Aachen 1892. Nr. 203.

403. 44. Jahrgang. Donnerstag, 1. September. Erstes Blatt.

Nee Gegenwart.

keur: Hubert Immelen.

Chefredakteur: Hubert Immelen.

Verantwortlicher Redakteur: i. B. Jos. Mattern. Aelteste Zeitung Nachens mit größter Abonnentenzahl. Druck von knaders Erden.

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glich zpeimal. Preis bei allen Postämtermn des deuschen Reichek, Oesterreichln cheiut,

XXKIR. Generalversammlung sezeigen und Elisabethenvereinen enpfiehlt, wird

der Katholiken Deutschlands zu Mainz.] Landtagsabgeordneter Cahensly begründet die Reso­

Gachdruck untersaat.(lution, welche zur Unterstützung des St. Raphaels­

vereins auffordert. Redner schildert eingehend die segens­

1. KAuseigen, Huden durch das Echo der Gegenwart, desen Berdreitung von keinen andern hiesgen Blaue enreicht wierd. Aue Annonenerpedikionen des In. und Auslanden osreschhe, In zeriggsDie Gedüren beragen 15 Big, pro Zeile, ie Muaggegen de. du un. Maslans ustgun, Purgen ur 9u. Geg gnugn e e

6 Mainz, 30. August.

Der heutige Versammlungstag wurde eröffnet mit einem feierlichen Hochamt in der Intention des heiligen Vaters, welches Herr Oberpfarrer Dr. Schmitz=Crefeld im hohen Dome celebrirte. Der hochw. Herr Bischof selbst assistirte bei demselben im Rochette. Das ganze Domkapitel war anwesend. Die Generalversammlungs­besucher hatten sich wiederum äußerst zahlreich zu dem Gottesdienste eingefunden.

2. geschlossene Versammlung

wurde um 11 Uhr vom Präsidenten Dr. Porsch mit dem christ=katholischen Gruße eröffnet.

Legationsrath v. Kehler als Vorsitzender der Sektion für die römische Frage berichtet über die Thätigkeit seiner Sektion. Der Antrag, welchen Graf Ballestrem mit einigen anderen Herren gestellt habe, bezwecke, wie all­jährlich gegen die Vergewaltigung des h. Vaters Protest zu erheben.

Graf Ballestrem erläutert diesen Zweck näher. Der erste Theil desselben solle zum Ausdruck bringen, daß die Katholiken die territoriale Unabhängigkeit des Papstes für nothwendig halten, damit er sein Hirtenamt in voller Freiheit ausüben könne. Der zweite Theil empfehle in Streitigkeiten zwischen Völkern und Bevölkerungsklassen, den heiligen Vater als Schiedsrichter. Wer könne besser vermitteln als der Nachfolger Jesu Christi?(Bravo!) Aber auch zu diesem Berufe bedürfe der Papst der territorialen Unabhängigkeit. Er werde diese Frage am Donnerstag auch in der öffentlichen Versammlung behandeln. Er bitte, die Resolution einstimmig anzunehmen.(Lebh. Beifall.)

Die Resolution wird durch Erheben von den Sitzen einstimmig angenommen.

Legationsrath v. Kehler berichtet sodann über die Resolution, welche die Einsetzung eines deutschen Komites für die großen katholischen Kundgebungen aus Anlaß des Bischofsjubiläums Leos XIII. empfiehlt.

Herr v. Rochow führt aus, welche Kundgebungen zu dieser Feier geplant sind. Es ist dies zunächst ein außer­ordentlicher Peterspfennig, der durch eine internationale Deputation dem heiligen Vater überreicht werden soll. Daran werden sich Pilgerzüge aus allen Ländern schließen. Alle die Konsequenzen, welche in dem Worte im Keime liegen:Der Papst ist der Vater der ganzen Christen­heit, fühlen sich deutlicher, wenn man selbst dem heiligen Vater ins Auge schaue. Also im nächsten Frühjahr auf nach Rom!(Bravo!)

Die Resolution wird angenommen.

