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Nr. 11718.

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venn und

Druck und Verlag: Hermann Neusser, Verantwortlich:

Hauptschriftleiter: Deter Neusser, Anzeigen Oeter Leberinier, alle in Bonn.

8p 66. 566. 567. Postscheck Köln 18672.

Bonn, Dienstag, 18. September 1923.

33. Jahrgang

Anrühen in gan, Geurschrante.

Die amtliche deutsche Auffassung über Poincarés Antwort.

TU Berlin, 17. Sept. Wie von zuständiger Stelle mit­geteilt wird, hat der Kanzler entgegen anderslautenden Meldungen nicht die Absicht, auf die Rede Poincarés zu er­widern. Es ist nicht anzunehmen, daß in den nächsten Ta­gen eine Kundgebung der Reichsregierung in dieser Frage zu erwarten ist. Man betont, daß die Reden Poincaréz in erster Linie nicht an Deutschland, sondern an England gerichtet wären. Man ist allerdings der Ueberzeugung, daß die beiden Reden die Unterhandlungen zwischen Paris und Berlin nicht gerade gefördert haben, weiß jedoch auch an­dererseits, daß in den Reden nichts enthalten wäre, was den Abbruch der begonnenen Verhandlungen zur Folge haben müßte.

DB Berlin, 17. Sept. Der Kanzler wird mit weite­ren Auslassungen warten, bis sich solche aus der außenpoli­tischen Lage im allgemeinen ergeben. Für den nächsten Sonntag sind drei Reden Poincarés zu erwarten, da er in drei verschiedenen Orten Lothringens gelegentlich der Weihe von Kriegerdenkmälern sprechen will. K

Letzte Post.

Cuno in Newyork.

Reuter meldet aus Newyork, daß der vormalige deutsche Reichskanzler Dr. Cuno dort aus Hamburg eingetrossen sei. Er erklärte, er sei nach den Vereinigten Staaten nicht im Interesse der vorgeschlagenen Anleihe an Deutschland in Höhe von einer Milliarde gekommen, ebensowenig wolle er eine Kombination der Hamburg=Amerika= und der Harriman­Schiffahrtsinteressen, wie berichtet worden war, vereinbaren. Cuno erklärte weiter, Deutschland erkenne an, daß es den Krieg verloren habe und wünsche dis zur Grenze seiner Lei­stungsfähigkeit zu zahlen.

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Taisunkakastrophe in Japan.

DB Paris, 17. Sept. Nachdem erst blühende Städte in Japan durch das furchtbare Erdbeben vernichtet wor­den sind, ist das Land neuerdings von einem Taifun über­zogen worden, der namentlich in der Hafenstadt Kobe ganz gewaltigen Schaden angerichtet hat. Nach den bis­herigen Meldungen sind mehr als 3000 Menschen ertrun­den und tausende obdachlos. Drei in der Gegend liegende Flüsse sind über die Ufer getreten.

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In einem Segelboot allein über den Ozean.

DO Paris, 17. Sept. Die Blätter sind voll der Mel­dungen über die Glanzleistung eines französischen Ten­nisspielers, der Alain Gerbault heißt. Er hat in einem kleinen Segelschiff, das 9,15 Meter lang ist und 10 Tonnen verdrängt, in 142 Tagen die Strecke Gi­braltarNewyork allein zurückgelegt. Gerbault hatte dreimal schwer unter dem Sturm zu lei­den, der sein Boot erheblich beschädigte. Stürmisches Wet­ter herrschte während der Ueberfahrt 20 Tage hindurch vor und große Wogen überschwemmten seine Kabinen. Kurz vor dem Ende seiner Reise litt Gerbault sehr unter dem Wassermangel. Während zweier Tage verlor er die Richtung. Das Schiff war ein Spiel des Windes. Bei sei­ner Ankunft in Newyork erklärte Gerbault: Abgesehen von den Entbehrungen, die ich infolge des Wassermangels er­dusdete, verlief die Reise geradezu wunderbar. Ich habe die Absicht, in drei Jahren die Reise um die Welt sort­zusetzen. Mitten im Atlantischen Ozean begegnete der fran­zösische Temisspieler zwei Ueberseedampfern, die ihn mit

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Lebensmitteln und Wasser ausstatteten.

TU Duisburg, 17. Septt. Der kommandierende General des Brückenkopfes Duisburg, Beauraian, teilte der Stadtverwaltung mit, daß wieder mehrere Atten­tate auf Besatzungsangehörige unternommen worden seien, u..:

1. om 8. d.., 1,30, Schüsse auf eine Wache in der Nähe des Bahnhofes Hochfeld.

