rechnen, daß die größte Anzahl der Bauarbeiter schnell wieder in Arbeit vermittelt werden kann. Die Aussichten im Baugewerbe in unserem Bezirk sind sehr günstig.
Die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger, die in der Berichtswoche vom 2. bis 9. Februar dieses Jahres 4844 betrug, ist in der Berichtswoche um 131 Hauptunterstützungsempfänger(in der Arbeitslosen= Krisen= und Sonderfürsorge) gefallen. Ob sich tatsächlich die Lage in der Industrie gebessert hat, oder ob es sich nur um vorübergehende Besserung handelt, bleibt abzuwarten.
Wichtige Ohligser Fragen.
Der Vorstand und die Stadtverordnetenfraktion der Ortsgruppe Ohlias der Deutschen Volkspartei waren unter dem Vorsitz von Herrn Hans Davidts am Dienstagabend zur Besprechung wichtiger, laufender kommunalpolitischer Angelegenheiten zusammengetreten. Der Brief an das Stadtbauamt wegen der Abflußverhältnisse in der Bahnhofsunterführung gab nochmals Anlaß zu eingehender Aussprache über die z. Zt. unhaltbaren Zustände. Einstimmig beschlossen wurde, einen scharfen, energischen und eingehenden Protest an die Oberpostdirektion Düsseldorf gegen die Umwandlung des Postamtes Weyer zu schicken. Die Partei will mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen, die Entscheidung der Oberpostdirektion Düsseldocf rückgängig zu machen. Einen breiten Raum der Aussprache nahm das Eingemeindungsproblem ein, wobei man ausging von der Sitzung des Kommunalpolitischen Ausschusses des Wahlkreises Düsseldorf=Ost, in der sich der Abgeordnete von Eynern über das Wollen und die verschiedensten Wünsche der einzelnen Gemeinden unterrichtet hatte. Die D. V. P. Ortsgruppe Ohligs wird nach wie vor nachdrücklichst gegen die Eingemeindung kämpfen und verwahrt sich auf das Entschiedenste gegen Gerüchte, die in gewissen parteipolitischen Kreisen kolportiert werden, als sei die Volkspartei nicht mehr gegen die Eingemeindung. Weiter wurde einer eingehenden Behandlung der Versammlungsraum im Feuerwehrdepot unterzogen. Das Ergebnis der Aussprache kann dahingehend zusammengefaßt werden, daß die D. V. P. nur dann gegen die Schaffung des Versammlungsraumes keine Bedenken hat, wenn er nur der Feuerwehr und den dem Ortsausschuß für Jugendpflege angeschlossenen Jugendpflege treibenden Vereinen für ihre Zwecke zur Verfügung gestellt wird. Sollte man versuchen, über diesen gezogenen Rahmen hinauszugehen, dann müßte die Deutsche Volkspartei schärfste Gegnerin des Projektes sein, da das ohnehin schon schwer geschädigte Wirtegewerbe nicht noch weiter geschwächt werden darf. Als ganz selbstverständlich erachten es Vorstand und Fraktion, daß für diesen Versammlungsraum im Feuerwehrdepot niemals eine Ausschankkonzession erteilt werden darf. — Als vor etwa 4 Jahren die sozialistische Mehrheit gebrochen wurde, wurden die vorhandenen städt. Regiebetriebe abgeschafft, um dem einheimischen Mittelstand größtmöglichste Verdienstmöglichkeiten zu verschaffen. Seit Wochen schwebt noch die Frage des Abbaus des Fuhrparks die ebenfalls den Vorstand beschäftigte. Der Vorstand bat die Stadtverordneten der Partei dafür einzutreten, daß der Fuhrpark baldmöglichst soweit wie möglich. abgebaut wird. Neben diesen größeren Fragen wurden noch einige
Theodor Fontane und Thomas Mann
Von Asmus Gendiich.
