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Nr. 11927.
Poincaré über seine Außenpolilik.
* Paris, 26. Mai. Poincaré hielt heute in Bar le Duc bei Eröffnung des Generalrats des Maasdepartemenls, dessen Vorfitzender er ist, eine große politische Rede. Er beschäftigte sich zunächst mit dem Ergebnis der Wahlen vom 11. Mai und den Gründen innerpolitischer Natur, die zum Siege des Blocks der Linken geführt haben. Dann wandte sich Poincaré der Außenpolitik zu und ging zur Verleidigung seiner Ruhrpolitik über. Wir sind. im Januar 1923, so erklärte er, aufgrund eines vorher ausgearbeiteten Planes in das Ruhrgebiet einmarschiert. Die Lage in Deutschland hat uns genötigt, Pfänder zu ergreifen. Aber wir hätten lieber in Uebereinstimmung mit unseren Alliierten gehandelt und nicht allein mit unsern treuen belgischen Freunden. Im Dezember 1922 habe ich zwischen der Konferenz von London und der Konferenz von Paris noch einen letzten Versuch in dieser Richtung unternommen. Der englische Botschafter Lord Hardinge, der ein aufrichtiger Anhänger der Entente Cordiale war und der im Begriff war, Paris zu verlassen, hat sich zusammen mit mir bemüht, andere Mittel ausfindig zu machen, als den Einmarsch in das Ruhrgebiet, um auf Deutschland einen Druck auszuüben und Sachleistungen und Barzahlungen zu erhalten. Wir haben gemeinsam die Möglichkeiten der Besetzung der staatlichen Bergwerke, und der Forsten im Rheinlands und die Errichtung eines Zollgürtels an den Ufern des Rheins ins Auge gefaßt. Lord Hardinge hat mir am 20. Dezember von London aus geschrieben, daß die britische öffentliche Mei nung es seiner Regierung nicht gestatten werde, sich mit einer solchen vorübergehenden Lösung einverstanden zu erklären. Wir haben die Ruhr als letztes Verzweiflungsmittel und ohne irgendwelche Hintergedanken besetzt. Trotz des von Deutschland organisierten Witerstandes haben wir uns zu diesem Entschluß nur beglückwünschen können. Sehr viel hängt von der Sicherheit Frankreichs ab, und das Problem der Sicherheit stellt sich heute in einer sehr ernsten Form dar. Es scheint nicht zweifelhaft zu sein, daß Deutschland vorsätzlich die Bestimmungen des Friedensvertrages verletzt, daß es sein Kriegsmaterial wiederherstellt ebenso wie seine militärischen Formationen. Ich habe natürlich alle Mitteilungen, die ich in diesem Punkte erhalten habe, an unsere Alliierten weitergegeben. Diese geheimnisvollen Vorbereitungen erlauben uns nicht einzuschlafen. Und da es nicht genügt, friedfertig, oder noch weniger Pazisist zu sein, um einen Krieg zu verhindern, sind wir gezwungen, wachsam zu bleiben. Eine Regierung, welche diesen Gedanken hindert, würde bei der ersten Schwäche Herrn Maginot und mich in der ersten Reihe ihrer Gegner finden. Ich werde von der Politik nicht abweichen, die ich immer verfolgt habe und die wir stets gebilligt haben. Bis zum letzten Atemzuge werde ich ein guter Republikaner und Patriot bleiben und wirde fortfahren, mit bestem Wissen und Gewissen dem Departement Maas und Frankreich zu dienen.
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der= in Herriol über die Ruhrbesetzung.
WTB Wien, 26. Mai. In einer Unterredung mit dem Pariser Vertreter der Neuen Freien Presse erklärte Herriot, in der Ruhrfrage stehe er vollkommen auf der Grundlage des Berichts des Generals Dawes. Er sei sich ganz klar darüber, daß die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Einheit des deutschen Reiches vor allem den Wiederaufbau der innern Zollschranken und die Aufhebung aller derjenigen Instruktionen, die der wirtschaftlichen Einheit hinderlich sein könnten, erfordere. Was die Ruhrbesetzung anlange, so könne er natürlich keinen Zeitpunkt der Räumung angeben. Mein Gefühl, sagte Herriot, muß ich den Interessen meines Vaterlandes unterordnen. So kann diese Frage erst am Verhandlungstisch gelöst werden.
