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früher unter dem Titel:
Erscheint: Montags, Mittwochs, Freitags und Sams=„„„ Die Insertions=Gebühren für eine fünsspalt
Nr. 96. 1 P. 35 pig, auf alen K. Postankalten 1 N. 30pg. Treitag, 20. Junli 1884. Gresesgote ancd Gelder werden steaneg erbeien. 36. Jahig.
Bergisches Volks=Blatt.
* Bestellungen auf das 3. Vierteljahr 1884 baldigst erbeten. Die Expedition.
Tagesgeschichte.
Deutschland.
Ems. Der Kaiser setzt seine Trinkkur in erwünschter
Die Kaiserin ist gestern Nachmittag in Coblenzeingetroffen.
Reichstag.(Mittwoch.) Die zweite Berathung des #rbeiter=Unfall=Versicherungsgesetzes wurde bei§ 9 fortgelsetzt. Für den Antrag der Freisinnigen„Aufnahme der #rivatversicherung in das Gesetz“, sprachen Abgg. Richterhagen, Barth, Payer und Schrader. Dieselben führten luus daß sich die Privat=Versicherung bewährt hätte, daß Unfall=Versicherungs=Actien=Gesellschaften im Durchschnitt uicht nur keine hohen Dividenden erzielt hätten, sondern im Gegentheil mit Verlust arbeiteten und daß dieselben ausreichende Sicherheit böten. Aber auch wenn die UnfallVersicherung lucrativ wäre, so würde das doch kein Grund sen sie zu verstaatlichen. Die freisinnigen Redner polemiirten gleichzeitig gegen die Nationalliberalen, welche ihren früheren Standpunkt dem Willen des Reichskanzlers ge
#pfert hätten. Die Abgg. Buhl und Oechelhäuser wiesen die gegen sie erhobenen Angriffe zurück und plaidirten für ene bedingte Zulassung privater Rückversicherung. Minister von Bötticher und Abg. von Maltzahn=Gültz sprachen für Ausschluß privater Versicherung, insbesondere mit Rücksicht darauf, daß die Berufsgenossenschaften eine größere Garantie gewährten als die Privatversicherung, die überdies vor Allem den Gewinn im Auge habe. Auch sei keine Form so wie diese zur Unfallverhütung geeignet. Ueber Schluß der Debatte wird auf Antrag Richters, der zum dritten Mal sprechen wollte, um den Ausführungen des Staatssekretär v. Bötticher entgegenzutreten, durch Namensaufruf abgestimmt. Schluß der Debatte wurde mit 128 gegen 104 Stimmen angenommen und darauf die Anträge der Freisinnigen mit 170 gegen 68 Stimmen abgelehnt. § 9 fand mit einem vom Abg. von Maltzahn=Gültz beantragten Zusatz, im Uebrigen unverändert, nach den Commissionsbeschlüssen Annahme. Berathung wird morgen fortgeietz
(Donnerstag.) Die Spezialberathung des UnfallVersicherungs=Gesetzes wurde bei§ 10, der das Umlageverfahren einführt, fortgesetzt. Abg. Sonnemann bekämpfte das Umlageverfahren als ein unsolides. Abg. LeuschnerEisleben wies dagegen auf die Jahrhunderte langen guten Erfahrungen mit dem Umlageverfahren bei den Knappschaftskassen hin. Abg. Dr. Hirsch meinte, in Krisen werde immer das Reich eintreten müssen, und das Umlageverfahren sei deshalb identisch mit dem Reichszuschuß. Staatsminister von Bötticher bemerkte, der bekannte Fall Pampel
habe zur Genüge gezeigt, wie auch das Deckungsverfahren, das Vorredner allein für solid hielt, versagen könne. Die Abgg. Barth und Löwe traten dem Umlageverfahren entgegen. Schließlich wurde§ 10 unverändert angenommen, ebenso§§ 11—17,§ 18 findet mit einem von den Nationalliberalen beantragten Zusatze Annahme, wonach auf Antrag des Genossenschaftsvorstandes die Genossenschaftsversammlung jederzeit weitere Zuschläge zum Reservesond beschließen kann.§§ 19—32 wurden unverändert ange
nommen.§ 33(Reichsgarantie) wurde mit großer Majorität genehmigt. Die§§ 34—40 wurden debattenlos genehmigt.
