Dezugspreis: 11. bis 12. Januar 1924 20 Goldpfennige.

Anzeigen: Jofale 30, auswärtige 30 Gofe. Rellamen:" 90." 430 Gofg.

Cokale Jamilien=Anzeigen 20 Gpfa. Celale Siellengesuche 13 Gpfg, die Zelle. Alle Preise sind ereiblelbend.

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d 66. 566. 567. Bostscheck Kbin 18672

Nr. 11813.

Bonn, Samstag, 12. Januar 1924.

34. Jahrgang

Der Faden nicht abgeschnitten!

Der Direktor des Auswärtigen Amtes in Paris, Peretti della Nocca, empfing gestern nachmittag 5 Uhr Botschafts­rat von Hoesch und überreichte ihm als Antwort auf die deutsche Note ein Memorandum von vierzehn geschriebenen Seiten. Ueber dessen Inhalt sagt ein etwas verwaschenes halbamtliches deutsches Telegramm, daß der französische Standpunkt zwar ablehnend sei, daß aber an die Ueber­reichung der Rote eine sehr ausgedehnte Unterhaltung zwi­schen von Hoesch und della Nocca stattfand, wobei della Rocca u. a. erklärte, die französische Antwort bedeute keinen Abschluß, sie solle die deutsch=französische Frage nicht er­schöpfen. Frankreich sei jederzeit bereit, deutsche Anreg­ungen entgegenzunehmen, um sie sachlich zu erörtern. Private Mitteilungen gehen noch weiter und berichten, daß die französische Regierung nicht den Inhalt der Note, son­dern den Inhalt der mündlichen Eröffnungen Herrn Perettis als das Wesentlichste und Wichtigste betrachte. herr von Hoesch ist darauf heute morgen nach Berlin ab­gereist. Der Text der französischen Antwort soll erst nach Vereinbarung zwischen den beiden Regierungen veröffent­licht werden.

Gleichzeitig und in derselben Form wurde gestern in Brüssel die belgische Antwort dem deutschen Geschäftsträ­ger mit ähnlichen mündlichen Erklärungen Überreicht. Sie entspricht in ihren wesentlichen Zügen der französischen. Von Einzelheiten sei an Hand von Privatmeldungen er­wähnt, daß Belgien auf die Errichtung einer rheinisch=west­fälischen Emissionsbank drängt, den Zollgürtel im Osten beibehalten wissen will, aber zu Erleichterungen bereit ist, auch in der Frage des Verkehrs mit dem unbesetzten Deutschland, und die Frage einer Verstärkung der Polizei prüsen will.

Gleichzeitig nitt der Unterredung Hoesch=della Norca fand in der französischen Kammer eine Aussprache über die Außenpolitik statt, wobei sich Poincaré gegen hestige An­grisfe des Radikalen Herriot wehren mußte, der die Ruhr­politik als sehr wenig befriedigend ansah. Herriot wandte sich allerdings ebenso scharf gegen die deutsche Großindu­strie. Die erste Arbeit der Sachverständigen müsse sein, ihr an die Gurgel zu springen.

Im ganzen kann man, ohne sich Illusionen hinzugeben, einen gewissen Fortschritt in der Art und Weise des deutsch­französischen Verkehrs feststellen. Hofft doch auch der Temps, daß die Schüsse von Speyer die Atmosphäre nicht wiederum vergiften.

Wochenschautin Ponn und Wirischaft.

Die rheinische Goldnotenbank.

