Nr. 28g. 1. Blat.

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Wiarwech, dien g. Deumndber ged.

Maumtschte Machrichten

33. Jahrgang.

von

Druck und Verlag Wilhelm Müller fr. in Ohligs. Telephon=Anschluß Nr. 40.

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* gentige Bummer

Politische Nachrichten.

Berlin, 9. Dezember.

Ein Kommentar zu Bülows Rede. Zur gestrigen Ride des Fürsten Bülow schreibt dieKöln. Ztg. offiziös aus Berlin: In einzelnen Blättern wird die Rede des Fürsten Bülow als eine Enttäuschung bezeichnet, und in der Tat trifft dieses Urteil zu, wenn man auf sensationelle Enthüllun­gen gerechnet hat. Diese wollte und konnte der Kanzler nicht geben, und seine Rede gibt sich daher als eine einfache Kenn­zeichnung der Stellung des deutschen Reiches zu den verschie­denen politischen Fragen. Die Frage von Casablanca, die noch vor wenigen Wochen einen schwarzen Punkt in den deutsch=französischen Beziehungen bedeutete, konnte der Reichs­kanzler in kurzen Worten abtun, denn die öffentliche Mei­nung Deutschlands hat sich in ihrer großen Mehrheit mit der Lösung durch ein Schiedsgericht einverstanden erklärt. Daß mit dem Zwischenfall von Casablanca noch nicht alle Schwie­rigkeiten der marokkanischen Frage erledigt sind, liegt auf der Hand. Auch hier wird Fürst Biilow auf die Zustimmung des Volkes rechnen können, wenn er die Hoffnung ausspricht, daß man auch bei diesem Problem zu einer Verständigung kom­men wird. Der wichtigste Teil seiner Rede beschäftigte sich mit der orientalischen Frage. Abermals betonte der Reichs­kanzler mit großem Nachdruck, daß Deutschland von Anfang an auf Seite des verbündeten Oesterreich=Ungarn gestanden habe und auch in Zukunft stehen werde, das hindere aber Deutschland nicht, dieselben freundlichen Gesinnungen, die wir der Türkei seit Jahrzehnten entgegengebracht, auch für das neue Regime zu hegen. Von deutschfeindlicher Seite hat man versucht, die Stellung Deutschlands zu dem Umschwunge in der Türkei zu verdächtigen. Diesen Versuchen ist gestern der Kanzler entgegengetreten. Begreiflicherweise

mußte Fürst Bülow die Stellung der einzelnen Mächte zur orientalischen Frage mit der größten Zurückhaltung behandeln. In der Beurteilung der Verhältnisse zwischen Oesterreich=Ungarn und Italien konnte Fürst Bülow sich nur an die Erklärungen des verantwortlichen italienischen Mi­nisters Tittoni halten und an den Mehrheitsbeschluß der ita lienischen Kammer, der der Politik Tittonis das Vertrauen aussprach. Es ist schon oft genug darauf hingewiesen worden daß gerade in Italien Strömungen und Gegenströmun­gen vorhanden sind, die eine sehr sorgsame Beyand­lung erfordern. Sehr klar hat Bülow Deutschlands Stellung zur Konferenz dargelegt, die ebenfalls von gegne­rischer Seite oft entstellt worden ist. Deutschland ist durchaus kein grundsätzlicher Gegner der Konferenz, die es ebenso an­nehmen wird, wie jedes andere Mittel, das zur friedlichen Austragung der schwierigen Lage beitragen kann. Es wird nach dieser Richtung nicht unbemerkt bleiben, wenn Bülom ausdrücklich hervorhob, daß die Entwicklung der orientalischen Frage nicht nur keine Gegensätze zwischen der deutschen und französischen Politik hervorgerufen, sondern manche Berüh­rungspunkte geliefert hat.

Zur Reichsfinanzueform. Zu dem Denkschriftenbande über die Reichsfinanzreformvorlage sind dem Reichstage drei

weitere graphische Tabellen zugegangen. Sie stellen dar: 1. den Stand der Reichsschuld nach dem Nennwert zu Ansang

der Rechnungsjahre 18781908; 2. die Verwaltungsausgaben von Reich, Bundesstaaten und Gemeinden mit mehr als 10000 Einwohnern. Die Gesamtsumme der Verwaltungs­ausgaben beträgt danach 5650 Millionen Mark; 3. werden dargestellt die Steuererträge in den öffentlichen Körperschaften nach Steuerraten Danach beträgt die Gesamtsumme rund 3150 Millionen Mark.