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.##. Macdonald zur Demission entschlossen.
110 London, 26. Mai. Der parlamentarische Berichterstatter des„Daily Herald“ glaubt zu wissen, daß die Regierung, falls sie im Unterhaus hinsichtlich einer der wesentlichen Klauseln in der Vorlage des Hausbauprojekts geschlagen wird, ihre Demission einzureichen gedenke. Macdonald werde dann den König zur Auflösung des Parlaments auffordern. Die Vorlage wird demnächst eingebracht werden..
Bonn, Dienstag, 27. Mai 1924.
Radiri=der Radmens Katt.
Die Deutschnationalen an die Front?
Wir erlangen jetzt etwas Klarheit in unserer Innznund Außenpolitik. Die Mittelparteien haben gestern die Verhandlungen mit der Deutschnationalen Volkspartei ubgebrochen und das Kabinett Marx gab seine endgültige Rücktrittserklärung. Der Reichspräsident Ebert hat nunmehr freie Bahn für seine verfassungsmäßige Aufgabe, einen Vertreter der stärksten Partei des Reichstages mit der Bildung eines neuen Kalsieits zu betrauen. Er wird jedenfalls dieserhalb an den Staatsminister a. D. Hergt herantreten, den Chef der Deutschnationaien Volkspartei. Aus Erklärungen dieser Partei weiß man bereits, daß sie jetzt geneigt ist, sich an der Regierungsbildung zu beteiligen. Ferner wird bekannt, daß auch das außenpolitische Programm der Deutschnationalen Volkspartei eine gewisse Kontinuität mit der Außenpolitik der bisherigen Regierung möglich macht. Die Mittelparteien haben inzwischen ihr außenpolitisches Programm veröffentlicht. Es beweist, daß auch das Kabinett Marx den Dawesbericht gleich den Deutschnationalen nur unter bestimmten„unverzichtbaren Vorbehalten“ annimmt und die wohlverstandenen Interessen des Reiches bei ihren Vorbehalten wahrt. Die Deutschnationglen wollen ihr Programm erst bekanntgeben, nachdem die Mittelparteien ihrerseitsgmit dem ihrigen an die Oeffentlichkeit getreten sind. Das ist geschehen und man kann nun erwarten, daß auch die Herren Hergt und Westarp dem deutschen Volke ihre Vorschläge für die Außenpolitik kundgeben.
Nach privaten Mitteilungen stehen die Deutschnationalen auf dem Standpunkt, daß die deutschen Unterhändler nicht mit gebundenen Händen dem Ausland gegenübergestellt werden dürfen, sodaß sie schon vor einer vorweggenommenen materiellen Entscheidung in der Außenpolitik ständen. Eine materielle Bindung unserer Unterhändler widerspricht aber auch dem Programm der Mittelparteien, die sich vielleicht in ihrer ganzen außenpolitischen Haltung mehr in den Methoden und der Taktik, als in in ihrer materiellen Stellungnahme von den Deutschnationalen unterscheiden, was im Interesse des Reiches verlangt werden muß. In einem der Volkspartei nahestehenden Organ wird dies also ausgedrückt:„Der einzige Unterschied zwischen den Vorbehalten hüben und drüben liegt in der Methode, sie zur Geltung zu bringen, wobei sich in der Politik der Mittelparteien die Kunst des Möglichen und in der der Deutschnationalen Utopie offenbart.“
Die Deutschnationalen scheinen auch an der Person des Großadmirals von Tirpitz als Reichskanzler festhalten zu wollen, der, obwohl er Kandidat der Deutschnationalen war, von ihnen als„eine überparteiliche Persönlichkeit“ charakterisiert wird und vielleicht auch nach seiner ganzen Mentalität wirklich mehr der Arbeitogemeinschaft der Mittelparteien, als der Rechten zuneigt.
Die Deutsche Volkspartei scheint die Erweiterung des Kabinetts nach rechts im Sinne eines großen Bürgerblocks zu betreiben, während Zentrum und Demokraten eher das Gegenteil solcher Tendenzen in ihrem Verhalten erkennen lassen. Die Linke bleibt zunächst Gewehr bei Fuß; sie nimmt eine abwartende Haltung ein.
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Der Wirtschaftskampf im Ruhrbergbau.
Eine Mahnung der Bergarbeiterschaft an die Regierung.
