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Druck u. Verlag: Hermans Reusser

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unverlangter Manustripte.

38. Jahrgang. Nr. 12807

Bonn, Freitag, 29. Aptil 1927.

Gründungsjahr des Verlags 1725.

Dus Wasserbruma=Kord Amerikas.

Die Frühjahrs=Ueberschwemmungen des riesigen Mississivi überfluten Städte

und Dörfer.

Ein Manifest Tschangkaischeks gegen England.

WIB London, 28. April. Chicago Tribune mel­det aus Schanghai vom 27. April: General Tschang­kaischek hat ein Kuomintang=Manifest veröffentlicht, das erklärt, der britische Gesandte in Peking bereite Pläne vor, um große Gebietsteile Chinas bei Nan­king und Schanghai im Falle der Ablehnung der Note der fünf Mächte zu besetzen. Das Manifest for­dert. das chinesische Volk auf, nicht mehr die Milita­risten, sondern auch die Imperialisten zu stürzen, von denen die Engländer die schlimmsten seien.

Im Zusammenhang mit dem 1. Mai hat Tschang­kaischek zwei weitere Regimenter nach Schanghai ge­sandt, um die Ordnung aufrecht zu erhalten.

Der Tanz beginnt.

P Schanghai, 28. April. Zwischen Abteilungen Tschangkaischeks und der Vorhut der kommu­nistischen Hankauer Truppen ist es bei Kinklang zu den ersten Zusammenstößen gekommen. Gleichzeitig versucht Tschangtsolin eine Offen­sive an der Honan-Iront. Die militärische Lage ge­staltet sich daher für H: zu schwieriger.

Tschangkaischek erläßt eine Proklamation, in der er vier Regierungsgrundsätze aufstellt: Zusammenwirken von Armee und Volk, Bildung einer ehrenhaften Regie­rung. Organisation der Bauern und Arbeiter und ferner Industrialisierungsforderungen. Dem russischen Dampfer Sewastopol wurde die Landung im Hasen der Niederlassung untersagt. Den Passagieren, russische Gewerkschaftsführer, wurde das Beireten der Niederlassung verboten.

*

Nanking von den Bolschewisten erobert.

WTB London, 29. April. Morningpost berichtet aus Nanking: Beamte der Nanking=Schanghai=Eisenbahn er klärten, daß 2000 Russen und 7000 Mann Schan­tungtruppen im Bezirk von Pukau die Vertei­digungslinien Nankings durchbrochen und die Stadt gestern früh besetzt hätten. Die Truppen Tschangkaischeks zögen sich zurück. Der Be­richterstatter fügt hinzu, daß obige Meldung mit Vorsicht aufgenommen werden müsse.

WTB London, 29. April. Daily Mail meldet aus Schanghai: Die Kommunisten=Regierung be­findet sich in ernster Gefahr innerer und äußerer Angriffe. In der Provinz Honan südlich des Yangtse habe eine Be­wegung zur Verteidigung der Provinz eingesetzt.

*

Abermals ein Kabinektsrat.

WIB London, 29. April. Der Kabinettsrat trat gestern abend zusammen, um einen Bericht Chamber= lains über die Lage in China entgegenzunehmen. Wäh­rend die Kabinettssitzung am Mittwoch, an der auch Mit­glieder des Generalstabes teilnahmen, der Erörterung der militärischen Lage galt, wurde, wie verlautet, in der gest­rigen Sitzung besonders die diplomatische Lage behandelt. Die Verhandlungen über die Antwort der Mächte auf die Note Tschens gehen weiter.

*

Tschangkaischek erhält Geldmittel.

Times meldet: In maßgebenden Kreisen in London glaubt man, daß chinesische Bankiers dem General Tschang­kaischek eine Anleihe von sechs Millionen mexikanischer Dollars(15 Millionen Mark), deren Sicherheit die Zu­schlagszölle bilden, gewährt haben, und daß weitere zehn Millionen mexikanischer Dollars(25 Millionen Mark) später gezahlt werden sollen.

Größere Kriegsschiffe auf dem Jangise.

WTB London, 28. April. Die Westminster Gazette erklärt: Da das Steigen des Wasserspiegels des Jangtse es jetzt größeren Kriegsschiffen ermöglicht, stromaufwärts zu fahren, ist ein energisches Vor­gehen Großbritanniens in diesem Gebiet wahrscheinlich. *

Veröffentlichung der beschlagnahmten Dokumente der

russischen Botschaft in Peking.

