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Nr. 210.

Chef=Redakteur: Dr. Ed. Hüsgen. Für die Redäktion verantwortlich: F. Breuer in Düsseldorf. Druck und Verlag der Akt.=Ges. Düsseldorfer Volksblatt in Düsseldorf.

Dienstag, 5. Auaust 1890(Maria Schnee.)

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24. Jahrg.

Ja7 Die Hetze gegen Hrn. Dr. Hinzpeter,

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SEiche von den hinter derRheinisch=Westf. Ztg." stehen­Zeit e Zhustriellen in Scene gesetzt wird, zeugt von einer

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unäsen Gereiztheit gegenüber der neueren, mit Recht als serlich bezeichneten Socialpolitik. Wer grob Eih setzt sich dem Verdacht aus, daß er Unrecht habe; r Funcke und Genossen aber werden ganz außerordent­egrob. Sie werfen in der bittersten Tonart dem eye­

ligen Erzieher und jetzigen Vertrauensmann des Kaisers äraste Ignoranz und Leichtfertigkeit vor, lassen aber Geweis für diese schweren Vorwürfe vermissen.

Herr Dr. Hinzpeter wird sich gegen die persönlichen An­e schon zu wehren wissen, wenn er es für nötig hält. interessiert zunächst die politische Bedeutung die­Fronde" eines Teiles der Großindustriellen und Lefonders eine von den Herren angeschnittene staats­rechtliche Frage.

Den AusdruckFronde" halten wir für passend, weil Vorgehen dieser Großindustriellen einen Zusammen­ang mit der eigentümlichen Haltung des Fürsten Bis­arck hat. Man erinnert sich, daß der Verband, in wel­sem die unzufriedenen Industriellen den Ton angeben, in riedrichsruh seine Aufwartung gemacht hat, und zwar mit nollen Händen. Fürst Bismarck hat darauf der Welt ver­sindet, daß eine weise Politik nicht auf die Zufriedenheit ser Arbeiter, sondern auf die Zufriedenheit der Arbeit­seber hinarbeiten müsse. Die Idee des grollenden Eme­tierten, daß der Staat nach der Pfeife der Industriellen inzen müsse, damit diese Herren nicht etwa aus übler aune ihre Thätigkeit einstellten, scheint in den Köpfen der jerren Funcke und Genossen tiefe Wurzeln geschlagen und wirklich bedenklicher Ueppigkeit sich entwickelt zu haben. der jetzige Moment mit Bedacht als besonders ge­gnet zumLosschlagen" gewählt worden ist, oder ob der verhaltene Groll bei der ersten besten Gelegenheit mit ele­mentarer Gewalt losgebrochen ist, läßt sich vorläufig noch sicht mit Sicherheit unterscheiden. Auffallend ist es immer­in, daß gerade in der letzten Zeit eine unverkennbare Viederannäherung gewisser mittelparteilicher )rgane an den Fürsten Bismarck eingetreten ist, wäh­end die konservative Presse, welche die landwirtschaft­sichen und nicht die großindustriellen Interessen vertritt, sich mit zunehmender Entschlossenheit vom ehemaligen Reichs­anzler abwandte.

Auf den Zusammenhang mit dem frondierenden Fürsten ismarck deutet auch der Umstand hin, daß die unzufrie­henen Industriellen den Vorwurf erheben, Dr. Hintzpeter übe einen politischen Einfluß am Hofe aus, ohne sich in der gehörigenverantwortlichen" Stellung zu befinden. )as ist das Echo von der Klage des Fürsten Bismarck, unverantwortliche Ratgeber auf den Monarchen Ein­luß erlangt hätten.

Die Forderung des Fürsten Bismarck, welche jetzt von ben großindustriellen Eiferern aufgegriffen wird, bildet einen beitrag zu der Frage, ob bei uns das Ministerium oder der Monarch regieren soll. Inparlamentarischen" staaten, wo der Herrscher genötigt ist, die Führer der lehrheit zu Ministern zu machen und im Sinne dieser lehrheit zu regieren, mag sich die Ansicht, daß das Ohr des Monarchen nur den amtlichen Personen zugänglich ein dürfe, verteidigen lassen. Nach unseren staatsrecht­lichen Verhältnissen ist es ebenso frivol, als widersinnig, dem Monarchen vorzuschreiben, daß er blos die Minister ind die sonstigen angestellten Beamten zu Rate ziehen dürfe. der Monarch hat doch wahrlich die volle Freiheit des ündlichen und schriftlichen Verkehrs. Der Minister ist ucht dazu da, um den Monarchen zu überwachen, son­dern um ihmn zu dienen mit Rat und That. Wenn der linister merkt, daß die Ueberzeugungen und Absichten des konarchen von den seinigen abweichen und sein Rat nicht iehr die gewünschte Beachtung findet, so kann er sich durch den Rücktritt der Verantwortlichkeit entledigen. Der Mo­

