Erkelenzer Kreisblatt
BESTANDHALTENDE INSTITUTION
BESCHREIBUNG VERFASST VON
Angelika Gwóźdź, M.A. (2025), Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
Geschichte und Entwicklung
Erkelenzer Kreisblatt (1854-1941)
Am 5. August 1854 erschien das Probeblatt des „Erkelenzer Kreisblatt“, das von Joseph Gregor Brandts in Erkelenz gedruckt und verlegt wurde. In seinen Anfängen erschien das Kreisblatt wöchentlich samstags, ab 1858 zweimal wöchentlich mittwochs und samstags. Unterstützt wurde Brandts von seiner Ehefrau Anna Maria, geb. Grothe, die 1879 verstarb . Nachdem Brandts sich noch selbst um die Redaktion gekümmert hatte, übertrug er diese Aufgabe 1875 seinem Neffen Peter Brandts. Dieser musste 1878 von seinem Posten zurücktreten, da er wegen „Beleidigung des Staatsministeriums“ inhaftiert wurde (Echo der Gegenwart, 26.1.1878). Bereits zuvor wurde er wiederholt vom Zuchtpolizeigericht zu Geldstrafen verurteilt (2.8.1876). Carl Wachtendung trat seine Stelle an. Peter Brandts übernahm 1931 den Verlag der Köln-Bergheimer Zeitung in Köln-Ehrenfeld 9.12.1931).
Das Ehepaar Joseph und Anna Maria Brandts adoptierte die verwaisten Nichten Josephine und (Anna) Maria Fischer-Brandts, die das Unternehmen nach dem Tod Joseph Brandts 1899 übernehmen sollten (6.1.1900). Diese hatten bereits seit ihrer Jugend in der Redaktion gearbeitet. Eine Woche darauf wurde das Unternehmen dem Sanitätsrat und Zentrumsmitglied Franz Hahn, mit dem Maria seit 1882 verheiratet war, überschrieben. Der Unternehmensname Joseph Brandts blieb erhalten. Maria und Josephine wurden als Prokuristinnen eingetragen. Carl Wachtendung schied aus der Redaktion aus.
Als Franz Hahn am 5. April 1915 verstarb, führte seine Ehefrau Maria Hahn das Unternehmen weiter und manövrierte es durch den Ersten Weltkrieg und wirtschaftliche Krisen. Carl Wachtendung kehrte als Redakteur zurück und blieb bis zu seinem Tod im Jahr 1928. Nachdem Hahns Sohn Joseph, ebenfalls Mitglied der Zentrumspartei, 1919 die Verlagsleitung übernahm, gestaltete sie weiterhin das Feuilleton und die Redaktion der unterhaltenden Beilagen. Für ihre Arbeit wurde sie mit der päpstlichen Auszeichnung „pro ecclesia et pontifice“ in Gold, dem Kriegsverdienstkreuz und der Ehrendenkmünze des Weltkrieges geehrt. Joseph Hahn erhielt den päpstlichen St. Gregoriusorden (Remscheider Zeitung, 25.07.1923).
Im September 1921 wurde das Unternehmen mit Maria Hahn und Joseph Hahn als gleichberechtigte Geschäftsführer*innen ins Handelsregister eingetragen. Ab dem 1. Oktober 1925 erschien das Erkelenzer Kreisblatt täglich außer sonntags und feiertags.
Walter von Karczewski wurde ab Dezember 1933 Redakteur beim „Erkelenzer Kreisblatt“ und blieb es auch nachdem er die Redaktion der „Heinsberger Volkszeitung“ übernahm. Ab dem 1. September 1934 bis zum 17. November 1936 unterstützte ihn Joseph Hahn als stellvertretender Hauptschriftleiter.
Am Abend der Kommunalwahl am 12. März 1933 besetzte die SA das Verlagsgebäude und verhinderte damit das Erscheinen des „Erkelenzer Kreisblatt“. Im Juli löste sich das Zentrum im Erkelenzer Land auf. Die Redaktion des Kreisblatts wurde zeitweise besetzt. Am 19. Februar 1935 starb Maria Hahn. Von 1938 bis 1941 wird Michael Jansen, der zuvor der verantwortliche Anzeigenleiter war, als Verlagsleiter genannt. Joseph Hahn ist in dieser Zeit nur noch Chefredakteur.
