N 121.

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Wald, Dienstag den 15. Oktober 1872.

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Politische Tagesschau.

In der hohen Politik ist wieder Stille eingetreten, da seit der Berliner Kaiserzusammenkunft die wichtigen Fragen in den Hintergrund getreten sind. Eine orientalische Frage giebt es nicht mehr und der Raubzug der Montenegronier auf türkisches Gebiet ist nicht dazu geeignet, als Handhabe zur Wiederaufwärmung dieser Frage zu dienen. In Peters­burg und Wien ist man auch nicht gesonnen, sich irgend­wie in orientalische Verhältnisse einzumischen. Da wir mehr und mehr der Eröffnung des Landtages entgegen sehen, so beginnen die Blätter sich mit den Vorlagen für denselben zu beschäftigen. Bei dieser Gelegenheit erfahren wir, daß im Ministerium des Innern eine Zusammenstellung der Ein­nahmen und Ausgaben und Vermögensverhältnisse der Kreis­Provinzial= und landständischen Verbände der sechs östlichen Provinzen der preußischen Monarchie angefertigt worden sei, welche als Material zur Berathung der Kreisordnung an den Landtag gelangen solle. Auch die Vorlagen für den Bundesrath werden eingehend besprochen. Es sind dies hauptsächlich Steuerfragen und über die in dieser Richtung zu erwartenden Vorlagen heißt es, daß die Aufhebung der Salzsteuer beschlossene Sache sei. Zur Ausgleichung des dadurch entstehenden Einnahmeausfalls hat man eine an­derweitige Besteuerung des Tabaks in das Auge gefaßt. Es steht indessen darüber nur so viel fest, daß die jetzt be­stehende Bodensteuer in eine bewegliche Ertragssteuer umge­wandelt werden soll. Mit Bestimmtheit wird aber behaup­tet, daß von Einführung des Tabaksmonopols in keiner Weise die Rede ist. Die Einführung einer Reichsgewerbe­steuer ist vorläufig nicht in Aussicht genommen. Kaiser Wilhelm befindet sich noch in Baden=Baden und gedenkt von dort nach Berlin zurückzukehren, um dann an den großen Herbstjagden-Theil zu nehmen. Fürst Bismarck weilt in Varzin, wo sich Herr von Keudell von ihm verabschiedet hat, um seinen Posten als Gesandter des deutschen Reiches in Constantinopel anzutreten. Die Stellung desselben dürfte im Laufe der Zeit eine sehr wichtige werden.

In Oesterreich beschäftigt sich die öffentliche Mei­nung lebhaft mit Budgetfragen. Die Delegation des Reichs­rathes hat sich bis jetzt nicht sehr entgegenkommend in Be­zug auf gewisse Forderungen für die Armee bewiesen.

Novelle von J. Krüger.

(Fortsetzung.)

Drittes Kapitel.

Die Jugendgespielen.

Der Verbannte hatte den ihm genaunten Pachthof aufgefun­den und das von seinem Cousin empfangene Billet dem Pächter überreicht. Vater Chaland hatte es gelesen, und da er dem Guts­herrn gern gefällig sein mochte, mit der Zustimmung seiner gut­herzigen Frau, dem Fremden eine kleine Hinterstube im oberen Stocke seines Hauses eingeräumt.

Der arme Kerl, sagte er in seiner derben Ausdrucksweise, scheint eine weite Wanderung gemacht zu haben. Er ist mager zum Gotterbarmen. Man kann ihm das Evangelium durch die Backen lesen. Na, wir sind ja nicht arm, wollen ihn schon heraus­füttern, wenn ihm der Appetit nicht fehlt. Jedenfalls ist er kein Vagabund, sonst würde Herr Bodinet ihn nicht empfohlen haben und ein gutes Kostgeld zahlen wollen.

Noch denselben Tag, nahe vor dem Untergange der Sonne, die an diesem Frühlingstage ungewöhnlich warm geschienen, traf der von Paris erwartete Sohn der Pächterleute bei ihnen ein.

Frederic hatte die Reise, einen kleinen Ränzel auf dem Rücken, zu Fuß gemacht. Er nußte, welchen Mühen und Sorgen es sei­nen Eltern gekostet, ihm das Studiren in Paris zu ermöglichen und hatte jede unnütze Ausgabe vermeiden wollen.

Mit welchem Jubel Vater und Mutter den hochgewachsenen hübschen Jüngling empfingen, kann man sich leicht vorstellen. Als sie ihn zuletzt gesehen, war sein Kinn noch glatt gewesen, jetzt war es von einem dunklen krausen Bart umrahmt, der ihm ein fast männliches Aussehen gab.