Fürst Löwenstein empfiehlt hierauf eine Resolution, welche er im Namen Vieler gestellt hat und die bestimmt ist, erneute Aufmerksamkeit auf die vielfach in Vergessenheit gerathene St. Michaels=Erzbruderschaft zu lenken, als ein geeignetes Mittel, noch höheres Interesse für die Unterstützung des h. Stuhles zu erwecken. Es soll hierzu ein Komite mit dem Recht der Kooptation gewählt werden. Fürst Löwenstein hebt hervor, daß er sich mit diesem An­trage im Einverständniß mit der Mehrheit der deutschen Bischöfe befinde.

Der Antrag wird, nachdem ihn auch Graf Ballestrem warm empfohlen, angenommen.

Der Präsident gibt hierauf die Rednerliste für heute Nachmittag bekannt.

Fürst zu Isenburg=Birstein berichtet über die Anträge des Ausschusses für Vereinswesen.

Ein Antrag, welcher die Gründung von Bincenz=

reiche Thätigkeit dieses Vereins, welcher mit Erfolg bestrebt ist, den katholischen Auswanderern aus Deutschland den Glauben zu erhalten. Auch die Regierung habe jetzt ein­gesehen, daß der Verein ein guter sei.(Bravo!) Der Raphaelsverein habe leider im letzten Jahre ein Defizit von 5000 Mark gehabt; er bitte daher recht dringend, dem Verein beizutreten.(Beifall.)

Die Resolution wird angenommen.

Auf Antrag des Frhrn. v. Schierstädt wird be­schlossen, die österreichischen Katholiken zu der Schaffung des katholischen Schulvereins zu beglückwünschen, dem bereits die Errichtung eines katholischen Lehrervereins ge­lungen ist.

Urfey begründet seinen Antrag, welcher die katholischen Studentenkorporationen empfiehlt. Es sei eine Freude, zu sehen, wie diese jungen Leute bei jeder Gelegenheit offen und frei ihren kath. Glauben bekennen. (Bravo!) Nur im Zusammenschluß fänden sie einen Halt. Verbindungen und Vereine seien alle gleich gut, wie unsere Orden gleich gut sind.(Bravo!) Es sei sehr bedauerlich, daß die Söhne mancher reichen Eltern in Korporationen eintreten, in denen die Sittenreinheit gefährdet ist, und das Duell zur Pflicht gemacht wird.(Zustimmung.) Der An­trag wird einstimmig angenommen.

Domkapitular Dr. Knecht=Freiburg beleuchtet als Vorsitzender der Schulsektion die Wichtigkeit der Schul­frage, die an Schärfe zugenommen habe durch die Zurückziehung des Zedlitzschen Schulgesetzentwurfes. Es sei mit der Thatsache zu rechnen, daß in der nächsten Zeit wohl kein neues Schulgesetz mehr kommen wird. Wir gewinnen dadurch Zeit, das Volk vorzubereiten für eine Lösung der Schulfrage, die den christlichen Grund­sätzen entspricht. Redner berichtet sodann über folgende Anträge der Schulsektion:

I. Die 39. Generalversammlung der Katholiken Deutschlands erklärt: Die Christenheit betrachtet es seit den Tagen Julians als eine grausame Verfolgung, wenn den Söhnen christlicher Eltern der Zugang zur höheren Bildung nur um den Preis ihres Glaubens ermöglicht ist. Die Generalversammlung beklagt es deßhalb aufs Tiefste, daß die antichristliche Weltauschauung auf so vielen Kathedern der deutschen Hochschulen ungescheut der Jugend vorgetragen und durch ungläubige Lehrer mehr und mehr auch in den Gymnasien und Realschulen eingeführt wird. Sie erblickt in dieser Namens des Staates gelehrten antichristlichen Weltanschauung die größte Gefahr für Staat, Kirche und Ge­sellschaft und die mächtigste Förderung der sozialdemokratischen Bestrebungen. Sie spricht die Ueberzeugung aus, daß alle andern Mittel, die soziale Auflösung zu verhindern, wirkungslos bleiben werden, wenn nicht der Verbreitung der Irreligion unter der Jugend durch vom Staate bestellte Lehrer der Wissenschaft nach Kräften Einhalt gethan wird.