Die Steuchrvorschläge eines hochwohllöblichen Publi­kums. Dem Reichstage gehen fast täglich Petitionen aus dem Publikum zu, die dem Reichsschatzsekretär in seiner Not Er­satzsteuern vorschlagen. Ein Herr Samuel Neuberger in Staßfurt betrachtet die deutsche Vereinsmeierei als ein mustergültiges Steuerobjekt, aus dem viel herauszuschlagen sei, Kacl Reining in Berlin sieht nicht ein, warum nicht die zahlreichen Aufsichtsräte für ihre wenig anstrengende Tätig­keit eine Tantiemensteuer zahlen können, die deutschen Schank­wirte haben plötzlich ihr liberales Herz entdeckt und stehen auf dem Standpunkte der freisinnigen Parteien, die eine Kon­sumbesteuerung ablehnen und eine Reichseinkommensteuer ver­langen. Ein Herr in Neuß versteht nicht, wie der Staat es mit seiner Sparsamkeitstheorie vereinbaren könne, den Be­amten erhöhte Gehälter und Wohnungsgelder zu beroilligen Der Luxus in der Beamtenweit nehme immer mehr überhand, man solle vor allem eine Wohnungsluxussteuer einführen. An­dere Leute sind der Meinung, daß der Kinderluxus in Deutsch­land zu sehr in Blüte stehe und verlangen eine Steuer für Erstgeberene, namentlich für uneheliche Kinden. Noch weiter geht eine Buchhaltevin aus der Stadt der reinen Vernunft Sie bittet, die Heiraten und die Fortpflanzung der Menschen gesetzlich einzuschränken, alle Famklien mit mehr als 3 Kin­dern mit Strafsteuern zu belegen und die Väter unehelicher Kinder mit Gefängnis zu bestrafen. Königsberg i. Pr. wirc diese Mitbürgerin gewiß nichtrein vernünftig nennen.

Der Abg. Prof. Eickhoff weist in der ZeitschriftDas deutsche Volk darauf hin, daß in England zwischen dem Mo­narchen und den parlamentarischen Führarn häufig Aus­sprachen über politische Fragen stattfinden, und daß auch der greise Kaiser von Oesterreich von Zeit zu Zeit, bei einem Weck­sel des Ministeriums, beim Empfange der Delegationen oder bei anderen Gelegenheiten, mit den Vertretern des Vol# politische Gespräche zu führen pflegt, um sich über die Meinun­gen der Parteien zu unterrichten. Er bedauert mit Recht. daß dies bei uns nicht der Fall ist. Er fährt dann fert: Ja, weiß nicht, ob ein solch unmittelbarer Verkehr zwischen dem Kaiser und dem Reichstage, dem Monarchen und der Volks­vertretung bei uns in absehbarer Zeit überhaupt möglich sein wird. Aber das eine weiß ich: daß durch einen solchen Ver­kehr das Verhältnis zwischen Krone und Parlament bald gan­anders würde, als es bisher gewesen ist. Manche Vorurteile, manche Mißverständnisse, wo sie auf beiden Seiten vor­handen gewesen sein sollten, würden beseitigt werden, und das Vertrauen zwischen Kaiser und Volk, auf das ein so tiefer Schatten gefallen ist, würde bald wiederkehren.

Ein Kongreß der Tabaksarbeiter Deutschlands, der sich mit dem Protest gegen das Banderole=Gesetz beschäftigen soll, ist von der Zentralkommission der Tabakarbeiter Deutschlands für Montag, 18. Januar nach Berlin einberufen worden.

Dir Stärke des deutschen Kriegsheeres(Offizierskerps fün 1909). Nach einer genauen Zusammenstellung soll das deutsche Kriegsheer 1909 403 Generale zählen, davon kom­men auf Preußen 311, auf Sachsen 30, auf Württemberg 15, auf Bayern 45, hinzutreten noch 2 vom Reichsmilitärgericht einschließlich des bayerischen Senats. Die Zahl der Re­gimentskommandeure beträgt 676, auf Preußen kommen 516, auf Sachsen 51, Württemberg 27, Bayern 78: hierzu 4 vom Reichsmilitärgericht. Die Zahl der Stabs­offiziere als Bataillonskommandeure usw. soll 2312 be­tragen, davon kommen 1786 auf Preußen, 165 auf Sachsen, 92 auf Württemberg, 267 auf Bayern; ferner noch 2 vom Reichsmilitärgericht. Die Zahl der Hauptleute und Rittmeister soll sich auf 6425 stellen; auf Preuten entfa­len 4998, auf Sachsen 453, Württemberg 247, Bayern 727. Oberleutnants soll es geben: 4797, davon 3732 preu­Fische, 347 sächsische, 179 württembergische, 539 bayerische. D: Zahl der Leutnants soll sich auf 10 946 stellen, davon kom­men 8560 auf Preußen, 791 auf Sachsen, 401 auf Württem­berg, 1194 auf Bayern. Das gesamte Offizierforps soll 25 559 Köpfe umfassen, von denen 19903 uuf Preußen, 1837 auf Sachsen, 961 auf Württemberg, 2850 auf Bayern kommen; hinzutreten noch 8 vom Reichsmilitärgericht.

