31. Jahrgang. Königswinter.

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Redaction, Druck und Verlag

Samstag den 21. August 1897.

Agentur:

Niederdollendorf. Wittwe weber. Expedition:

Königswinter, Hauptstraße Nr. 69.

von A. Tillewein in Rönigswinter.

MA. 67.

Deutschland.

Berlin, 19. August.

Der Kaiser und die Kaiserin haben auf Wilhelmshöhe den Besuch des Prinzen Adolf von Schaumburg=Lippe und seiner Gemahlin erhalten.

Die Kaiserin hat dem Vaterländischen Frauenverein der Provinz Schlesien eine zweite Gabe von 1000 Mark aus Anlaß der durch die Ueberschwemmungen hervorgerufenen Nothfälle überweisen lassen und richtete an den Vorstand des Vaterländischen Frauenvereins folgendes Schreiben:Die schwere Heimsuchung Schlesiens, wie anderer Theile unseres Vaterlandes erfüllt Mich mit Schmerz und Betrübniß. Zu Meiner wahren Genugthuung hat der Vaterländische Frauen­verein der gegannten Provinz im Sinne und Geist der er­lauchten Stifterin sofort die Hülfsthätigkeit eingeleitet. Aber Ich bin überzeugt, daß in allen Provinzen des Königreiche die Theilnahme tief empfunden wird, und es ist Mein herz­licher Wunsch, daß bei der Tragweite des Unglücks sämmt­liche Provinzial= und Zweigvereine Sammlungen eröffnen, um die Schwesterverbände in ihrer voraussichtlich lange an­dauernden Thätigkeit zu unterstützen. Ich ersuche den Vor­stand die erforderlichen Anordnungen zu treffen und die ein­gehenden Beträge zu sammeln, über deren Empfang und Verwendung Mir durch den geschäftsführenden Ausschuß Be­richt zu erstatten ist.

Der König von Siam trifft am 22. d. M. in Köln ein und nimmt im Hotel du Nord Wohnung. Nachmittags gedenkt er auf einem Extraboot den Rhein hinauf bis Biebrich und von dort per Extrazug bis Wiesbaden zu fahren. Montags reist er nach Frankfurt und darauf nach Dresden. Am 26. d. M. wird die fremde Majestät in Pots­dam, am 27. in Berlin eintreffen. Am folgenden Tage (Samstag) wohnt er der Herbstparade des Gardccorps bei. Am Sonntag folgt er der Einladung des Herzogs=Regenten von Mecklenburg nach Schwerin und begibt sich von dort nach Essen.

Wie verlautet, steht jetzt fest, daß Freiherr v. Marschall nach seiner völligen Genesung zum Botschafter in Constan­tinopel ausersehen ist.

In diplomatischen Kreisen fängt man nachgerade an, wegen der sonderbaren Haltung, die England bei den Frie­densverhandlungen in Constantinopel beobachtet, einigermaßen ungeduldig zu werden, und in der That ist dazu reichlicher Grund vorhanden. Man ist von der britischen Politik die verschiedenartigsten Sprünge und Widersprüche längst ge­wöhnt, aber in einen so krassen Widerspruch mit sich selbst innerhalb einer kurzen Zeit hat selbst Lord Saliebury sich seit langem nicht gesetzt, wie im vorliegenden Falle. Als

Auf der Spur.

Erzählung von Lady Majendie Autorisirte deutsche Uebertragung.

Nachdruck verboten.)

(21. Fortsetzung.)

Das weiß ich nicht, aber man kann nicht Doppelthüren von bestem Holz mit neuen Schlössern für seine Zimmer umsonst bekommen.

Und der Hund? Habt ihr den Hund gekauft?

Battiste hat einen gesehen und glaubt, er werde Monsieur passen; ser ist aber theuer, er kostet drei Francs; Battiste glaubt jedoch, er könne ihn für zwei Francs fünfzig bekommen. Andererseits kann ich einen jungen Hund aus Goucy umsonst erhalten. Er wird groß und wild werden, ehe er aber auf­gewachsen ist, werden Monsieur sich überzeugen, daß man bei offenen Thüren sicher sein kann, wenn die Armuth so bekannt ist, wie bei uns.