Die Kölner Handelskammer hielt gestern die erste Voll­sitzung im neuen Jahre ab. Bei der Neuwahl des Präsi­diums wurde der bisherige Vorsitzende Geheimer Kommer­zienrat Dr. Louis Hagen in geheimer Wahl einstimmig zum Vorsitzenden für das Jahr 1924 wiedergewählt, des­gleichen wurden die bisherigen stellvertretenden Vorsitzen­den Generalkonsul Oehme, Generaldirektor Dr. Ott und I. van Norden einstimmig wiedergewählt. Geheimrat Hagen berührte bei einer Ansprache nach den Wahlen in einer Vorschau auf die wichtigsten Aufgaben des neuen Jahres auch die Währungsfrage. Mit dem jetzigen Zustand, so führte Geheimrat Hagen aus, könne man im besetzten Gebiet nicht länger auskommen. Das Fehlen jedes wertbeständigen Geldes und insbesondere die Nichtzulassung des wertbeständigen Geldes der Landesbank schaffe fast anti­diluvianische Zeitverhältnisse. Es sei ihm eine große Freude, in der ersten Sitzung des neuen Jahres mittellen zu können, daß seit gestern in der Frage der Rheinisch­Westsälischen Goldnotenbank eine Wendung zur Bes­serung eingetreten sei. In einer sehr gründlichen Aus­sprache mit der Reichsregierung, in welcher die deutschen Unterhändler von den rheinischen und westsälischen Indu­striellen auf das energischste unterstützt wurden, sei er gelungen, die Reichsregierung zu über­zeugen, daß die Zulassung der Goldnotenbank unter ge­wissen Kautelen im gesamten deutschen Inter­esse gelegen sei und so schnell wie möglich durchgesetzt werden müsse. Er sei heute in den Besitz eines Briefes des Reichskanzlers gelangt, der eine Bestätigung enthalte der Absprachen in den Verhandlungen mit dem Reichs­kabinett. Er möchte wünschen, daß diese Bedingungen, die das äußerste Entgegenkommen der Reichsregierung dar­stellten, von den Franzosen und Belgiern angenommen würden, und weiter, daß man in Koblenz Verständnis da­für zeige, daß die Frage nicht einseitig geregelt, sondern in gegenseitigem Einverständnis durchgeführt werden müsse. An der notwendigen Arbeit deutscherseits werde es, wie bisher, nicht fehlen. Er hege die berechtigte Hoffnung, daß diese schwerwiegende Frage vielleicht doch gelöst werde, womkt dann gleichzeitig das wertbeständige Geld der Landesbank seinen Einzug in die Provinz halten werde. Das sei der einzige helle Blick, den er am Beginne des neuen Jahres eröffnen könne.

*

Vergänge in der

° Berlin, 12. Jan. Das Reichskabinett hat eine scharfe Frklärung zur Lage in der Psalz in Paris und Brüssel überreicht. Seit Wochen sei die wehr­lose Bevölkerung auf Gnade und Ungnade dem ungehemm­ten Terror ein gewissenlosen Bande ausgeliefert. Plünde­rungen, Vertreibungen, Freiheitsberaubungen, Ecpressun­gen seien an der Tagesordnung.

*

MTB Ludwigshafen, 11. Jan. Das Verlagsge­bäude und die Redaktion der Neuen Pfälzischen Landes­zeitung in Ludwigshafen sind heute nachmittag von be­waffneten Separatisten besetzt worden, die nach dem stell­vertretenden Chefredakteur des Blattes, Dr. Fink, fahnde­ten und, da sie ihn nicht fanden, den Redakteur Dörflinger verhafteten.

In der ofsiziellen Todesanzeige derautonomen Regie­rung, in der auffallender Weise kein Termin für die Be­erdigung angegeben ist, wird bekannt gegeben, daf eine Trauerfeier am Sonntag im Regierungsgebäude statt­

findet.