II. Die 39. Generalversammlung der Katholiken Deutsch­lands betont das unveräußerliche Recht katholischer Eltern auf katholische Erziehung ihrer Kinder und erklärt, daß eine katho­lische Erziehung ohne geordnete Mitwirkung der Kirche un­möglich ist. Sie verlangt deßhalb die Erhaltung bezw. Wieder­herstellung der konfessionellen Volks= und höheren Schulen und die Anerkennung des göttlichen Rechtes der Kirche auf Ertheilung und Leitung des Rel gionsunterrichts in allen Schulanstalten. Sie erwartet auch, daß an allen Anstalten, welche von katho­lischen Schülern besucht werden, für die profanen Fächer nur solche Bücher zugelassen werden, welche in keiner Weise das katholische Bewußtsein verletzen.

III. Die 39. Generalversammlung der Katholiken Deutsch­lands fordert die Katholiken auf, nicht zu ermüden im Kampfe um die Unterrichtsfreiheit bis das Recht der Kirche, der kirch­

lichen Gemeinden, Fonds und Genossenschaften, Schulanstalten jeder Art zu errichten, anerkannt ist.

IV. Die 39. Generalversammlung der Katholiken Deutsch­lands empfiehlt den deutschen Katholiken auf das dringendste den Beitritt zum Kanisiusvereine zum Schutze der religiösen Erziehung der Jugend, sie ermahnt die katholischen Preßorgane zur fleißigen Benutzung der Kanisiusvereins=Korrespondenz und bittet die Freunde der katholischen Jugendbildung, diese Korrespondenz durch geeignete Mittheilungen aus dem Schul­leben(unter der Adresse des Herrn Eugen Haffner in Mainz) zu unterstützen.

Fürst Löwenstein begrüßt mit Freude, daß wenigstens in Freiburg in der Schweiz eine katholische Universität, ein Hort katholischer Wissenschaft entstanden sei. Wir können mit Freude hier Männer von dieser Universität begrüßen, namentlich Dr. Decurtins. Er begrüßt ferner den Dekan der theologischen Fakultät der freien katholischen Universität in Angers(Frankreich), welcher als Gast in unserer Mitte weile.(Bravo!)

Präsident Dr. Porsch gibt der Freude über das Erscheinen von Vertretern freier katholischer Universitäten Ausdruck, wenn man sich auch einer Regung des Neides nicht erwehren könne, daß es nicht möglich sein solle, in den Grenzen unseres Vaterlandes eine katholische Universi­tät zu begründen.(Zustimmung.)

Monsignore de Kernasret von der katholischen Universität Angers berichtet in französischer Sprache über die freien katholischen Universitäten Frankreichs, welche der Wahrheit mit Gewißheit zum Siege verhelfen würden. (Lebhafter Beifall.)

Die Resolutionen werden angenommen, nachdem Dom­kapitular Dr. Knecht und Graf Los besonders den

Kanisiusverein dringend empfohlen haben.

Ein Antrag, welcher den katholischen Studenten den Besuch der Universität Freiburg in der Schweiz empfiehlt, wird angenommen, deßgleichen ein Antrag, der zur weiteren Gründung von kathol. Lehrervereinen auffordert.

Präsident Dr. Porsch spricht endlich den Wunsch aus, daß die Lehrervereine nirgends mehr bei den Landes­regierungen Schwierigkeiten finden(Bravo!), und schließt hierauf die Versammlung um 1 Uhr.

Uhr.

*

Generalversammlung desVolksvereins für das katholische Deutschland.

6 Mainz, 30. August.

Das Interesse, welchem der Volksverein begegnet, bewies die rege Betheiligung an der Generalversammlung, zu der sich heute Vormittag 9 Uhr im großen Saale der Stadthalle etwa 1500 Personen, darunter der hochw. Herr Bischof Dr. Haffner, einfanden.