Wie alt ist der junge Hund, der umsonst zu haben ist?

Er öffnet eben die Augen, Monsieur."

Bay! Was nützt das? Und der andere?"

Ein schändliches Vieh. Monsieur; groß, grimmig, wohl­seil, weil er ein Ange verloren hat, aber so wild wie ein Raubthier und an's Hungern gewöhnt; wir brauchen also nicht viel auf seinen Unterhalt zu verwenden.

Sage Battiste, ich will ihn kaufen, zu zwei Francs fünszig, heißt das, nicht ein Centime mehr.

Er wird uns in steter Angst halten, Monsieur, sagte Nanon.Ich habe Hunde immer gehaßt, und dieser ist ge­fährlich, sehr gefährlich!

Er wird aber stets angebunden sein. Du glaubst doch nicht, ich werde ihn frei umherlaufen lassen? Er wird an meine Thür gekettet werden.

Nanon ging weg und brummte:Monsieur hält mehr auf sein kostbares altes Leben als irgend Jemand. Va! Sie hatte ein seltsames Gefühl für ihren alten Herrn; eine Art Anhänglichkeit durch langen Dienst und alte Erinnerungen, die sie treu gegen ihn und um seine Interessen besorgt sein lleß, verbunden aber mit jener Art Verachtung und Wider­

kürzlich Artikel 2 des Präliminar=Friedens, betreffend die Höhe der griechischen Kriegs=Entschädigung an die Türken, festgesetzt wurde, hat auch England rückhaltlos seine Zu­stimmung dazu gegeben. Jetzt, wo es sich um eine logische Consequenz dieses Artikels beim Artikel 6, betreffend die Räumungsfrage, handelt, erhebt England allerlei Einwend­ungen, die nicht nur jeder Logik spotten, sondern, was schwerer in die Wagschale fällt, ernste Schwierigkeiten schaffen und den Abschluß des Präliminarfriedens verhindern. Man begreift diese merkwürdige Haltung Lord Salisburys nirgends und man kann häufig ziemlich herbe Urtheile über dieselbe vernehmen. Das unverständliche Vorgehen Englands eiweckt Kopfschütteln und Verstimmungen.

Wohl im Hinblick auf die jüngst vorgekommenen Ueber­schwemmungen hat der Minister für Landwirthschaft hinsicht­lich der Flußregulirungen neue allgemeine Grundsätze aufge­stellt. Darnach muß forton bei allen Regulirungen im oberen Lause eines Wasserzuges die Einwirkung auf die untere Strecke eingeheno erwogen und durch Aufnahme von Nivelle­ments 2c. klargestellt werden. Ergibt sich hierbei, daß der unteren Flußstrecke ein bemerkenswerther Schaden zugefügt werden kann, so ist zunächst auf eine Ausgleichung der In­teressen der Ober= und Unterlieger, erforderlichen Falles unter Ausdehnung der Regulirung auf die ganze in Betracht kommende Flußstrecke, Bedacht zu nehmen.

Professor Dr. Schmalt von der Berliner thierärztlichen Hochschule verlangt die Ausdehnung der pflichtmäßigen Fleischbeschau über das ganze Reich, und zwar, wie sich aus der Forderung von selbst ergibt, durch Reichsgesetz. Er legt sehr eindringlich dar, daß die jetzigen einschlägigen Zustände durchaus unhaltbar seien. Nur die größeren Städte haben in der Regel eine sachgemäße Fleischbeschau. Für die Fleisch= beschan in ländlichen Bezirken sollen geeignete Personen ohne die übliche fachwissenschaftliche Ausbildung angestellt werden; es soll genügen, daß sie in einem vier= bis sechswöchigen Cursus in den Grundzügen der Fleischbeschau unterwiesen werden. Es sollen ihnen aber nicht die gleichen Befugnisse wie den Thierärzten gegeben werden. Ihr Urtheil soll unter Umständen nur den Werth der Vorentscheidung haben. Den Viehbesitzern soll, wenn es abfällig ausfällt, ein Einspruch dagegen zustehen. In solchen Fällen soll zur endgiltigen Entscheidung ein Thierarzt herbeigeholt werden. Mit der Fleischbeschau soll überall die Trichinenschau verbunden werden.