WTB London, 28. April. Der Pekinger Bericht­erstatter der Morning Post meldet vom 27. April: Die Ge­sandten der Protokollmächte haben heute die Polizei­direktion besucht und die Schriftstücke und Waffen geprüft, die bei der Durchsuchung der russischen Gebäude beschlag­nahmt wurden. Die Schriftstücke sind unter der Leitung des amerikanischen stellvertretenden Militärattachés, der im Namen der Attachés Englands, Frankreichs und Japans handelte, geordnet und übersetzt worden. 40 bis 50 der wichtigsten Schriftstücke werden photographiert und dem­nächst der Presse übergeben werden.

*

Die Abreise der deutschen Delegation zur Weltwirtschafts­konferenz.

MTB Berlin, 28. April. Wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, wird die Abreise der deutschen Delegation für die Weltwirtschaftskonferenz nach Genf in zwei Ab­teilungen vor sich gehen. Staatssekretär Trendelenburg wird bereits am Samstag seine Reise antreten, um in Genf an der am Montag vor Beginn der Konferenz statt­findenden Sitzung des sogenannten gemischten Krisenaus­schusses teilnehmen zu können. Die übrigen Mitglieder der Delegation, nämlich der Abgeordnete Dr. von Siemens, der frühere Reichsminister Dr. Hermes sowie die Abgeord­neten Lammers, Eggert und Frau Dr. Lüders werden gleichfalls am Samstag, spätestens am Sonntag, Berlin verlassen. Konsul Kossenberg, der Delegierte der Inter­nationalen Handelskammer, wird sich direkt von Frankfurt a. M. aus nach Genf begeben. In Begleitung der deut­schen Delegierten reisen einige Referenten des Reichswirt­schafts=, des Reichsernährungs= und des Reichsarbeits­ministeriums.

Die Zusammensetzung der Weltwirtschaftskonferenz.

MTB Genf, 28. April. Das Völkerbundssekretariat gibt heute die Zusammensetzung der französischen Dele­gation für die Internationale Wirtschaftskonferenz bekannt, die eine der stärksten Delegationen sein dürfte. Sie um­faßt insgesamt 52 Mitglieder, von denen 12 auf das Sekre­tariat entfallen, während 28 Sachverständige für Handels­fragen, 3 für landwirtschaftliche Fragen, 2 für Kolonial= fragen und 1 für Finanzfragen der Delegation beigegeben sind. Im ganzen dürften an der am Mittwoch beginnenden Internationalen Wirtschaftskonferenz rund 400 Delegierte und Sachverständige teilnehmen. Von den Hauptmitglie­dern des Völkerbundes fehlt nur Spanien, das die Beteili­gung abgelehnt hat. Von den Nichtmitgliedstaaten sind bisher die Vereinigten Staaten von Amerika und die Tür­kei angemeldet.

Das Riesendrama

des Mississippi.

Ein deutscher Dichter, Max Halbe, hat uns im Strom die Verkettung von Menschenschicksalen mit dem Leben des Stromes und seiner alle Dämme niederreißenden urmächtigen Gewalt ergreifend ge­schildert. Was uns Halbe vom Stromland des deut­schen Ostens in einem kleinen Lebensausschnitt sym­bolhaft vor die Seele führt, wird am Mississippi, dem Vater der Gewässer", jetzt zu einem Strom­drama von riesenhaftem Ausmaße.

Es ist nicht das erste Mal, daß dieser gewaltigste Strom Nordamerikas für die Besiedler seines Ge­bietes zu einer Tragödie geworden ist. Wohl in keinem Frühjahr verschont der Fluß die Anwohner mit seinen Ueberschwemmungen, die jedesmal weite Gebiete berühren und in der Geschichte des Stromes von Uferzerreißungen, Laufabänderungen und vor allem Laufkürzungen sprechen, die zahllose Altwasser und Nebenarme geschaffen haben, die sich wiederum mit den Unterarmen der Nebenflüsse vereinigen. Aber es scheint so, daß der Mississippi, der trotz aller seiner tückischen Gefahren zum mindesten in seinem oberen Teil als Kulturstrom gilt, in seinem unteren Teil jetzt die wohl wiederum zum größten Teil aus dem Ohio stammenden Frühjahrsfluten in solchen Massen gegen die Städte und die sie schützenden künstlichen Dämme wirft, daß Menschenkraft dagegen geradezu erlahmt.