Den 13. Mai 1883 schreibt Theodor Fontane an seine Tochter:„Kunstangelegenheiten raffen sich heutzutage immer mehr zu geradezu politischen Fragen auf" In der Tat: alle persönlichen und sachlichen Verhältnisse der geistigen Welt drohen„unter Fraktionsbeleuchtung" zu geraten, und jenes heimliche oder offene Bündnis geistiger Menschen gegen die dumme und rohe Subsumtionsmaschine demagogischer Rechthaberei ist längst eine legendäre Angelegenheit oder ein frommer Wunsch. An die Spitze dieses Aufmarsches geltungssüchtiger Begehrlichkeit ist seit Jahr und Tag Thomas Mann getreten. Wir wollen über die peinlichen Wandlungen schweigen, die es dem„unpolitischen“ Zeit= und Geistbeobachter leichtgemacht haben, so überpolitisch zu werden, daß ihm der Ehrentitel eines Reichsgeistwarts— an Stelle der beseitigten Orden— füglich zukäme. Noch jüngst bearbeitete er Lessing für die sturmreifere Gegenwart, und nunmehr hat er sich Theodor Fontane zum Objekt seiner politisch gefärbten Palette ausersehen.
Zu einer neuen Ausgabe der ausgewählten Werke Fontanes(Helios=Klassiker, bei Philipp Reclam) hat nämlich Thomas eine fast zehn Seiten lange Einleitung über— oder vielmehr— gegen Theodor Fontane geschrieben, die— alles in allem— das Non=plus=ultra von politisierender Umfärbeartistik darstellt. Das Lächerliche dieser Absicht wird jedoch in eine höhere versteckte Sphäre aufgehoben: wir gewahren das durchsichtige, eitle Spiel mit dem Porträt Fontanes als einem Selbstporträt Thomas Manns. Und diese Darbietung ist extreme Komik— freilich nicht des Künstlers, sondern der Situation. Was Thomas Mann Fontane abspricht, das allerdings trifft auf ihn mit seinem autobiographischen Hineindeutungs=Komplex unübertrefflich zu:„die feierliche Wesensüberspannung, die Großmannssucht, die Ewigkeitsoptik auf. sich selbst, die schmächtigeren Geschlechtern zum literarischen convenue wurde.“
Thomas Mann beginnt seine Bildlisstudie mit einigen geistreichen charakterologischen Umrissen.„Er mußte alt werden, um ganz er selbst zu werden". Mit diesem Apercu eröffnet er die Reihe seiner Umdeutungen. Gewiß— späte und späteste Reife, späte Anerkennung und— hier und da— späte Heiterkeit in der Erinnerung Fontanes scheinen dieser unschuldigen Analyse recht zu geben. Aber die vierzig Jahre Arbeit an preußischer Geschichte und Entdeckung der Mark Brandenburg— und das ist noch längst nicht alles— können wir weder dem Ruhme Theodor Fontanes noch dem Gewissen des Herrn Thomas Mann schenken. Die Güte und Unbefangenheit dieses „glücklichen Temperaments“, wie Fontane seine Natur bezeichnet, trifft nicht diese klingende, aber schiefe Formulierung. Alle Lebensalter bedeuten für Fontane ein eigenes Sein, und in diesem Ring der Lebensalter, wuchs ihm das späte Ausreifen und Verweilen wie eine besondere Schickung zu, die er heiter, jedoch nicht ohne Klage und ein resigniertes„Zu spät“ getra
andere, mehr oder weniger schwerwiegende kommunale Probleme— wie etwa Polizeifragen, Arbeitsamt usw. — besprochen. Ueberall klang durch die Ausführungen hindurch immer und immer wieder der Wunsch und der Wille, größtmögliche Sparsamkeit walten zu lassen. Zum Schluß wurde noch zur Kenntnis genommen, daß der Vorsitzende des Reichsverbandes des Deutschen Handwerks— Derlin— sich in einem Brief an die „Deutsche Mittelstandszeitung“ gegen die hemmungslose Agitation der Wirtschaftspartei gewandt habe. Er habe festgestellt, daß, wenn er Bedenken gegen das Verhalten der politischen Parteien in den früheren Reichstagen erhoben habe, die Wirtschaftspartei jedenfalls davon nicht ausgenommen gewesen sei. Gegen 12 Uhr schloß der Vorsitzende die anregend verlaufene Sitzung, die den einmütigen Willen des Vorstandes und der Fraktion zu gemeinsamer, ernster und sachlicher Arbeit für die Vaterstadt kundgab. In Kürze werden den kommunalpolitischen Fragen die großen politischen Probleme folgen, die Generalsekretär Dr. Regh=Köln in einer Mitgliederversammlung der Deutschen Volkspartei behandeln wird.