Bismarck ging bei der Realisierung des Reichsgedankene licht über das Maß und die Grenzen dessen hinaus, was die Eigenart der deutschen Bruderstämme, was der Ehrgeiz und der monarchische Eigenwille in den beteiligten Einzel­staaten ihm zu tun erlaubte. Daß er Bayern, das neuerdings in einer umsassenden Denkschrift zur Weimare: Versassung wieder eine Lockerung von der dem süddeutschen Großstaat zu zentralistisch geführten Reichszügel anstrebt, in dem aus der Verfassung des Norddeutschen Bundes übernommenen Staatsgrundgesetz mit Reservatrechten aus­stattete, daß er Bayerns König Ludwig II. wie ein rohes Ei behandelte, um zu seinem vorsichtig abgesteckten Ziel zu gelangen, zeugte von großer Einsicht in Mensch und Dinge. Ebenso ging er in seinen außenpolitischen Zielen nicht über das Maß dessen hinaus, was Deutschland poll­tisch, wirtschaftlich und militärisch zu leisten vermochte.

Lernten wir von Bismarck im Weltkrleg, lernt ein Poincaré, der unstreitig heute Europas führender Staatsmann ist, von ihm? Wir fürchten, nein. Im Welt­krieg konnten unsere Gegner an der nachbismärckischen Führung Deutschlands mancherlei berechtigte Ausstellungen machen. Im Lager der Westmächte, im Bezirk der Be­sieger Ludendorffs zeigt sich heute aber fast just das gleiche Bild: Auch hier sind Hoffnungen und Entwürse, die mit den realen Tatsachen wenig in Einklang stehen. Der ranzösische Etat balanziert mit fiktiven Einnahmen, die man aus Deutschland erwartet und nicht erhalten kann weil man wie oft muß es noch wiederholt werden? politische, wirtschaftliche und militärische Ziele miteinander verquickt und dadurch die industrielle Werkar­beit an Rhein und Ruhr nicht in Ganz kommen kann, deren Ertrag mehr oder weniger vom französischen Budget bereits in Rechnung gestellt ist.

Männer verschiedenster Weseneart und widersprechendster politischer und wirtschaftlicher Einstellung bemühen sich angesichts dieser immer mehr der akuten Katastrophe zu­treibenden Lage um die Errichtung eines Friedensbau#s, bei dessen Zimmerung man wie beim babylonischen Turm­bau in politischen Zungen spricht, die einander nicht ver­stehen.

Ein Arnold Rechberg, der selbst in der Presse, die schon seit Jahren für eine reine Kontinentalpolitik und eine deutsch=französische Verständigung eintritt, als Amateurdip­lomat abgetan wird, will einen hohen Prozentsatz deutscher Industrieaktien in beliebig freier Auswahl wie alte Kleider auf dem Pützchens Markt der Regierung Frankreichs überwiesen wissen. Der geschäftskluge In dustriekapitän von der Ruhr, Hugo Stinnes, lacht ob solcher Kindlichkeit. Ein Stinnes will wissen, wofür und wen er arbeitet und will sich nur als privater Industrieller dem Reich gegenüber verpflichten. Er konnte zwar den A. E..=Mann Walter Rathenau nicht sonderlich leiden, weil dieser Mann feinnervigster Kultur dem ästhetisch wenig angekränkelten Kohlenmag­naten von Mülheim an der Ruhr nicht tag. Aber daß wir nur auf dem Wege der Sachleistungen im Sinne des Wiesbadener Abkommens Rathenaus zur Ab­tragung der Reparationsleistungen gelangen können, ist auch seine Meinung. Nur durch Arbeit können wir uns retten, kann auch Frankreich gerettet werden. Das ist das Leitmotiv in dem Wiedergutmachungsprogramm des Mannes, der in seinem eigenen industrieuen und kommer­zlellen Wirken das hohe Lied der Arbeit wahrlich zu Ehren bringt.

