15. Jahrgang.

Nr. 141.

ienstag, den 2. Dezember 1890.

Redaction, Druck und Verlag von Wilhelm Müller jr. in Ohligs.

Insertionspreis: die Sgespaltene Garmondzile oder Piir

Reclamen 20 Pig.

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germeisterei Merscheid und Umgegend.

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Politische Nachrichten

Deutschland.

Berlin, 1. Dez. 1890.

Der Reichskanzler von Caprivi ist am Freitag in Dresden angekommen, um dem sächsischen Königspaare seine Aufwartung zu machen. Der sächsische Ministerpräsident Graf Faleria und andere Herren waren auf dem Bahnhofe anwesend, einzahlreiches Publikum begrüßte den Reichskalizler mit lauten Hochrufen. Um zwölf Uhr empfing der König Albert den Reichskanzler und überreichte ihm den Hausorden der Rautenkrone. Nachmittags war große Galatafel. Abends fuhr der Reichskanzler nach Beilin zurück.

Der deutsche Reichsanzeiger bringt offizielle Ar den neuen Etat. Darnach sind Mehrausgaben vorhanden von M. 17827 155, Minderausgaben im Betrage von M. 21 216 469, so daß sich ein Mehrbedarf ergiebt von M. 46609 686. Zur Deckung desselben sind an Mehreinnahmen vorhanden M. 26 158608, so daß ein Rest von M. 20452078 bleibt, um welche Summe die Matri­kularbeiträge erhöht werden sollen. Im laufenden Jahre hatten die Einzelstaaten an das Reich M. 3662427 mehr zu zahlen, als sie erhielten, im neuen Jahre werden sie dagegen M. 12391922 mehr vom Reiche erhalten, als an das Reich sie zu zahlen haben.

Der Reichstag hat bisher Anleihen bewilligt im Gesammt­betrage von 1 536857 555 M. 25 Pf. Davon sind aufgebrach durch vierprozentige Schuldverschreibungen 445 705020 M. 5 Pfg., durch dreieinhalbprozentige Schuldverschreibungen 682900064 M. 68 Pfg. und durch dreiprozentige Schuldverschreibungen 146 865312 ., zusammen 1275470396 M. 73 Pfg., so daß der Reichs­regierung noch Kredite in Höhe von 261387 158 M. 52 Pfg. zur Verfügung stehen.

Auch die Leitung des Sanit itswesens der Armee hat sich entschlossen das Koch'sche Heilverfahren für den Samtätsdienst im Heere nutzbar zu machen. Durch den Kriegsministerialerlaß sind für die ersten Tage des Dezember alle Korpsärzte der Armee zu einer Konferenz nach Berlin berufen, in welcher über die Frage verhandelt werden soll, das Koch'sche Heilverfahren für den Sanitätsdienst im Heere nutzbar zu machen.

Mitte Dezember werden, wie man hört, in Berlin auf An­regung des Handelsminister Besprechungen über internationale Ver­einbarungen hinsichtlich der Fortführung der Arbeiterschutzgesetzgebung stattfinden.

Ausland.

Frankreich. Das französische Kriegsministerium hat dem Ackerbauministerium 25.000 kleinkalibrige Gewehre zur Ausrüstung der Forstwächter überwiesen. Auch die Zollbeamten sollen mit dem Lebelgewehr versehen werden, die Landwehr ist schon damit ver­sehen.

Oesterreich=Ungarn. In Wien war das Gerücht ver­breitet, die Stadt solle in eine Festung umgewandelt werden. Der Kriegsminister hat nun erklärt, daß diese Redereien unbegründet sind.

Rußland. Den Finnländern sollen jetzt auch die heimischen Richter genommen und durch russische ersetzt werden, obgleich die verbrieften Rechte den Finnen ausdrücklich eigene Justiz sichern. Zur Begründung dieses Gewaltaktes dient die übliche leere Ausrede, daß die Ernennung der russischen Richter nur den Finnen Vortheil bringe. Warum nehmen die Russen da keine finnischen Richter.

Preußisches Abgeordnetenhaus.