* Bochum, 26. Mai. Das offizielle Organ des„Deutschen Bergarbeiterverbandes,„Die Bergarbeiterzeitung", veröffentlicht unter der Ueberschrift„Der Kampf der Bergarbeiter geht weiter“, folgende ernste Mahnung an die Regierung:
Die Situation im Ruhrgebiet drängt mit aller Macht zu einer baldigen positiven Entscheidung. Die Unternehmer setzen alles auf eine Karte und spielen in einem unverantwortlichen Maß mit den wichtigsten Lebensgütern der Nation, mit den hervorragendsten Faktoren unserer industriellen Wirtschaftsbasis Schindluder. Daß endlich der Staat des Wortes der Weimarer Verfassung: Eigentum verpflichtet, gedenke. Bisher sind der Wirtschaft durch die Aussperrung der Unternehmer 150 Millionen Goldmark an Produktionsausfall und 40 Millionen Mark an Lohnausfall verloren gegangen. Diese gewaltigen Summen werden durch jeden weiteren Aussperrungstag erhöht. Ungeheuere Erschütterungen stehen uns bevor. Hätten die Unternehmer die minimalen Forderungen der Bergarbeiter angenommen, sd wären dadurch der Wirtschaft ungeheuere Werte erhalten geblieben, die jetzt nutzlos vergeudet und verwüstet werden. Die bescheidenen Forderungen der Bergarbeiter bilden nur einen Bruchteil des materiellen Wertes gegenüber den Verlusten, die bis jetzt schon durch die Aussperrung erwachsen sind.
Mögen die Regierenden rechtzeitig erkennen, daß im Ruhrgebiet keine Zeit mehr verloren gehen darf. Wird den deutschen Industriellen=Katastrophenpolitikern nicht bald und energisch der Weg versperrt, dann kann es zu Verhältnissen kommen, die noch jahrzehntelang hindurch ihre Schatten auf die Entwicklung unseres schwer ringenden Volkes werfen werden. Diese Mahnung rufen wir der Regierung zu in dem Bewußtsein, daß hinter guns 100 000 ehrliche brave Bergleute stehen, die allen Sthicksalsschlägen zum Trotz den Kopf klar halten und den Willen zum Sieg bis zur letzten entscheidenden Stunde auf sich nehmen werden.
Die Parole der Bergarbeiterverbände.
* Bochum, 26. Mai. Die Bergarbeiterverbände gaben folgende Parole aus: Neue Verhandlungen finden am 26. Mai vor einem neuen Schlichtungsausschuß statt. Was auch aus ihnen herauskommen mag, für uns, Kameraden, gilt nur eins: Maßgebend sind nur die Weisungen und Beschlüsse unseres Verbandes.
Abbruch der Verhandtungen. Die Deutschnationale Volksparkei zur Regierungsbildung.
TU Berlin, 26. Mai. Die Fraktionssitzung der Deutschnationalen Volkspartei ging gegen 8 Uhr zu Ende. Sie schloß mit dem Ergebnis, daß den Mittelparteien auf ihre Anfrage vom vergangenen Samstag eine kurze Erklärung als Antwort übermittelt wird, in der der Standpunkt der Deutschnationalen Volkspartei dargelegt wird. Der Wortlaut dieser Erklärung wird aber nicht veröffentlicht, jedenfalls solange nicht, bis auf Seiten der Mittelparteien eine Antwort vorliegt.— Aus parlamentarischen Kreisen erfährt die Telegraphen=Union, daß die Deutschnationale Volkspartei im ersten Teil ihrer Erklärung grundsätzlich daran festhält, an einer Regierungsbildung teilzunehmen, wenn sie dabei, entsprechend ihrer Fraktionsstärke und dem Wahlausfall beteiligt werden soll.— Im weiteren Verlaufe der Erklärung stellte sich die Deutschnationale Volkspartei auf den Standpunkt, daß eine Lösung der schwebenden Fragen bei der Kabinettsbildung besser durch eine geeignete Auswahl der Persönlichkeiten als durch die Festlegung eines Programms erfolgen könne und deutet an, daß sie nach wie vor in der Person des Großadmirals Tirpitz eine geeignete Lösungsmöglichkeit sehe.— Zum Schluß legt die Erklärung in sachlicher Hinsicht dar, daß das neue Ka binett in außenpolitischer Hinsicht die bie jetzt von dem bisherigen Kabinett durchge führte Linie nicht abbrechen zu lassen brauche und fügt hinzu, daß den im Auslande tätigen Unte händlern für ihre Unterhandlungen auch vom neue Kabinett keine gebundene Marschroute mitgegeben werden soll.— Die Antwort ist um 8 Uhr an den Vorsitzenden der Deutschen Volkspartei, Dr. Scholz, übergeben worden. Im Laufe der Fraktionssitzung kam außerdem zum Ausdruck, daß die Fraktion nach parlamentarischen Brauche Anspruch darauf erheben wird, stärkste Fraktion den Reichstagspräsidenten stellen.