Militärärzte soll es insgesamt 2282 geben, davon kom­mer 1756 auf Preußen, 168 auf Sachsen, 89 auf Württem­berg, 269 auf Bayern. Von den Militärärzten sind in gesamt 84 zu den höchsten Chargen zu zählen(Generalstabsarz Sanitätsinspekteure, Generalärzte und Generaloberärzte). Oberstabsärzte soll es insgesamt 478 geben, Stabsärzte 615. Oberärzte und Assistenzärzte 1105. Veterinäre sollen insgesamt 691 vorhanden sein, 538 preußische, 53 sächsische, 27 württember gische und 73 bayerische. Von den Veterinaren sind 24 Korpsstabsveterinäre, 213 Oberstabs- und Stabsveterinäre, 282 Oberveterinäre und 172 Unterveterinäre. Obezzahl­meister und Zahlmeister sollen 1078 vorhanden sein und zwar 834 preußische, 78 sächsische, 42 württembergische un. 124 banerische, Unterzahlmeister 1225(Preußen 942, Sachsen 94, Württemberg 46 und Bayern 143).

England.

Wie derStandard" erfährt, wird Lord Kitchener nach dem Ablaufe seines indischen Kommandos zum Feldmarschall ernannt werden. Es steht aber noch nicht fest, was für ein Posten ihm dann übertragen werden soll. Es soll iber der Vorschlag gemacht worden sein, ihm die Aufgabe zu stellen, die militärischen Streitkräfte aller Teile des Reiches zu einem homogenen Ganzen zusammenzuschmelzen und für das Reichs­heer einen neuen Mobilisierungsplan auszuarbeiter. Wer der Nachfolger Kitcheners wird, ist noch nicht bestimmt, doch soll das indische Kommando keinesfalls dem Herzog von Connaught übertragen werden.

König Eduards Erkrankung. König Eduard ist seit einigen Tagen nicht unerheblich erkrankt. Die Meldungen, venach er sterbenskrank sei, sind allem Anscheine nach aber übertrieben. Die Krankheit des Königs scheint in einem schweren Katarrh und in Rheumatismus zu bestehen. Aus London wird ge­meldet: Die Tatsache, daß König Eduard gestern die Reise von Sandringham nach London unternahm, und daß von allen denen, die Gelegenheit hatten, den Monarchen auf dem Bahnhofe zu sehen, bestätigt wurde, daß er wohl aussah, hat

Der Stiefbruder.

Roman von L. Haidheim.

23)(Nachdruck verboten.)

Irma schlug das Gesangbuch auf, als sie plötzlich das che­fühl hatte, es stehe jemand neben ihr, der sie beobachte.

Sie blickte auf. Zwei hübsche, junge Damen in elegan­ten Kleidern verneigten sich und baten mehr mit Blicken, als Worten, um Einlaß in die geschlossene Bank.

Irma erhob sich und öffnete.

Dürfen wir? Wir haben keinen eigenen Platz! flü­sterte die Aeltere der beiden. Irma nickte.

Nun mußten sie ganz nahe aneinander rücken, um alle vier Platz zu finden.

Wer können sie sein?" dachte Irma.

Die Orgel ertönte, die Gemeinde sang, und Irma suchte die feierlich=gehobene Stimmung wieder zu gewinnen, aus welcher die Erscheinung der beiden Damen sie gestört.

Dann predigte der Geistliche und nahm sofort Irmas ganzes Herz gefangen. Die lachende junge Flur und das frohe, junge Menschenherz verglich er miteinander, ernste Worte über das Werden und Reifen sprach er und kam dann auf das Unheil, das ganze Fluren in wenigen Minuten zu Boden schlägt und zerstört, das im Menschenleben sonnigstes Glück vernichtet und dennoch die Herzen nicht hoffnungslos macht, sondern zu neuem Fleiß ansport, sie mit neuer Hoff­nung, auf den Segen Gottes bauend, erfüllt.

Noch nie war Irma von Fredelsloh so andächtig ge­wesen, wie heute, aber auch noch nie so ergriffen.