Aber in diesem Rahmen paßt nicht jene Psänder­polltik Poincarés, die uns unsern ausländi­

schen Kredit auch über den 11. Januar, dem Jubi­läumstag der Ruhraktion und dem Jahrestag der Unter­zeichnung des Versailler Vertrages hinaus in ertötenden Banden hält

Lernen wir aus der Geschichte, kernt Frankreich aus unserer Geschichte? Als Deutschlands Reichs­mark sank und sank, da war es uns ein tröstlicher Ge­danke, daß der Stand unserer deutschen Wirtschaft in besse­rer Versassung war, als der sinkende Markkurs dies ver­muten ließ. Jüngsten Donnerstag schrieb das Journal### Debats seinen Lesern angesichts des Frankensturzes dieselben tröstlichen Worte. Wir brauchen über die Ver­wässerung des Frankens und über seine Kursentwertung rein wirtschaftlich genommen keine Freude zu empfinden. Wir beobachten, daß im besetzten Gebiet, daß auch in Bonn der Franzose nicht mehr das verhältnismäßig behagliche Dasein führen kann wie in den ersten Jahren der Be­setzungszeit, wo die sinkende Mark das Ausland manchmial wie in Heuschreckenschwärmen besuchsweise zu uns kommen ließ. Daß es sich mit dem Oranken jetzt schlechter bei uns lebt, ist nämlich nicht allein durch die Kurssenkung, son­dern auch durch die Erschwernisse des Hande!verkehrs zwischen besetztem und unbesetztem Gebiet verursacht, wie sie sich als Folgewirkung der hohen Grenzzölle und des Regiebahnstrei:: mit den Engländern in Köln zeigen. Daß anderer­leits der entwertete Franken zu einem Dumping, zu einer unliebsamen Schleuderkonkurrenz auf dem Weltmarkt führen muß, ist unausbleiblich und schädigt natürlich auch die Absatz suchende deutsche Exportindustrie.

Ob unter diesen Umständen die Dr. Schacht und Dr. Luther, die mit eisernem Radikalismus ihre Stabtl! sierungs= und Steuerpolitik betreiben und selbst nicht davor zurückschrecken wollen, die Besatzungs­kosten zu sistieren, um das Reich vor einer neuen Inflation zu wahren, nicht trotz alledem und trotz alle: Opfer des privaten Besitzes an steuerlichen Abgaben und aller Sparmaßnahmen, deren Opfer eine große Schar existenzlos werdender Beamten ist, nicht eine erfolglose Arbeit leisten? Kommt es zu der in der letzten Zeit wiederholt angedrohten Streichung der Besatzungskosten, dann werden sich die Westmächte vor allem im Rheinland bei den Kommunen schadios halten. Die ohnedies in ihrem Etat notleidenden rheinischen Städte werden diese Aussicht umso peinlicher begrüßen, als sie augenblicklich von leidenschaftlichen Wirt­schaftskämpfen durchtobt werden, die ihre finan­zielle Leistungsfähigkeit noch weiter erschüttern.

Dazu kommt, daß unsere rheinische Landwirt schaft infolge der Verteuerung ihrer Betriebsmittel noch notleidender wird als unsere Industrie. Daß in Frank­reich sich eine Art Parallelerscheinung ergeben hat, die eine außerordentliche Brotteuerung bewirkte, die wiederum zur Herabsetzung der Getreideeinfuhrzölle von 14 auf 7 Franken pro Zentner zwangsläufig führte, ist dem rheinischen Landwirt keinerle! Trost.

den, indem eine große Menge Holz weggeschwemmt wurde und Boote aus dem Hasen getrieben wurden. Die Ver­bindungsstraßen zwischen den verschiedenen Küstenorten wurden so stark beschädigt, daß sie unbenutzbar sind. Die Insel Juessant ist teilweise überschwemmt. Alle Fischer­boote wurden zertrümmert.

Casablanca, 11. Jan. An der atlantischen Küfte Marokkos herrschte ein heftiger Sturm, durch den die dort im Bau befindlichen Molen stark beschädigt wurden.