Die Anwohner, die mit großer Zähigkeit bis zum letzten Augenblick ihr Ackerland, ihre Häuser und Hütten gegen den tobenden Fluß verteidigen wollen, sind mehr und mehr in einen fieberhaften Er­regungszustand geraten, indem sie die [Sicherheitsmaßnahmen der Behörden nicht mehr begreifen und sogar zu den Waf­fen greifen, um sich gegen die staatliche Macht ge­waltsam aufzulehnen.

Im Brennpunkt dieses Wasserdramas steht jetzt die nach derHeiligen Johanna genannte Stadt New­Orleans. Dort stauen sich die Wasser, namentlich unterhalb der Ohiomündung und bei dem Delta unterhalb der Mündung des Red River. Die Tiefe des Wassers soll dort stellenweise bis zu 45 Metern gehen.

Die Behörden wissen keinen anderen Rat mehr, als bei New-Orleaus die Dämme zu durchstechen. um die Stadt vor den Riesenfluten zu schützen. Diese Absicht hat zu einem wahren Aufruhr geführt. In der begreiflichen Erregung hat man sogar auf den amerikanischen Staatssekretär Hoover drei Revol­verschüsse abgegebn.

Nachstehend die Einzelnachrichten über die alles bisherige Maß übersteigende riesenhafte Wasser­katastrophe.

Die Ueberschwemmungen in Amerika.

Die Ueberschwemmungen im Mississippi=Gebiet haben jetzt scheinbar ihren Höhepunkt erreicht. Nahezu 60000 Farmen sind zerstört worden und ein Gebiet von Tausenden von Quadratmeilen steht unter Wasser. Die Werte, die ver­nichtet worden sind, gehen in die Milliarden. Der Missis­sippi ist nicht mehr ein Strom, sondern ein See, der sich von St. Louis bis nach New Orleans ausdehnt. Die Flut­welle, die vor einigen Tagen Memphis passiert hat, be­wegt sich, entsprechend dem Gefälle des Mississippi, lang­sam aber unaufhaltsam nach Süden und wird in etwa zwei Tagen New Orleans erreicht haben.

In Arcansas City liegt die Hauptstraße ungefähr zwei Meter unter Wasser. In Greenville, in dessen unmittelbarer Nähe ein riesiger Dammbruch erfolgt ist, ist ein Flüchtlings­lager, bestehend aus 3000 Zelten, von den Fluten wegge­schwemmt worden. Die Zahl der Toten beträgt, soweit bis jetzt festgestellt werden konnte, 115. Die Fluten tragen die Leichen von Tausenden von ertrunkenen Pferden, Eseln, Kühen und Schweinen mit sich, sodaß man den Ausbruch von Seuchen fürchtet. Die Behörden sind angestrengt tätig, um dieser Gefahr vorzubeugen, zu welchem Zweck man nach den betreffenden Ortschaften durch Flugzeuge Typhusserum und sonstige Medikamente bringen läßt.

New Orleans ist durch ein umfangreiches System sehr hoher und starker Dämme hinlänglich geschützt, aber an diesen Deichen wird sich die Flut weiterhin stauen und die Lage in den Ueberschwemmungsgebieten oberhalb New Orleans noch mehr erschweren. Der Gouverneur von Louisiana hat deshalb um die Erlaubnis nachgesucht, die Wälle im Süden von New Orleans sprengen zu dürfen, da­mit wenigstens hier dem Wasser ein freier Abzug gewährt ist. Hierdurch würden einige Hundert Quadratmeilen frucht­baren Ackerbodens ruiniert, aber die Besitzer sollen ent­sprechende Entschädigungen bekommen. Trotzdem hat die

Die immergleiche Orgelmelodie.

WIB Paris, 28. April. Jacques Bainville beschäf­tigt sich in der Liberté mit der Frage der Rheinlandräu­mung und vertritt den Standpunkt, daß, wie immer man auch die Frage stelle, die französische Politik in große Ver­wirrung gerate.

Am Rhein zu bleiben, wäre, so schreibt er, kaum mit der Versöhnung vereinbar, zumal man 1935 spätestens doch räumen müsse. Sofort die Truppen zurückziehen, auf diese Deckung, diese Garantie zu verzichten, bevor die fran­zösische Grenze befestigt und das Loch im Osten zugestopft ist, ist derart gefährlich, daß man kaum eine französische Regierung sieht, die die Verantwortung für eine sofortige Räumung übernehmen würde. Auch erwähnt man kaum noch, welche Garantien Deutschland geben könne. Man darf sich also nicht verhehlen, daß das Räumungsproblem

Nachricht von der bevorstehenden Sprengung der Wälle die betroffenen Bauern in große Erregung versetzt. Sie patrouillieren ständig, mit Gewehren bewaffnet, die Dämme ab, um die Sprengmannschaften gegebenenfalls von ihrer Arbeit mit Gewalt abhalten zu können.

