Einzelpreis 30 Pfg.
Erscheint an allen Werktagen(Montags mit der 4 seitigen Sportbeilage, Samstags mit der dseitigen Unterhaltungsbeilage).— Bezugspreis monatlich.00 Mk. ausschl. Bringerlohn, Postbezug vierteljährlich 24.00 Mk. einschl. Postgebühr.— Anzeigenpreis: die achtgespaltene Petitzeile oder deren Raum.25 Mk., für auswärts.00 Mk., Reklamen.00 Mk.— Erfüllungsort für beide Teile ist Ohligs.— Bei gerichtlichen Verfahren kommen Rabattbewilligungen in Wegfall.
Nr. 250. 1. Blatt
Dienstag, den 25. Oktober 1921
46. Jahrgang
Bürgerzeitung und Tageblatt
für die Stadt Ohligs und deren Umgebung
Druck und Verlag: Wilhelm Müller jr., G. m. b.., Ohligs.
Schrif lettung, Geschäftestelle und Drucherei: Ohligs, Rathausstraße 44.— Drahtanschrift: Anzeiger Ohligs.— Fernsprechanschlüsse: 850 und 851.— Postscheckkonto: Umi Köin
Nr. 73 543.— Für die Aufnahme der Anzeigen an besonders vorgeschriebenen Tagen oder Plätzen kann keine Verdindlich
keit übernommen werden.— Geschästszeit durchgehend von—6 Uhr.— Sprechstunden der Schriftlettung: Vormittags von 11—1 Uhr.
Kart der Wörtbruchige seftgestg.
WTB. Wien, 24. Okt. Wie das Neue Wiener Tagblatt von zuverlässiger Seite erfahren haben will, sind der frühere König Karl und seine Gemahlin heute morgen von HorthyTruppen gefangen genommen worden.
WTB. Budapest, 24. Okt. Meldung des Ungarischen Korrespondenz=Bureaus: Nach einem neuen Gefecht wurden die Aufrührer zerstreut. Ihre Führer flüchteten und überließen die Sorge für die Sicherheit der Person des Königs den Regierungstruppen. König Karl wurde unter den höflichsten Formen der Obhut des Obersten Simenfalvi der Nationalarmee anvertraut. Die Aufrührer zogen sich bis Tata zurück. Sie haben die Hälfte ihres Bestandes verloren. Die Bauernschaft hat auf der Linie Bioske=Szekesfehervar die Schienen aufgerissen, um ein Ausweichen der Aufrührer gegen Süden zu verhindern.
WTB. Budapest, 24. Okt. Ungarisches KorrespondenzBureau: Stefan Rakavszky, Graf Andrassy und Dr. Gustav Gratz sind noch in Tata in Gefangenschaft der ungarischen Nationalarmee geraten. Die Regierung hat Maßnahmen zur Festnahme der übrigen Aufwiegler getroffen.
WTB. Budapest, 24. Okt. Ungarisches Korrespondenz=Bureau: Die Offiziere der Raaber Garnison haben einstimmig beschlossen, den König um Enthebung vom Eid zu bitten, da sie den Eid nur auf die falsche Meldung hin abgelegt hatten, daß der König mit Einwilligung des Verbandes und mit Wissen des Reichsverwesers nach Ungarn gekommen sei.
Das Abenteuer König Karls.
KZ. Wien, 24. Okt. Aus den Meldungen der Montagsblätter ergibt sich von den Vorgängen in Ungarn und ihrer Vorgeschichte folgendes Bild:
Nach einer Oedenburger Mitteilung an die hiesige karlistische Montagszeitung ist der Entschluß zu diesem neuen Putsch nicht vom König ausgegangen, sondern von seinen legitimistischen Ratgebern veranlaßt worden, die in dem Befehl des Reichsverwesers zur Auflösung des Ostenburger Detachements eine die karlistische Sache gefährdende Annäherung Horthys an den Grundsatz der freien Königswahl erkennen wollten.
