zo. Jahrgang. Nr. 13332.

Montag, 23. September 1929.

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für Bonn und Umgegend.

Pridale deutsch frangbsische Aaßenpolilir!

Der Jungdeutsche, Stahlhelmführer politischer Extratouren mitfranzösischen Generälen

währsmännern Poincarés.

Grändungssahr des Verlags 1726

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Deutschnationale Angebote in Paris?

m. Berlin, 21. Sept. Während der Haager Konfe­renz hatte, wie erinnerlich, die nationalliberale Korrespon­denz, der Pressedienst der Deutschen Volks­partei, zu den Angriffen Stellung genommen, die von Rechts gegen den Reichsaußenminister Dr. Strese­mann und seine Haltung auf der Haager Konferenz ge­richtet waren. Die Korrespondenz hatte u. a. auch erklärt, davon Kenntnis zu haben, daß hervorragnde Män­ner der Deutschnationalen Opposition in Paris sehr viel weitergehende und viel gefährlichere Angebote gemacht haben, als die von Hugen­berg bekämpfte Politik der Verständigung im Haag sie enthalten habe.

Von deutschnationaler Seite waren diese Behauptungen als Verleumdung bezeichnet worden.

Die Nationalliberale Korrespondenz gehl jetzt des näheren auf die Angelegenheit ein. Es werden auch Namen genannt und zwar als erster der des deutsch­nationalen Abgeordneten im Reichstag, Dr. Klönne. Dieser sei 1926 in politischer Mission in Eng­land und Frankreich gewesen und habe zahlreichen französischen Politikern gegenüber den Gedanken eines deutsch=französischen Militärbündnisses und eines Zusammengehens Deutschlands und Frankreichs gegen die Sowjetunion vertreten. Auch mit einem hervorragenden beamteten englischen Politiker habe Klönne Besprechun­gen über das gleiche Thema gehabt. Mit Wissen Klön­nes und seiner deutschnationalen Hintermän­ner sei ein französischer General, der aus seiner Tätigkeit im Zusammenhang mit Fragen der Entwaff­nung Deutschlands in Deutschland wohl bekannt Anfang 1928 incognito nach Berlin gekommen, um mit den deutschen Männern die Frage eines deutsch=franzö­sischen Militärbündnisses zu besprechen. Dieser General habe während seines Berliner Aufenthaltes in enger Fühlungnahme mit Herrn Klönne gestanden, der es übernommen hatte, bei hochgestellten Männern des Reichswehrministeriums für den Gedanken einzutreten. Die Mission sei ergebnislos verlaufen, weil die erwähnten amtlichen Stellen keine Neigung hat­ten, sich in diesem Konsortium zu betätigen. Das Aus­wärtige Amt sei von den deutschnationalen Außen­politikern nicht unterrichtet worden. Auch später habe Klöne sowohl in Berlin als auch in Paris seine Be­sprechungen mit französischen Männern hohen Ranges fortgesetzt.

Diese Enthüllungen benutzt das volksparteiliche Organ zu einem scharfen Polemik gegen die Deutschnationalen, die eine Außenpolitik mit doppeltem Boden betrieben, durch die sie sich selbst diskreditiert hätten. Man könne nicht auf der Straße und in Verhandlungen Siegreich wollen wir Frankreich schlagen zwecks Stimmenfang singen lassen und gleichzeitig dem Erbfeind, ein Militärbündnis antragen. Man könne nicht die sogen. Westorientierung der deutschen Politik, die es tatsächlich niemals gegeben habe, in Grund und Boden kritisieren und hintenherum sogar für die Militarisierung dieser westorientierten Politik ein­treten. Man könne auch nicht über die Freigabe unserer östlichen Beziehungen durch den Locarno­vertrag sammern und gleichzeitig diese östlichen Be­ziehungen in Paris verhökern. Man könne endlich nicht den Anschluß an England fordern und gleichzeitig durch ein Militärbündnis mit Frankreich die militärische Hegemonie Frankreichs in Europa stärken und stabili­sieren wollen. Klönnes Gegenforderun­gen, wie Räumung der Rheinlande, Rückgabe der Saar, wären für Deutschland billiger zu verwirklichen und würden bereits teilweise verwirklicht.