Der Bundesrath hat gestern die neue BörsensteuerVorlage mit den vom Ausschuß vorgenommenen Abänderungen angenommen. Darnach wird die Abgabe erst bei Waarengeschäften von mehr als 10000 M.— die ursprüngliche Fassung lautete auf 1000 Mark— erhoben. Auch bleiben Geschäfte über Waaren, welche von einem der Contrahenten selbst handwerks= oder fabrikmäßig hergestellt sind, von der Steuer ausgeschlossen.
Staatsminister von Bötticher erwiderte auf die Eingabe des Vorstandes der freien Organisation junger Kaufleute, worin die Nothwendigkeit der Vertretung der Handelsgehülfen in den Handelskammern oder ähnlichen Körperschaften begründet wird, ein principieller Gegensatz der Interessen in dem Verhältniß der Handlungsgehülfen zu den selbstständigen Kaufleuten könne sich in dauernder Weise nicht entwickeln und damit fehle jede Unterlage für die Förderung der Handlungsgehülfen, eine besondere Vertretung ihrer Interessen in öffentlich autorisirten Körperschaften zu bewilligen.
Zu der Attentatsnachricht des„Berl. Tagebl.“ bemerkt neuerdings die„Wes.=Ztg.“ in einer aus Bremen datirten Notiz:„In der Angelegenheit des geplanten Attentats auf den Kaiser haben wir das negative Resultat unserer hiesigen Erkundigungen mitgetheilt. Inzwischen erfahren wir doch von zuverlässiger Seite, daß vor vier Wochen, als der Dampfer„Neckar“ von New=York ankam, hier und in Bremerhaven ein Commissar und ein Wachtmeister der politischen Polizei aus Berlin mehrere Tage anwesend waren und eifrig auf ein mit jenem Dampfer erwartetes Frauenzimmer und dessen Gepäck fahndeten. Der Polizei hier und in Bremeryaven scheint das nicht bekannt geworden zu sein. Die Nachforschung soll jedoch nur ein
negatives Resultat ergeben haben, die in Elberfeld verhaftete Person vielmehr in Holland gelandet sein und zwar mit einem Dampfer, der gleichzeitig mit dem„Neckar“. New=York verlassen hat. Die Nachricht des Berl. Tabl.“ scheint demnach doch nicht aus der Luft gegriffen zu sein.“
In parlamentarischen Kreisen wird versichert, daß der Kaiser dem Wunsch des Fürsten Bismarck, von dem Preu
ßischen Ministerpräsidenten=Posten enthoben zu werden, nicht entsprochen habe.
Rheinisch=Westfälisches.
Solingen, den 19. Juni. Auf Antrag des Presbyteri der evang. Gemeinde ist von dem Vorstande des Missionsvereins im oberen Kreise Solingen beschlossen worden, das Jahresfest des Vereins an einem der nächsten Sonntage in Solingen zu feiern und als Festprediger Herrn Pastor Schmidt in Deutz einzuladen.
r Solingen. Auf der Kaiserstraße wurde am Mittwoch Nachmittag ein des Weges kommender Arbeiter dadurch, daß ein Ziegelstein vom Dache eines Hauses herunterfiel, ziemlich erheblich an der Schulter verletzt. Der Getroffene ist in's Krankendaus überführt worden.
* Solingen. Am Dienstag Nachmittag ist auf der untern Kölnerstraße ein Mann aus Höhscheid, wie von Augenzeugen mitgetheilt wird, durch eignes Verschulden von einem Wagen überfahren worden. Der Unfall verlief indeß glücklich, die Räder gingen auf beiden Seiten an dem Manne vorbei, und er kam mit einigen Schrammwunden davon.
— Von amtlicher Seite wird das reisende Publikum ersucht, die Feststellung seiner Rundreisetouren und Bestellung der Rundreisebillets nicht bis zum letzten Augenblick aufzuschieben, da dadurch die prompte Erledigung erschwert wird.
* Gräfrath. Der„Elberfelder Singverein" beging hier am Sonntag im Gasthof zur Post die 18. Jahresfeier seines Bestehens.
* Wald. Bei einer Kegelpartie kam es Montag zu Demmeltrath unter den Theilnehmern zum Streite, wobei mit Biergläsern einander auf die Köpfe geschlagen und mehrere Personen nicht unerheblich verletzt wurden.