*

Maßnahmen gegen die Genußsucht. Berlin, 10. Jan. Der Kabinettsbeschluß, der der Genußsucht deutscher Volksgenossen in internationalen Kurorten mit finanztechnischen Maßnahmen zu Leibe gehen will, gründet sich auf Beobachtungen, die innerhalb und außerhalb Deutschlands gemacht worden sind und die, wie dieNationalzeitung erzählt, ergeben haben, daß in die­sen Orten eine geradezu unsinnige Geldver­chwendung getrieben wird, die in krassem Gegensatz zu der bitteren Not weiter Volkskreise steht und sich stel­lenweise zu einem Skandal ausgewachsen hat. Kriminal­beamte haben zum Beispiel in der Neujahrsnacht Wande­rungen durch die Berliner Luxusstätten gemacht und dabet beobachtet, daß vor einem Pärchen, das in einem sehr be­kannten eleganten Lokal Sylvester feierte, nicht weniger als elf Sektslaschen standen und daß die gefüllten Flaschen in übermütiger Laune gegen die Wand oder auf den Tisch geschleudert wurden. In einem großen Berliner Hotel, wo das Gedeck 40 Mark kostete und schließlich 600 Personen Sylvester feiern konnten, sind nicht weniger als 2000 An­meldungen eingelaufen, wobei festgestellt wurde, daß unter diesen Anmeldungen fast gar kein Ausländer war.

Beispiele ähnlich skandalöser Verschwendung werden aus den Kurorten gemeldet, und zwar innerhalb Deutschlands wie des Auslandes. Es ist ein naheliegender Gedanke, namentlich die Kreise, die sich noch dazu im Winter einen Aufenthalt zu Vergnügungszwecken im Auslande leisten können, entsprechend steuerlich zu belasten. Die Steuerpflichtigen, die sich also durch übertriebenen Auf­wand zu Hause oder auf Vergnügungsreisen bemerkbar machen, werden zu gewärtigen haben, daß sie bei der Rück­kehr von ihrem Finanzamt vorgeladen werden. Um die Möglichkeit zu haben, den Zweck einer Auelandsreise fest­zustellen, sollen die geltenden Paßbestimmungen wieder geändert werden. Der Zweck der Reise soll in den Paß eingetragen und der polizeiliche Sichtvermerk in den Paß übernommen werden, damit die Polizeibehörde die Auslandsreise kontrollieren kann.

* Paris, 11. Jan. Das Eche de Paris meldet aus Mainz, daß anläßlich der Ermordung des HeinzGeneral de Metz folgende Maßnahmen angeordnet habe:

1. Der Zugang zur Pfalz ist jeder Person untersagt, die aus dem unbesetzten Gebiet kommt und deren Wohnort sich nicht in der Pfalz befindet.

2. Die Rheinbrücken werden geschlossen mit Ausnahme der Teile, die dem Eisenbahnverkehr dienen.

3. Die Brücken von Ludwigshafen nach Mannheim blei­ben nur zu bestimmten Stunden geöffnet, um die Lebens­mittelversorgung der Pfalz sicherzustellen.

4. Im Gebiet der Stadt Speyer ist der Verkehr von 7 Uhr abends bis sechs Uhr morgens untersagt. Die öffent­lichen Gaststätten bleiben in dieser Zeit geschlossen. Alle Versammlungen, welcher Art sie auch sein mögen, sind ver­boten.

*

Der Bericht eines Augenzeugen.

WTB London, 11. Jan. Die Times veröffentlicht einen ausführlichen Bericht ihres Sonderberichterstatiers in Speyer, der vorgestern Zeuge der Ermordung des Heinz war.

Er schildert die außerordentlichen Umstände, unter denen es ihm gelang, nach der Ermordung des Separatistenführers seine Meldung darüber telephonisch durchzugeben. Ein eng­lisch sprechender Separatist stand vor ihm, während er tele­phonierte und drohte, die telephonische Verbindung abzu­schneiden, wenn er auch nur ein Wort gegen die sog. autonome Regierung äußere. Zwei grode Nowdies, mit Geweb­ren und blanken Säbeln bewasfnet, standen bereit, dieser Auf­sorderung nachzukommen. Das Restaurant, in dem die Tai vollbracht wurde, war ungewöhnlich voll.