(Der Abgeordnete Klönne ist Fabrikant in Dort­mund und Vertreter des schwerindustriellen westlichen Flügels der Deutschnationalen Volkspartei.)

Fragen an den

Der Leitartikler desJungdeutschen ergänzt in seiner Sonntagsdarstellung die Enthüllungen der Natio­nalliberalen Korrespondenz durch eine Anzahl Fragen, die er an den Stahlhelm richtet. Das Organ des Jungdeutschen Ordens will Antwort auf folgende Fragen haben:

Ist es wahr, daß Herr v. Meden, der sich bei dieser Gelegenheit als Außenpolitiker des Stahl­helms selbst bezeichnete, vor gar nicht langer Zeit im Hause des vom Stahlhelm soviel gelästerten und ge­schmähten Kali=Industriellen Arnold Rechberg mit dem Beauftragten Poincarés, dem Abg. Paul Renauld. verhandelt hat?

Ist es wahr, daß Herr Dr. Kriegk als Vertreter des Herrn Geheimrats Hugenberg diesen Verhand­lungen im Hause Rechbergs mit Paul Renauld bei­gewohnt hat?

Ist es vor allen Dingen wahr, daß der Beauftragte des Stahlhelms v. Meden und der Beauftragten Hugen­bergs Dr. Kriegk den bekannten Bedingungen Rech­bergs zugestimmt und dem Vertreter Poincarés gesagt haben, das sei das außenpolitische Programm des Stahlhelms und der Deutschnationalen Volkspartei?

Am Schluß des Artikels, in dem gesagt wird, daß der stahlhelm und die Hugenberg=Vertreter die Politik der Jungdeutschen immer als Dummheit bezeichnet hätten, heißt es:

DieNationalliberale Korrespondenz schließt ihre Mit­teilungen mit einem Hinweis auf General v. Lippe. Wir wissen nicht, was dieNationalliberale Korrespon­denz damit meint, aber an den Stahlhelm richten wir zum Schluß noch fokgende Fragen­

Ist es wahr, daß Herr General v. Lippe im Sommer d. J. mit Wissen des Stahl­helms mit Rechberg in Paris gewesen ist, um auf Grundlage der Rechbergschen Bedingungen mit französischen Kreisen zwecks Herbeiführung eines Bündnisses mit Frankreich Fühlung zu nehmen?

Ist der Stahlhelm weiter bereit, diese französischen Kreise zu nennen, oder zieht er es vor, daß wir sie nennen?

Eine deutschnationale parteiamtliche Erklärung.

Zu den Veröffentlichungen der Nationalliberalen Kor­respondenz sagt die Pressestelle der Deutschnationalen Volkspartei: Zunächst werde sich der Abgeordnete Klönne selbst zu äußern haben. Muß man an sich schon den französischen Quellen, denen die Nationallibe­rale Korrespondenz ihre Orientierung verdankt, mit eini­gem Mißtrauen gegenüberstehen, so erscheint die ganze Aktion, die von dem Mißerfolg Stresemanns im Haag ablenken soll, auch aus einem anderen Grunde in einem eigentümlichen Licht. War es doch ge­rade Herr Klönne, der in einer der letzten Reichstags­sitzungen das verhängnisvolle Wirken des Herrn Georg Bernhard, des Hauptes unsrer französisch orientierten Nebenregierung, schonungslos aufdeckte. Nach genauer Klärung der Sachlage wird die Deutschnationale Volkspartei zu der ganzen Angelegenheit Stellung nehmen.

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Klönne antwortet.

Erklärungen Dr. Klönnes zu der Veröffenklichung

der Nationalliberalen Korrespondenz.