Der Regierungspräsident von Königsberg i. Pr. hat eine dreitägige Quarantäne für russisches Geflügel, angeblich um der Gefahr der Geflügelcholera vorzubeugen, angeordnet.

Frankreich.

Präsident Faure hat mit dem Minister des Auswärtigen

willen, die einem ganz unwissenden und ungebildeten Wesen eigen ist, welches dennoch bemerkt, daß es edlere und weitere Lebensanschauungen hat, als der ihm in der Stellung und Bildung Ueberlegene. Der alte Battiste war nicht so gescheidt wie seine Frau, und seine feste Anhänglichkeit an seinen Herrn hatte ihre Wurzel in dem starken Bande der Milchbruderschaft, die ihn so treu gegen ihn machte, als wäre er ein Bluts­verwandter gewesen.

Das würdige Paar fand diesmal eine große Veränderung in seinem Herrn.Was ist ihm zugestoßen?" fragte Battiste. Du bist klüger als ich. Weßhalb alle diese Vorsicht? Wovor fürchtet er sich?

Es muß aus einem von zwei Gründen sein, mon homme, antwortete die Alte.

Entweder wird er schwachköpfig, und wir werden einen Blödsinnigen zu pflegen haben, oder er hat wirklich werth­volles in dem schwarzen Kistchen; was es aber sein kann, Dame! wer kann das wissen? Weßhalb sollte er sich stunden­lang damit einschließen und warum zittert und bebt er?

Der alte Battiste schüttelte langsam den Kopf.Ja! Ja! seufzte er.Der arme, theure Herr. Schatz! Was für einen Schatz kann er nur haben? Die frevelhafte, böse Welt hat das gethan. Er hat nur den einen Gedanken gehabt zu darben und zu sparen; und er hat über diesen Gedanken gebrütet und gebrütet, bis er ihn überwältigt hat.

Und wahrlich, der alte Battiste hatte nicht ganz Unrecht. Monsieur Rigaud war von dem Ergebniß seiner Rückkehr nach Hause fürchterlich enttäuscht. Er hatte erwartet, er werde sofort die vollständige Sicherheit und das Wohlbe­hagen fühlen, die er früher stets empfunden, er hatte sich aber verrechnet. Er hatte jüngst bei Herrn Denstone gut gelebt, Wein getrunken und gesunde Nahrung genossen. Jetzt aber genoß er eine Kost von Eiern und Gemüse, sauern Landäpfelwein zu drei Sous die Flasche und vergaß, daß er alt geworden und seine geschwächte Gesundheit einen solchen Wechsel fühlen müsse. Anstatt seine nervöse Angst hinter sich zurückzulassen, folgte sie ihm wie eine Nemesis, und diesmal vermochte er es nicht, sie von sich abzuschütteln.

Kapitel IX.

Eines Morgens, einige Tage nach Monsieur Rigand's

Hanotaux, dem Marineminister 2c. die Reise nach Rußland angetreten. Zehn Minuten nach der Abfahrt brachte ein Individuum nahe dem Bahnhofe eine Petarde zur Ent zündung. Der Präsident der Republik, der sich nach dem Bahnhofe begab, um nach Dünkirchen zu fahren, hatte bereits den Bahnzug erreicht, als die Explosion erfolgte. Niemand ist verletzt. Der angerichtete Materialschaden ist gering; der Thäter wurde bis jetzt nicht entdeckt. Nur sehr wenige Menschen wohnten der Abfahrt des Präsidenten bei.

Prinz Heinrich von Orleans ist außer Gefahr Die Aerzte haben beschlossen, keine Krankheitsberichte mehr aus zugeben. Das Bauchsell ist durch den Degenstich nicht durch­bohrt, dagegen ein Theil der Eingeweide verschoben worden.

Spanien.

Die Hinrichtung des Mörders des Ministerpräsidenten Canovas wird Sonnabend stattfinden.