2. Am 9. d.., gegen 7,40 Uhr nachmittags ist aus dem Personenzuge DuisburgEssen auf einen Wachtposten auf der Eisenbahnstrecke in der Nähe von Büssern ein Revol­verschuß abgegeben worden.

3. Am 10. d.., 10,30 Uhr, ist an der Obermeidericher Straße ein Sabotageakt versucht worden.

Der General fordert von der Stadtverwaltung, daß sie Maßnahmen ergreift, um die Wiederholung solcher Vor­fälle zu verhüten. Sollten sich diese Vorfälle wiederholen, so würden die Besatzungsbehörden umgehend Sanktionen er­greifen.

* Berlin, 18. Sept. Gestern abend wurde in Ber­lin die Tochter des kommunistischen Führers Rappaport von einem russischen Flüchtling namens Iwan Kelechef durch Revolverschüsse schwer verletzt. Der Täter, der sich selbst der Polizei stellte, gab an, die Absicht gehabt zu haben, Rappaport selber zu töten. Er habe dies jedoch nicht ausführen können, da Rappaport sich auf Reisen befindet.

urR Berlin, 15. Sept. Der sozialdemokratische Reichs­tagsabgeondnete und Berliner Stadtverordnete Wilhelm Pfannkuch, Sekretär des sozialdemokratischen Parteivor­standes, ist im 82. Lebenjahre in Berlin gestorben.

Von Nah und Fern.

I: Köln, 17. Sept. Der WohltätigkeitsstammtischDat sin de Richtige, hat am 2. September von 11 bis 12 Uhr am Sachsenring und von 12 bis 1 Uhr Ecke Bonner Straße und Teutoburgerstraße je ein Konzert abgehalten. Der Reinertrag von 135 Millionen Mark wurde zur Hälfte an das Fürsorgeamt zugunsten der Kleinrentner und zur Hälfte an die Notgemeinschaft für das bedürftige Alter ab­geführt.

Köln, 17. Sept. Die Unterstützung gemäß Gesetz über die Notstandsmaßnahmen vom 7. Tezember 1921, die von jetzt ab halbmonatlich vom Fürsorgeamt gezahlt wird, beträgt für September für den Empfänger einer Invaliden= oder Altersrente 116 896 500 Mark, für den Empfänger einer Witwen= oder Witwerrente 70137 900 Mark, für den Empfänger einer Waisenvente 568 448 250 Mark, für die erwerbsunfähigen Ehegatten und Kinder unter 15 Jahren 23379 300 Mark. Für die Kleinrentner gelten die gleichen Sätze.

Köln, 17. Sept. Der letzte Butterpreis ist mti 30 Millionen für das Pfund notiert worden. Gemäß den Ver­einbarungen im rheinischen Milchpreisausschuß kostet da­raufhin das Liter Milch bei Abnahme in der Verkaufs­stelle vom Dienstag den 18. September ab 5 200000 M.

Berlin, 17. Sept. Im=Zug BerlinMünchen wurde ein Reisender betäubt aufgefunden. Als er wieder zum Bewußtsein gelangte, gab er an, daß er bereits in Berlin beim Besteigen des Zuges mit irgend einem Mittel beräubt worden sei. Es wurden ihm außer einem Leder­koffer und mehreren anderen Gegenständen 800 englische Pfund geraubt.

Berlin, 15, Sept. Trübe Erfahrungen machte ein Berliner, der mit dem=Zug von Uckermünde nach dem Mann im Matrosenanzug kennen und trank einige Schnäpse mit ihm. Am Bahnhof gesellten sich zwei Mädchen dazu,

Die Lage des Kabinetts Stresemann hat sich in den letzten 24 Stunden außerordentlich verschlechtert. Nicht nur, daß der linke Flügel der Sozialdemokratie, der ein rein soziali­stisches Kabinett erstrebt, mehr und mehr Boden gewinnt, es melden sich in Baden und Sachsen auch bereits die ganz Radikalen, die Kommunisten, die schwere Unruhen hervor­rufen, mit denen zweifellos bestimmte politische Absichten verknüpft sind. Dazu kommt, daß die Reichsregierung sogar mit ihren eigenen Reichsbeamten in Konflikt geraten ist, weil letztere mit der geplanten wöchentlichen Gehaltszahlung ganz und garnicht einverstanden sind.