Der Flug des Königs Karl ging Donnerstag von Dübendorf in der Schweiz aus. Begleiter waren sein Legationssekretär, zwei ungarische und ein bayrischer Flieger. Das Flugzeug nahm seine Bahn über Bayern zur Donau. Ueber bayerischen Boden drohte ein Motorschade, den der Flieger aber ohne Landung beseitigen konnte. Die Landung erfolgte Freitag in Denesfa im Komitat Oedenburg, einige Kilometer von dem Schloß des
Obergespans Grafen Csiraki. In diesem Schloß nahm das Königspaar kurzen Aufenthalt. Dann begab es sich nach Oedenburg, wo die Ankunft vorher angekündigt woredn war. Die Garnison erwartete das Königspaar. Eine Ehrenkompagnie unter Ostenburg, Lehar und General Hegedues stand zum Empfang bereit. Nach Erledigung der militärischen Förmlichkeiten zog sich der König mit den in Oedenburg weilenden Politikern zurück und betraute Rakowsky mit der Bildung seines Regierungskabinetts. Auf dessen Vorschlag wurde das Kabinett folgendermaßen gebildet: Rakowsky Vorsitz, Beniczky Inneres, Andrassy Aeußeres, Dr. Gratz Finanzen, Lehar Heereswesen. Die übrigen Ressorts blieben noch unbesetzt. Um 3 Uhr trat das Königspaar mit der Oedenburger Garnison in drei Mi
litärzügen die Fahrt nach Budapest an. Die Garnison von Raab schloß sich infolge Vorspiegelung eines Budapester Bolschewistenaufstandes dem König an bis auf ein Husarenregiment, das regierungstreu blieb. In Raab erschien Samstagnacht ein Abgesandter der Budapester Regierung, der Kultusminister Vasz, und ein Major, um dem König die Verbandsnote gegen seine Regierung zur Kenntnis zu bringen. Die beiden Abgesandten wurden vom König nicht empfangen. Hinter Raab stießen die nunmehr auf sieben angewachsenen Militärzüge auf zahlreiche Hindernisse, bei deren Wegräumung viel Zeit verloren ging. Sonntag, 23., um 2 Uhr morgens, waren sie erst in Felsögyala, etwa 50 Kilometer von Budapest.
In Budaörs, 18 Kilometer von Budapest, fand die Fahrt am Sonntagmorgen ihr Ende, da hier die von der Regierung entgegengeschickten Truppen Aufstellung genommen hatten. Die königliche Heeresmacht, nunmehr rund drei Divisionen stark, versuchte darauf einen Durchbruch, der aber mißlang. Um
11 Uhr unternahmen die Regierungstruppen einen Gegenstoß, der die Karlisten zum Rückzuge zwang. Um 4 Uhr nachmittags waren die letzten hinter den Eisenbahndamm zurückgedrängt, wobei sie eine Anzahl Waffen, Munition und 120 Gesangene verloren, während die Regierungstruppen acht Tote und zwölf Verwundete hatten. Zur Vermeidung weiteren Blutvergießens entsandten die Karlisten einen Parlamentär, und es kam zu einem Uebereinkommen zwischen beiden Parteien. Schon
bei Beginn des Gegenangriffs der Regierungstruppen hatte der König, einer nochmaligen Aufforderung der Budapester Regierung Folge leistend, den General Hegedues nach Budapest entsandt. Diesem setzte der englische Gesandte in Gegenwart des Ministerpräsidenten Grafen Bethlen auseinander, daß der Große Verband die Thronbesteigung Karls unter keinen Umständen dulden, und daß der Kleine Verband sie als„casus belli“, erklären würde. Hegedues kehrte darauf nach Budaörs zurück, doch liegt bisher kein Anzeichen dafür vor, daß Karl der Zwangslage nung zu tragen gedenkt.
Nach den letzten Meldungen sollen die Karlisten durch einen Rückenangriff des Detachements Hejas unter dessen Führung bedroht und König Karl selbst sogar das Opfer eines erfolgreichen Anschlags geworden sein, was indessen noch nicht bestätigt ist. Die Regierung läßt verkünden, daß alle andern Truppen ihr treu geblieben sind, und die westungarischen Banden Pronays und Hejas ihr telegraphisch unverbrüchliche Treue gelobt haben, so daß sich eine große sozialdemokratische Abordnung mit ihren Maßnahmen zur Entfernung des Königs aus dem Lande solidarisch erklärt hat.
Die ungarische Regierung bleibt standhaft.
Budapest, 24. Okt. In den Abendstunden erschien abermals ein Parlamentär der Aufrührer bei der Regierung und bat um Einstellung der Feindseligkeiten und um Eintritt in Verhandlungen. Die Regierung beharrt nach wie vor unabänderlich auf ihrem ursprünglichen Standpunkt, so daß die Verhandlungen erfolglos blieben. In der Nacht traf die bisher noch unbestätigte Meldung ein. daß die Aufrührer mit der Bahn den Rückzug antraten. Tatsächlich verloren die ungarischen Truppen jede Fühlungnahme mit den Aufrührern. Diese hatten die Bahn bei Budaörs zerstört. Die Regierungstruppen begannen die Verfolgung der Aufrührer. Die energische Haltung der Regierung wurde im ganzen Lande mit voller Genugtuung ausgenommen.