* Sonnenried.

Roman von Marga Brechten.

10. Kapitel.

Nach der Heimkehr des Erben.

Elmar, Eines ist Dein Mögen,

Und ein And'res ist Dein Müssen,

Nicht Dein Herz nach seinem Wunsche Nach der Pflicht frag' Dein Gewissen.

(Weber: Dreizehnlinden.)

XXIII.

Am nächsten Tage war der Himmel trübe und umwölkt. uzu tam, daß man jeden Gedanken an einen Spazier­ng oder Ritt aufgeben mußte, denn es hatte die ganze It geregnet und die Wege waren röllig durchweicht. Felicitas von Freidorf saß mit einem Buche in der Hand dem Fenster des Gesellschaftszimmers. Sie vermochte ihre Gedanken nicht länger mit dem Inhalt desselben eschgen und ließ den Blick hinaus über die grau­Himmernde Haibe schweifen. Welch ein langweiliger, trau­Tag war das heute! Und nun mußte auch Herbert Zei.indurch mit dem Inspektor in seinem Pri­Pandin zubringen, denn es war gerade der letzte des an welchem stets die gemeinsame Durchsicht der vvorgenommen wurde. Bis sie damit fertig waren, n immerhin noch einige Stunden vergehen. e trat Kapitän Ihno ein und näherte sich ihr mit eneem Grußze. Er stellte ein zierliches Schifflein aus selbenhin und bat um gütige Annahme des­aroseneine Kunstwerk war nach dem Muster eines sten Gee ffes mit unendlichem Fleiße bis in die klein­beit det eeiten ausgearbeitet und mit wunderbarer Fein­aun est t un Verzierungen und Figuren ließen sich Verdec ploßen Auge errennen. Ein Druck auf das

Innere mor.. d5 mit blauem Atlas ausgeschlagene

liche Menen golde. Nähutensilien bergend, die eigent­

mung des reizenden Gegenstandes anzeigte.

vahrhaft inaneek ja en

lüch ermet ice8 Arbeitskäsichen. Das kleine Meister­hineschen Aueh andenund die Geduld des Lontes," fügte sie, es naher betrachtend, hinzu.

nge Seeamn Tat jenem Lande," bestätigte der neigeAls ich vor zwei Jahren meines Vaters seinen S. Vermählung erhielt, lag unser Schiff ce n Hafe des Gelben Meeres. Vor der Abfahrt

sie Werkääte einen eang durch die Stadt auch stätte eines der geschicktesten Meister in solchen

narch mutet dem Minister nicht zu, seinen Geist und sein Gewissen dem Träger der Krone zu unterwerfen. Wie kann nun ein vernünftiger Minister auf die Zumutung ver­fallen, daß der Träger der Krone sich ihm ausschließ­lich anvertrauen, nur mit seinen Augen sehen, mit seinen Ohren hören solle. Ebenso wenig, wie der Mi­nister, hat natürlich der Oberpräsident oder der Regierungs­präsident das Monopol der Berichterstattung über seinen Bezirk. Ein König, der keinen Nichtbeamten hören oder fragen dürfte, wäre ja ein Mündel des Mandarinentums bezw. derjenigen Elemente, welche durch sociale, gesellschaft­liche und andere Beeinflussung das Mandarinentum an sich zu ketten wissen.

Man sagt nun, die Berichte nicht-amtlicher Vertrauens­personen litten an Irrtümern. Aber sind denn die amt­lichen Berichterstatter unfehlbar? Die Gefahr eines Irr­tums an höchster Stelle ist um so geringer, je vielseiti­ger die Informationen sind. Das Eine gegen das Andere abzuwägen, die Aufklärung der Zweifel und die Ausfüllung der Lücken zu besorgen, ist doch dem König mit Hülfe sei­ner obersten Gehülfen nicht schwer.