Die wachsende Sorge um die Beschaffung von Brot, Kartoffeln und Hausbrand, sind gleichfalls Momente, die die innerpolitische Lage immer trostloser er­scheinen lassen. Auch ist es ein böses Omen, daß in einer Zeit, in der man den Finanzminister ermächtigen muß, zur Verstärkung der Betriebsmittel der Reichshauptkasse 10000 Billionen Reichsmark herauszugeben, die Reichsregierung gleicherzeit in verfassungsmäßiger Ge­meinschaft mit dem Reichspräsidenten eine Verordnung gegen öffentliche Steuersabotage erlassen muß, um sich der politischen Propaganda gegen die Steuerzahlungen an Reich, Staat und Gemenden zu erwehren. Bayern er­klärt inzwischen, das Reich stützen zu wollen. Wir haben diese Erklärung erwartet, bevor man in der bürgerlichen rhein. Presse darüber ein Rätselraten anstimmte, wie sich Bayern zu den Stresemann=Vorschlägen verhalten würde. Hat Herr v. Knilling eingesehen, daß eine bayerische royalistische Extratour, die sich an die Namen Ruprecht und Ludendorff immer wieder zuletzt in der Frankf. Ztg. anküpfte, in dem jetzigen Stadium des Reiches zwecklos wäre? Herr v. Knilling scheint uns Staatsmann genug zu sein, um zu wissen, daß die Gegner einer radikalen Linksdiktatur das Hinübergleiten Deutschlands zum Bolschewismus, von wel­cher Gefahr man in der Humanité sowie in der englischen Presse unverhohlen spricht, nur durch ein ehrliches Fest­halten am Reichsgedanken vielleicht noch verhüten können.

Der englische Premierminister Baldwin kommt jetzt für mehrere Tage nach Paris. Daß es sich hierbei um eine reine Höflichkeitsvisite handele, ist angesichts der unheil­schwangeren Lage auf dem Balkan und auf dem lngeren Kontinent wohl kaum zu erwarten. Vielleicht handelt es sich um einen letzten Versuch des britischen Kabinettschefs, Poincaré von einer Politik abzulenken, die in ihrer Folge­wirkung nicht nur für Deutschlands innerpolitische Lage katastrophal werden kann. Reichsminister Sollmann, der am Sonntag zur Einweihung des neuen Stadions in Köln weilte, hatte am gestrigen Montag mehrere Besprechungen mit führenden Persönlichkeiten des besetzten Gebiets. Man verschloß sich hierbei nicht dem Ernst der Lage, die Be­fragten bekundeten aber den festen Willen, bei den kom­menden schweren Entscheidungen fest zur Reichsregierung zu stehen.

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WTB London, 17. Sept. Pall Mall Gazette beginnt heute die Veröffentlichung einer Aufsatzreihe ihres nach Deutschland entsandten Sonderberichterstatters über die dortige Lage. Der Beobachter kommt zu dem Schluß, daß die Lage Deutschlands verzweifelt ist und daß keinerlei Anzeichen für eine Besserung vorhanden sind.

Bergarbeiterdemonstration in Bochum.

TU Bochum, 17. Sept. Wie bereits am Samstag, so kam es auch heute wieder zu Demonstrationen der Arbeiter der umliegenden Werke wegen der katastro­phalen Zahlungsmittelnot und der Lebensmittelteuerung. Von 10 Uhr morgens an zog eine Belegschaft nach der anderen aus der Umgegend im Grubenkleid mit Gruben­lampen in der Hand in die Stadt am Rathaus vorbei. In den umliegenden Straßen konnte sich kaum noch der Ver­kehr entwickeln. Gleichzeitig waren die Wirtschaften zum Protest gegen die von den Hausbrauereien aufgezwungene tägliche Berechnung in Dollars geschlossen. Die Kund­gebung dauerte bis in die Mittagsstunden hinein und ver­lief ebenso ruhig, wie die auf dem Wilhelmplatz folgende öffentliche Versammlung der Demonstranten. Deputationen wurden bei der Stadtverwaltung vorstellig, damit diese die Werke zur Auszahlung einer größeren Lohnsumme be­wege.

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Am Niederrhein.