Im preußischen Abgeordnetenhause ist am Sonnabend über das neue Heilmittel des Professor Koch verhandelt worden. Der Mininer von Goßler äußerte sich auf Befragen des Abg. Graf sehr eingehend über die bedeutende Entdeckung. Er rühmte die Uneigen­

nützigkeit Kochs und betonte, daß die Untersuchungen desselben noch nicht abgeschlossen seien. Koch selbst kann eine Anweisung zur rich­tigen Zusammenstellung seines Mittels noch nicht geben, es muß sehr sorgsam angefertigt und dann an Thieren auf seine Brauchbarkeit geprüft werden. Das ist auch der Grund, warum heute noch nichts über die Herstellung mitgetheilt werden kann. Die Maßnahmen für Untersuchungen mit dem Mittel sind in umfassendster Weise getroffen und es wird auch eine Anstalt zur Erzeugung des Mittels in großem Maßstabe errichtet nerden. Der Preis für jede Einspritzung ist heute nur 5 Pfennige. Es finden bereits Verhandlungen statt, um das Mittel auf den preußischen Staat zu übernehmen. Später soll es auch anderen Nationen überlassen werden. Ein neues Institut zur Behandlung von Tuberkelkranken soll in der Berliner Charitee er­richtet werden, auch die Stadt Berlin hat 150 Betten im Moabiter Barackenlazareth für arme Kranke zur Verfügung gestellt. Ein Ber­liner Privatmann, der nicht genannt sein will, hat Professor Koch eine Million Mark zur Verfügung gestellt für seine Zwecke. Der Minister hoffte, auch in anderen Städten würden entsprechende Maß. nahmen getroffen werden und sprach dann seine große Freude darüber aus, daß gerade ein Deutscher die weltbewegende Entdeckung gemacht. Deutschland könne mit Recht stolz darauf sein, einen Mann wie Koch sein Eigen nennen zu können. Lautes Beavo bewies die Zustimm­ung des ganzen Hauses zu diesen Ausführungen. Alsdann wurde die erste Berathung des neuen Landgemeindeordnung begonnen, welche der Minister des Innern, Herrfurth, einleitete. Abg. von Meyer­Arnswalde(kons.) Barth(freikons.), von Hüne(Ctr.), Gneist und Sombart(natlib.) erkannten im Allgemeinen an, daß Resormen, auf diesem Gebiete nothwendig seien, meinten aber doch, daß die gegen wärtige Vorlage noch mancher Abänderungen bedürfe. Nächste Sitz­ung Montag.

Rheinland u. Westfalen.

* Ohligs, 27. Nov. Die Leser werden sich erinnern, daß wir zu Anfang September d. J. von einem angeblichen Mord­anfall berichteten, dessen Opfer ein zu Aufderhöhe wohnender Messer­reider geworden war, welcher auf dem Wege über Land im sog. Gladbacher Busche überfallen und derart. verletzt wurde, daß aus einer von der Herzgrube bis zum Unterleib reichenden Wunde die Eingeweide hervortraten. Der Verletzte wurde damals ins Kranken­haus zu Hilden überführt, wo er Dank sorgsamer Pflege langsam gesundete, so daß er vor Kurzem wieder entlassen werden konnte.

Nunmehr sollto im Boisein des Uohorfallenon Ans Besichtigung.3

Thatortes stattfinden, doch wußte Jener durch allerlei Ausflüchte einigemale diese Ortsbesichtigung zu verzögern, bis er schließlich ernst: lich gedrängt wurde, einer solchen nunmehr auf einen bestimmten Tag festgesetzten Besichtigung beizuwohnen; doch auch diesmal erschien er nicht, er hatte vielmehr vorgezogen, unter Mitnahme eines Theiles seiner Sachen spurlos zu verschwinden. Bis jetzt hat man über den Verbleib des Betreffenden noch nicht den geringsten Anhalt; daß sein seltsames Verhalten zu allerlei Muthmaßungen Veranlassung giebt, ist leicht erklärlich.

