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Amtliches Kreisblatt für den Stadtkreis Solingen.

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Nr. 45.

Donnerstag, den A. Febrnan 1930.

108. Jahrgang.

Bonar Law gegen die Friedens­bewegung.

WTB. London, 21. Febr. Bonar Law antwortete im Unter­hause auf die Reden einiger pazifistischer Abgeordneter, die zu Frie­densverhandlungen drängten und sagte:

Der beste Beweis für unseren Wunsch nach Freiheit und Unab­hängigkeit war, daß das Haus in Schweigen zuhörte. Zur Friedens­frage erklärte er: Wir hatten uns zu fragen, ob es irgend ein an­deres Mittel gab, wodurch wir die Freiheiten retten konnten außer dem, daß wir für sie fochten und den Frieden zu sichern, außer da­durch, daß man für ihn kämpfte. Er könne nicht die Beweggründe der Reden einsehen, die man jetzt gehört habe. Die Pazifisten hätten etwas an unseren Friedensbedingungen auszusetzen. Aber wie steht es mit den Friedensbedingungen unserer Feinde? Wir haben unsere Frie­densbedingungen, die ich nicht für weitgehend halte, festgesetzt. Deutsch­land ist von dem amerikanischen Präsidenten Wilson aufgefordert oder zum mindesten eingeladen worden, die seinigen endgültig mitzuteilen. Aber es hat das nicht getan. Die Bedingungen Deutschlands haben sich klar auf den deutschen Sieg gegründet, der die Betonung der deut­schen militärischen Maschine bedeutete, was die Welt jederzeit all den Greueln aussetzen würde, unter denen sie jetzt leidet. Gibt es irgend ein menschliches Wesen, das jetzt zweifeln könnte, daß die Deutschen nach dem Grundsatz handeln, den Krieg nicht bloß durch Bekämpfung der feindlichen Streitmacht zu gewinnen, sondern durch die Terrori­sierung der Zivilbevölkerung und neutraler Länder? In der Recht­fertigung des U-Bootkrieges sagen die Deutschen, es sei Pflicht gegen­über der Menschheit, das schnellste Mittel, selbst wenn es ein grau­sames wäre, zu gebrauchen, um den Krieg zu beenden. Deutschlands Menschlichkeit und Grausamkeit sind ein und dasselbe. Wir kämpfen nicht für Gebietszuwachs oder gar, um einen ruhmreichen Sieg sicher­zustellen, der das Ansehen unserer Waffen spiegeln würde, sondern wir kämpfen dafür, einer Kaste, die diese Verbrechen begangen hat, hei­zubringen, daß diese sich nicht bezahlt machen.

Bonar Law erklärte, er könne nicht die Friedensagitation im gegenwärtigen Augenblick verstehen, in dem die größte neutrale Nation selbst erkannt habe, daß ein Unterschied zwischen Recht und Unrecht bestehe, und selbst eingesehen habe, daß die Ausreden bis zu einem Grade gediehen seien, die sie jedem Neutralen als unerträglich er­scheinen ließen.

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Es wird die Zeit kommen, wo Bonar Law die Pflöcke erheblich zu­rückstecken und dem Drängen der übrigens noch schwachen Friedens­partei nach Unterhandlungen nachgeben wird. Vorläufig ist aller­dings der britische Dünkel und Größenwahn noch zu übermächtig und die englischen Minister, insonderheit Bonar Law, ziehen es noch vor, mit Phrasen und offenkundigen Lügen zu arbeiten. Im übrigen be­rührt uns der Schmutz, den die Mitglieder des englischen Kabinetts immer wieder auf uns zu werfen versuchen, schon lange nicht mehr. Das Wort haben unsere U-Boote.

Vorbereitende Maßnahmen Amerikas.

WTB. Washington, 21. Febr. Die Regierungsvorlage gegen Spionage ist vom Senat mit 60 gegen 10 Stimmen angenomten worden. Sie sieht schwere Strafen für Verschwörungen zur Ver­letzung der amerikanischen Neutralität und für Ausspähung in Sachen der Landesverteidigung vor. Die Vorlage beschäftigt sich auch mit internierten Mannschaften und Seeleuten und enthält Strafmaßnahmen gegen den Paßschwindel. Ein anderer Abschnitt ermächtigt den Präsidenten der Republik, Munition und Schiffe, die solche führen und die für den Feind einer Nation bestimmt sind, mit der die Vereinigten Staaten in Frieden leben, zu be­schlagnahmen, zurückzuhalten oder für verfallen zu erklären.