WTB Berlin, 21. Sept. Reichstagsabgeordneter Dr. Klönne wendet sich in einer Erklärung gegen die heu­tigen Mitteilungen der Nationalliberalen Korrespondenz über Verhandlungen deutschnationaler Herren, bei denen er genannt wird. Er erklärt u.., in dem angezogenen Artikel seien Wahrheit und Dichtung gemischt. Es sei richtig, daß er(nicht 1926, sondern 1927) in London Unterhaltungen mit führenden englischen Poli­tikern gepflogen habe, die die Entwicklung Europas und besonders die deutsche Sache betrafen. Bei diesen Ge­sprächen, bei denen ich meine Stellung als Privat= mann, der seine eigene Meinung zum Ausdruck brächte, ausdrücklich betont habe, habe ich etwa ausge­führt, daß Deutschland für eine deutsch=englisch=französische Zusammenarbeit nur dann in Frage käme, wenn wenig­stens die elementarsten deutschen Forderungen erfüllt würden. Als solche habe er nicht nur, wie die National­liberale Korrespondenz richtig ausführe,Räumung des Rheinlandes und Rückgabe der Saar, Widerruf der Kriegsschuldlüge"(und zwar durch den ehemaligen Feind­bund),gewisse Erhöhung des deutschen Heeresstandes", sondern was die Nationalliberale Korrespondenz nicht mitteile in erster Linie die unbedingte Rückgabe des Weichselkorridors, volle Wiederherstellung der deutschen Souveränität und eine Revision des Dawesplanes in dem Umfange genannt, daß Deutschland höchstens die Hälfte der festen Dawesannuität zu zahlen hätte.

Er habe das Auswärtige Amt über diese Unterhaltung alsbald unterrichtet. Den französischen General, der aus seiner Tätigkeit im Zusammenhang mit Fragen der Ent­waffnung Deutschlands wohl bekannt sei, offenbar Gene­ral Walch, kenne er nicht. Dagegen habe er mit fran­zösischen Persönlichkeiten im Winter 1927=28 in Berlin Unterhaltungen ähnlicher Art wie vorher in London ge­pflogen, wobei er nach seiner Auffassung über die Rech­bergschen Pläne gefrogt worden sei und dieselben For­derungen wie in London vertreten habe. Niemand habe das Recht, derartige Unterhaltungen Angebote zu nennen. Im Frühjahr 1928 ebenso wie 1929 sei er nicht in Paris gewesen. Die hieran geknüpften Bemerkungen seien frei erfunden. Dagegen habe er während der Pariser Verhandlungen über den Youngplan den Besuch franzö­sischer Politiker gehabt, wobei über den Youngplan selber gesprochen wurde. Auch hier sei von Angeboten von einer der beiden Seiten nicht die Rede gewesen; auch in diesem Falle habe er das Auswärtige Amt unverzüglich unter­richtet. Er sei der Meinung, daß eine Außenpolitik in dem skizzierten Rahmen, in dem die deutschen Lebens­notwendigkeiten in den Vordergrund gestellt werden, den Anschauungen und Forderungen des nationalen Deutsch­land entspreche.

*

Arnold Rechberg erklärt, mit Klönne zusammen verhandelt zu haben.

Arnold Rechberg veröffentlicht im Anschluß an die Mitteilungen der Nationalliberalen Korrespondenz eine Erklärung, worin es heißt:

Ich bin von Anfang an der Ansicht gewesen, daß eine für die Zukunft unseres Vaterlandes so entscheidende Frage wie die der Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich, von der die Befriedung Europas ab­hängt, der Parteipolitik entzogen werden müsse. Ich bin daher von vornherein bestrebt gewesen, sowohl den deut­schen Rechtsparteien angehörige Politiker und Wirtschaftsführer, darunter auch den Abgeordneten Dr. Klönne, an

meinen Verhandlungen mit französischen Staatsmänern

zu beteiligen als solche, die den Parteien der Mitte und den Linksparteien angehören,

Meine Verhandlungen mit französischen Staatsmän­nern beruhen auf der Grundlage einer zu verwirklichen­den intimen industriellen, militärischen und politischen Interessengemeinschaft zwischen Deutschland und Frankreich.

