt erinnerte sie sich, daß sie im Zorne von einander geschieden; ihre Schwester hatte ein versöhnendes Wort, vielleicht eine letzte Bitte an sie richten wollen, aber da war der entsetzliche Schmerz über sie gekommen, all' das so mühsam niedergehaltene Weh, das Illas kalte, rücksichtslose Rede geweckt. In demselben Augenblicke, da jene das verborgene Leid ans Licht ziehend und es ihr fast höhnisch als eine Schuld vorgeworfen, da hatte sie dieselbe nicht anhören, ihr nicht vergeben können. Und dennoch— konnte Illa dafür, daß sie ihr Herz an Ihno verloren? War nicht vielmehr sie, Felicitas, die Ursache, daß sie ihn kennen und lieben gelernt? Das leicht erregbare Gemüt der Schwester berücksichtigend, durfte sie dieselbe nicht so von sich lassen. Verbittert und trotzig war Illa hinausgeritten, vielleicht kaum auf den Weg und die gefahrvollen Stellen achtend. Wie konnte sie dem Vater je wieder ins Auge sehen, wenn seinem Liebling ein Leid treffen, wenn sie nicht lebend zurückkehren würde!
(Forts. folgt.,