Gegennicht=verantwortliche" Einflüsse zetert immer nur der, welcher sich dadurch in seinen Bestrebungen gefährdet glaubt. Im blinden Eifer merken weder Fürst Bismarck noch die selbstsüchtigen Großindustriellen, welche Blöße sie sich geben, durch die unglaubliche Anmaßung, dem Träger der Krone vorzuschreiben, wen er anhören darf und wen nicht.

Deutsches Reich

= Berlin, 4. August. Der X. internationale medizinische Kongreß wurde heute in dem großen Cirkus Renz eröffnet. Vor dem Cirkus stand eine Anzahl großer, mit Guirlanden umwundener Mastbäume, Trans­parente, bronzene Kolossalfiguren usw. Der Cirkus selbst war geschmackvoll geschmückt; überall sind Fahnen in den Farben der ganzen Welt angebracht. Zur Linken der Red­nerbühne befindet sich die Büste des Kaisers, oberhalb der Rednerbühne die Kolossalbüste des Aesculap, zur Rechten die der Minerva. Fast 5000 Mitglieder weist die Liste der Angemeldeten auf. Schon Stunden vor der Eröffaung füllte sich der Cirkus. Von unseren Ministern waren die Herren v. Bötticher, v. Gøßler und Herrfurth, ferner die Staatssekretäre v. Oehlschläger und v. Maltzahn erschienen. Um 11¼ Uhr erklärte Professor Dr. Virchow, der Vor­sitzende des Organisationskomités, den Kongreß für eröffnet. Als der Kongreß in Washington im Jahre 1887 Berlin für den Ort des nächsten Kongresses wählte und an ihn (Redner), Prof. v. Bergmann und Waldeyer die Aufforde­rung erging, die Vorbereitungen in die Hand zu nehmen, hätten sie die Wahl angenommen in der Erwartung, daß man nicht eine einzelne Stadt, sondern ein Land durch die Wahl habe ehren wollen. Mit dem Gefühle innigster Freude und tiefster Befriedigung blicke er auf die endlosen Reihen der Gäste, die der Einladung gefolgt seien.Seien Sie überzeugt, daß Sie unserm Lande überall als liebe Gäste aufgenommen werden." Unser Volk sei stolz darauf, wenn seine Aerzte und seine sanitären Einrichtungen auch in der Fremde geschätzt würden, aber es schätze auch die großen Mediziner in anderen Ländern. Der deutsche Kaiser teile diese Empfindungen. Von Berlin selbst abwesend, habe er befohlen, daß eine größere Zahl von Mitgliedern des Kongresses durch ein Mitglied seines Hauses empfangen werde. Regierung und Reichstag hätten vor allem für eine würdige Veröffentlichung der Verhandlungen eine beträcht­liche Summe bewilligt.

Auch die preußische Unterrichtsverwaltung hätte das Komité mit größtem Wohlwollen unterstützt.Die deut­schen Regierungen werden Ihnen zeigen, mit welcher An­

strengung sie Bedacht darauf nehmen, die sanitären Ein­richtungen in Einklang mit den Forderungen der Wissen­schaft zu bringen." Eine Anstalt nach der andern werde errichtet, um neue Stätten der Forschung zu gründen, die

Dingen. Hier sah ich dies eben fertig gewordene Modell und erstand es für Sie, als kleine Begrüßungsgabe, die aber leider erst nach so langer Zeit in Ihre Hände gelan­gen konnte. Der alte Sohn der Mitte malte noch schnell seinen Namen darauf; bemerken Sie hier unten am Burg­spriet die chinesischen Schriftzeichen? Als ich hinaustrat, fand ich in der Nähe einer Hafenschänke noch Etwas, aber diesmal einen lebendigen Gegenstand, welcher mein Interesse erregte. Auch er ist, falls er sich Ihren Beifall zu er­ringen vermag, Ihrer gütigen Sorge zugedacht. Doch ich werde Ihnen denselben später vorstellen und möchte jetzt nur die wenigen Minuten unseres Alleinseins benutzen, um eine Frage an Sie zu stellen. Darf ich?"

Felicitas erblaßte. Dann sagte sie ruhig:Fragen Sie.