Der 1. Vorsitzende, Fabrikbesitzer Frauz Brandts jr. er­öffnete die Versammlung um Uhr und begrüßte herzlichst die Erschienenen. Der Volksverein sei ein Lind der General­versammlung der Katholiken Deutschlands, freilich kein kleines Kind mehr. In Mainz sei er ins Leben getreten unter der dankenswerthen Theilnahme des hochw. Herrn Bischofs. Der Volksverein sei ein Vermächtniß Windthorsts: auf seinem Krankenbette in Hannover seien die Statuten geschrieben, seine letzte Reise an den Rhein habe dem Volksverein gegolten. Dank dem großen Todten.(Die Versammlung erhebt sich zu Ehren Windthorsts.) Das kath. Volk nehme in dem Volksverein den Kampf auf gegen die soziale Revolution. Der größte Theil dieser Aufgabe falle den Nachkommen zu, aber die in der Gegen­wart Stehenden müßten wenigstens die Vorarbeiten machen. Der Verein habe nicht nur zu sammeln, sondern auch zu refor­miren, damit man einst sagen könne: an der festen Mauer des kath. Volkes haben sich die Wogen des Umsturzes gebrochen, und das walte Gott!(Lebh. Beifall.)

Der 2. Vorsitzende. Rechtsanwalt Trimborn(Köln) er­stattet hierauf den Jahresbericht. Ende des Jahres 1890 sei die Konstitnirung des Vereins in Mainz erfolgt, die Organi­sation im Einzelnen sei jedoch heute noch nicht abgeschlossen. Am Schlusse von 1891 waren 109.000 Mitglieder gewonnen, es arbeiteten 3133 Vertrauensmänner. Die Rheinprovinz habe aogo estaatiocher getelt, Iodchk iounge die Lachtl uach anber