Am 31. Mai 1941 verkündete das Kreisblatt, dass es „im Einverständnis mit der Reichspressekammer mit dem benachbarten Jülicher Kreisblatt verbunden“ werde.
Jülicher Kreisblatt verbunden mit dem Erkelenzer Kreisblatt (1941-1944)
Am 3. Juni 1941 erschien das Kreisblatt unter dem Titel „Jülicher Kreisblatt verbunden mit dem Erkelenzer Kreisblatt“ und war fortan nur noch Nebenausgabe des „Jülicher Kreisblatt“ (1823-1944) mit eigener Redaktion in Erkelenz. Für die Hauptredaktion in Jülich war Jakob Friedrichs unter der Verlagsleitung von Ludwig Fischer verantwortlich. Das Kopfblatt wurde fortan unter „Aus Stadt und Kreis Erkelenz“ aufgeführt.
1944 wurde Joseph Hahn im Zuge der Aktion „Gitter“, in der ehemalige Reichstagsabgeordnete und Politiker demokratischer Parteien verfolgt wurden, verhaftet. Er wurde in ein Aachener Gefängnis eingeliefert und anschließend in das Arbeitserziehungslager in den Messehallen Köln-Deutz verschleppt. Nach einem Bombenangriff wurden die Gefangenen ins Barackenlager Müngersdorf verlegt, das Hahn am 20. Oktober 1944 verlassen durfte. Bereits einen Monat später starb er an den Folgen der Haft.
Mit Hahns Verhaftung erschien auch die letzte Ausgabe des „Jülicher Kreisblatt verbunden mit dem Erkelenzer Kreisblatt“.
Titel:
- 1854 „Erkelenzer Kreisblatt“
- Ab 2. Oktober 1915 „Erkelenzer Kreisblatt Erkelenzer Zeitung Erkelenzer Volkszeitung“
- 1917 „Erkelenzer Kreisblatt. Erkelenzer Zeitung : Erkelenzer Volkszeitung. Amtliches Kreisblatt“
- Spätestens 1929 „Erkelenzer Kreisblatt : Erkelenzer Zeitung : Erkelenzer Volkszeitung. Amtliches Kreisblatt für den Kreis Erkelenz“
- Ab 1940 „Erkelenzer Kreisblatt. Erkelenzer Zeitung : Erkelenzer Volkszeitung. Hückelhovener Zeitung“
- 1941 „Jülicher Kreisblatt verbunden mit dem Erkelenzer Kreisblatt“
Personalia:
Josef Brandts, Peter Brandts (stellv. 1875), Anna Maria Brandts, Josephine Fischer-Brandts, Maria Hahn, Franz Hahn (1900), Carl Wachtendung (1878-1900, 1915-1917, 1924-1928), Igna Maria Jünemann (1917-1919), H. J. Hahn (1919-1922), Michael Jansen, Joseph Hahn (1919-1941), Walter von Karczewski (1933-1936), Anton Ruhnau (1938)
Inhalte und politische Ausrichtung
Katholisch-konservativ, später zentrumsnah mit personellen Überschneidungen.
„Das Erkelenzer Kreisblatt hat stets einen katholischen Charakter bewahrt und nach Entstehung der katholischen Partei und des Zentrums sich der Politik dieser auf Erhaltung des katholischen Glaubens und zum Schutze der katholischen Kirche hinzielenden politischen Partei angeschlossen und sie verteidigt.“ (Jubiläumsausgabe 1929)
Anfänglich positionierte sich das „Erkelenzer Kreisblatt“ kritisch gegenüber den Nationalsozialisten und kritisierte u.a. die Bestrebungen des Hugenberg-Konzerns den Pressemarkt zu dominieren (12.10.1929). Nach 1933 waren die Artikel deutlich nationalsozialistisch gefärbt und Bekanntmachungen der NSDAP wurden veröffentlicht. Jedoch wurde weiterhin über katholische Verbände und Jugendverbände berichtet, sodass die Zeitung zum Ziel von Anfeindungen der Nationalsozialisten wurde.