Nun wohl. Meine Gedanken machen den kühnen Sprung von der chinesischen Küste nach den Ufern des grünen Rheinstroms, dort, wo am Fuße eines weltberühm­ten Bergplateaus ein altes Städtchen liegt. Dem Orte gerade gegenüber trifft das Auge auf dem linken Ufer eine noch größere Stadt an der Mündung eines Nebenflusses in den Rhein. Auf dem erwähnten Bergabhange traf ich vor Jahren ein junges Mädchen in einer künstlichen Klause sitzend. Wir waren Beide von einem Gewitterregen über­rascht worden. Sagen Sie mir, ist jene Felicitas identisch mit der zweiten Frau meines Vaters?

Ihr Gesicht bedeckte sich mit heißer Röte. Wie scho­nungslos er fragen konnte? Dennoch bezwang sie sich und sagte in gleichgültigem Tone:

Wie, Sie erinnern sich noch dieser unbedeutenden Be­gegnung? Ja, ich bin jene Felicitas, der Sie damals Ihren freundlichen Rat angedeihen ließen, und freue mich, Ihnen nun dafür danken zu können. Das junge, uner­fahrene Mädchen befolgte denselben; es oder vielmehr ich fand in der That eine sehr gute, wenn auch schwierige Stellung. Später lernte ich meinen teuren Gemahl, Ihren Vater, kennen und das Uebrige wissen Sie. Man kann also nicht sagen, daß mir der Rat aus fremdem Munde verderblich gewesen."

Sie schwieg und der junge Seemann fand ebenfalls nicht gleich eine Erwiderung. Mehrmals kräuselte der Unmut seine Lippe, wenn er sich einzelner bezüglicher Worte er­innerte, welche Felicitas soeben gebraucht und die er als einen Vorwurf ansehen mußte. War sie der Verstellung fähig oder war sie launig, wie die meisten Frauen ja sein sollen? Gestern abend noch voll freundlicher Herzlichkeit und heute von ablehnender, beleidigender Kälte! Er be­

Quellen der Krankheiten abzugraben, den Leidenden schnelle und sichere Hülfe zu gewähren. Es ist ein Trost für uns, daß Volk und Regierungen anhaltend besorgt sind, die so­cialen Schäden zu mildern und den goldenen Frieden zu wahren. Wenn hier die Militärmedizin in einer Vollstän­digkeit vorgeführt werde, wie sie für die Civilmedizin un­ausführbar sei, so geschehe das nicht, um zu zeigen, wie gut wir auch in dieser Beziehung auf den Krieg gerichtet seien, sondern daß man erkenne, wie die Leitung unserer Armee dauernd und erfolgreich den Gedanken festhalte, die Greuel des Krieges nach Kräften abzumindern. Redner gab so­dann einen Ueberblick über die sanitären Einrichtungen Berlins und schloß mit dem Willkommen:Möge jeder Tag mehr dazu beitragen volles Verständnis und wahre Freundschaft unter uns allen zu fördern." Der General­sekretär Dr. Lassar gab hierauf Auskunft über die innern und äußeren Vorgänge, welche den Rahmen bilden für das wissenschaftliche Bild der geistigen Bedeutung des Kongresses. Ueber 25 Staatsregierungen hätten Delegierte gesandt, einige 30 Universitäten 2c. seien vertreten, viele Gesandten gelehrter Gesellschaften und Institute weilten hier, und doch sei die Reihe der Gäste noch immer nicht abgeschnitten. Redner verbreitet sich über die Anteilnahme einzelner Regierungen und Staaten, wobei er besonders die französische und russische Regierung und die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Oesterreich=Ungarn und Italien hervorhebt.