Der Berichterstatter hatte vorher eine Anzahl gutgekleideter junger Leute beobachtet, die zusammensatzen. Heinz saßz an einem Tisch, an dem er sich mit seinen separatistischen Genos­sen jeden Abend einsand, um Wein zu trinken, manchmal bis in die frühen Morgenstunden hinein, wobei es dann oft zu Streitigkeiten unter diesen seinen Leuten kam. Beim Hin= und Hereiten der Kellner und Gäste bemerkte niemand das Ein­treten zweler oder dreier Männer, die direkt auf den Tisch, an dem Heinz saßz, zugingen. Alsdann feuerten andere junge Leute, insgesamt wurden zehn bis fünszehn Schüsse abge­geben. Heinz sprang auf, drehte sich aus den Absätzen her­um und stel dann tot auf den Boden. Beide andere Männer sielen vorn über. Aus ihren Köpfen strömte Blut.

Nach etwa 20 Minuten traten Gendarmen, Marokkaner und separatistischeTruppen ein, einige in grauen Untformen, von einigen Ausnahmen abgesehen, der alte wohlbekannte Typ.

Nach Verlassen des Restaurants wurde der Berichterstatter auf der Straße innerhalb von sechs Minuten dreimal nach Wassen durchsucht. Als er zu seinem Hotel zurückkehrte, sor­derte ein Zivilist seinen Paß, indem er bemerkte: Ich gehöre zur autonomen Regierung, wir haben die Zügel der Macht ergrüssen, Engländer zählen hier nicht. In dem­selben Augenblicke sah der Separatistenführer Schmitz=Epper, der sich Hauptpresseoffizier nannte, den Sonderberichterstatter und rief:Mein Freund, ich habe Sie schon einmal gesehen, und zwar in unserem Hauptquartier. Der Berichterstatter der Times bemerkte, daß er garnicht im Hauptquartier der Separatisten gewesen sei, sondern, daß der Separatist Schmitz­Epper ihn erst vor 20 Minuten gesehen habe, als der Bericht­erstatter ihn bat, ihm behilflich zu sein, um die sterbenden Männer im Restaurant aus ihrer Blutlache zu nehmen. Ob­gleich Schmitz=Epper bei der Schießerei nicht anwesend war,

verweigerte er seine Hille, klammerte sid statt dessen an den

Arm des Berichterstatters und wimmerte:Um Gottes willen, bleiben Sie bei mir, lieber Herr." Jeßt aber, in Anwesen­heit seiner bewaffneten Anhänger, hatte der Separatist ge­nügend Mut.

Von französtschen Gendarmen wurde Schmitz=Epper, der be­reits die Papiere des Berichterstatters gelesen hatte, anschei­nend von seiner Absicht, den Berichterstatter als Mittäter an dem Verbrechen zu verhaften, abgehalten.

Der Berichterstatter weist auf Grund seiner Erfabrungen daraufhin, welches das Schicksal jedes britischen Untertanen in Speyer sein könne. Die Separatisten, die jede Kritik in der Pfalz unterdrückten, wünschten auch die auswärtigen Zeitun­gen daran zu verhindern, Insormationen zu erhalten.

Ein Journalist könne vort seine Pflicht als unpartetischer Berichterstatter nicht erfüllen.

*

Eine französische Stimme.