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Freilassung der amerikanischen Besatzung der Yarrowdale.

WTB. Berlin, 21. Febr. Wie wir erfahren, sind die an Bord der Yarrowdale nach Deutschland gebrachten amerikanischen Mit­glieder der Besatzungen aufgebrachter bewaffneter feindlicher Handelsschiffe freigelassen worden. Obwohl nach Lage der Sache die Amerikaner als Kriegsgefangene behandelt werden konnten, hatte man ihre ausnahmsweise Freilassung schon vor längerer Zeit beschlossen, da sie beim Antritt ihrer Reise nicht wußten, daß sie in Deutschland als Besatzung eines feindlichen bewaffneten Handelsschiffes als Kriegsgefangene behandelt werden würden. Die nach Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit den Vereinigten Staaten hier eingetroffenen Nachrichten aus Amerika über die Beschlagnahme deutscher Schiffe und die Inter­nierung der deutschen Besatzungen ließen es jedoch rätlich erschei­nen, bis zu einer amtlichen amerikanischen Mitteilung über den wirklichen Sachverhalt die Leute nicht freizulassen. Dies ist nun­mehr geschehen, nachdem auf amtlichem Wege die Mitteilung hierher gelangt ist, daß die deutschen Schiffe in Amerika nicht beschlagnahmt und ihre Besatzungen nicht interniert sind.

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Gerard in Spanien.

WTB. London, 21. Febr. Der Korrespondent des Daily Telegraph in Madrid telegraphiert, daß Gerard mit vier anderen Mitgliedern der amerikanischen Botschaft in Berlin heute in Madrid ankommen wird. Der ursprüngliche Plan, direkt nach Barcelona zu gehen, ist fallen gelassen worden. Die spanische Re­gierung wurde von der Reise des Botschafters amtlich in Kennt­nis gesetzt. Botschafter Gerard wird eine Unterredung mit dem Ministerpräsidenten Romanones und dem Minister des Aeußern, vielleicht auch mit dem König haben.

Die rumänischen Kriegshetzer verlassen ihr Vaterland.

Berlin, 21. Febr. Wie wir aus zuverlässiger Quelle er­fahren, ist der rumänische General Fliesen, der bis zum Ein­tritt Rumäniens in den Krieg als Generalsekretär des Kriegs­ministeriums der eigentliche Kriegsminister war, in Jassy geohr­feigt worden. Diese etwas drastische Kundgebung gegen den bekannten Kriegshetzer ist auf die Tatsache zurückzuführen, daß man auch in seinem Vaterlande endlich zu der Erkenntnis ge­langt ist, wie unheilvoll seine Treibereien für Rumänien gewesen sind. Da der General Jliesen durch den für ihn recht pein­

lichen Vorfall in seiner Heimat unmöglich geworden ist, hat ihn seine Regierung jetzt nach Frankreich und England geschickt. Wir gehen wohl in der Vermutung nicht fehl, daß die besonderen Aufträge, die er dorthin mitgenommen hat, ein ebenso einträg­liches Geschäft für ihn bedeuten werden, wie seine bisherige Politik es gewesen ist. Als bezeichnend für das Dämmern der besseren Erkenntnis in Rumänien möchten wir ferner die Tat­sache erwähnen, daß auch der frühere Besitzer desAdeveru!", Herr Const. Mille kürzlich in London eingetroffen ist. Er fühlt sich ebenso wie sein Gesinnungsgenosse Jliesu in Rumänien nicht mehr recht sicher. Wie er, so verlassen sicheren Nach­richten zufolge auch die meisten anderen rumänischen Kriegs­hetzer jetzt ihr von ihnen ins Unglück gestürztes Vaterland, um sich mit Hilfe der gestohlenen oder durch Erpressung erworbenen Gelder in Italien und England ein möglichst behagliches Leben zu verschaffen. Viele von ihnen sind wegen des verschärften Tauchbootkrieges noch nicht über die skandinavischen Länder hinaus gekommen.

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Eine Operation der Königin von Balgarien.

WTB. Sofia, 21. Febr. Nach einer Meldung der Bulgarischen Telegraphenagentur hat sich die Königin vor einigen Tagen einer glücklich verlaufenen Operation unterzogen. Die königlichen Prin­zen und Prinzessinnen, die aus diesem Anlaß am Krankenlager der Königin weilten, sind nach Pöstyen zurückgekehrt, wo König Ferdinand sich zum Kurgebrauch befindet.

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Kundgebung der westlichen Handels­vertreter.