Die deutsch=französische Interessengemeinschaft soll sich gegen keine dritte Macht richten. Es soll insbesondere England der Eintritt in diese Interessengemeinschaft offengehalten werden. Ich habe denn auch mit Wissen meiner deutschen und französischen Freunde englische Staatsmänner über die Entwicklung der Verhandlungen auf dem laufenden gehalten und deren Billigung ge­funden.

Ich meinerseits habe über die Verhandlungen loyaler­weise noch in diesem Frühjahr den deutschen Botschafter in Paris, Herrn von Hösch, eingehend informiert, der mir erklärt hat, er werde meine Mitteilungen an das deutsche Auswärtige Amt weitergeben.

*

Richt ein eigentliches Angebot Frankreichs.

Eineunterrichtende Besprechung mit dem franzöfischen Abgeordneten Reynauld.

Berlin, 21. Sept. Die Chefredakteure Freiherr von Medem und Dr. Kriegk übermittelten dem WTB eine Erklärung, aus der hervorgeht, daß Ende April dieses Jahres in der Wohnung des Generals von Lippe aus Anlaß einer Tee=Einladung in Anwesenheit mehrerer anderer Herren, darunter Rechberg, eine Besprechung stattgefunden habe, in der Freiherr von Medem und Dr. Kriegk sichin selbstver­ständlicher Ausübung ihres journalisti­schen Berufs über die politischen Anschau­ungen Renaulds unterhalten hätten. Es sei nicht wahr, daß die beiden Genannten in irgendeiner Form beauftragt gewesen wären oder sich als Beauftragte bezeichnet hätten. Es sei ebensowenig wahr, daß sie ir­gendwelchen Bedingungen Renaulds zustimmten.

Renauld habe in dieser Unterredung das Programm einer Verständigung zwischen Deutsch­land und Frankreich mit weitgehenden politischen und militärischen Angeboten entwickelt.

Er habe aber durchblicken lassen, daß er seine persön­liche Ansicht und nicht ein eigentliches An­gebot der französischen Regierung vertrete. Die Feststellung, inwieweit die damals in Berlin vielfach verbreiteten angeblichen französischen Angebote wirklich von der französischen Regierung vertreten würden, sei der Zweck dieser unterrichtenden Besprchung ge­wesen. Diese Feststellung sei völlig ergebnislos ge­wesen. Darauf sei Herrn Renauld von den beiden Ge­nannten erklärt worden, daß diese Angebote vom na­tionalpolitischen deutschen Standpunkt aus nicht ausrei­chend seien.

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Eine Erklärung des Generalleutnanks a. D. von der Lippe.

Berlin, 21. Sept. Generalleutnant a. D. von der Lippe gibt in der Presse folgende Erklärung:

Bezugnehmend auf die Veröffentlichung der Natio­nalliberalen Korrespondenz stelle ich fest: Ich habe über meine Pariser Unterredungen mit französi­schen und englischen Staatsmännern nicht nur gemein­sam mit Herrn Arnold Rechberg den deutschen Bot­schafter in Paris, von Hoesch, eingehend in­formiert, sondern nach meiner Rückkehr in Berlin auch den Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Herrn von Schubert. Auch habe ich mich vor meiner Ab­reise nach Paris der Zustimmung deutscher offizieller Persönlichkeiten und führender Politiker zu meinen Ab­sichten vergewissert.

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Die Pariser Presse über die Enthüllungen.

WTB Paris, 23. Sept. Die Enthüllungen der Nationalliberalen Korrespondenz über angebliche Pläne eines deutsch=französischen Bündnisses fin­den in einigen rechts= und linksstehenden Blättern beson­dere Beachtung.

Der Berliner Berichterstatter des Echo de Paris glaubt, daß die Reichsregierung durch die Bekanntgabe der Vorgänge auf die anläßlich der Haager Konferenz ge­gen sie geführte Kampagne habe antworten wollen. De­nen, die Stresemann beschuldigten, Frankreich zu weit entgegengekommen zu sein, wolle der deutsche Außen­minister beweisen, daß die Nationalisten selbst nicht vor Zugeständnissen zurückschreckten, d. h. gute Innenpolitik treiben.