Die Antwort der Mittelparteien.
Berlin, 26. Mai. Nachdem die Antwort der Deutschnationalen der Deutschen Volkspartei überreicht worden war, traten die Führer der Mittelparteien gegen neun Uhr abends wieder zu einer Besprechung sammen, an der unter andern auch der Reichskanzler und die Minister Dr. Stresemann und Hamm teilnahmen. Die Besprechung war nur kurz. Es wurde beschlossen, außenpolitichen Richtlinien der Mitte parteien der Oeffenklichkeit zu übergeben, daß in den Morgenblättern diese Richtlinien und die Antwort der Deutschnationalen sich vor der gesamten Oeffentlichkeit gegenüberstehen. Diese Veröffentlichung soll als Antwort an die Deutschnationalen gelten. Der
34. Jahrgang
New Lorker
4 Bill. 278 Milliarden.
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ernpunkt der ganzen Sache war, daß die Deutschnationalen sich bereit erklären sollten, das Sachverändigengutachten als einheitliches Ganzes anzuerkennen. Nach der Antwort der Deutschnationalen galten die Verhandlungen der Mittelparteien mit diesen für bgebrochen, und es wurde nunmehr angenommen, daß das Kabinett noch am Abend zurücktreten ürde. Die weitere Entwicklung wird sodann in der Hand des Reichspräsidenten liegen. Die Kabinettsitzung wurde auf 9,30 Uhr abends berufen. Der Reichsprädent wird morgen vormittag die Führer der bürgerlichen Mittelparteien empfangen. Bei diesem Empfang wird ihn der Führer der Deutschen Volkspartei auffordern, sich wegen der Kabinettsbildung zunächst an die Deutschnationalen zu wenden.
Das außenpolitische Programm der Mittelparteien.
TU Berlin, 26. Mai. Bekanntlich haben sich die Parteien der Mitte schon vor einiger Zeit auf ein einheitliches außenpolitisches Programm geeinigt, welches bei den Verhandlungen mit den Deutschnationalen in den letzten Tagen eine große Rolle gespielt hat. Die Parteien der Mitte haben heute abend in einer gemeinsamen Sitzung beschlossen, den Wortlaut dieses Programms zu veröffentlichen.— Das Gutachten der Sachverständigen bildet den ernsthaften Versuch einer friedlichen Lösung der Reparationsfrage. Es ist ein einheitliches und unteilbares Ganzes. Diese Unteilbarkeit des Gutachtens macht den Beginn deutscher Leistungen abhängig von der Herstellung der Wirtschaft und der finanziellen Souveränität des Reiches, die die Wiederherstellung der Verwaltungshoheit in sich schließt. Es schließt den Gedanken aus, daß die Reparationsgläubiger einzelne Gebiete des Reiches als Reparationsprovinzen behandeln und sie zum Gegenstand der französischen Ausbeutung machen.— Die Wiederherstellung der wirtschaftlichen und finanziellen Einheit des Reiches als Voraussetzung für die Produktivität dieser Gebiete ist aber erst gesichert, wenn allen Deutschen die Möglichkeit gegeben ist, in ihrer Heimat sich ungestörter Arbeit hinzugeben. Insbesondere kann die innere Bereitschaft, die in Deutschland für die erforderliche Steigerung der Produktivität und die Annohme schwerer Lasten notwendig ist, niemals geschaffen werden, solange das traurige Schicksal Tausender Vertriebener und ihrer Freiheit beraubter Deutschen die Natiombelastet und beunruhigt. Da das Sachverständigen=Gutachten ein einheitliches und unteilbares Ganzes ist, so kann es nur als Ganzes angenommen oder abgelehnt werden. Ferner muß bei den Beratungen über die zu verabschiedenden Gesetze, namentlich über die Gestaltung der Reichseisenbahn und der Währungsbank der maßgebende deutsche Einfluß an