Als Vertreter der Reichsregierung begrüßte sodann Mi­nister v. Bötticher den Kongreß. Derselbe betonte in seiner Rede: je größer die Erfolge in sanitären Einrich tungen, um so höher ständen die Aufgaben in Deutsch­land, die unter Anregung landesväterlich wirkender Regie­rungen und unter Mitwirkung opferbereiter einsichtiger Volksvertretungen gestellt seien. Der Minister erbat sich auch ferner die Mitwirkung der Wissenschaft. Hierauf dankte der Vertreter der preußischen Staatsregierung Mi­nister v. Goßler den Repräsentanten aller Kulturländer für alle Wohlthaten, welche auf dem Gebiete der Medizin und Naturwissenschaften uns das Ausland gebracht. Red­ner wies auf den Zusammenhang der medizinischen Wissen­schaft und Praxis unter einander, wie zwischen ihnen und den andern Zweigen des öffentlichen Lebens hin und er­klärte es für eine der Hauptaufgaben seines Ressorts, die selben zum Verständnis zu bringen. Er erklärte dann die litterarischen Festgaben, welche er dem Kongresse bringe und welche Zeugnis von seinem Bestreben ablegen sollten, die Wissenschaft zu fördern. Aber nicht bloß der Arzt, sondern gerade andere Kreise seien in die neue Bewegung, prophylaktische Sorge für den Arbeiter zu treffen, hinein­gezogen. In steigendem Maße dränge sich die Gesund­heitslehre in die Ausbildung der Lehrer, immer klarer und zielbewußter entwickele sich die Arbeit im Dienste der Menschheit. Wenigen sei wie dem Arzte das schönste Vor­recht verliehen, seinen Mitmenschen zu helfen. Habe vor 300 Jahren der Nürnberger Senat geschrieben: Aegrotan­tium salus suprema lex esto, so heiße es jetzt Sanorum incolumitas altera lex esto. Nachdem noch Oberbürger­meister v. Forckenbeck die Versammlung im Namen der Stadt begrüßt und Dr. Graff, der Vorsitzende des deut­schen Aerzte=Vereins, sowie Hamilton, der Generalsekretär des letzten Kongresses gesprochen, trat der Kongreß in die wissenschaftliche Tagesordnung mit einem englischen Vor­trage Listers=London über die gegenwärtige Lage der anti­septischen Chirurgie.

Bei der Eröffnungsfeier kam es zu einer bemerkenswer­ten politischen Kundgebung. Als Dr. Lassar in seinem Bericht über die auswärtigen Teilnehmer des Kon­gresses die einfache Thatsache erwähnte, daß die Regierung der französischen Republik 34 Vertreter entsandt habe, erhob sich ein allseitiger Beifallssturm, der den Red­ner zu einer längern Pause nötigte. Die französischen Ver­treter schienen von dieser unerwarteten Sympathiebewegung sehr angenehm berührt zu sein. Auch sonst finden die fran­zösischen Vertreter hier das freundlichste Entgegenkommen.

dachte nicht, daß zwischen dem Abend des einen Tages und dem Nachmittage des folgenden eine große Spanne Zeit liegt; Frist genug für ein banges Herz, das seine Pflicht erwägt und in dem allzu eifrigen Bemühen, keinen Fuß breit von dem Pfade des Rechtes abzuweichen, gar leicht den Mittelweg nicht einzuhalten weiß.

Ihno von Freidorf wäre am liebsten zur Thüre hinaus geeilt, ohne nur ein Wort an diejenige zu verschwenden, deren Wesen so rätselhaft, so unverständlich war. Aber er fühlte, daß er, daß er um nicht unhöflich zu erscheinen, noch etwas sagen mußte. So knüpfte er denn an ihre letzten Worte an und bemerkte ohne weitere Ueberlegung:

Ich dachte oft an meine damalige Unbesonnenheit und fürchtete, mein Rat könne für Sie verhängnisvoll gewor­den sein. Gott sei Dank, daß dem nicht so war! Wer seine Heimat an meines Vaters Herzen gefunden hat, er­scheint mir beneidenswert. Eben deshalb begreife ich auch nicht recht, warum ihm unser erstes Begegnen nicht mitge­teilt wurde, ist es doch in seinen Folgen für ihn selbst von nicht geringer Bedeutung geworden."

Kaum hatte er diese Aeußerung gethan, als er sie auch schon bereute; denn die sich auf Felicitas Zügen wieder­spiegelnde Wirkung war für ihn peinlich. Endlich ent­gegnete sie mit etwas veränderter Stimme:

Schon gestern abend erschien es mir, als ob Sie eine derartige Frage an mich zu stellen wünschten. Der kleine Vorfall aus meinen Mädchenjahren erschien mir indes zu unbedeutend und gar nicht der Erwähnung wert; jedenfalls würde es meine Sache gewesen sein, es zu thun. Ich war jedoch ermüdet und verschob es auf eine andere Zeit."