Inhalt: Fruchtpreise, Geldkurse, Handelsnachrichten, Politische Rundschau, Gemeinnütziges (Viehfütterung), Verschiedenes, Gedicht, Lokales, 1-2 Seiten Annoncen. Jeder Ausgabe waren die Marktpreise und die Handelsnachrichten vorangestellt. Amtliches Publikationsorgan für Behörden, Amtsgerichte im Kreis, Bekanntmachungen im Handelsregister und Genossenschaftsregister, Bekanntmachungen des Stadtrates, Notariate, Banken und Aktiengesellschaften.
Im 20. Jahrhundert vereinzelte Sportmeldungen unter „Vermischtes“, ab 1920 dann mit eigener Sportrubrik „Spiel und Sport“. Ab 1925 manchmal ganzseitig mit wechselnden Titeln: Sport vom Sonntag. 1926 Sport Rundschau. 1936 zweiseitige Sport Zeitung.
Periodizität, Auflage und Format
1854 einmal wöchentlich samstags in kleinerem Format. Bereits ab 5. April 1856 erschien die Zeitung in vergrößertem Format mit 4 Seiten. Am 3. April 1858 wurde angekündigt, dass das Kreisblatt in größerem Format zweimal wöchentlich, samstags und mittwochs morgens herausgegeben werde.
Ab 1915 drei mal pro Woche, dienstags, donnerstags, samstags.
Ab 1925 tägliches Erscheinen.
Auflage
- 1859: „nunmehr 2500 Abonnenten in den Kreisen Erkelenz, Heinsberg, Geilenkirchen, Jülich, Bergheim, Grevenbroich, Neuß, Gladbach und Kempen“
- 1902: 4.000
- 1929: 4.500
- 1934: 2.750
- 1939: 3.500
Beilagen
Erkelenzer Zeitung (1877-1915)
Ab August 1877 wurde dem „Erkelenzer Kreisblatt“ die „Erkelenzer Zeitung“ samstags beigelegt, mit der Ankündigung, dass diese die Samstagsausgabe des Kreisblatts ersetzen solle. An diesem Vorhaben wurde allerdings nicht festgehalten, denn bereits am darauffolgenden Samstag lag die „Erkelenzer Zeitung“ dem „Erkelenzer Kreisblatt“ bei. Das Blatt konnte auch einzeln bezogen werden. Im darauffolgenden Jahr erschien die „Erkelenzer Zeitung“ zweimal wöchentlich als Beilage des „Erkelenzer Kreisblatt“ (22.12.1877). Vermutlich erschien die letzte Ausgabe am 25. September 1915. Da vor allem die politischen Nachrichten und später auch Handelsnachrichten in die „Erkelenzer Zeitung“ verlagert wurden, fungierte sie eher als zweites Blatt als als bloße Beilage.
Möglicherweise wollte Brandts den Titel besetzen, denn bereits 1871 soll es eine gleichnamige Zeitung aus einem fremden Verlag gegeben haben. Deutlicher wurde dies, als die Herausgabe der Beilage eingestellt und der Titel stattdessen in den Untertitel des „Erkrather Kreisblatt“ aufgenommen wurde.
Inhalt: Wochenrückblick, politische Rundschau, Vom Kriegsschauplatze, Rheinland-Westfalen, Volkswirtschaftliches, später auch Handelsnachrichten.
Erkelenzer Volkszeitung (1895-1915)
Ähnlich verhielt es sich bei der Erkelenzer Volkszeitung: Von 6. September 1877 bis Juli 1878 erschien eine „Erkelenzer Volkszeitung“, zunächst als „ultramontanes Organ“ und bald als „Katholisches Organ für die Kreise Erkelenz und Heinsberg“, im Verlag von Jacob Klein in Erkelenz (29.12.1877). 1894 erschien eine „Kreis-Erkelenzer Zeitung“, die von Josef Schlesiger in Mönchengladbach herausgebracht wurde. Bereits ein Jahr später wurde sie mit dem „Gladbacher Merkur“ verbunden (Gladbacher Merkur, 6.4.1895).