das., er inneren Ueberzeugung entspricht. Und das ist an so— und kommt im besonderen den Zeugen eines Autounfalles zugute, wo die innere Ueberzeugung so außerordentlich variiert. Urteil: 45 Mark Geldstrafe. sre
„Schneidig— Knicker Bockers, gelbe Handschuhe und
Handlunger bei einem hiesigen Bauunternehmer, hatte der Angeklagte eines Tages einen Magenkatharr. Er wurde geschrieben und soll gearbeitet haben. Die Ortskrankenkasse hat ihm 32,40 Mark Krankengeld ausgezahlt, weil sie krank glaubte, und der Unternehmer zahlte ihm für die gleiche Zeit den verdienten Lohn aus. Amtsanwalt:„Die Krakenkasse muß vor betrügerischer Ausbeutung geschützt werden. Ich beantrage eine Woche Gefängnis.“ Urteil: 40 Mare Geldstrafe wegen Betrugs.
Im Ort müssen am Auto vorne mindestens zwei in gleicher Höhe angebrachte Laternen brennen. Des Beklagten Wagen entsprach dieser Vorschrift nicht, darum wurde er 10 Mark bestraft.“; mit
dem Gerichtssaal.
Diebische Elster.— Verkehrsunfall.— Krank gemeldet und doch gearbeitet.— Not.
Ein schlankes, rotmäntliges Maidli— noch jung und nicht häßlich— hatte, wie alle weiblichen Wesen, den tiefen, unbezähmbaren Drang ihres Geschlechts in sich, sich hübsch zu machen, sich ins schönste Licht zu setzen. Leider fehlte ihr dazu das notwendige Kleingeld. Darum beschloß sie, sich ohne Geld das zu verschaffen, was sie in„den besten Geruch" bei ihren Mitmenschen setzen müßte: die Wohlgerüche Arabiens, so man Parfüm nennt, wunderschöne Seifen, Kämmchen und mannigfaltigste Toilettegegenstände usw. im Gesamtbetrag von 69 Mark. Leider hatte der hiesige Friseur keinerlei Verständnis für die stille Gewinnbeteiligung der von auswärts zugezogenen „Dame“, die bei einem Mitbewohner des Hauses als Dienstmädchen nebenbei beschäftigt war und eines Morgens geräuschlos verschwand. Wahrscheinlich weil ihr der Boden unter den Füßen brannte, worann auch ihr Bett nicht ganz unschuldig war, denn es beherbergte allerlei entwendete Toiletteartikel. Das angeklagte Mädel leugnet, gestohlen zu haben. Der Vorsitzende redet ihr gütlich und eindringlich zu, die Wahrheit zu sagen. Nutzlos. Sereotype Antwort:„Ich habe nichts entwendet. Ich weiß von nichts! Wie kann unter der Decke meines Bettes etwas gefunden worden sein, wo ich es jeden Morgen abgelegt habe?"„Glauben Sie denn, Sie machen alle Zeugen meineidig und unglaubwürdig, wenn Sie hier möglichst frech und dreist etwas behaupten?"— Urteil: Wegen Diebstahls in zwei Fällen gibts einen Monat Gefängnis und die Kosten des Verfahrens.
Verkehrsunfall. Der 22jährige Kaufmann aus Remscheid hat den Unfall verschuldet. Er soll nicht rechts gefahren sein, jemanden verletzt und dann schleunigst Reißaus genommen haben. Daher eine Häufung von allerlei Paragraphen und Auftreten zahlreicher Zeugen. Die Zeugen schwören, daß sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit sagen werden.
Nicht die reine Wahrheit wagt das Gesetz vom Zeugen zu
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Der Kaufmann hatte die Inkasso=Vollmacht, kassierte ein und— da er tatsächlich in großer Not war— behielt igs Geld. Das schreibt sich so leicht hin und deckt doch eine Tragödie. Selbst der Amtsanwalt scheint einiges Mitleid zu emofinden. Er beantragt 10 Tage Gefängnis, denn es war ja Unterschlagung, ein Vergehen gegen§ 246 St. G.., weshalb er nicht anders konnte. Urteil: Unter Einbeziehung früherer Strafen wird der Beklagte zu einer Gesamtstrafe von einem Monat Gefängnis verurteilt. Die Strafe wird ausgesetzt bis zum 1. März 1932 unter der Bedingung, daß der Beklagte bis zum 1. Oktober 1929 den Schaden wieder gutgemacht hat. Lastbefreit atmet er auf.