WTB Paris, 11. Jan. Zu dem Anschlag auf den pfäl­zischen Separatistenführer Heinz schreibt die Journée In­dustrielle, der Vorsall sei umso unglücksellget, als er im ungeeignetsten Augenblick zu der Liste der Zwischenfälle einen neuen dinzufüge. Dadurch werde eine vergistete At mosphäre geschaften. Man nehme an, daß die Re­aierung gestern sich im Ministerrat mit der Frage beschäftigt habe. Die französlsche Politik gegenüber dem besetzten Gebiet und gegenüber Deutschland erscheine nach außen hin konfus. Man scheine überall zu schwanken. Daraus ergäben sich zahl­reiche Möglichkeiten, überrascht zu werden und sich in diploma­tische Zwischenfälle zu verwickeln. Es sei, wenn es noch nicht gescheben sei, die böchste Zeit, daß man sich mit der Wahl einer bestimmten Richtung beschäftige und sie einhalte, unter dem Vorbehalt, sie zu berichtigen. Es frage sich, ob die Besetung der Rheinlande einen Zweck habe oder ob sie nur zur Herbei­führung von Verhandlungen dienen solle. Zwischen diesen belden Atternativen habe man zu wählen.

* Hamburg, 10. Jan. Die Elemeldungen vom 10. Januar bringen fast durchweg nichts Neues. Von der Ostsee wird berichtet, daß nunmehr auch die Schifjahrt im Frischen Haff bis Elbing geschlossen ist. Lübeck meldet, daß die Zugänge zum Hasen von Eis frei sind oder freigehalten werden. Kopenhagen berichtet von dicken und starken Eis­massen, die die Schiffahrt nur mit Hilfe von Eisbrechern möglich machen. Gedser ist elsfrei und die Schiffahrt un­behindert.

* Berlin, 11. Jan. Der Berliner Stadtkämmerer Dr. Karding, der soeben von einer Studienreise aus Wien zurückgekehrt ist, hat vor Berliner Pressevertretern über seine dortigen Eindrücke berichtet und gleichfalls ein äußerst trübseliges Bild vom Stande der Berline Finanzen entworsen. Danach befindet sich die Stadt Berlin in akuter Zahlungsschwierigkeit, so daß bereits Anweisung an die Stadtkassen ergehen mußte, am 15. Januar nur noch die Hölfte der fälligen Beamten­und Angestelltengehälter zu zahlen.

* Paris, 11. Jan. Aus jetzt einlaufenden Nachrichten über die am Mittwochfrüh verzeichnete Springflut an der Westküste Frankreichs ist zu ersehen, daß besonders die Küste von Finisterre heimgesucht wurde. Der Ha­fen von Penmarch hat am stärksten gelitten. Es wurden etwa 80 Barken zerstört und zahlreiche Gebäude und Fa­briken beschädigt. Die Verluste der Fabrikeigentümer und Fischer sind auf mehrere 100000 Franken zu schätzen. In Concarneau sind besonders die Bootebauer geschädigt wor­

Kommt die Goldmiete?*

Berlin, 11. Jan. Ueber die bevorstehende Eln­ührung und Ausgestaltung der Goldmiete, deren Ankündigung große Erregung verursacht hat, wird von Ministerialdirektor Contze folgendes mitgeteilt: Man denkt sich nach den neuesten Plänen die Steigerung unter allen Umständen allmählich im Rahmen des Mög­ichen, etwa 5 bis 10 v. H. im Monat vorzunehmen. Dabei wird sowohl die eigentliche Miete gesteigert als auch der Steueranteil, der ja gleichfalls durch Umlage den Mie­ter trifft. Die große soziale Gefahr ist uns klar. Eine Mietbeihilfe bei Zahlungsunfähigkeit, wird nicht beabsich­tigt. Beamten, Angestellte und Arbeiten würden entspre­chende Zulagen erhalten, die anderen, also z. B. die freien Berufe, könnten wohl ihren Steueranteil gestundet erhal­ten. Die Zwangswirtschaft soll aber natürlich auf dem Wege einer allmählichen Steigerung der Micte schließlich beseitigt werden und freie Mieten bald eintre­ten. Was dem Hausbesitzer nach Durchführung des Pro­gramms weggesteuert wird, entspricht noch nicht dem, was er früher an Hypothekenzinsen aufbringen mußte. Der Anreiz zum Bauen ist also jetzt schon gegeben. Für Neu­bauende ist eine gewisse Steuerfreihelt sicher, auch hinsicht­lich der noch beabsichtigten Mehrbelastung mit weiteren Grundsteuern.