Joseph Brandts brachte am 6. Juni 1894 die „Erkelenzer Volkszeitung. Billiges Localblatt für Stadt und Land“ mittwochs als Beilage zum „Erkelenzer Kreisblatt“ unter der Redaktion von Carl Wachtendung heraus. Sie hatte ein wesentlich kleineres Format als die „Erkelenzer Zeitung“. Ab 1901 als „Beilage zur Unterhaltung und Belehrung“. Auch diese wurde Ende September 1915 eingestellt und stattdessen in den Untertitel des „Erkelenzer Kreisblatt“ aufgenommen.
Inhalt: Erzählungen, Gedichte, sozialpolitisches, Landwirtschaftliches, Anzeigen
Auflage 1902: 3.500
Weitere Beilagen
- „Im Familienkreise“ 1891
- „Unterhaltung und Belehrung : Beilage zum Erkelenzer Kreisblatt“, hrsg. v. J. Brandts [1915-1940]
- „Heimatblätter : Monatsschrift für Heimatkunde herausgegeben in Verbindung mit dem Erkelenzer Geschichts- u. Altertumsverein“, Bis 1921 bis 1944 Joseph Hahn verlegt
- „Sonntagsblatt : Beilage zum Erkelenzer Kreisblatt“, Verlag J. Brandts [1928-1929]
- „Sonntags-Zeitung : wöchentliches Sonntagsblatt“, Verlag J. Brandts [1929-1931]
- „Landmanns Sonntagsblatt“, Ökonomierat Grundmann, Neudamm
- „Aus dem Reich der Frau“
- Probenummer: Wochenschrift des volkswirtschaftlichen Vereins für Rheinland, Nr. 1, 12. Juli 1877, Red. J. Broir aus Neuß, Verlag der Gesellschaft für Buchdruckerei zu Neuß
- In der Jubiläumsausgabe von 1929 wurde eine Kopie des Prospektus beigelegt.
Nebenausgaben
Hückelhovener Zeitung
Literatur und Quellen
- 75 Jahre Erkelenzer Kreisblatt, Jubiläumsausgabe 3. August 1929 mit Kopie des Prospektus
- 80 Jahre Erkelenzer Kreisblatt, in: Erkelenzer Kreisblatt vom 4.8.1934
- 85 Jahre Erkelenzer Kreisblatt, in: Erkelenzer Kreisblatt vom 5.08.1939
- Zum 50jährigen Berufsjubiläum des Redakteurs Carl Wachtenung, in: Erkelenzer Kreisblatt vom 31.03.1928
- Nachruf an Frau Sa.-Rat Dr. Franz Hahn, in: Erkelenzer Kreisblatt vom 20.2.1935
- Joseph Hahn, in: Wikipedia
- Igna Maria Jünemann, in: Wikipedia
- Route gegen das Vergessen. In Erkelenz, archiviert
- Merkens, Günther: Dr. Joseph Hahn, in: Virtuelles Museum Erkelenz, 2025
- Merkens, Günther: Als die Zeitung nach Erkelenz kam, in: Virtuelles Museum Erkelenz, 2025
- Jahrbuch der Tagespresse. Berlin: Duncker, 1928 und 1930
- Handbuch der deutschen Tagespresse. Leipzig Frankfurt, M: Armanen-Verl, 1932, 1934 und 1944.
- Kürschner, Joseph: Handbuch der Presse für Schriftsteller, Redaktionen, Verleger, überhaupt für alle, die mit der Presse in Beziehung stehen. Hilger, 1902.
- Sperlings Zeitschriften-Adressbuch: Handbuch der deutschen Presse. Leipzig: Verl. d. Börsenvereins d. Dt. Buchh, 1929, 1933 und 1935.