Die Augen der Mutter flossen von Freudenthränen über, als sie den wohlgerathenen Sohn in ihre Arme schloß; war es doch ihr einziger, der Stolz ihres Lebens, ihre Hoffnung für die Zu­kunft, und auch der Vater, obgleich eine derbe, rüstige Natur, mußte sich mehr als einmal die Augen wischen, als Frederic beim Abendbrod erzählte, daß die Liebe zu seinen Eltern hauptsächlich der Sporn gewesen, der ihn zum Fleiße angetrieben und auch ferner antreiben werde eine Stellung in der bürgerlichen Gesell­schaft zu erringen, die seine Lieben gegen alle Wechselfälle des Daseins sichern würde.. u. Gr###n und Gutn

Während des Gesprächs, wo vielfache Fragen und Antworten unter den Glücklichen ausgetauscht wurden, vermied der junge Mann es, die Rede auf die Familie Bodinet und vor Allem auf Agnes, die kleine Freundin seiner Jugend, zu bringen. Die er­sten Stunden unter dem heimathlichen Dache, an der Stätte, wo

Die französische Presse beschäftigt sich mit den Auswanderungen aus Elsaß-Lothringen. Die meisten Blät­ter sind der Ansicht, daß die gesammte Bevölkerung das Land

verlasse, wenn sie gekonnt hätte. Es werden auf allen Sei­ten Unterstützungen für die in Paris Ankommenden gesam­

melt. Ob dieses aber dauernd geschieht, muß abgewartet werden.

Italienische Blätter haben einen Brief Garibaldi's veröffentlicht, aus dem hervorgeht, daß er von seiner Fran­zosenfreundschaft und seinem Deutscheuhasse zurückgekommen ist. Er sagt unter Anderm:Es gibt nur eine Regierung in Europa, die das Lob aller vernünftigen Leute verdient und Bismarck verdient die Dankbarkeit der ganzen Welt.

Berlin, 12. Okt. Aus den Mittheilungen derPro­vinzial=Corresp. ist besonders nachstehender Artikel von Inte­resse, welchen wir seinem ganzen Wortlaute nach wiedergeben: Am 21. Oktober erreicht die Vertagung des Landtages ihr Ende, und beide Häuser werden unverweilt ihre Arbeiten wieder aufnehmen können. Im Herrenhause wird den sachlichen Berathungen nur die Wahl eines neuen ersten Präsidenten vorhergehen müssen, welche auf den 22. Oktober angesetzt ist. Wenn es unter allen Umständen schwer sein würde, dem früheren Präsidenten dem verewigten Grafen Eberhard zu Stolberg=Wernigerode, einen ebenbür­tigen Nachfolger zu geben, so wird grade unter den jetzigen Verhältnissen, wo das Herrenhaus vor Entscheidungen von der größten Bedeutung steht und wo dem vermittelnden Einflusse eines tüchtigen und allseitig in Ansehen stehenden Präsidenten eine große Aufgabe zufallen wird, die Wahl von besonderer Wichtigkeit sein. Unmittelbar nach der Prä­sidentenwahl wird das Herrenhaus in die Beralhung der Kreisordnung eintreten können, der Bericht der Com­mission sich befindet schon seit Monaten in den Händen aller Mitglieder. Es wird eine Ehrenpflicht für das Herrenhaus und für alle Parteien in demselben sein, die Berathungen, für deren Fortführung so außergewöhnliche parlamentarische Veranstaltungen getroffen worden sind, jetzt derart zufördern, daß für die schließliche Vereinbarung zwi­schen beiden Häusern volle Zeit bleibt. Die Staatsregierung legt in ihrer Gesammtheit den entschiedensten Werth auf die nunmehrige Durchführung der bedeutsamen Reform, in wel­cher zugleich die Grundlagen für eine wahrhafte communale Selbstverwaltung enthalten sind. Sie wird, Dank der gün­stigsten Finanzlage, im Stande sein, der selbstständigen pro­vinziellen Verwaltung jetzt weitere finanzielle Grundlagen darzubieten. Um so entschiedener darf sie darauf rechnen,

er sich so unaussprechlich wohl fühlte, sollten ganz seinen Eltern gewidmet sein..!. ur deum I hatl: a Lim a.