der Führung der Unternehmungen sichergestellt werden. Wir erwarten, daß die Regierung alles tut, um in dieser Beziehung unsere lebenswichtigen Interessen zu wahren. Dem Gutachten selbst können wir nur mit den Vorbehalten zustimmen, die auch die Sachverständigen bezüglich seiner Durchführbarkeit selbst gemacht haben. Wir setzen dabei voraus, daß das Gutachten als einheitliches und unteilbares Ganzes auch von den übrigen Nationen anerkannt wird, daß seine Auslegung mit gutem Willen erfolgt und insbesondere dabei nicht nur die Herstellung unserer Souveränität in Wirtschaft, Finanz und Verwaltung, sondern auch die Aufrechterhaltung der neuen deutschen Währung im internationalen Zahlungsverkehr gewährleistet ist. Die Lösung der Reparationsfrage durch das Gutachten bedeutet die Wiederherstellung aller vertragsmäßigen Rechte des Deutschen Reiches und damit die Befreiung des nicht vertragsmäßig besetzten Gebietes von jeder Besetzung sowie die Wiederherstellung des Rheinlandabkommens für die vertragsmäßig besetzten Gebiete und die Gewährleistung der Rechtssicherheit für deren Bewohner. Wir erwarten von der Reichsregierung, daß sie mit Entschiedenheit diese Freiheiten sicherstellt. Die unterzeichneten Parteien sind bereit in dem starken nationalen Willen, die Regierung bei einer nach den vorstehenden Grundsätzen geleiteten Außenpolitik zu unterstützen und sich für die Durchführung der zu diesem Zwecke erforderlichen Maßnahmen einzusetzen.
Rücktrittserklärung des Kabinekts Marx.
WIB Berlin, 26. Mai. Die Reichsregierung hatte in ihren Sitzungen vom 6. und 15. Mai 1924 beschlossen, bis zum Zusammentritt des Reichstages im Amt zu bleiben. In Verfolg dieses Beschlusses hat die Reichsregierung heute erneut zu dieser Frage Stellung genommen und einmütig beschlossen, dem Reichspräsidenten ihr Rücktrittsgesuch zu überreichen. Der Reichspräsident hat das Rücktrittsgesuch entgegengenommen und das Reichskabinett mit der einstweiligen Fortführung der Ge schäfte beauftragt.
TU Berlin, 26. Mai. Die Kabinettssitzung, in der heute abend die Entscheidung über den Rücktritt der Reichsregierung fiel, begann, wie die Telegraphen=Union erfährt, kurz nach ½10 Uhr. Der Reichskanzler hatte unmittelbar vorher an den Besprechungen der Mittelparteien im Reichstage teilgenommen und begab sich nach der Sitzung in die Reichskanzlei. Die Sitzung des Kabinetts war kurz nach 10 Uhr beendet.— Nachdem nun die Reichsregierung ihren Rücktritt erklärt hat, liegt die Initiative für die Regierungsneubildung zunächst beim Reichspräsidenten. Dieser wird sich im Laufe des morgigen Vormittags mit verschiedenen Persönlichkeiten in Verbindung setzen, um sich über ihr Programm zu unterrichten. In parlamentarischen Kreisen nimmt man an, daß der Reichspräsident zuerst mit dem Führer der deutschnationalen Fraktion, Staatsminister a. D. Hergt, sprechen wird.
Ein großer Bürgerblock?
° Berlin, 26. Mai. Der Reichspräsident wird, nachdem das Kabinett zurückgetreten ist, morgen die Porteiführer zu einer Besprechung empfangen. Wie verlautet, wird der volksparteiliche Fraktionsführer Scholz darauf dem Präsidenten vorschlagen, die Einbeziehung der Deutschnationalen in das neue Kabinett durchzusetzen. Die Volkspartei hofft auch noch auf ein Gelingen dieses Planes in Preußen. In den Kreifen des Zentrums und der Demokraten beurteilt man die Aussichten auf das Zustandekommen eines großen Bürgerblocks nach wie vor mit Zweifeln.