Wie, Sie gedächten", fragte Ihno erstaunt, brach jedoch sogleich wieder ab.

Was wollten Sie sagen?"

Gestatten Sie mir, den Gegenstand fallen zu lassen Frau Baronin."

Nein, ich wünschte jetzt, nachdem Sie einmal begonnen, auch ihre Meinung zu hören."

Verzeihen Sie, wenn ich dennoch schweige. Ich ehre die Gründe Ihres Handelns und weiß zur Genüge, daß die Zeiten sich geändert haben, und ich nicht mehr jene Felicitas in der Einsiedelei vor mir sehe, sondern die Gattin meines Vaters."

Allerdings; aber ich denke, diese hat auch das Recht, wenn nicht einen Befehl, so doch den bestimmten Wunsch auszusprechen, Ihre Ansicht zu erfahren. Ich will noch

In das definitive Bureau wurden Virchow, Lassar, Mar­tin, Bardeleben und Graf gewählt. Dem Herzog Karl Theodor von Bayern wurde der Vorsitz übertragen.

* Der Preußische Medizinalbeamten=Ver­ein, welcher hier gegenwärtig seine achte Hauptversamm­lung hält, zählt 472 Mitglieder. Regierungs- und Medi­zinalrat Dr. Wernich(Köslin) referierte über den histori­schen Entwickelungsgang im preußischen Medizinalwesen und die Frage: wie soll der Medizinalbeamte dem Staate und der Gesellschaft dienen. Medizinal=Assessor Dr. Wehmer bemerkte, auf dem Gebiete des Sanitätswesens herrsche ein förmliches Tohuwabohu von Polizeiverordnungen und be­klagte den Mangel einheitlicher Gesetze. Medizinalrat Dr. Siemens sprach über die Entwürdigung der Alkoholiker. Staat und Gesellschaft dürften in der Bekämpfung der Trunksucht nicht unthätig sein, ihre erste Sorge müsse sein: Bewahrung der Jugend vor Verwahrlosung, sittlicher Ver­rohung, Arbeitsscheu, Liederlichkeit und Unmäßigkeit, dann komme die Sorge für gesunde Wohnung, Nahrung durch wohlthätige Veranstaltungen, Einschränkung der Brannt­weinproduktion und=Verkaufes; direkt müsse die Trunksucht durch ein Trunksuchtsgesetz bekämpft werden, wofür be­dauerlicherweise nichts geschehen sei. Es sei notwendig, Alkoholiker ohne Rücksicht darauf, ob bei ihnen Geistesge­störtheit eingetreten sei oder nicht, zu entmündigen. Geh. Sanitätsrat Dr. Baer wollte dagegen lieber, daß Alkoholi­ker auf 1 bis 2 Jahre ins Trinkerasyl gesperrt würden; denn die Entmündigung mache den Entmündigten körper­lich tot. Kreisphysikus Dr. Plange(Ziegenrück) hielt einen mehr wissenschaftlichen Vortrag über Stuprozustände. Mor­gen wird Kreiswundarzt Dr. Razine(Essen) über die hygienische Seite der Arbeiterschutzgesetzgebung sprechen, wozu er folgende Thesen aufgestellt hat: 1. Die Bestim­mungen der Arbeiterschutzgesetzgebung, wie sie im allgemei­nen den Anforderungen der Hygieine entsprechen. 2. Ab­änderungsbedürftig erscheinen hauptsächlich nur die Bestim­mungen über die Beschäftigung von Frauen, speziell von Schwangeren, und über die Arbeit von Kindern und jugendlichen Arbeitern. 3. Die Festsetzung eines Normal­Arbeitstages läßt sich hygienisch nicht begründen, dagegen ist die Forderung eines Maximal=Arbeitstages diskutabel und dürfte als oberste Grenze der elfstündige Arbeitstag zu bezeichnen sein. 4. In Bezug auf die Wohnungs­hygiene sind zur Zeit die Anforderungen, die an die Woh­nungen der Arbeiter zu stellen sind, nicht erfüllt. Auch hier muß in Zukunft Abhülfe geschaffen werden. 5. Sollen die Bestimmungen der Arbeiterschutzgesetzgebung zur vollen Wirksamkeit gelangen, so bedarf es dazu der Mitwirkung der Medizinalbeamten und der praktischen Aerzte.