Elberfeld. Der nationalliberale Parteitag für Rheinland=Westfalen ist auf Sonntag den 13. Juli einberufen.
Köln, 17. Juni. Gestern Abend wurde die Frau eines hiesiges Stabsoffiziers als Leiche aus dem Rheinhafen gezogen.
Oberkassel. Der Mörder der Frau Justizrath Carstanjen, Peter Dahlhausen, ist ein 28 Jahre alter verheiratheter Mensch; er ist von schmächtiger aber sehniger Gestalt, hat blonden Haarwuchs und ist Soldat gewesen. Zuletzt war er als Tagelöhner in Königswinter beschäftigt. Die Entdeckung des Mörders wurde indirekt dadurch herbeigeführt, daß er den Tag vor dem Morde in Königswinter einen Wäschediebstahl verübt hatte. Gendarm Müller nahm, weil Dahlhausen am Abend, wo der Diebstahl verübt worden, mit einem leeren Sack in der Nähe gesehen worden war, am Freitag Morgen in der Wohnung des D. zu Vinxel eine Haussuchung vor, fand Theile der gestohlenen Wäsche und außerdem blutige Wäsche des Dahlhausen. In Erbsen versteckt fand sich noch eine neue Cylinderuhr vor. Dahl
Irrenhause.
4) Roman von Ewald August König.
Der Wirth nickte und eilte hinaus; aber draußen mußten doch wohl Bedenken in seiner Seele aufgestiegen sein, denn als er zurückkehrte, sah er seinen Gast forschend an. „Ich weiß nicht,“ sagte er, während er das Glas füllte, sich meine fast, ich müsse Sie schon früher einmal gesehen haben.“
„Ganz recht,“ erwiderte Alfred in heiterem Tone,„ich habe Sie früher auch schon gesehen.“
„Also doch! Mit wein habe ich die Ehre?“ „Geduld, Herr Bochner. Sie waren früher Kammerdiener bei dem alten Herrn Frohberg.“
„O, das ist schon lange her.“
„Vielleicht fünfundzwanzig Jahre.“
„Ja, so lange kann's sein. Als der alte Herr todt war, konnte ich mich nicht entschließen, in die Dienste seines Erben zu treten—“
„Weshalb nicht?“
„Na, es waren da dunkle Geschichten vorgefallen, über die ich nicht gern spreche.“
„Und da etablirten Sie diese Wirthschaft, nicht wahr?“ „Fa, ich heirathete Fränzchen, das Stubenmädchen
Ees alten Herrn; wir hatten Beide etwas erspart, und unser Herrgott half weiter.“
„Sie sind also zufrieden?“ sagte Alfred, während er Glas füllte.“
Ich würde eine Sünde begehen, wenn ich sagen wollte, 9 sei es nicht,“ erwiderte der Wirth.„Wir haben vor Be. Tagen unsere silberne Hochzeit gefeiert, wir sind Eeide gottlob noch rüstig und gesund und haben unser auskommen; was wollen wir mehr verlangen?“
„Recht so!“ sagte Alfred.„Zufriedenheit ist eine Hauptund auch wohl die erste Bedingung menschlichen uung“ Und nun sehen Sie mich einmal scharf an,— kennen Sie mich wirklich nicht mehr?“
Der Wirth schüttelte das Haupt.
Züge erinnern mich an einen Bekannten, erwiderte er,„aber
sie einmal nach,— es sind jetzt acht Jahre eestrichen, seitdem ich diese Stadt verließ, damals zählte siebenzehn—“
„Herrgott, Alfred Brand!“ rief der Wirth erstaunt.
„Alfred Frohberg, Herr Bochner.“
„Ihre Mutter hieß Brand—“
„Und mein Vater hieß Frohberg,“ sagte der junge Rann scharf.„Ich hoffe, Sie zweifeln nicht daran.“ „Nein, aber—“
„Lassen wir jetzt jedes„„aber““ beiseite, ich bin geommen, um mit Ihnen ein Stündchen zu verplaudern, und war über eine Angelegenheit zu plaudern, die mich aus lmerika hierher zurückgeführt hat.“
„Nein, was Fränzchen sagen wird!“ rief der Wirth, er sich von seiner Ueberraschung noch nicht erholen konnte. „Wer hätte gedacht, daß wir Sie noch einmal wiedersehen vürden! Damals glaubten Sie es selbst nicht.“
„Doch, ich glaubte es,“ fiel Alfred ihm in die Rede. „Ich wußte ja, daß ich zurückkehren mußte, um mir über ene Angelegenheit Klarheit zu verschaffen. Und darin sollen
Sie mir beistehen."....