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Die Ueberschwemmung des Mississippi.

* Neuorleans, 28. April.(United Preß.) Der Gou­verneur von Louisiana hat die Sprengung der Mississippi­deiche angeordnet. Die darüber aufgebrachte Bevölkerung nimmt dagegen eine drohende Haltung ein und versucht die Sprengung mit Waffengewalt zu ver­hindern. Der Oouverneur hat die Behörden zur Mo­bilisierung der Nationalgarde veranlaßt. Eine Ortschaft, wo bereits eine große Anzahl von Farmern und Trappern sich mit Maschinengewehren, Büchsen und Revolvern zusammengerottet hat, um von dort aus die Deiche zu verteidigen, soll von den Truppen mit Gewalt gesäubert werden. Der Bürgermeister von Neuorlean er­klärte, daß die Deiche, auch wenn Blutvergießen unvermeidlich sei, gesprengt werden müßten, da dies das einzige Mittel wäre, um Neuorleans vor einer schweren Ueberschwemmungskata­strophe zu bewahren. Von 500 Polizisten und Hunderten bewaffneten Freiwilligen wird ein scharfer Patrouillendienst auf den Deichen durchgeführt. Man fürchtet, daß es noch heute zu blutigen Zusammenstößen mit der erregten Landbevölkerung kommen wird.

* Neuorleans, 28. April.(United Preß.) Handels­sekretär Hoover, der auf seiner Reise durch das Ueber­schwemmungsgebiet hier eintraf, erklärte, daß insgesamt über 300 Menschenleben den Fluten zum Opfer gefallen seien: 200 000 Personen seien obdachlos und hätten größtenteils ihren gesamten Besitz eingebüßt. Der. bisher festgesteellte Schaden betrüge über 200 Millionen Dollar.

WTB Memphis, 28. April. Im südöstlichen Arkan­sas und im Mississippi=Delta sind nahezu 40 Städte innerhalb eines Umkreises von weniger als 100 Meilen überschwemmt. Die Lage der Flüchtlinge wird als sehr ernst geschildert, da die Wasserwogen beständig gegen die Deiche und Hügel stoßen, auf denen sie Zuflucht ge­sucht haben. Die Einwohner der durch die Ueberschwem­mung verwüsteten Gebiete haben dringend um Boote, Kleidung, Nahrungsmittel und andere Lebensbedürfnisse gebeten.

*

P Newyork, 28. April. Der frühere Gou­verneur Parker ist heute zum Regierungs­kommissar für das Ueberschwemmungs­gebiet ernannt und mit diktatorischen Vollmachten ausgestattet worden. Diese Tatsache beweist den Ernst der Lage. Zuständige Stellen in Washingion er­klären offen, daß der Gesundheitszustand in den heimgesuchten Gebieten schlimmer ist als je zuvor in Friedenszeiten. Vielfach herrscht bereits Hungers­not, und die Seuchengefahr wächst. Staats­sekretär Hoover schätzt den Schaden schon jetzt auf mehrere hundert Millionen Dollar. In verschiedenen Bezirken ist der Belagerungs­zustand erklärt worden.

Nach weiteren Meldungen verschlimmert sich die Lage in den Staaten Mississippi, Süd-Arkansas­Nord-Louisiana noch stündlich. Dutzende von Ortschaften und Tausende von Morgen Acker­land werden täglich überschwemmt. Die Jahl der Obdachlosen steigt ununterbrochen. In Neworleans sind gestern 2500 Flüchtlinge aus dem Gebiet, das durch die Deichsprengungen ge­opfert werden wird, eingetroffen. Ein großes Aufgebok der Nationalgarde steht in die­sem Gebiet bereit, um die Bewohner nötigenfalls mit Gewalt zu zwingen, die gefährdete Zone zu verlassen. Die Räumung soll restlos durchgeführt werden. Die Erbitterung unter der von dieser Maß­nahme betroffenen Bevölkerung lätzt das Schlimmste befürchten. Die Bauern sollen sich viefach bewaff­net haben, um der Nationalgarde in dem Kampf um ihre Scholle bis zum äußersten Widerstand zu leisten. Die Landstraßen sind direkt mit Menschen bedeckt, die ihre Habe nach Neworleans zu bringen versuchen. Nach Meldungen aus Neworleans bilden die Bewohner des Gebiekes, das man durch die Deichsprengungen opfern will, eine regelrechte Mi­liz. deren Posten an den Dämmen auf­zogen. Däher ist es unter Umständen zweifel­haft, ob die Regierung tatsächlich morgen zu dem äußersten Mittel der Sprengung greifen wird. Allerdings weiß man vorläufig keinen anderen Weg. um Neworleaus vor dem Hochwasser zu retten.