* DerReichs=Anzeiger" veröffentlicht heute die Ernen­nung des bisherigen außerordentlichen Gesandten in Buenos Aires Frhrn. v. Rotenhan zum Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt.

Das Gesetz betreffend die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres vom 15. Juni 1890 bestimmt im Wesent­lichen:§ 1. Die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres wird für die Zeit vom 1. Oktober 1890 bis zum 31. März 1894 auf 486983 Mann festgestellt. Die Einjährig=Frei­willigen kommen auf die Friedenspräsenzstärke nicht in An­rechnung.§ 2. Vom 1. Oktober 1890 ab werden die In­fanterie in 538 Bataillone, die Kavallerie in 465 Eska­drons, die Feld=Artillerie in 434 Batterien, die Fuß=Ar­tillerie in 31 Bataillone, die Pioniere in 20 Bataillone, der Train in 21 Bataillone formiert.§ 3. Die§§ 1 und 2 des Gesetzes betreffend die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres vom 11. März 1887 treten mit dem 1. Oktøber 1890 außer Kraft.

Von anscheinend unterrichteter Seite wird verbreitet, daß Se. Majestät der Kaiser an der Abfassung der Denkschrift über das deutsch=britische Abkommen, namentlich an ihrem einleitenden allgemeinen Teil persön­lichen Anteil habe.

Das erste Er gebnis des deutsch-englischen Abkom­mens ist ein gestriger Erlaß des Sultans von Zanzivar

weiter gehen; stellen Sie sich wieder jenes unerfahrene Mädchen vor, dieselbe Felicitas bittet Sie, ihr zu sagen, was in diesem Falle das Beste sein wird. Sehen Sie, ich begehre noch einmal den Rat eines Fremden und werde vielleicht seiner Entscheidung folgen, wie damals."

Ihno trat näher, dann sagte ernst und zögernd:

Nun denn, ich will thun, was Sie befehlen. Das Rechte wäre gewesen, es gleich mitzuteilen. Ich meine jedoch, was nicht zur rechten Zeit geschah, unterbleibt jetzt am besten immer."

Felicitas senkte das Haupt. Sie ergänzte im Stillen, was der Sprechende dachte, aber nicht laut hinzufügen wollte. Welchen vernünftigen Grund hätte Sie auch ihrem Gatten für diese Verspätung anführen können? Die an sich geringfügige Begebenheit würde eben dadurch in seinen Augen eine vielsagende Bedeutung gewinnen. Ihno hatte Recht; Schweigen war jedenfalls das Beste, schon deshalb, weil es ihr eine kleine Beschämung vor dem Gatten er­sparte.

In diesem Augenblicke erinnerte sie sich eines Lieblings­spruches ihres Vaters:Willst Du von zweien Dingen wissen, welches das Rechte? Nimmer ist es das Be­queme! Was Dir am meisten Mühe macht, das ist es! Das würde Dir's sogar, denn Du besiegst dadurch der Trägheit Quelle, Du besiegst Dein eigen Herz!" Und sie erwog in ihrem Innern, ob sie der leise mahnenden Stimme gehorchen sollte, und fragte sich, warum sie sich durch die Rede ihres Stiefsohnes verletzt und gedemütigt fühle.

Der junge Manne deutete ihr langes Schweigen richtig. Verzeihen Sie mir," begann er mit freundlichem Ernste, der rauhe Seefahrer hat die anmutige Form der Rede längst verlernt und giebt seinen Gedanken in vielleicht all zu gerader Weise Ausdruck. Der Verkehr mit der Herrin dieses Hauses möge in liebenswürdiger Nachsicht aus­gleichen, was jenem fehlt, und Sie manche schroffe Kante meines Wesens gütigst übersehen." Felicitas unterbrach ihn kalt:

Es bedarf keiner Entschuldigung, denn Sie erfüllten nur meinen Wunsch. Ich werde Ihrer Entscheidung fol­gen, weil ich es selbst so für am besten halte. Im übri­gen wollen wir beide nicht mehr eines längst vergangenen Tages gedenken, dessen Erinnerung wenigstens für mich durch manche damit verknüpften Umstände nicht besonders angenehm ist."

(Forts. folgt.)