* Ohligs, 29. Nov. In der gestrigen zahlreich besuchten Versammlung der Taschen= und Federmesserschleifer, die unter dem Vorsitze des Herrn Schaaf=Merscheid im Staudacher'schen Lokal­stattfand, verlas der Herr Vorsitzende zunächst das Schriftstück, welches in dieser Woche in der Kommissionsversammlung von den Schleifern und Fabrikante aufgestellt worden war; dasselbe lautet wie folgt:Bei der von Fabrikanter und Schleifern am ver­

gangenen Dienstag stattgehabten privaten Besprechung wurde folgende Vereinbarung getroffen. Beide Theile treten zusammen, um über solche Preise zu sprechen, welche möglichst in der Mitte der beiden Preisverzeichnisse liegen. Nach Feststellung der Preise werden Streik

und Sperre aufgehoben. Die Kommission verpflichtet sich indessen, täglich zu arbeiten, bis das Verzeichniß fertiggestellt ist." Die Ver­handlungen von Dienstag hatten ein derartiges Ergebniß, daß das vorläufige Preisverzeichniß schon aufgestellt werden konnte. Sodann theilte Herr Schaaf mit, daß die Fabrikanten ebenfalls auf Freitag eine Versammlung im Gierlich'schen Lokale in Solingen anberaumt hätten, um gleichfalls über die Uebereinkunft zu berathen. Der Herr Vorsitzende bittet sodann die Versammlung sich über die getroffene Vereinbarung zu äußern, da das, was die Kommission beschlossen hätte, immerhin nichts gültiges wäre. Während der Debatte kamen verschiedene Ansichten zum Ausdruck. Ein Redner tritt dafür ein, ein Verzeichniß für längere Zeit zu machen, während ein anderer Redner befürwortete, ein einstweilen geltendes Verzeichniß aufzu­stellen und daß dann später das endgültige Verzeichniß aufgestellt werden möge. Die meisten Mitglieder halten es indessen für zweck­mäßig wie auch in dem Protokoll angegeben nach dem Mittelpreisverzeichniß zu arbeiten, die Kommissions=Mitglieder wür­den schon bei den Berathungen dafür sorgen, daß das endgültige Preisverzeichniß nach Wunsch aufgestellt würde. Ueber die außer­gewöhnlichen Sorten würden allerdings die Meinungen auseinander­gehen. Herr Schaaf empfiehlt sodann, daß in jedem Kotten, bevor gearbeitet würde, ein Exemplar des Preisverzeichnisses angebracht sein müßte. Bezüglich der Firma Böntgen, Katternbergerstr, theilte der Herr Vorsitzende sodann mit, daß s. Z. diese Angelegenheit er­ledigt wäre, da genannte Firma simmtliche Messer, die sie schleife, auch fabriziren ließe. Die Versammlung erklärte sich jedoch mit dieser Ansicht nicht einverstanden, und es entspann sich hierüber eine lebhafte Debatte, deren Ergebniß war, daß diese Angelegenheit für nicht erledigt erklärt und bis zur nächsten Sitzung vertagt wurde. Es wurde alsdann darauf Bezug genommen, daß die Fabrikanten den Beschluß ihrer ebenfalls auf gestern festgesetzten Versammlung dem Schleifer=Verein mittheilen wollten, indessen sei ein Bescheid noch nicht eingetroffen. Infolgedessen wurde von einem Mitgliede folgender Vorschlag gemacht: Versammlung möge beschließen, daß, wenn die Fabrikanten den Protokollbeschluß annähmen, jedoch später das endgültige Verzeichniß nicht fertig machen würden, daß dann die Schleifer wieder in den Streik und in die Sperre eintreten würden. Dieser Antrag wurde von der Versammlung mit Mehr­heit angenommen.

* Ohligs, 1. Dez. Gedenket der Vögel! Wald und Feld ist eingeschneit und Weg und Steeg hart gefroren, so daß es den

eech. erk Ind Verrwintern, schwrr wito, bur

Futter, welches ihnen in der Winterzeit ohnehin so spärlich bemessen ist, aufzufinden. In Schaaren umlagern die Goldammern Hauben­lerchen und wie sie alle heißen die niedlichen Sänger, deren Gesang uns in der schönen Jahreszeit so oft erfreut hat, die Futterplätze der Hühner und die Scheunen, um im Kampfe mit dem frechen Spatz ein paar Körnchen zu erhaschen. Sollen uns die Sänger den Un­bilden der kalten Witterung nicht erliegen, so müssen wir ihnen durch Futterstreuen auf den Höfen, den Fensterbänken, oder wo sich sonst eine geeignete Stelle dafür bietet, zu Hülfe kommen. Brodkrumen und Speiseüberreste, welche sonst oft achtlos fortgeworfen werden, können dabei eine gute Verwerthung finden.