Das neue Anarchistengesetz, welches die Regierung vor bereitet, enthält das Recht der Ausweisung und Deportation solcher spanischen Anarchisten, welche kein directes Verbreche# begangen haben. Nach den Acußerungen des Herzogs von Tetuan, des Ministers des Aeußeren, erscheint eine inter­nationale Vereinbarung gegen die Anarchisten aussichtslos.

Rußland.

An der Parade, welche der Kaiser bei Anwesenheit des Präsidenten Faure im Lager von Krasnoje=Selo abnehmen wird, sollen 65¾4 Bataillone Infanterie, 43 Escadrons und 14 Soinien Cavalleric, 4 1 Bataillone Artilleric, sowie 200 Geschütze theilnehmen.

In Moskau werden Erinnerungsmedaillen an den Besuch Felix Faures angesertigt, welche in vielen Tausenden von Exemptaren auch nach Petereturg und andern Groß­städten Rußlands verschickt werden sollen. Bei der städtischen Duma in Petersburg ist inzwischen das Project eingegangen. in dem Festsaale, in welchem der feierliche Empfang Felix Faures stattfinden wird, ein Wandgemälde mit Ansichten von Paris anzubringen. Außerdem haben die französischen Colonien von Moskau, Charkow, Odessa und anderer Städte, wo sich solche befinden, den Beschluß gefaßt, je einige De­legirte nach Petersburg abzuordnen, welche sich der De­putation der dortigen französischen Colonie zur Begrüßung Felix Faures anschließen, außerdem aber auch Festbankett und sonstige feierliche Versammlungen zu veranstalten.

Dänemark.

Auf seiner Rückreise wird Präsident Faure einen zwei­tägigen Aufenthalt in Kopenhagen nehmen.

Ankunft, während er bei seinem dürftigen Gabelfrühstück saß. brachte ihm Battiste eine Karte, auf welcher mit Feder und Tinte geschrieben stand:Paul Rigand=Leduc. Der Schweiß bedeckte seine Stirn. Was war das? Hatte dieser Neffe, von dessen Dasein er eben erst Kenntniß erlangt, ihn aus­findig gemacht und ist er gekommen, um ihn zu plündern?

Sage ihm, er möge gehen, sagte er mürrisch.Ich weiß nichts von ihm. Er ist mir unbekannt, und ich hasse Unbekonnte."

Er ist Monsieur's eigener Neffe, sagte Battiste dringend. Wenn Monsieur ihn nur sprechen möchten! Sie werden doch wohl nicht Mademoiselle Lonisen's einziges Kind fort­schicken.

Mademoiselle Louise ist todt, und Antoine Leduc ist es auch. Meine ganze Familie ist todt. Schicke ihn fort, hörst du?

In diesem Augenblick ließ sich ein heftiges Bellen und Knurren, welches von dem an die Thüre des Privatzimmers des Monsieur Rigand geketteten Hundes ausging, vernehmen. Monsieur Rigand schrie fast vor Aerger.

Er versucht, mit Gewalt einzudringen! Schickt ihn fort, hört ihr. Ich will keine Unbekannte hier haben.

Battiste ging langsam weg, der junge Gast, der sich als Paul Leduc haite anmelden lassen, lehnte sich an die Pforte und neckte mit der Spitze seines Stockes den knurrenden Hund. Er mußte jedes Wort des Gesprächs im Speise­zimmer mit angehört haben; als ihm aber Battiste sagte, Monsicur Rigaud sei unwohl u. empfange ihn nicht, machte er keine Bemerkung, sondern drückte ihm nur einen Napoleon in die Hand und ging seines Weges. Battiste sah sich das Geldstück und dann die scheidende Gestalt verdutzt an. So Etwas war ihm noch nie im Leben vorgekommen. Es muß ein Versehen sein. Der Alte war ehrlich; Monsieur Leduc war noch nicht aus den Augen, er humpelte ihm schnell nach, sein schwacher Ruf:Monsteur! aber Monsieur!" wurde aber von dem wüthenden Bellen des Hundes übertäubt, der sich rücklings und vorwärts an seiner Kette warf, mit den Zähnen knirschte und an den Hindernissen zerrte, die ihn davon abhielten, dem Gaste an den Hals zu springen.