Aus Bonn.

Bonn, 12. Januar.

1 Die Rok der Aerzte. Von ärztlicher Seite wird uns

zur Illustrierung der Not im Aerztestand mitgeteilt, daß in einem neuerdings in Berlin erlassenen Aufruf, der von unseren bedeutendsten Aerzten unterzeichnet ist, zur Er­richtung vonmensae medicae, Frei­tischen für Aerzte, aufgesordert wird. Es heißt da u..: Das verarmte Volk kann keine ärztliche Hilfe mehr in Anspruch nehmen, Tausende von Aerzten haben deshalb keine Einnahmen mehr und finden keine andere Erwerbs­möglichkeit, hungern, wie so viele geistige Arbeiter jetzt. Jeder aber, der ärztlicher Tätigkeit Gutes zu verdanken hat, sollte da zu helfen versuchen, um den für die Volks­gesundheit so unentbehrlichen Stand zu erhalten. Es sind bereits von österreichischer Seite Küchen zur Verfügung gestellt worden. Jetzt aber müssen die Mittel zum Betriebe dieser Küchen und zur Beschaffung der Speisen beschafft werden.Wir richten heißt es in dem Aufrufan alle die Bitte, durch Geldspenden auf das Konto der Freun­deshilfe(Abteilung: Mensae medicae) beim Bankhaus Mendelssohn u. Co., Berlin W 8, die furchtbare Not in der Aerzteschaft zu lindern.

M Das Recht des Finanzamts zur Buchprüfung wird

durch eine Entscheidung des Reichsfinanzhofs klargestellt. Danach kann das Finanzamt nach seinem pflichtmäßigen Ermessen jederzeit prüfen, ob die Bücker und Aufzeichnun­gen eines Kaufmanns fortlausend vollständig und formell und sachlich richtig geführt sind. Die Buchprüfung kann auch dazu benutzt werden, um bis zum Ablauf der Ver­jährungsfrist neue Tatsachen und Beweismittel zu ermit­zeln, die eine Neuveranlagung rechtsertigen. Von dieser, im Steueraussichtsweg erfolgenden Buchprüfung verschieden ist das Recht des Finanzamts. im Laufe des einzelnen anhän­gigen Steuerermittlungsverfahrens zur Nachprüfung der Angaben des Pflichtigen seine Bücher und Geschäftspapiere einzusehen. Als Ermittlungsmaßregel soll allerdings die Vorlegung der Bücher erst verlangt werden, wenn die Auskunft des Pflichtigen nicht genügt, oder Bedenken gegen ihre Richtigkeit vorliegen.

1 Freiwillige Sanitätskolonne vom Roten Kreuz. In der Zeit vom 3. bis 8. Januar wurden-- der Frei­

willigen Sanitätskolonne vom Reten Er. Frie­

driechsplatz) 13 Krankentransporte ausgeführt. Außerdem nurden dort 14 Personen verbunden. Die Wache Frie­drichsplatz ist Tag und Nacht besetzt und unter Telefon­Nummer 14 stets zu erreichen. Die Ausführung von Transporten innerhalb des Stodtkreises sind unentgeltlich.

1 Stenographie. Wie aus dem Anzeigenteil ersichtlich, er­öffnet die biesige Stenographische Gesellschaft Stolze=Schrey am Dienstag in der Wilbelmschule einen Stenographte­kursus für Ansänger. Die Leitung lieat in den bewdährten Hänzen des Univ. Stenographieiedrers Hud. Schneider. In Anbetracht des eroßen Nutzens, den die Stenographie allen sbreibenden Berusen bringt, sei auf diesen Kursus besendens

bingewiesen.