TU. Essen, 21. Febr. In der heute in Essen abgehaltenen Sit­zung der Vereinigung von Handelskammern des niederrheinisch=west­fälischen Industriebezirks, an welcher Vertreter der Handelskammern zu Essen, Bochum, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Münster, Osna­brück, Wesel, Hagen und Saarbrücken teilnahmen, wurde einstimmig folgende Entschließung gefaßt:

Die Vereinigung von Handelskammern des niederrheinisch­westfälischen Industriebezirks erblickt in dem uneingeschränkten Ge­brauch auch der U-Bootwaffe, der durch den Entschluß unseres obersten Kriegsherrn nunmehr in die Wege geleitet ist, das sicherste Mittel zur Abkürzung und siegreichen Beendigung des Krieges. Dankbar begrüßt sie daher diesen Entschluß in der festen, auf die kaiserlichen Worte gestützten Zuversicht, daß die dazu berufenen Stellen ihn rücksichtslos und entschlossen zur Durchführung brin­gen werden, unbeirrt durch übel angebrachte, die Interessen un­seres Vaterlandes aufs schwerste schädigende, Sieg und Kriegser­gebnis gefährdende Vermittlungs= und Durchlöcherungsversuche. Nach der beschimpfenden Abweisung des kaiserlichen Friedensange­bots durch unsere Gegner gibt es für Deutschland kein Zurück. Die dem deutschen Volke durch die Aushungerungsmaßnahmen Englands aufgezwungenen, in keinem Falle zu vermeidenden Wirt­schafts= und Ernährungsschwierigkeiten werden ertragen und über­wunden werden, wenn die Gewißheit besteht, daß alle Waffen, die Deutschland zur Verfügung stehen, rücksichtslos angewandt und gleichzeitig alle Maßnahmen getroffen werden, die möglich sind, um unserem Volke, das für die Niederwerfung der Gegner alle Kräfte anspannt, und insbesondere unserer Arbeiterschaft, die dem Heer die Kampfwerkzeuge liefert und in gleicher Weise leistungsfähig erhalten werden muß, wie das Heer selbst, ihre schwere Arbeit zu erleichtern.

Letzte telegraphische Meldungen.

(Telegramme des W.=T.=B. und der Telegraphen=Union.)

Aus Dr. Liebknechts Wahlkreis.

TU. Berlin, 22. Febr. Im 11. Berliner Reichstagswahl­kreis, in dem bekanntlich für Dr. Liebknecht eine Ersatzwahl vor­zunehmen ist, wurde gestern bei den Ersatzwahlen für die ausge­schiedenen und verstorbenen Ersatzmänner etwa 150 Wahlmänner der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft und der Spartacus­Gruppe, ca. 60 Wahlmänner der alten sozialdemokratischen Partei und ungefähr ebenso viele der bürgerlichen Parteien gewählt. Einen sicheren Schluß auf das Ergebnis der Abgeordnetenwahl läßt die Wahlmännerwahl nicht zu, da man nicht weiß, für welchen Kandidaten sich die im Amte gebliebenen Wahlmänner entscheiden werden. Es ist anzunehmen, daß die bürgerlichen Wahlmänner bei der Abgeordnetenwahl den Ausschlag geben werden.

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Beratungen im Hauptausschuß.

TU. Berlin, 22. Febr. Der Hauptausschuß des Reichstags setzte in der Nachmittagssitzung die vertrauliche Aussprache über die politische Lage fort. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Dr. Zimmermann, nahm zu den Erklärungen der Mitglie­

der des Ausschusses mehrfach das Wort. Dabei wurden u. a. die Angaben der Presse über Verhandlungen mit Dänemark und angeb­liche Anknüpfung mit Amerika erörtert. Die Erklärungen, die

der Staatssekretär hierzu abgab, wurden allgemein gebilligt.

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Zur Haltung Amerikas.