verworren und hinderlich geworden ist. Denn bei dem gegenwärtigen Stande der Dinge gibt es für dieses Pro­blem weder für Frankreich noch für Deutschland eine be­friedigende Lösung.

*

Der Dämon der Devisenspekulation.

* Genf, 27. April Ein großer Bankskandal erregt hier beträchtliches Aufsehen. Der Börsenagent Nally, der Kassierer des schweizerischen Autoklubs und der Winkel­riedstiftung, einer Militärversicherung für die Witwen ver­storbener Schweizer Soldaten, wird größerer Unterschla­gungen beschuldigt, die unglücklichen Devisenspekulationen zuzuschreiben sein sollen. Nach den hiesigen Berichten soll

das Defizit der Firma Rally insgesamt zwei Millionen Schweizer Franken betragen.

Die Ge fährdung New-Orleaus.

MTB London, 28. April. Nach den letzten Meldun­gen aus New=Orleans ist die Nationalgarde beauftragt worden, das Gebiet von Poidres zu räumen, wo sich die Jarmer mit Maschinengewehren, Gewehren und Pistolen bewaffnet, versammelt haben, um der Anordnung der Re­gierung Widerstand zu leisten, die dahin geht, den Schutz­damm zu durchbrechen, wodurch New=Orleans gerettet werden soll. Die Polizei in New=Orleans ist um 500 Mann verstärkt worden, um so für alle Fälle gerüstet zu sein. Die Flutdämme sind durch bewaffnete Wächter geschützt. Durch eine beabsichtigte Riesensprengung würde die Niederung in einer Länge von 70 Meilen und einer Breite von 3 bis 20 Meilen überschwemmt. Nach Zeitungsmeldungen soll über Greenville=Stadt der Belagerungszustand ver ngt worden sein. Plünderer werden standrechtlich erschossen.

Hinrichtungen von Kommunisten in Peking.

* Peking, 28. April.(United Preß.) Heute um 1 Uhr mittags wurden 21 chinesische Kommunisten, die bei dem deberfall auf die russische Botschaft gefangengenommen worden waren, auf Befehl Tschangtsolins durch Erdrosselung hingerichtet, darunter eine Frau. Unter ihnen war kein russischer Staatsbürger. Wie die Behörden erklärten, waren die Verbrecher in einem Ge­heimprozeß verurteilt worden. 30 andere Chinesen wer­den zurzeit noch gefangen gehalten, deren Hinrichtung ebenfalls in kurzer Zeit erfolgen dürfte.

* Peking, 28. April.(United Preß.) Die von der russischen Botschaft mit der Verteidigung der bei dem Ueberfall auf die Botschaftsgebäude gefangen genom­menen russischen Staatsbürger beauftragten chinesischen Rechtsanwälte haben ihr Mandat heute niedergelegt. Sie erklärten, daß sie nicht imstande seien, die Verteidigung ihrer Klienten weiterzuführen, da Marschall Tschangtsolin angeblich die Absicht habe, die Gefangenen ohne Ge­richtsverfahren unverzüglich hinrichten zu lassen. Wie das chinesische Auswärtige Amt erklärt, haben die Rechtsanwälte die ganze Angelegenheit dem Auswärti­gen Amt übergeben.

Telegrammwechsel zwischen Stresemann und Briand. WTB Berlin, 28. April. Der Reichsminister des Auswärtigen hat an Außenminister Briand anläßlich seines 25jährigen parlamentarischen Jubiläums folgendes Glückwunschtelegramm gerichtet:Sehr geehrter Herr Briand! An dem heutige Tage, an dem es Ihnen beschie­den ist, auf 25 Jahre eines an Ehren reichen politischen Lebens zurückzublicken, übersende ich Ihnen meine aufrich­tigsten Glückwünsche, und spreche die Hoffnung aus, daß Ihnen noch viele glücklichen Jahre beschieden sein mögen.