*
Belgrad, 24. Okt. Vergangene Nacht wurden die vom Ministerrat im Verfolg der Ereignisse in Ungarn beschlossenen Maßnahmen durchgeführt, indem eine Reihe von Divisionen Marsch= befehl gegen die ungarische Grenze erhielt. Der Eisenbahnverkehr mit Ungarn ist unterbrochen.
Dr. Renner über die Haltung Oesterreichs.
Berlin, 22. Okt. Ein Mitglied der Redaktion des Vorwärts sprach heute mit dem hier weilenden ehemaligen Staatskanzler Dr. Renner, der der Ansicht Ausdruck gab, die monarchische Gegenrevolution sei mit bewaffneter Hand abzuwehren. Das Bundesheer zähle allerdings nur 18.000 Mann, aber es sei unbedingt republikanisch. Von innen her werde es den Karlisten niemals gelingen, in Oesterreich zu ihrem Ziel gelangen. Die Schuld an der gefahrdrohenden Lage trage das bisherige Verhalten des Großen Verbandes. Das Intrigenspiel, das inoffiziell von französischen und englischen Kreisen und offiziell von italienischer Seite seit Monaten in Budapest getrieben wurde, sei von den verbündeten Regierungen wohl bemerkt, aber nicht abgestellt worden. Was sich nun daraus entwickelt habe, bedeute für den Großen Verband selbst die allerschwerste Verlegenheit. Die Versündigung, die man an Oesterreich begangen habe, indem man dessen Ansprüche auf das Burgenland durchzusetzen unterließ, habe eine Lage geschaffen, die den Frieden und die ruhige Entwicklung von ganz Mitteleuropa aufs schwerste bedrohe.
Die Auffassung Renners ist wohl im allgemeinen richtig. Der Kernpunkt der ganzen Frage ist die Haltung der ungarischen Truppen. In Ungarn hat im Heer ein ziemlich ausgesprochener Gegensatz zwischen Karlisten und Horthyisten bestanden. Der Ausgleich der Gegensätze wird von den hiesigen Kennern des Landes für nicht schwer gehalten, sofern Karl nur das richtige nationale Stichwort erhält und er eine allgemein zündende Phrase, z. B. von der Auferstehung des Vater
landes, in die Massen zu werfen versteht. Sind erst einmal die innerpolitischen Gegensätze überwunden, dann ist das karlistische Problem aus einem nationalen zu einem internationalen geworden, das aber keine Fährlichkeiten von außen her ernstlich bedrohen werden, weil der Große Verband sich nicht dazu verstehen wird, es scharf anzufassen, da Frankreich hinter Karl steht,
wenn auch die anderen Mitglieder des Großen Verbandes vielleicht der Form wegen einigen Einspruch erheben. Die Hauptaufmerksamkeit gilt also augenblicklich der inneren Lage in Ungarn, und da dort so ziemlich alles im labilen Gleichgewichtszustand ist, so ist nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung vorauszusehen, daß Karl in Ungarn bleibt, wenn auch das zurückgetretene Kabinett Bethlen in einer Kundgebung den Schritt des Königs mißbilligt hat.
Budapest, 23. Okt. Die ungarische Regierung teilt mit: Der Parlamentär des Königs, General Paul Hegedues, überbrachte ein
Ansuchen des Königs, seinem Einzug nicht weiter bewaffneten Widerstand entgegenzusetzen. Die Regierung erklärte, hierüber nicht verhandeln zu können, und wiederholte ihren Standpunkt, wonach der König gegenwärtig keine Herrscherrechte ausüben könne und das Land verlassen müsse. Im Laufe des Nachmittags setzten sich die Bewegungen der Regierungstruppen planmäßig fort. Der Reichsverweser Horthy befindet sich bei den Regierungstruppen. Die Lage der Regierungstruppen bessert sich stündlich. In der Hauptstadt herrscht vollste Ruhe und Ordnung.
Budapest, 23. Okt. Wie verlautet, rücken bei Raab Truppen in unbekannter Stärke unter der Leitung des Oberleutnants Hejas vor und greifen die Ostenburger Truppen im Rücken an.
Belgrad, 23. Okt. Die italienische Regierung hat die südslawische Regierung benachrichtigt, daß sie die Schritte der Regierung gegen das Unternehmen des Kaisers Karl unterstützen werde.