Ohligs, 29. Nov. Als Zeichen ist eingetragen zu der Firma Julius Hoppe in Ohligs das Zeichen: Schwalbe.

X Ohligs, 1. Dez. Die wegen Brandstiftung ange­klagte Dienstmagd Anna Knüpp von Aufderhöhe, welche bekanntlich die Scheune des Herrn Martin vorsätzlich angesteckt hat, hat sich Morgen dieserhalb vor dem Kgl. Schwurgericht in Elberfeld zu ver­antworten.

+ Ohligs, 1. Dez. Der auch hier bekannte und beliebte Opernsänger Herr Birrenhoven aus Cöln wird, nach dem sein Con­

Heiße Gluthen.

Erzählung von Johanna Berger.

(24. Fortsetzung.)

Nachdem sie mit der Zeit über den Punkt klar geworden, daß Roman nureine Geldheirath mit ihr vollzogen hatte, um seine verangirten Verhältnisse zu verbessern, quälte sie auch ihn. Er war ihr ein; als das Ideal eines Vertrauten für ihr junges, damals so bekummertes Herz erschienen, er war ihr sympathisch gewesen, und ohne Bedenken hatte sie ihm ihr Jawort gegeben. Nun hatte er sich in ihren Augen als kühl berechnender und seinen Vortheil er­wagender Egoist entpuppt. Und das machte sie bitter und ungerecht. Für seine Motive hatte sie kein Verständniß, sie urtheilte nach dem Schein. Das Empfinden ihrer Seele war auf das Tödtlichste ver­letzt, sie hielt sich für das unglücklichste und beklagenswertheste Ge­schöpf auf Erden, grämte und härmte sich ab und suchte ihr gekränk­kes Herz fast täglich mit Thränen und Klagen zu erleichtern.

Roman war stets gefällig, höflich und zuvorkommend gegen seine Frau, aber es lag nicht in seiner Natur, ihr Zuneigung oder Liebe zu heucheln, von der sein Herz nichts mußte. Das wäre über seine Kräfte gegangen.

Nach Beendigung der Hochzeitsreise hatte er sich mit großer Energie und Schaffensfreude der Bewirthschaftung seines Gutes an­genommen. Er fand Zerstreuung und Behagen in dieser Thätigkeit, die, jetzt von reichen Mitteln unterstützt, die besten Erfolge lieferte.

Spiridia war es überlassen, sich ihren Wirkungskreis als junge Edelfrau von Lygotta im Herrenhause zu verschaffen. Aber das Hauswesen war unter der bewährten Leitung der alten Michalina vollständig geregelt, und Frau Casimira litt auch nicht, daß die junge Frau sich um Küche und Keller bekümmerte. So etwas wäre durch­aus unpissend und undelicat für eine Dame vom Stande, so war ihr Ausspruch: das müsse man den Leuten überlassen, denn solche Arbeit mache gemein.

Spiridia hatte mit der Schüchternheit, die ihr damals eigen war, den Kopf dazu gesenkt und war dann beinahe vor Langeweile gestorben. Sie verträumte ihre Tage auf der Chaiselonque ihres Boudoirs, las französische Romane und naschte Bonbons, bis sie sich den Magen verdarb. Sie machte es wie ihre Schwiegermama und andere reiche polnische Damen. Sie dämmerte ihr Leben in Träg­heit dahin. Was hätte sie auch Besseres vollbringen können?

Das junge Ehepaar war nur bei den Mahlzeiten zusammen. Roman blieb fast den ganzen Tag draußen auf den Aeckern und Feldern und Abends in seinnen Zimmern, wo er sich mit Lectüre be­schäftigte. Er rauchte leidenschaftlich gern, seine Frau haßte den Cigarrenduft, da ließ er sie allein.