sein. Besonderes Lob verdienten die Didzesen Paderborn und Münster mit je 15,000 Mitgliedern, das größte Lob freilich das zum größten Theil protestantische Würtemberg, wo 13.000 Mit­glieder gewonnen seien. Anerkennung verdiene auch Lothringen, das erobert worden sei durch eine schöne große Versammlung in Metz, die gezeigt habe, daß der junge Klerus ein volles Verständniß für die Sache habe.(Bravo!) Er könne nicht um­hin, dies hier rühmend hervorzuheben.(Bravo!) Noch nicht ab­geschlossen sei Ende 1891 die Organisation in Schlesien und Bayern gewesen. In Bayern sei die Arbeit augenblicklich im besten Fortschritt. 1892 habe sich der Mitgliederbestand hier und da verringert. Das könne aber Niemand wundern, denn der Zusammenhalt beruhe im Wesentlichen auf der Tüchtigkeit des Geschäftsführers. Im Ganzen aber sei die Mitgliederzahl gewachsen, heute betrage sie über 120.000. Damit könne man durchaus zufrieden sein. Die Hauptsache sei, in der Arbeit zähe auszuhalten. Er verspreche es, der Vorstand werde nicht ruhen und nicht rasten, ehe das Netz des Vereins nicht über die letzte Gemeinde des deutschen Vaterlandes ausgebreitet sei.(Beifall.) Eher sei das Vermächtniß Windthorsts nicht erfüllt, eher das echte Windthorstdenkmal nicht vollendet.(Bravo!) Der Verein habe in Wort und Schrift dafür gewirk, das Volk über die christlich sozialen Grundwahrheiten zu be­lehren und aufzuklären. Ueber 500 Versammlungen seien 1891 in den verschiedensten Gegenden veranlaßt worden. In letzter Zeit seien einzelne Gegenden, so das Saarrevier, be­sonders aufs Korn genommen. Solche intensive Arbeit nütze, sie trage die Idee der Generalversammlungen der Katholiken Deutschlands auch in die sogenannten niederen Schichten des Volkes hinein; wenn seit der Aufhebung des Sozialistengesetzes auf christlicher Seite eine Gegenbewegung gegen die Sozial­demokratie sich geltend gemacht habe, so sei sie getragen worden von dem Volksverein, von liberaler Seite sei Nichts geschehen. Eines Mannes dürfe man dabei nicht vergessen: Dr. Liebers (Lebh. Beifall.), der unermüdlich auf dem Posten gewesen sei nach Windthorstschem Vorbilde. Ihm sei Dank von ganzem Herzen.(Lebh. Beifall.) Weiter seien Flugblätter verbreitet worden, die für die besonderen Gegenden besonders bearbeitet seien. Durch die ZeitschriftDer Volksverein sei ein Binde­glied zwischen den Mitgliedern geschaffen. In den Flug­schriften habe man anfangs den richtigen populären Ton noch nicht gefunden, da habe man sich nach Süddeutschland gewandt und von dort den prächtigenrothen Quacksalber erhalten, von dem schon über 150.000 Exemplare abgesetzt seien. Für die Polen seien besondere Schriften herausgegeben. Im Jahre 1891 sei rund eine Million Schriften vertheilt, 1892 werde man wenigstens auf zwei Millionen kommen. Das sei doch wenigstens etwas der sozialdemokratischen Regsamkeit gegenüber. Den Vereinen: St. Vincenzvereine, Gesellen­vereine u. s. w. biete sich hier die Aufgabe, dafür zu sorgen, daß den niederen Schichten des Volkes eine gute Lektüre zu­gänglich gemacht werde. Weiterhin sei eine Sozialkorre­spondenz geschaffen, die namentlich den kleinen kath. Blättern eine gesunde sozialpolitische Nahrung biete. Hier und da, aber nur in sozialverseuchten Gegenden seien auch Missionen unterstützt worden. In einer kleinen Stadt des Niederrheins hätten nach einer solchen Mission 42 Arbeiter ihren Austritt aus der Sozialdemokratie erklärt(Bravo!), Am 20. September werde ein sozialpolitischer Kursus in.=Gladbach eröffnet, auf dem über praktische, christliche Sozialpolitik in ihrer Anwendung auf die einzelnen Stände Vorträge gehalten werden würden. Für 1893 sei schon eine weitere Aufgabe in Aussicht genommen. Es solle in gewissen Gegenden eine Art Volksbureau er­richtet werden, um dem kleinen Mann Belehrung zu geben in Versicherungsfragen, in Rechtsfragen, Steuerfragen u. s.., um ihm eine Stelle zu geben, wo er sich einmal ordentlich aus­sprechen kann. Damit geht schon ein gutes Stück Unzufrieden­heit weg.(Bravo!) Für jede weitere Anregung aus dem Volk heraus werde man überaus dankbar sein. Schrittweise könne man nur vorgehen, die Hauptsache sei, daß alle zusammen wirken und den besten Willen bethätigen: nallus annus eine linca, kein Jahr soll verfließen, ohne einen Schritt vorwärts. Mit einem lebhaften Appell an die Anwesenden, den Verein nach Kräften zu unterstützen, schließt Redner unter lebhaftem Beisall.

Der hochw. Herr Bischof Dr. Haffner(lebhaft begrüßt) richtet hierauf einige Worte an die Versammlung, deren zahl­reicher Besuch ihn mit großer Freude erfülle. Der Erfolg werde nicht ausbleiben, wenn zu der trefflichen Artillerie, die das katholische Volk in seinen Gelehrten wie Ketteler, Moufang, Hißze habe, und zu der Kavallerie der Presse, die Kolonnen der Infanterie, des katholischen Volkes treten und zwar nicht mit zwei= oder dreijähriger, sondern mit lebenslänglicher Dienst­pflicht. Es sei Pflicht jedes katholischen Mannes, einzutreten in die Reihen, die sich wie eine Mauer gegenüberstellen gegen die Feinde des Friedens, der Religion und der Sittlichkeit. Der hochw. Herr Bischof schließt mit einem Hoch auf den h. Vater als Arbeiterfreund, der in seiner herrlichen Encyklika in gewaltiger, eherner Sprache das Praaramm der sozialen Frage

14 Ein Ehrenwort.

Roman von L. Haidheim.

(Fortsetzung.)

Das ist Ketzerei, Herr Assessor! lachte die Prinzeß. Wir werden Ihnen einen Holzstoß errichten, lieber junger Freund! setzte der Baron mit einem scherzenden Drohen hinzu, aber sein Blick hatte doch einen Ausdruck, der Trautmann zurief:Hüte Dich geh' nicht weiter!