Diog Leanie demansteiten gromnt veschiecdene Kersche
lichkeiten, welche sie beschuldigten, sie mit den nachgemächten Noten versehen zu haben. Die Frau Zuckers wandte sich an Dr. Schneider mit der Bitte, sich um die Freilassung ihres Mannes zu bemühen, wobei sie erklärten, daß ihr Mann die Franken in gutem Glauben genommen habe. Offensichtlich interessierte sich Dr. Schneider für den Fall Zucker. Inzwischen schloß der Mann den Ramen Dr. Schneider unter seine Denunziationen ein. Dr. Schneider scheint seit einiger Zeit ein Gegenstand des Argwohns für die Franzosen gewesen zu sein. Als Beamte der franzöfischen Geheimpolizei im letzten Januar in einer befonderen Untersuchungsmission Köln besuchten, wurde er eingehend über sein Vorgehen im Zusammenhang mit Versuchen vernommen, die gemacht worden waren, um die segarastische Mißherrschaft zu unterdrücken.
Ein britischer Offizier erhielt schließlich den Auftrag, Dr. Schneider festzunehmen, und seit gestern befindet er sich im britischen Militärgefängnis. Gestern abend wurde in Köln bekannt, daß die Franzosen seine Auslieferung an sie wünschten, aber er bleibt in britischer Haft in Köln, solange die weitere Untersuchung schwebt. Ein deutscher Landrichter und sein Sohn wurden ebenfalls im Zusammenhang mit der Angelegenheit verhaftet. Der Vater wurde später wieder freigelassen, aber=der Sohn verbleibt in Haft. Einige der von Zucker denunzierten Personen können nicht aufgefunden werden und haben sich vermutlich geflüchtet.— Der Fall ist noch in den ersten Stadien der Untersuchung, und es ist durchaus möglich, daß die Angaben des De'nunzianten sich als unbegründet erweisen werden. Aber in jedem Falle muß die Affäre eine beklagenswerte Wirkung auf die allgemeine Lage im besetzten Gebiet haben. Sollten Beweise gefunden werden, die eine Anklage gegen den stellvertretenden Regierungsprüsidenten rechtfertigen, so ist es schwierig zu übersehen, wie sich damit ein britischer Militärgerichtshof befassen könnte, da weder die Regie noch ihr Geld in unserer Zone anerkannt ist, noch auch die Verordnungen zu ihrem Schutze hler wirksam sind. In gleicher Weise ist es schwierig, sich vorzustellen, daß ein deutscher Beamter der britischen Jone den Franzosen zur Aburteilung ausgeliefert werden könnte. Die Herstellung und die Ausgabe von nachgemachtem Geld ist natürlich ein Verbrechen nach dem allgemeinen deutschen Recht, und jede Person, die dessen verdächtig ist, könnte zur Aburteilung vor das deutsche Gericht gestellt werden.
Zur Verhaftung des Ministerialrats Dr. Schneider.
* Köln, 26. Mai. Zu der Verhaftung des Ministerialrats Dr. Schneider von der Kölner Regierung, von der wir gestern kurz Mitteilung gemacht haben, berichtet der Kölner Korrespondent der Times unter dem 23. d. Mts. u. a. das Folgende:
Vor 14 Tagen teilten die Franzosen mit, sie hätten die Entdeckung gemacht, daß nachgemachte Regiefranken— das Geld, welches von ihnen nach der Beschlagnahme der rhei
nischen Eisenbahnen geschaffen worden ist— von dem Pfälzer„Abwehrzentrum“ in Heidelberg mit dem Zwecke hergestellt würden, das Regiegeld zu diskreditieren. Vor einer Woche wurde ein Mann in Essen verhaftet, weil er eine nachgemachte Regienote ausgegeben hatte. Er erklärte, er habe das Geld von einem in Köln lebenden polnischen Juden namens Salomon Zucker erhalten. Auf Ersuchen der Franzosen wurde dieser Mann und noch ein weiterer polnischer Jude namens Isak Zilbermann verhaftet.
Letzte Post.
* Köln, 24. Mai. In der Straße„Unter Gotteegnaden" stieß man bei Erdarbeiten unter dem Straßenpflaster auf eine mächtige Mauer, die als die östliche Abschlußmauer des von Reinald v. Dassel um 1160 errichteten neuen erzbischöflichen Palastes angesprochen wird.
* Aachen, 24. Mai. Gestern stürzte auf der Grube Karl Friedrich im benachbarten Richterich ein junger Mann aus Aachen etwa 80 Meter tief in den Bremsschacht.