„Herzlich gern, so viel ich es vermag. Aber warten
Sie, ich muß meine Frau rufen, sie würde mir böse wer
sen, wenn ich es nicht thüte.“ M.„(arn r.
Der Wirth stand schon an der Thüre, er öffnete sie „Fränzchen!“, rief er hinaus, und gleich darauf trat ein benso kleine, beleibte lebhafte Gestalt, wie er selbst war
das Gastzimmer.„24 f.21t. Bochner lichelnd
„Kennst Du ihn noch fragte Bochner lächelnd. „Den Herrn da?“ erwiderte die kleine Frau, die klugen lugen auf Alfred heftend.„Nein Lambert, mit Bestimmtheit könnte ich es nicht behaupten.“
„Er ist ja Herr Alfred Brand!“„ 66
„Herr Alfred Brand?“ rief Frau Bochner levyaft, indem sie auf den jungen Mann zutrat und ihm die Hand reichte.„Ei, ei, wie groß Sie geworden sind! Herr Brand ist etwas größer und auch stärker gebaut, wie unser Hugo, nicht wahr, Lambert?“
Der Wirth nickte, sein freudeleuchtender Blick ruhte och immer auf Alfred, der jetzt der kleinen Frau erklärte,
daß er den Namen seines Vaters führte, was die Wirthin
ganz in der Ordnung zu finden schien.
„Wie ist es Ihnen drüben ergangen?“ fragte sie.
„Ich danke,“ erwiderte der junge Mann,„ich habe
„Schäze erworben““ warf Bochur ein
„Das gerade nicht, aber für die Arbeit, die Strapazen
und Anstrengungen, die ich drüben fand, ist mir reicher Lohn zu Theil geworden.“
„Ja, das findet man oft,“ sagte die kleine Frau redselig,„arm gehen die Leute hin, und reich kommen sie zurück“
„Doch nicht immer,“ erwiderte Alfred lächelnd,„im Gegentheil, nur immer in seltenen Fällen. Wer hier arbeiten will, kann mit Fleiß und Sparsamkeit ebenso weit kommen, wie drüben auch; in Amerika wachsen die Goldstücke auch nicht an den Bäumen.“
Der Wirth lachte und nickte seiner Frau schmunzelnd zu, er schien über dasselbe Thema schon oft mit ihr geredet zu haben
„Jetzt bleiben Sie aber wohl in Europa, nicht wahr?“ fragte er.
„Ich weiß das noch nicht, es kommt darauf an, in welcher Weise die Angelegenheit, die mich hierher führt, sich aufklärt. Diese Angelegenheit betrifft den traurigen Unglücksfall, der noch vor meiner Geburt meinem Vater begegnete, Sie werden sich desselben wohl erinnern.“
„Und ob!“ sagte Bochner.„So klar und deutlich, als ob es gestern passirt wäre.“
„Es wäre mir sehr lieb, wenn Sie mir über Alles, was darauf Bezug hat, recht ausführliche Mittheilungen machen wollten.“
„Herzlich gern,“ erwiderte der Wirth. Aber wir wollen in unsere Wohnstube gehen, Fränzchen, dort sind wir ungestört; wenn inzwischen Gäste kommen, kann Hugo sie bedienen.“
Alfred folgte gern den biederen Leuten; sie waren die Ersten, die an seinem Geschick so lebhaften und herzlichen Antheil nahmen.
Lambert Bochner nöthigte ihn, den Ehrensitz auf dem Sopha einzunehmen, dann ergriff er sein Glas und stieß mit ihm an.
„Also noch einmal: Willkommen in der Heimath!“ sagte er in seiner herzlichen gewinnenden Weise.„Weshalb Sie hierher gekommen sind, weiß ich noch nicht, aber ich wünsche, daß Ihre Hoffnungen sich erfüllen mögen. Fränzchen wünscht das auch! Finden Sie, daß meine Frau sich verändert hat?“
„Nicht im Geringsten!“ erwiderte Alfred, den ein freundliches Lächeln der kleinen Frau belohnte.(Forts. folgt.)