Rom, 24. Okt. Die römischen Morgenblätter schätzen Karls Aussichten günstiger ein, da der Kleine Verband nicht Italien und Italien nicht den Kleinen Verband intervenieren läßt und eine Einigung schwer möglich erscheint. So habe Ungarn schließlich freie Hand. Außerdem wünschen die italienischen Nationalisten, deren Politik Torretta im allgemeinen verfolgt, gegen die deutsche und slawische Gefahr die Vereinigung Oesterreichs und Ungarns unter den Habsburgern, die sie für nicht mehr gefährlich halten. Der Messaggero erklärt bereits, wenn die gesamte Nation und nicht nur eine einzelne Clique Karl wünsche, könne Italien nichts tun. Natürlich müßten die Venediger Abmachungen über das Burgenland aufrechterhalten bleiben. Auch diesmal werden französische Einflüsse hinter Karl vermutet.
KZ. Wien, 24. Okt. Nach den neuesten Meldungen aus Ungarn hat sich die Lage der Regierung noch weiter gebessert. Horthy hat sich an die Front begeben und ist von den Regierungstruppen mit Jubel empfangen worden. Die Regierungstruppen haben durch Zuzug von Regimentern aus der Provinz Verstärkung erhalten. Die karlistischen Truppen wurden um mehrere Kilometer zurückgedrängt; sie hatten neun Tote und ließen 26 Gefangene in den Händen der Regierungstruppen. Die Garnison von Steinamanger hat dem König den Treueid geleistet mit Ausnahme einiger höherer Offiziere, die gefangen genommen wurden. Die Budapester Regierung hat den Major Pronay beauftragt, nach Steinamanger zu ziehen und dort Ordnung zu schaffen. In Budapest sind einige namhafte Legitimisten in Haft genommen worden Die Stadt Pest ist ruhig. Der Waffenstillstand ist noch nicht abgeschlossen, doch rechnet die Regierung darauf, in zwei Tagen die Lage zur Klärung gebracht zu haben.
Karls voreiliges Ministerium.
Berlin, 24. Okt. Ueber die Männer des Kabinetts des Königs Karl macht die in Berlin erscheinende Ungarische Korrespondenz die folgenden Angaben: Rakooszky ist der frühere Präsident der Nationalversammlung, gegen den vor einem Monat ein Revolveranschlag im Parlament verübt wurde. Er hat Horthy den Krieg bis aufs Messer geschworen und mußte deshalb seinen Posten als Präsident der Nationalversammlung verlassen. Graf Andrassy war der letzte Minister des Aeußern der österreichisch=ungarischen Monarchie. Er ist der typische Vertreter der ungarischen Aristokratie, im übrigen in Ungarn sehr unbeliebt, da ihm Hetzereien, Intrigen und Enthüllungsfälschungen nachgesagt werden. Er war es, der das Bündnis der Donau=Monarchie mit dem Deutschen Reich in der letzten Oktoberwoche 1918 löste. Graf Apponyi, einer der fähigsten ungarischen Staatsmänner des alten Staates, war in Trianon Leiter der ungarischen Friedensabordnung. Unter Horthy vertrat er eine gemäßigte Richtung. Dr. Gratz war im vorigen Jahr Gesandter in Wien und spielte schon beim Osterputsch Karls eine Rolle. Beniczki ist ein fanatischer Legitimist, der im Verlauf seines Feldzugs gegen Horthy seine Aufsehen erregenden Enthüllungen über das Mordregime der Offiziersdetachements machte. General Schnetzer war bereits Kriegsminister des ersten Kabinetts Friedrich und dürfte als Platzhalter Stefan Friedrichs im neuen Ministerium anzusehen sein.
Die Forderungen der Regierung Horthys.
WTB. Budapest, 24. Okt. Bei den Verhandlungen, die heuke vormittag zwischen den Vertretern der Regierung und denen des Königs abgehalten wurden, legte der Vertreter der Regierung folgende Bedingungen vor: 1. bedingungslose Waffenstreckung, 2. die militärischen Ratgeber des Königs sind vor das Kriegsgericht zu stellen, 3. die Mannschaften werden entwaffnet und amnestiert, 4. endgültige Abdankung des Königs, 5. der König bleibt in Ungarn interniert, bis die Frage seines Abtransportes geregelt ist, 6. der endgültige Aufenthaltsort und die Modalitäten der Abreise werden von den Großmächten bestimmt, 7. die politischen Ratgeber des Königs werden vor das Kriegsgericht gestellt. Die Bedingungen der Regierung wurden von Dr. Gratz übemnommen, der sich verpflichtete, sie dem König zu übermitteln und ihre Annahme zu empfehlen, Eine Antwort ist bisher noch nicht erfolgt