Er war sofort tot. Es ist noch nicht festgestellt, wie das zen Unzlück geschehen ist.
.=Gladbach, 26. Mai. Am hiesigen Schlachthof öffnete gestern ein Unbefugter die Türe eines Eisenbahnwagens, in dem sich vier argentinische Ochsen befanden. Die wilden Tiere brachen aus und rannten in die Straßen der Stadt, alle Personen, die sich nicht schleunigst in die Häuser flüchteten, angreifend. Eine ganze Anzahl Menschen wurde von den Tieren zu Boden geworfen und zum Teil verletzt. Die Polizei schoß drei Tiere nieder, das vierte konnte wieder eingefangen werden. Bis zum Stadtteil Neuwerk und zum Volksgarten hatten die Tiere Schrecken verbreitet.
* Bingen, 26. Mai. In allen Weinbergslagen der Gemarkung Bingen ist die Krauselkrankheit oder Kurzknotigkeit der Reben stark aufgetreten. Mehrere Weinberge sind ganz befallen und stark beschädigt worden.— Am Franzosenhaus rannte ein Kraftwagen aus Wiesbaden gegen das Gelände der Bahn, wobei der vordere Teil des Wagens total zertrümmert, der Wagenführer und ein Insasse schwer verletzt wurden.
Biebrich, 26. Mai. Bei einer Uebungsfahrt der Vierermannschaft der Rudergesellschaft Wiesbaden=Biebrich kenterte in der Nähe des Biebricher Stadthauses infolge Riemenbruches das Boot, dessen Insassen das Ufer schwimmend zu erreichen suchten. Einer der Ruderer geriet dabei am Schiersteiner Hafen in einen Strudel und versank sofort.
Velbert, 26. Mai. Das Eisen= und Stahlwerk Krone hier hat sich infolge Geldmangels veranlaßt gesehen, einer großen Zahl seiner Arbeiter zu kündigen. Mehrere andere hiesige Firmen haben infolge Auftragsmangels eine Verkürzung der Arbeitszeit angekündigt.
* Berlin, 27. Mai. Wie die Voss. Ztg. aus Bankierkreisen erfährt, befindet sich ein 300 Jahre altes Frankfurter Privatbankhaus infölge der Zahlungsunfähigkeit mehrerer Debitoren in Schwierigkeiten. Die Frankfurter Bankiervereinigung ist bereits gestern zu einer Sitzung zusammengetreten, um über die Einleitung einer Stützungsaktion zu beraten.
Die alte Handelsfirma Stuedemann in Düsseldorf und die Düsseldorfer Eisen= und Röhren=Handels=.=G. haben laut Voss. Ztg. Antrag auf Stellung unter Geschäftsaussicht gestellt.
WIIB Berlin, 26. Mai. Der preußische Landtag hat am Schluß seiner heutigen Sitzung den Antrag der Kommunisten, der u. a. sofortige Amtsenthebung des Handelsministers Siering und des Reichsarbeitsministers Dr. Branus forderte, abgelehnt.
* Berlin, 26. Mai. Das Berliner Tageblatt veröffentlicht ein als streng geheim bezeichnetes Schreiben der Separatisten, das vorgestern durch einen Kurier an sämtliche separatistischen Ortsgruppen des besetzten Gebietes gesandt wurde. Es wird darin der Beschluß des Direktoriums des Rheinisch=westfälischen Volksbundes mitgeteilt, worin es heißt: Der Generalbevollmächtigte wird beauftragt, sofort alle Schritte zu unternehmen, um die nötigen Vorbereitungen zu treffen für die Vorabstimmung nach Paragraph 18 der deutschen Reichsverfassung in allen alt= und neubesetzten Gebielen der Rheinprovinz und Westfalen, Hessen=Nassau und Rheinpfalz, entweder gemeinschaftlich oder nacheinander.
TU München, 26. Mai. Auf der Fahrt von München nach Tegernsee überschlug sich am gestrigen Sonntag das Auto des dem englischen Konsularkorps angehörigen Lord Cossen=Harty, der bei Bad Kreuth eine Besitzung hat. Der Lord wurde unter dem schweren Wagen begraben und war sofort tot. Sein Diener erlitt eine leichte Gehirnerschütterung. Ein mitfahrender Gast, ein Münchener Kaufmann, ist ebenfalls leicht verletzt. Die Leiche des Getöteten wurde zunächst nach Starnberg gebracht.