TU. Köln, 22. Febr. Der Washingtoner Korrespondent der Köln. Ztg. telegraphierte unterm 19. Februar:Manche Leute betrachten es hier als unbegreiflich, daß der Präsident noch zögert, drastische Maßregeln zu ergreifen. Die geschickte Politik Deutsch­lands, eine offenkundige feindliche Aktion zu vermeiden und in an­deren Punkten nachzugeben, wird für das Zögern des Präsidenten verantwortlich gemacht. Es mögen aber noch andere Gründe mit­sprechen, z. B. die geringe Begeisterung, die sich in den Ländern der Entente über den Beitritt Amerikas zeigt, und zwar wegen des Problems der Geschoßlieferung. Ferner erwägt man die verwik­kelte Lage auf Cuba, ferner die neuerdings wieder drohend ge­wordene Haltung Mexikos, die man natürlich ebenso wie die Un­ruhen auf Cuba, auf deutschen Einfluß zurückführt. Man hegt die größte Sorge für die Petroleumquellen auf Tampico. Heute wird bestimmt erklärt, Wilson habe sich bisher noch nicht schlüssig ge­macht, ob er sich an den Kongreß wenden soll. Dadurch ist eine merkwürdige Lage geschaffen, denn in den letzten Wochen ver­sicherten die Regierungsbeamten stets, Wilson werde die Frage vor den Kongreß bringen. Inzwischen mag das stetige Anwachsen der Friedensstimmen im Kongreß die Abgeordneten noch weniger ge­neigt gemacht haben, dem Präsidenten Vollmachten für den Schutz der Schiffahrt zu erteilen. Man besorgt, daß die Pazifisten bis zur letzten Möglichkeit an der Zuständigkeit des Kongresses fest­halten werden, und den Präsidenten auffordern werden, er möge, wenn möglich, eine Sondersitzung im März einberufen. Diese Kreise sträuben sich auch gegen die Be­waffnung der Handelsschiffe, da sie behaupten, daß dadurch eine offene Streitfrage herbeigeführt werde. Die Führer in beiden Häusern des Kongresses werden ihr Aeußerstes tun, um eine De­batte über die Lage hintanzuhalten, da die Erörterungen in der letzten Woche zeigen, daß die Meinungen zu weit auseinander­gehen. Inzwischen arbeiten die Friedensfreunde im ganzen Lande Tag und Nacht. Versammlungen werden abgehalten, Beschlüsse angenommen und die Regierung wie der Kongreß werden mit Tele­grammen, Briefen und Postkarten überschwemmt, von denen auf eine Kriegsforderung jedesmal acht Friedenskundgebungen kommen.

Die Darlegungen Lloyd Georges.

WTB. London, 22. Febr.(Unterhaus). Bonar Law teilt mit, daß die Darlegungen Lloyd Georges bis zum 23. Februar vollzogen sein werden.

Englische Neutralitätsverletzung gegen­über Norwegen.

WTB. Christiania, 22. Febr. Da zwei englische Hochseetor­pedoboote am 20. Februar den norwegischen Dampfer Vaterland auf norwegischem Seegebiet bei Stat angehalten haben, wies der Minister des Aeußern die Gesandtschaft in London an, bei der englischen Regierung bestimmte Verwahrung gegen diese Neu­tralitätsverletzung einzulegen.

Versenkt.

WTB. Paris, 22. Febr. Liste der versenkten Schiffe vom 21.

Februar 7 Uhr abends:

19. Februar: Der englische DampferCorso ex Caradoc, 3242 Tonnen;

Fischerfahrzeug 989 aus Boulogne;

Fischerfahrzeug 2979 aus Boulogne;

20. Februar: Der norwegische SeglerFralls of Afton", 1965 Tonnen;

21. Februar: Der norwegische DampferDukat, 1457 Tonnen.

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Antibulgarische Hetze.

WTB. Sofia, 22. Febr. Meldung der bulgarischen Telegra­phenagentur: Birschewija Wiedomosti, deren antibulgarische Hetze bereits zu den widerlichsten Lügen treibt, befassen sich wiederum mit dem abgedroschenen Thema von angeblicher Unzufriedenheit und Unruhen in der bulgarischen Armee. Zwischen den in Maze­donien operierenden bulgarischen und deutschen Truppen soll größ­tes Mißtrauen herrschen und ernste Mißhelligkeiten sollen ausge­brochen sein. Das rohe Betragen der an der Spitze der bulga­rischen Einheiten stehenden deutschen Offiziere soll unter den bul­garischen Soldaten lebhafte Mißstimmung erzeugen. Viele bulga­rische Soldaten hätten ihre Schritte gegen die fremden Komman­danten teuer bezahlen müssen. Alle diese Meldungen sind nichts als Lügen. Keine militärische bulgarische Einheit ist bisher von einem Deutschen befehligt worden. Unter ihrem siegreichen Banner vereint, ist die bulgarische Armee stärker und entschlossener als je. Die Tatsache, daß die Bulgaren bereit sind, Schulter an Schulter mit ihren treuen Verbündeten die wirkungslosen Ver­suche unserer Gegner, die für die Fortsetzung des Krieges allein verantwortlich sind, zum Scheitern zu bringen, bildet den Beweis hierfür.

Der Hauptquartier=Bericht war bei Druckbeginn der Zeitung noch nicht eingetroffen.