Er aber, eben noch heimlich froh und voll Hoffnung, die Prinzeß für seinen Freund einzunehmen, konnte und wollte aufgestachelt durch Ulla von Truhns hoch­müthiges Lächeln jetzt nicht schweigen und sagte:

Hoheit sollten nur Herrn Winzceck inmitten der übri­gen Herren dieser Gegend sehen; ich bin überzeugt, Sie würden die angeborene Vornehmheit des Mannes nicht verkennen!

Dazu werde ich nun wohl keine Gelegenheit finden, Herr Assessor, aber Sie haben ganz Recht, warum soll Herr Winzcek nicht eben so viel Schliff und Manier haben wie andere Leute? Und wenn er hier, wie Sie sagen, mit den Herren als gleichstehend verkehrt

Er that es, Hoheit, es ist nicht mehr der Fall, und das ist begreiflich, seit man weiß, er schlich sich unberech­tigt auf seinen Platz, sagte herbe Fräulein von Truhn dazwischen.

Kleine Ulla! Was hat Ihnen denn dieser ci-devant­Kunstreiter gethan? lachte die Prinzeß heiter auf.

Eine glühende Röthe schoß über der jungen Dame Gesicht.

Gethan? Mir? fragte sie mit eisigem Hochmuth. Ach, ich begreise! Meine Kammerfrau erzählte mir so was von einer Entlarvung im Herrenklub, nicht wahr? Und durch Ihren Papa, liebe Ulla? Und, ja so, da schlug am anderen Tage des Herrn Lieutenants Pferd.

Oskar michte sich ohne jede Berechtigung in Dinge, die Papa richtiger ansah.

Wie hatte man denn die schaudervolle Tha sache er= Fahrt im Interesse der Prinzeß erschienen und ihren Be­

fahren? neckte die Prinzessin.

Ich war die Ursache, Hoheit. Ich fand in einem Schubfach zwischen allerlei alten Erinnerungen aus Mamas Mädchenzeit einen Zettel von einer Vorstellung des Zirkus Renz in Prag und ganz zufällig fiel mein Blick auf den Namen des Herrn Max Winczek

Wie das Mädchen dies erzählte! Mit trium­phirender Kälte und als solle jedes Wort Trautmann verletzen.

O. wüßten Sie, was Sie gethan haben! hatte Trautmann gerufen.

Brachte sein Ton, sein Blick sie zur Besinnung? Er wurde sich darüber nicht klar, denn eben meldete der Kammerdiener das Diner an, und aus dem düsteren Saale mit seiner verblichenen Seidentapete und seinen glanzlos gewordenen Vergoldungen traten sie in eine breite, offene, von Säulen getragene Galerie, wo die Tafel gedeckt stand.

Dies ist der einzige Raum im ganzen Schlosse, der einen zu Behagen und Wohlsein kommen läßt, sagte die Prinzeß, und leiser setzte sie schelmisch lachend hinzu: Das ist recht, Herr Assessor, treiben Sie mir diese hochmüthige kleine Person einmal aus ihrer ewigen kühlen Reserve!"

Trautmann fühlte sich sehr geneigt dazu. Er brannte förmlich darauf, Ulla von Truhn zu widersprechen. Aber sie gab einstweilen dazu keine Gelegenheit, war plötzlich nachdenklich und ernst. So plauderten denn die vier Andern vergnügt und belebt von allem Möglichen, be­sonders aber von der kleinen Stadt und ihren Bewohnern, und die Art, wie der Assessor das kleinstädtische Leben und Treiben, das ja auch ihm so neu war, mit vielem Humor schilderte, gefiel den Hörern, besonders aber der Prinzessin, außerordentlich. Ihn selbst regte dann der sichtliche Beifall wiederum an; er fühlte, daß er sich als vortrefflicher Gesellschafter zeigte, und als später zum Kaffee der Geheimrath und sein Sohn von einer geschöftlichen

richt über einen Pferdeankauf erstattet hatten, ließ er sich, da die Prinzessin sich zu ihm wieder zurückwandte, in seiner guten Laune nicht stören.