Niederrheinische Blätter berichten, daß am 13. Septem­ber ein Trupp von etwa 100 Mann von Lindfort(Kreis Mörs) zum Kruppschen Gute Noonrathshof in der Bosch­heide zogen und dort Lebensmittel verlangten. Auf die Weigerung hin drang die Menge in die Wirtschaftsgebäude ein und plünderte sie: gleichzeitig wurde eine Scheune in Brand gesetzt. Es verbrannten 25 Morgen Roggen, 25 Morgen Weizen, 24 Morgen Hafer, 124 Morgen Futter­mittel und Klee. Auch die landwirtschaftlichen Maschinen wurden zerstört. Ueber den Anlaß zu diesem Vorfall keilen die Blätter mit, daß ein in der Nähe wohnender Gutsbesitzer am Tage zuvor einen Bergmann, den er beim Felddiebstahl antraf, angeschossen hätte. Der Berg­mann teilte seinen Kameraden den Vorgang mit, worauf ein großer Teil aus der Schicht ausfuhr, zu dem Gutshof zog und den Gutsbesitzer an einen Baum band und so schwer mißhandelte, daß er ins Krankenhaus geschafft werden mußte. Der Haupträdelsführer soll ein der Poli­zei bekannter Fürsorgezögling sein; desgleichen glaubt man die Brandstifter zu kennen, die man in zwei siebzehn­jährigen Burschen vermutet.

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In Baden.

TU Lörrach, 17. Sept. Da die Lage bedrohlich wurde, mußte schon am Sonntag die Sicherheitspolizei ver­stärkt werden. Staatliche und städtische Gebäude wurden durch Drahtverhaue gegen die Menge abgesperrt. Im Laufe des Montags wuchs die Zahl der Demonstranten immer

weiter an, und die Menge nahm eine derart drohende Stel­lung gegen die Polizei ein, daß diese schließlich genötigt war, von der Schußwaffe Gebrauch zu machen. Hierbei wurden ein Mann getötet und neun Personen, darunter auch Frauen, verletzt. Ein Fabrikbesitzer wurde von den Demonstranten auf der Straße niedergeschlagen. Auch das Oberamtmannes in Schitthausen bemächtigten sich die Streikenden und hielten ihn einige Zeit in ihrer Gewalt. Die Schweiz hat infolge der Vorgänge in Lörrach ihren Grenzschutz nicht unwesentlich verstärkt. Vor allem sind die Grenzzugänge scharf bewacht. Am Grenzübergang Lörrach haben sich junge Burschen postiert, die Pässe kontrollieren, um, wie sie sagen, den Uebertritt von Fabrikanten nach der Schweiz zu verhindern. Besser gekleidete Herren lassen sie nicht durch. Die Fabrikanten erklaren, daß es ihnen nicht möglich sei, die Forderungen der Streikenden auf so­fortige Zahlung von 50 Schweizer Franken zu erfüllen. Infolgedessen fanden am Montag abend neue Verhandlun­gen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerorganisationen statt.

TU Lörrach, 17. Sept. Die kommunistische Bewegung in Baden=Wiesentale hat sich weiter ausgedehnt. Den Streikenden von Lörrach, Wiel, Friedlingen und Leopolds­höhe haben sich die chemischen Fabriken und andere Be­triebe von Grönpach, Rheinschelde und Wylem bis nach Waldshut angeschlossen. Im elektrischen Werk Rheinschel­den haben die Arbeiter auch die Stromzufuhr für das Kreisgebiet abgestellt. Die Stimmung in der Stadt Lör­rach selbst ist sehr bedrohlich. Für die Nacht rechnet man mit weiteren Ruhestörungen und Plünderungen.

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In Sachsen.

TU Plauen, 17. Sept. Als am Sonntag abend die Plauener Teilnehmer am Deutschen Tag in Hof sich in ge­schlossenem Zug vom Bahnhof nach der Stadt bewegen wollten, versperrten ihnen proletarische Hundertschaften den Weg und verlangten, daß der Zug aufgelöst werde. Als dies abgelehnt wurde, kam es zu Tätlichkeiten, die zu einer allgemeinen Schlägerei ausarteten. Die Menge verstärkte sich durch Reisende und Ausflügler immer mehr und schwoll bald zu vielen Tausenden an. Die Poli­zei drängte die Menschenmenge in die Seitenstraßen. Ge­gen 10 Uhr abends trat allmählich Ruhe ein. Sechs Ver­wundete wurden ins Krankenhaus eingeliefert. Die sozial­demokratische Dresdener Volkszeitung, die einen Bericht über die Zusammenstöße in Plauen gebracht hat, behauptet, daß aus den vorderen Reihen der Hitlerleute auf den Selbst­schutz geschossen worden sei.

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In Schlesien.