Ermüdet von der Fußtour, denn er hatte an dem Tage vier Meilen gemacht, begab er sich frühzeitig auf sein Zimmer, das noch in dem alten Zustande war, wie er es verlassen hatte, und suchte, nachdem er für heute die letzten Umarmungen der Eltern

empfangen, die Ruhe. g et.2 65

Am nächsten Morgen waren Pachrer Chaland und seine rüh­rige Frau schon eine Stunde nach Sonnenaufgang auf den Bei­nen. War doch noch Manches auf dem Felde zu bestellen, was ein tüchtiger Landwirth nicht versäumen durfte, auch hattenedie Knechte sich bereits zur Arbeit begeben...

Als Chaland, den Spaten in der Hand, von seiner Frau begleitet, in den kleinen ländlichen Garten hinaustrat, aus dem eine Hinterthür in's Freie führte, suchte seine Ehehälfte ihn noch etwas zurückzuhalten. M arm Eiat

Hättest dem Frederic doch erst einen guten Morgen bieten sollen, sagte sie. Mit der Arbeit draußen wirst Du bis Mittag noch reichlich fertig.

Der Pächter lachte:... g 2. A. Mmeeiel.

Der Junge schläft gewiß noch fest wie ein Murmelthier, Mutter; die Herren Gelehrten sind so weite Märsche nicht ge­wohnt. Uebrigens kannst Du ihn ja, wenn er seinen Alten früh begrüßen will, zu mir auf's Feld schicken. Weißt ja, wo ich zu finden bin. Da, gieb' ihm das und dann Adien!"

Er gab seiner Frau einen herzlichen Kuß und schritt der

erwähnten Thür zu...6. 8 2 u. 15,

Auf einmal machte er aber wieder Kehrt und winkte ihr zu

Halt! Noch Eins, sagte er.Denk' an unsern Gast, der oben schläft, Alte. Daß er mir ja ein tüchtiges Frühstück kriegt. Und setze ihm auch eine Flasche Wein vor. Ichweiß nicht, woher es kommt, aber ich interessire mich für den armen Teufel. In seinem Gesicht liegt eine Aehnlichkeit mit einem Menschen, den ich vor vielen Ihren in Paris gekannt habe. Aber wer es war, das hat mein altes Gedächtniß längst ausgeschwitzt. Na, ich wünsche, daß der Alte bei uns gut gepflegt werde, und das, Mutter, soll

Eine fröhliche Melodie summend, ging Chaland zum Garten

Seine Frau aber versäumte nicht, dem Befehle ihres Eheherrn nachzukommen. Ihr erster Weg war in die Speisekammer. Dort stand noch ein tüchtiges Stück Kalbsbraten, das von mahlzeit des vorhergehenden Tages übrig geblieben war. Sie nahm die Schüssel, und trug sie in die Wohnstube. Dort sollte der Gast, wenn er wollte, das Frühstück einnehmen. Dann ging's in den Keller. Eine Flasche guter alter Wein wurde aus ihrer Verborgenheit erlös't und endlich begab sie sich an den Heerd, um

daß alle Mitglieder des Herrenhauses, welche sie in der Erfüllung ihrer großen Gesammtaufgabe zu unterstützen Willens sind, unverweilt zum Beginn der wichtigen und entscheidenden Session eintreffen."

Mit dem Reichs=Preßgesetz sieht es noch immer höchst traurig aus und es dürfte noch viel Wasser die Spree hinab fließen, ehe die deutsche Presse endlich die Erfüllung ihrer Wünsche näher gerückt sieht. Jetzt ruhen die Vorar­beiten zum Preßgesetze vollständig und wird nebenbei noch

von unterrichteter Seite behauptet, in dem Gesetzentwurfe sei die Zeitungssteuer gar nicht berührt. Was das eben­falls längst erwartete Vereinsgesetz betrifft, so befinden sich die Vorarbeiten noch in den ersten Stadien und lassen es im Augenblick überhaupt noch zweifelhaft erscheinen, ob eine bezügliche Vorlage schon in der nächsten Zeit gemacht