. So manches Wort berührte sie, als sei es ganz besonders für sie gesprochen.

Verstohlen trocknete sie ein paar Tränen, und als der Gottesdienst zu Ende, war sie so in Anspruch genommen von dem, was ihr Herz erschüttert, daß sie ohne weiteres mit einem leisen Neigen des Kopfes den Kirchstuhl verließ.

Die beiden jungen Danen sahen ihr etwas betroffen nach.

Sie weinte vielleicht will sie allein sein! hörte die Förstersfrau die eine zu ihrer Gefährtin sagen.

Diese schien irgend eine Einrede zu machen, dann gingen auch sie. und die junge Frau begab sich, wie allsonntäglich, zu ihren Eltern, die eine Gastwirtschaft befaßen, um dort einige Zeit zu helfen.

Einsam und in sich gekehrt, ging Irma den Weg durch Felder und Wiesen.

Es war vielleicht nicht höflich, daß ich so eilig fortging, dachte sie,aber sollte ich vielleicht darauf warten, daß sie mich anredeten?

Welcher Unterschied trennte sie jetzt von allen Glücklichen?

Ulrichs Briefe und seine gelegentlichen Aeußerungen hatten Irma erkennen lassen, daß ein Makel auf ihrem Namen ruhte. Wochenlang hatte es gedauert, ehe ihre junge Seele diese Tatsache mit ihren Folgen für sie selbst und Ulrich recht begriff, denn zuerst waren noch manche Freunde gekommen, sie zu besuchen und sich nach der kranken Mutter zu erkundigen. tröstende gute Worte sprechend. Erst nachdem sie die Stadt verlassen, waren alle diese guten Freunde ausgeblieben so­gar Irmas Pensions= und Schulfreundinnen. Niemand kam mehr, niemand schrieb und als die lähmende Einsamkeit das junge Mädchen fast erdrückte, da war sie sich klar darüber geworden, daß die guten Freunde von einst mit ihnen wohl nichts mohr zu tun haben wollten.

Und indem sie das erkannt, war eine empfindliche Schau über sie gekommen, Menschen zu begegnen, wie das Beispiel der Mutter sie lehrte.

In der Kirche hatte sie nicht eine Sekunde daran gedacht; nun sie aber allein hier ging, die Andacht verflogen war und das Bild der beiden eleganten, jungen Damen im Geiste wie­der vor ihr auftauchte, nun wars ihr doppelt bitter, daß sie ausgeschlossen sein sollte von den Altersgenossinnen.

Hallte da nicht plötzlich ein fröhliches Lachen und Rufen hinter ihr?

Sie blickte zurück.

Da waren sie ja, die beiden Mädchen, sie kiefen, io schnell sie konnten. Als Irma sich umwandte, winkten sie ihr; offen­bar wünschten sie sie einzuholen.

Irma wartete. Ihr Herz schlug hoch auf. Sie ginz ihnen langsam entgegen.

Ach, Baronesse, wie freundlich! dankte die Größere der beiden.Wir wissen den Weg nicht, möchten Sie uns nicht mitnehmon?

Irma schoß das Blut in die Wangen.

Unser Wagen wartet nämlich auf der Chaussee. Mein Bruder beschrieb uns einen Fußweg, der über-Stufen steil den Abhang hinan führt sagte die Kleinere.

Ja, ja, ich weiß, hinter dem Forsthause, erwidert: Irma verlegen.

Richtig, das sagte Dein Bruder! Sie kennen ihn, Ba­ronesse Herrn Heimwender!" erklärte die schlanke, reizende, junge Dame, deren liebes Lächeln Irma entzückte.

Ja, ich stammelte Irma.

Aber die junge Dame fuhr eifrig fort:Und ich kenne Ihren Bruder Ulrich sehr gut; er war oft in unserem Hause, und ich sah ihn vor ein paar Tagen im Eisenbahnzuge noch lan­ger Zeit wieder. Ist er noch bei Ihnen? Ich bin Elfriede Hil­geroth

Ach? rief Irma, lächelte und sah sie forschend anMein Bruder hat mir oft von Ihnen erzählt das heißt frü­her

Mit der ganzen impulsiven Intimität junger Mädchen gingen die drei nun im lebhaftesten Geplauder weiter.

Elli Heimwender war ein übermütig=fröhliches Geschöpf. sie neckte Elfriede unausgesetzt, planderte, sang auch einmal ein paar Strophen, und ihre kleinen, braunen Augen blitzten so schelmisch, als habe sie noch viel mehr Neckerei im Vorrat.