□ Kniepig kault war es heute morgen. Neue Sorgen ziehen für Mieter und Vermieter herauf, nun die Leitungen und Abflüsse aufs neue zuzufrieren drohen, den gestern abend wars minus 4 Grad und nach dem Schneefall gegen Morgen minus 8 Grad.
□ Alles ausverkauft. Es hat keinen Zweck mehr, sich heute abend zur Festhalle zu begeben, in der Hofnung, dort noch eine Eintrittskarte an der Kasse zu bekommen. Es ist alles ausverkauft, alles besetzt. Fast 1800 Karten sind umgesetzt worden.
□ Zu der heutigen„Troubadour“=Aufführung durch die Vereinigten Stadttheater Barmen=Elberfeld wird noch darauf hingewiesen, daß die Saaltüren Punkt 8 Uhr geschlossen werden. Die Besucher werden daher gebeten, rechtzeitig zu erscheinen, damit bei dem zu erwartenden starken Andrang die Garderobeabgabe und Platzzuweisung schnell erfolgen kann. Programme mit ausführlicher Inhaltsangabe sind bei den Platzanweisern zum Preise von 20 Pfg. zu erhalten. Die Galeriebesucher werden dringend gebeten, sich nicht auf die Tische zu stellen.
□ Schwindler festgenommen. Am 10. November vorigen Jahres gelang es der hiesigen Polizei, zwei Wechselschwindler festzunehmen, die in einer hiesigen Konditorei und anderen
gen hat. Es entspringt dem Empfinden dieser„etwas langsamen und schwerfälligen Natur“, im Greisenalter einen Gipfel an Erfahrung an Geschichte, an Lebensweisheit zu erblicken, zu gestalten: was ihm so höchste Lebenssiufe ward, durfte nicht ausschließliche, gleichsam vorherbestimmte Lebensform bedeuten. An diesem schlichten Phänomenunterschied ist unser geistreichelnder, in äußeres Spielwerk von Wort und Satz verliebter Porträtist achtlos vorübergegangen. Daß Fontane „keine starken Nerven“ hatte,„das Leben zu zwingen“ führt ihn zu einer fast asketischen Selbstverwöhnung und Arbeitsstrategie; ihn mit der Konstitution Wagners auch nur von ferne zu vergleichen erscheint ebenso ungerechtfertigt wie abgeschmackt. Aber Thomas Mann kann Einfälle nicht zurückhalten: an der Stelle von Einsichten mischt er diese Nieten ins Spiel.
In den Zügen des greisen Fontane findet Thomas Mann— die er übrigens schön als fest, gütig und fröhlich dreinschauend bezeichnet—„ein Lächeln rationalistischer Heiterkeit, wie man es auf gewissen Altherrenporträts des achtzehnten Jahrhundeits findet". Auch diese Bemerkung klingt unschuldig wie die Causerie eines Snob vor alten Bildern und jungen Mädchen. Aber es steckt Methode darin und Dampf dahinter. Am Ende seiner Skizze spricht unser neuester Anwalt humanitärer Geschichtsfälschung von„dem, was rationalistisch= humanitäres achtzehntes Jahrhundert(und zwanzigstes!) in ihm(nämlich Fontane) war“. Welche Entwicklung! Aus dem Snob ist ein— wir sprechen mit Fontane—„Freiheitsapostel" und„Legalitätsfatzke“ geworden; in der Tat, aus dem Aestheten entpuppt sich ein Demagoge, ein ganz exakt entstandener Zivilisationsliterat— freilich mit Ueberspringung der sonst üblichen Lehrlings= und Funktionärzeit. Dieser neue Einordnungsversuch ist ein starkes Stück, und wir werden gut daran tun, gegen dieses Thomas Mannsche Autoraph ein Fontanesches Selbstzeugnis zu setzen:„Ich habe vieles erlebt, das mir eine tief=innerliche Freude gemacht hat: die Herausreißung Deutschlands aus der politischen Misere, die Mündigwerdung des Volkes, die Säuberung d. h. Sauberwerdung Berlins, das Aufhören der Pfennigwirtschaft und der damit innig zusammenhängenden Gesinnungsruppigkeit usw. usw. Zu diesen Herrlichkeiten, an denen meine Seele lutscht, wie an einem Bonbon, gehört auch der immer mehr zutage tretende Bankerott der Afterweisheit des vorigen Jahrhunderts. Das Unheil, das Lessing mit seiner Geschichte von den drei Ringen angerichtet hat, um nur einen Punkt herauszugreifen, ist kolossal. Das„seid umschlungen, Millionen“ ist ein Unsinn. Auf den groben Klotz des Herrn Mann gehört dieser grobe Keil unseres märkischen Dichters. Die großen Kerle haben sich immer selbst geholfen, um sich solcher Gesellschaft zu erwehren. Das ist in der Tat wie ein Großreinemachen: unser Mann geht dreimal in die Brüche: einmal mit seiner Lessingrede, sodann mit dem 18. Jahrhundert, endlich mit seinem republikanischen Fontaneporträt. Oder will Thomas Mann diese Kundgebung vom Jahre 1883 wegen seines Dogmas
von der unteren Altersgrenze nicht gelten lassen? Das würde seine Alterstheorie entlarven. Er ist doch auch sonst um Kontinuität bemüht.