werden kann. 8u E. Fe 8. Ssschrit

Officiöse Federn bezeichnen die neueste Deurschrift der Erzbischöfe und Bischöfeüber die gegenwärtige Lage der katholischen Kirche im deutschen Reiche" als eine offene Kriegserklärung gegen die in Preußen und Deutschland be­stehende Regierungsgewalt, und halten dieselbe demgemäß für ein wichtiges Moment bei der Auseinandersetzung zwi­schen Staat und Kirche. As dem Gange der Verhandlun­lungen auf der Kölner Wanderversammlung des deutschen Katholikenvereins hat man neue Beweise von der Staats­gefährlichkeit des deutschen Episcopats gesammelt. Die Ten­denz dieser Wanderversammlung wird dahin angegeben, daß es sich darum handelt, den Widerstand gegen die Staats­gewalt über das ganze Reich zu organisiren, zu welchem Zwecke in allen katholischen Gauen große und kleine Blätter gegründet und in allen katholischen Gemeinden Agenten des Katholikenvereins angestellt werden sollen, welche von diesem ihre Instruktion erhalten. Es scheint sonach, als seien alle bisherigen Erscheinungen auf kirchenpolitischem Gebiete die kleinen Vorkämpfer zu einem großen Kampfe gewesen, um die ganze Macht des Staates und die ganze Macht des Episcopats in Schlachtlinie gegen einander aufzustellen.

DieSchulverfügungen welche an Stelle der Re­gulative treten sollen, sind, wie man hört, so weit gefördert, daß nur noch die letzte formelle Hand daran gelegt zu wer­den braucht. Darnach würden sie also noch vor Eröffnung des Landtags publicirt werden.

Berlin, 11. Oktober. Die Vorbereitungen zum Er­lasse eines Patentgesetzes für das deutsche Reich sind, wie dieKöln. Ztg. erfährt, getroffen und von den Handels­vorständen des preußischen Staates, unter Mittheilung des diesfälligen Gesetzentwurfs, Gutachten eingefordert worden.

für den schwachen Mann eine kräftige Biersuppe zu kochen. Je­doch über dem Allem vergaß sie nicht, auch ein schmackhaftes Früh­stück für ihren Sohn auf den Tisch zu stellen.

Als sie mit Allem fertig es mochte über der Beschäftigung wohl eine Stunde verflossen sein pochte sie an die Thür der Kammer, in welcher der Alle schlief.

Derselbe war schon wach und antwortete. Frau Chaland bat ihn, in's Wohnzimmer zum Morgenimbiß zu kommen und ging dann nach vorne, um Frederic zu wecken.

Sie kam zu spät dazu. Beim ersten Klopfen trat der Lieb­ling ihres Herzens, schon völlig angekleidet aus der Thür.

Was Tausend! Frederic! Du schon aus den Federn!" rief sie, indem sie ihm die Wange zum Kusse hinhielt.

Der Jüngling umarmte die zärtliche Mutter.

Ich war auch in Paris gewohnt, früh aufzustehen, sagte er. Beim Studiren hat die Morgenstunde nicht weniger Golb im Munde, wie bei der Landwirthschaft.

Die Mutter faßte seinen Arm und führte ihn nach unten in die Wohnstube.

Der Alte ist schon früh auf's Feld gegangen, sagte sie, um die Knechte zu beaufsichtigen und kommmt erst in ein pgar Stunden wieder. Indessen wollen wir es uns schmecken lassen. Doch ein Bischen müssen wir noch warten. Wir haben einen Gast im Hause. Herr Bodinet hat ihn uns gestern geschickt. Er soll Theil an unserm Morgenbrod nehmen. Aber das Schälchen Kaffee, welches ich für Dich bereitet habe, kannst Du erst allein

Frederie dankte der Mutter und that nach ihrem Wunsche. Eine Viertelstunde später erschien auch der Fremde.

Obwohl noch immer bleich, sah er doch weniger erschöpft aus als am Tage zuvor. Der Schlaf guf weichem Bette schien ihn gestärtt zu haben.. Sghn i. Jium ablifte bis mis u.

Er begrüßte Mutter und Sohn in einer Weise, die, wie ärm­lich auch seine Kleider waren, doch den Mann von Bildung ver­rieth, und nahm dann auf die Einladung der Pächterin schwei­gend Platz am Tische.... m.####nt zur anf

Frau Chaland rief die Magd und trug ihr auf, die Bier­suppe für den Fremden zu bringen. Dann wies sie auf die übri­gen Speisen und sagte mit herzlichem Tone:

Das ist für Euch, guter Mann, wie es scheint, seid Ihr krank gewesen. Eine kräftige Nahrung ist besfer als alle Meds­ein, wie mein Alter meint.

Hypolite sprach einen kurzen Dank aus und erquickte sich an der so reichlich gespendeten Gottesgabe.

Als Frederie und die Mutter ihr Frühstück genossen hatten, bat der junge Mann sie, sich mit ihm in den Garten zu begeben. Das Wetter ist so herrlich, sagte er.Es plaudert sich nirgends vergnüglicher, als umgeben vom jungen Grün## Früh­