Die kommunistische Humanité ist ebenfalls der An­sich, daß es sich um einen innerpolitischen Gegenschachzug der Reichsregierung handele.

Blätter wie das radikale Oeuvre und die sozialistische Populaire sind aufgebracht darüber, daß ein natio­nalistischer französischer Parlamentarier(Renauld) mit den rechtsstehenden deutschen Kreisen, die bisher die Wi­dersacher des Friedens gewesen seien, verhandelt habe und erwarten von ihm eine Stellungnahme.

Der Quotidien spricht sogar von einem Skandai. Denn während die Regierungen auf die Geheimdiplomatie verzichteten, gäbe es einfältige Leute, die die Geheimdiplo­matie auf eigene Faust wieder einführen.

Zufrieden ist nur die Victoire, die in der Tatsache, daß deutsche und französische rechtsstehende Kreise in Füh­lung getreten waren, ein günstiges Omen erblickt.

Der Figaro hebt hervor, daß auch dem Vorschlage der deutschen Nationalisten niemals Vertrauen entgegen­gebracht werden könne, denn es werde darin die Strei­chung des Paragraphen von der Kriegsschuld gefordert.

Handschreiben des Papstes.

WTB Paris, 23. Sept. Der Papst hat an den er­krankten Erzbischof von Paris, Kardinal Dubois. ein Handschreiben mit seinem Wunsche zur Genesung und seinen Segen durch Vermittlung des apostolischen Nuntius gerichtet.

Reichswehr und Bomben=Attentate.

m. Berlin, 21. Sept. In den Veröffentlichungen derRoten Fahne, in denen der Reichswehr vorgewor­fen wird, Verbindungen zur rechtsradikalen politischen Bewegung und insbesondere auch zu den in der Attentats­affäre verhafteten Persönlichkeiten zu haben, spielt be­kanntlich auch ein ehemaliger Oberstleutnant Jeschke, der gegenwärtig als Civilangestellter bei dem Reichswehr­kommando in Lübeck beschäftigt ist, eine Rolle. Die dienst­liche Untersuchung hat, wie uns vom Reichswehrministe­rium mitgeteilt wird, ergeben, daß der Civilangestellte Jeschke den Syndikus der Landvolkzeitung, Oberleutnant a. D. Weschke, der bekanntlich verhaftet und dem Unter­suchungsrichter zugeführt worden ist, von seinem frühe­ren Aufenthalt in Itzehoe persönlich unterrichtet hat.

Jeschke hat im Juni d. J. eine Zusammenkunft mit Syndikus Weschke gehabt, um, wie er erklärt, sich persön­lich ein Bild über den Umfang und die Ziele der Land­volkbewegung zu machen. Seine daber' gewonnenen Ein­drücke hat Jeschke in einem Bericht an die vorgesetzte Reichswehrbehörde zusamengefaßt. In diesem Bericht war ausgeführt, daß seiner Meinung nach die Landvolk­bewegung keine umstürzlerischen Ziele verfolge. Dieser Bericht ist von der zuständigen Reichswehrbehörde zu den Akten genommen worden, weil die Reichswehr inzwischen von Zivilbehörden über die Landvolksbewegung unterrich­tet worden war. Aus dem Bericht, den Jeschke erstattete, war nicht zu ersehen, daß Jeschke eine persönliche Zusam­menkunft mit Syndikus Weschke gehabt hat.

Das Reichswehrministerium mißbilligt es aufs schärfste, daß der Civilangestellte Oberstleut­nant a. D. Jeschke mit Vertretern rechtsradi­kaler Anschauungen Verkehr gepflogen und dabei seine dienstliche Adresse verwandt hat. Der Reichswehrminister hat das Erforderliche ver­anlaßt, und dafür Sorge getragen, daß in Zukunft so et­was nicht mehr vorkommt. Den Vorwurf, daß die Reichswehr mit den Bombenattentätern in Verbindung ge­standen habe, weist das Reichswehrministerium aber nach wie vor mit aller Schärfe zurück und sieht dem inzwischen anhängig gemachten Strafverfahren gegen die Rote Jahne entgegen.