Minister des Aeußern, Briand, hat Reichaußenminister Stresemann mit folgendem Telegramm geantwortet:

Sehr gerührt von Ihrem Wunsche, danke ich Ihnen dafür sehr aufrichtig. Wenn ich den während 25 Jahren politischen Lebens durchlaufenen Weg überblicke, zähle ich die letzten beiden Jahre zu den frucht­bringendsten, während welcher Zeit wir im Interesse unserer beiden Länder und des Weltfriedens in gemeinsamer Verstäu­digung dasselbe Ziel verfolgt haben.

Auch die Stadt Locarno hat Minister Brsand zu seinem Jubiläum Glückwünsche übermittelt.

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Briand über den Zeitungsschreiber.

* Paris, 27. April. Briand hat heute zum Jubiläum seiner 25jährigen parlamentarischen Wirksamkeit einen Journalistenempfang veranstaltet und dabei eine halb ernsthafte und halb scherzhafte Rede gehalten. Ein Jubi­säum mache bei ihm immer einen melancholischen Ein­druck; eine Einweihung habe freundlichern Charakter, weil sie Ausblicke in die Zukunft eröffne. Er würde eine solche vorziehen, doch hoffe er auch so nicht nur die silberne, sondern in 25 Jahren auch die goldene parlamentarische Hochzeit feiern zu können wie sein Freund, der frühere Minister Thompson. Seine ersten Schnüre habe er sich als Journalist verdient. Als Journalist habe er in allen Sparten gearbeitet; er habe über überfahrene Hunde be­richtet, über Gerichts= und Parlamentssitzungen und sogar über Außenpolitik geschrieben. Die beste Informations­quelle eines Journalisten sei immer der Journalist selbst. Der Juornalist, der nicht mit einer gewissen Einbildungs­kraft an seine Arbeit herantrete, sei kein geborener Jour­nalist.

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Die Verseilung des Westfonds.

WTB Koblenz, 28. April. Das Oberpräsidium gibt bekannt: Gestern war hier unter dem Vorsitz des Oberpräsi­denten der Rheinprovinz in Gegenwart von Vertretern des Landwitschaftsministeriums, der rheinischen Provin­zialverwaltung und des Provinziallandtags, der Regie­rungspräsidenten, des Landeskulturamtspräsidenten, des Vorsitzenden der Landwirtschaftskammer sowie je eines Vertreters der Landkreise die diesjährige Westfondskon­ferenz. In dieser jährlich wiederkehrenden Besprechung wird über die Verteilung der Mittel Beschluß gefaßt, die der preußische Staat und die Provinz für Unternehmungen zur Hebung der Landeskultur, insbesondere für Umlegun­gen sowie den Bau von Wasserleitungen in leistungsschwa­chen Gemeinden bereitstellen. Gleichzeitig werden die Mit­tel des Flußregulierungsfonds verteilt, der dazu bestimmt ist, kommunale und genossenschaftliche Flußregulierungen zu fördern. Wenn auch in diesem Jahre die Mittel für diese beiden Fonds in der gleichen Höhe wie im Vorjahr vorgesehen sind, mußte doch von den überaus zahlreich vorliegenden Anträgen ein Teil zurückgestellt werden. Unter Berücksichtigung der Dringlichkeit der einzelnen An­träge sowie der Bedürftigkeit der Antragsteller wurden folgende Beträge ausgeschüttet: Für Umlegungen und da­mit zusammenhängende Meliorationen 594 052 Mark, für sonstige Meliorationen 211000 Mark, für Wasserleitun­gen 350000 Mark. 20000 Mark sollen zur Unterstützung des Obst= und Gemüsebaues in der Rheinprovinz verwandt werden.

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P Breslau, 29. April. In mehreren schlesischen Orten wurde bei Frühlingsgewittern durch zahlreiche Blitzschläge schwerer Schaden angerichtet. So wurde in Lüben der Sohn eines Müllers schwer verbrannt. Bei Buntzlau schlug der Blitz in den Turm einer Kirche und richtete ziemlichen Schaden an. Ein zweiter Blitz traf das Haus eines Arbeiters und verletzte seine dreijährige Tochter und seine Mutter schwer. Außerdem brannte durch einen Blitzschlag das Wohnhaus eines Landwirts völlig nieder.

De deute Zunuer miost 20 Csten