Mit dem achtzehnten Jahrhundert ist es also nichts. Aber mit dem zwanzigsten? In der leichten und zarten Oberfläche dei Fontaneschen Spätromane, vor allem in„Effi Briest". in den Briefen und späten Reimen findet Thomas Mann„etwas Vorwegnehmendes",„die Epoche Ueberschreitendes", eine „verschlagene und lautlose Art, in der hier das überständig Bestehende unterminiert wird. Wo diese angebliche,„heimlich revolutionäre“ Art eines„bedrängten“ Konservativen hinführen soll, das wissen wir nun zur Genüge. Aber lassen wir das. Sehen wir auf die Stützungsaktion dieser Ideologie hin! Dichtung muß schließlich ihrem Wesen nach umschrieben werden, wenn man schon so weit zu sich selbst vorgedrungen ist:„— was wäre Dichtung, wenn nicht Ironie, Selbstzucht und Befreiung?“
Da haben wir es: die ironische und ewig spielende Grundhaltung Thomas Manns zum Leben wird hier aller Dichtung untergelegt. Doch das böse Geroissen meldet sich, und Thomas Mann entschließt sich zu einem Getrenntmarschieren und Vereintschlagen. Er teilt, um zu herrschen. Fontane ist sowohl als auch. Er ist Sänger und Bewahrer des Mythos:„Der Dichter ist konservativ als Schützer des Mythos.“ Und er ist Schriftsteller, Psychologe, Kritiker:„Psychologie aber ist das schärfste Minierwerkzeug demokratischer Aufklärung. Unwillkürlich denkt man an jenen halbierten, zu beiden Seiten seines Sattels herabhängenden Türken. Ein Schlachten waks, nicht eine Schlacht zu nennen. Thomas Mann hat mit ber Feder gestochen: Theodor Fontane ist tot.
Diesen Tod der Ideologie wollen wir nicht betrauern, wir wollen ihn begrüßen. Die Selbstentlarvung und Selbstent“ mannung Thomas Manns ist mit dieser„Leistung" in ein höchst akutes Stadium getreten.— Würde man Theodor Fontane gesagt haben:„Mythos“ und„Psychologie“, das sind die Seiten deiner Produktion, so würde er darauf in gulet Laune erwidert haben:„Mumpitz“, ist schlechter„Quatsch; Mit lächelnder Ruhe schreibt der Greis die Worte:„Ich steue mit der Gesundheit und Natürlichkeit meiner An schauungen. Das habe ich vor der ganzen Blase voraus un0 es bedeutet mir die Hauptsache..
Daß Thomas Mann zum Ueberfluß das pazifistisch militaristische Panier hochhält, sei wie zum Scherz und zum Schlusse erwähnt. Aber hier wie immer spricht bei Fontalle laut und klar— gegen Parteien, Programme und liedge wordene Wünsche— sein„Sinn für Tatsächlichte!“ ten". Nichts von Utopie, nichts von ReformenthusiasmurEin treuer und selbstdenkender Sohn seines Jahrhundet!? steht Fontane vor der Nachwelt.
Thomas Mann jedoch, vom Dichter zum Umdichter aban ciert, geht mit weitausgebreiteten Armen seiner Unstervilch keit entgegen, einer unsterblichen Blamage, weil er seine und meine Gaben, seine ungewöhnlichen Nöte an sein kleine“ Ich und die Zeit verlor.