Die Rote Fahne hat bekanntlich auch ein Schreiben des Rittergutsbesitzers Major a. D. von Gaza an den Reichswehrgeneral Hammerstein als Beweis für die angebliche Zusammenarbeit zwischen Reichswehr und Bombenattentätern veröffentlicht. Es ist inzwischen schon festgestellt worden, daß der Brief echt ist, daß der General Hammerstein das Schreiben, das in Wirklichkeit gar nichts beweist, sofort nach seinem Empfang zerrissen und in den Papierkorb geworfen hat, und es scheint sich zu bestätigen, daß der Brief von dort aus sei­nen Weg in die Redaktionsstube der Roten Fahne genommen hat. General Hammerstein konnte bieher in dieser Angelegenheit nicht gehört wer­den, weil er sich auf einer dienstlichen Auslandsreise befindet. Im übrigen lehnt es das Reichswehrministerium ab, sich noch weiter zur Veröffentlichung der Roten Fahne zu äußern. Die Rote Fahne wird vor Gericht Gelegenheit haben, den Wert ihres Mate­rials zu erweisen.

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Anzeige wegen Hochverrats gegen Masor a. D. von Gaza.

Magdeburg, 23. Sept. Der Magdeburger Polizei­präsident Dr. Bärensprung hat gegen den früheren Be­sitzer des Rittergutes Möser bei Magdeburg, Major a. D. von Gaza, anläßlich des Bekanntwerdens seines Schrei­bens an den Reichswehrgeneral von Hammerstein Anzeige wegen Vorbereitung zum Hochverrat erstattet und bei der Oberstaatsanwaltschaft den Erlaß eines Haftbefehls bean­tragt.

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Herr General Guillaumat über die Rheinland­Räumung.

WTB Paris, 22. Sept. Der Oberkommandierende der französischen Besetzungstruppen im Rheinland, General Guillaumat, hat einem Sonderberichterstatter des Journal erklärt:

Wir haben offiziell mit der Räumung der zweiten Be­setzungszone begonnen. In Wirklichkeit aber ist noch nichts getan, als daß wir die Kisten vernagelten. Das ist alles. Die phantastischsten Nachrichten sind, wie ich weiß, bereits in Frankreich im Umlauf. Man hat sogar ge­meldet, daß Regimenter, die niemals im Rheinland ge­standen haben, die Grenze passiert hätten. Einige Quar­tiermacher sind wohl bereits zurückgereist, aber nur, um die Kasernen für die Aufnahme der Truppen, die Deutsch­land verlassen sollen, vorzubereiten. Die regulären Abteilungen werden erst in einiger Zeit, und zwar schrittweise, abtransportiert werden. Die Inter­alliierte Rheinlandkommission wird nach Wiesbaden verlegt werden, sobald man sie dort unterbringen kann. Wiesbaden, in der 3. Zone gelegen, ist vorläufig noch von den Engländern besetzt. Unsre Verwaltungsstellen werden gleichfalls in die 3. Zone ver­legt werden. Wenn wir auf die Linie TrierMainz Wiesbaden zurückgegangen sind, wird die franzö­sische Fahne in Koblenz heruntergeholt werden. Aber man darf nicht damit rechnen, daß dies vor Ende September geschehen sein wird. Im nächsten Jahr wird die Räumung der 3. Zone erfolgen.

General Guillaumat knüpfte an diese Bemerkung die Worte:Das Rheinland wird alsdann ermessen, was es an den Besetzungstruppen verliert. Womit der Herr General zweifelsohne das Richtige getroffen hat. Die Rheinländer werden diesen Verlust jedenfalls nach Gebühr einzuschätzen wissen.

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Ausbruch des Krakatau.

Paris, 21. Sept. Nach einer Meldung aus Batavia ist der Bulkan Krakatau erneut in Tätigkeit getreten. Die ganze Insel wird von Erdstößen erschüttert.

Die heutige Nummer umsaßt 14 Seiten