Er hatte keine Ahnung davon, wie er diese zarte Treibhaus­blüthe behandeln mußte; er war kein ungefälliger Gatte, durchaus nicht, aber es fiel ihm nicht ein, Opfer zu bringen. Ihr ewig weiner­liches und scheues Wesen langweilte ihn. Er konnte sich nicht zwingen, sie zu lieben, sie vaßte so gar nicht für ihn und er hatte der Hoff­nung, ein glückliches Leben mit ihr zu führen, längst entsagt. Er hatte geglaubt, die Erfüllung der schweren Pflichten, die er sich zur Lebensaufgabe gemacht, würde ihm leichter werden, aber es war ein Irrthum gewesen.

Mit der Zeit, als Spiridias Kränklichkeit zunahm, veränderte sich ihr Charakter noch mehr. Sie wurde empfindlich, reizbar und unfreundlich. Sie war fast immer aufgeregt und schlechter Laune. Das gemeinschaftliche Leben der beiden Gatten wurde täglich trau­riger und elender, es war eine fortwährende Qual.

Spiridia kränkte Roman am meisten dadurch, daß sie ihm häu­fig vorwarf, sie belogen und betrogen, sie nur des Geldes wegen geheirathet zu haben. Solche Auftritte waren ihm entsetzlich und doch trug er ihre Beschuldigung mit Ruhe. Er durfte sich nicht be­klagen, denn sie hatte gewissermaßen Recht. Sie ahnte freilich nicht, welche Last er sich mit dem Reichthum aufgebürdet hatte, eine Last, die ihn allmählich erdrücken wollte.

Die äußere Noth war allerdings von ihm gewichen, aber neben

ihm ging eine ungeliebte Frau, die ihm täglich unsympathischer wurde. Ach er konnte nicht ohne Bitterkeit daran denken, daß er sein ganzes Leben an sie gekettet hatte. Die Zukunft erschien ihm leer und öde wie eine Wüste.

Eine tiefe Melancholie bemächtigte sich seiner, die ganze Welt wurde ihm gleichgültig, er sehnte sich oft nach dem Tode. Nur der Gedanke, seine Pflicht bis zum Ende zu erfüllen, hielt ihn noch aurecht.

Nur einmal gab er sich der völligsten Verzweiflung hin. Es war nach einem neuen heftigen Auftritte mit Spiridia, der ihn bis zum Wahnsinn reizte. Da war er zähneknirschend in sein Zimmer gestürzt und hatte nach seinen Pistolen gegriffen. Ein leichter Druck, ein Knall und Alles war vorüber, die ganze Qual und Noth seines unglückseligen Daseins. Warum zögerte er denn nach? Wie eine Vision war plötzlich eine lichte, edle Mädchengestalt vor seiner Seele erschienen: Jadwiga. Was würde sie, die Muthige, dazu sagen,

wenn er so feige er dachte den Gedanken nicht aus. Er warf

schaudernd die Pistole von sich fort, als hätte er glühendes Eisen berührt, und stürzte hinweg. Ach, er war ein bejammernswerther Mensch, aber um ihres hehren Vorbildes willen wollte er sein elendes Schicksal tragen, so gut es eben ging.

Und dann wurde es besser für ihn. Der Arzt schickte die lungenkranke Frau nach dem Süden, dort sollte sie genesen. Die Trennung von ihr wurde Roman leicht, er fühlte sich von großen Qualen erlöst er athmete auf. Nun war er allein und hatte Ruhe. Er brauchte die ewigen Klagelieder nicht mehr anzuhören, die jammernde Stimme tönte nicht mehr in sein Ohr, er sah nicht mehr die schrecklichen Weinkrämpfe, die ihn nervös machten und wie wahnwitzig aus dem Hause trieben.

Wie köstlich war dies Alleinsein, wie wohlthuend die Ruhe, es herrschte ein himmlischer Friede im Hause. Romans Trübsinn schwand, er raffte sich zu neuer Thätigkeit, neuer Daseinsfreude auf, und Ar­beit gewährte ihm Befriedigung.

(Fortsetzung folgt.)