Man musizirte dann; die hohe Dame sang sehr schön, und Ulla von Truhn spielte wenn auch nicht glänzend, so doch mit Geschmack, während der Baron, der Geheim­rath und Gräfin von Gerbersdorff sich an den Whisttisch niedersetzten, von wo man des alten Truhn verdrießliche Stimme öfter hörte.

Später, als Trautmann sich empfohlen hatte, be­gleitete der junge Offizier ihn und gefiel ihm mehr und mehr. Derselbe brachte die Rede sofort wieder auf Winzcek.

Sie glauben nicht, sagte er,wie leid es mir thut, daß Papa in seiner unbegreiflichen Antipathie gegen den Mann dessen ganze Stellung hier unhaltbar ge­macht hat. Es wird Herrn Winzcek nichts Anderes übrig bleiben als das schöne Gut wieder zu verkaufen. Denn natürlich wittert man jetzt hinter dem Dunkel, welches auf seiner Vergangenheit liegt, die schlimmste Art von Abenteurerthum, und dabei mag Jeder dieser Herren hundert Mal im Pferdestall bei Renz gewesen sein und wissen, daß es manchmal ganz ordentliche Leute unter den Reitern gibt.

Ich hatte gleich das Gefühl, daß ich Papas Ver­gehen wieder gut zu machen suchen müsse, aber was konnte ich mehr thun, als ihm Genugthuung geben?

Wir sprachen heute mehrere von den Herren der Nachbarschaft. Die Einen lobten mich, Andere sagten, Winzcek sei doch ein durchaus anständiger Charakter, aber Sie können sicher sein, Einer nach dem Anderen macht sich leise von ihm los.

Der Landrath von der Achel ist schon in vollem Rück­zuge, sagte Trautmann bitter.

Na, da sehen Sie es. Von dem kann ich's mir aber sehr gut erklären. Es liegt mal in seiner Natur, und dabei ist er nicht bösartig, sondern nur unendlich ab­

hängig von der Meinung seiner Standesgenossen. Sein Name ist einer der ältesten unserer Ritterschaft, und er soll wirklich sechszehn Ahnen aufgewiesen haben, als seine Schwester in das Stift Frauenbühl trat, wo sie nur solche Damen aufnehmen.

Da kann er freilich nicht mit ehemaligen Kunstreitern verkehren! sagte Trautmann.

Das Aergerliche ist, lachte der junge Offizier,daß der gute Achel, wie heute die Herren erzählten, so oft und gern bei ihm in Rheinstein gewesen ist.

Sie sollten, wenn Sie nun einmal verlängerten Ur­laub bekommen, doch im Städtchen Besuche machen," rieth Trautmann ihm, da er über Langeweile klagte.

Bei wem? Papa und Ulla haben sich nie um eine der Familien bekümmert, wer würde mich freundlich empfangen?

Zum Beispiel der Oberförster! Wollen Sie mit mir kommen? Ich gehe eben zu ihnen, sagte der Assessor.

Das wäre doch wohl unbescheiden, sträubte sich der Lieutenant.

Nun, so kommen Sie einen anderen Tag, ich werde Sie anmelden und Ihnen einen guten Empfang sichern.

Warum nicht heute? fragte die joviale Stimme des Oberförsters aus einem Fenster des ersten Stocks.Kommen Sie nur herein, Herr von Truhn, fuhr er fort,meine Frau wartet mit dem Abendessen, und ich habe just eine ganz reizende Bowle angesetzt!

So wurde der Lieutenant in dem gastlichen Hause dann gleich freundlich empfangen, und man sah ihm an, wie behaglich er sich sofort fühlte.

Man im Garten, in der großen Laube; es war ein wundervoller Abend, und Trautmanns Bericht von seinen Tageserlebnissen wirkte anscheinend so überwältigend auf Fides von Burkhard, daß sie ungewöhnlich still blieb und sich von einer ganz anderen Seite zeigte, denn sie war wirklich befangen und linkisch, zum großen Erstaunen Trautmanns.