WTB Sorau, 17. Sept. Nachdem es am vergangenen Freitag zu Unruhen auf dem hiesigen Wochenmarkt gekom­men war, zog die Menge in verschiedene Geschäfte und ver­schaffte sich Lebensmittel zu bedeutend herabgesetzten Prei­sen. Darauf traf am Samstagmorgen ein Kommando Schupo aus Kottbus ein. Trotzdem die Menge aufgefor­dert wurde, auseinanderzugehen, sammelten sich immer und immer wieder größere Menschenmassen auf dem Marktplatz an. Nachdem am Nachmittag eine Ver­sammlung der Gewerkschaften stattgefunden hatte, wurde die Schutzpolizei sehr hart bedrängt. Die erste Postenkette geriet in Gefahr, von ihren Kameraden abge­drängt zu werden. Sie mußte in größter Notwehr von der Schußwaffe Gebrauch machen. Es sind 12 Tote und 15 Verwundete, die im Krankenhaus untergebracht wur­den, zu verzeichnen. Nachdem die Schutzpolizei Verstär­kung erhalten hatte, wurde die Ruhe wieder hergestellt. Viele Verwundete begaben sich, um der Strafe zu ent­gehen, in die Wohnungen.

WTB Berlin, 17. Sept. Ueber die Vorgänge in Sorau ist nach dem amtlichen preußischen Pressedienst noch Folgendes zu berichten: Am 14. September hatten größere Trupps bereits in den Geschäften gewaltsam die Preise für Lebensmittel bis auf ein Viertel der Einkaufs­preise herabgesetzt. Am Freitag abend fand eine Versamm­lung der geschädigten Geschäftsleute statt, deren Teilnehmer, darunter Landrat und Bürgermeister, auf dem Heimwege belästigt wurden. Nach dem Erscheinen der erbetenen Schutzpolizei am Samstag früh rotteten sich erhebliche Menschenmengen zusammen, die mit vorgehaltener Waffe zerstreut wurden. Am Nachmittag fand eine große Ar­beiterversammlung statt, in der die Gewerkschaftsführer mit aller Anstrengung, aber vergeblich, die Teilnehmer von un­überlegten Schritten abzulenken suchten. Es wurde viel­mehr ein Demonstrationszug beschlossen, der nach dem Marktplatz, der in Kürze mit Tausenden erregter Menschen angefüllt war, sich bewegte. Die dort zum Schutze des Rat­hauses aufgestellte Schutzpolizei wurde angegriffen. Als die Lage immer bedrohlicher wurde, forderte der Polizeihaupt­mann viermal hintereinander die Menge zur Räumung des Platzes auf. Die Aufforderung blieb erfolglos, sodaß schließlich ein Teil der Beamten, etwa 10 Mann, den Be­fehl zum Feuern erhielt. Als auch hierauf die Menge den Platz noch nicht räumte, erhielt ein anderer Teil der Be­amten den Befehl zum Feuern. Jetzt erst fluteten die Mas­sen zurück. 10 Tote blieben auf dem Platze. Zwei Verwun­dete sind später noch gestorben. Außerdem sind noch 14 Per­sonen verletzt. Nach den Erklärungen des zuständigen Landrats verhielt sich die Schutzpolizei in jeder Hinsicht ein­wandfrei.

Richterhebung der Betriebssteuern.

TU Oberhausen, 17. Sept. Von zuständiger Stelle wird mitgeteilt, daß infolge Benachrichtigung des Landes­finanzamtes in Düsseldorf die auf Grund des Gesetzes vom 11. August 1923 über die Besteurung der Betriebe ein­geführte Steuer, die sogenannte Betriebssteuer, im be­setzten Gebiet nicht erhoben wird.

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Vom Devisenkommissar.

WIB Berlin, 17. Sept. Entgegen der in einem Teil der Tagespresse ausgesprochenen Behauptung, daß die Behörde des Kommissars für die Devisenersassung 500 Personen neueingestellt habe, stellt der Kom­missar für Devisenerfassung fest, daß sich seine Behörde lediglich aus dem von der bisherigen Prüfungsstelle der Devisenbeschaffungsstelle übernommenen Personal zusam­mensetzt. Die gleichzeitige Behauptung, daß an das über­nommene Personal von ihm bereits Weihnachtsgratifika­tionen ausgezahlt seien, ist ebenfalls unzutreffend.

Berlin. 131869 500 Köln.. 219450000 Newyork 153 846 000

und man besuchte gemeinsam eine Likörstube in der Inva­lidenstraße. Unbekannte Leute schlossen sich der Gesellschaft an, und der Berliner besuchte mit ihnen noch ein Lokal, wo weitergezecht wurde. Am Schluß fielen die Zechgenossen über ihn her, schlugen ihn zu Boden, raubten ihm die Brieftasche mit 240 Millionen und alles andere Geld aus allen Taschen, setzten ihn auf die Straße und verschwanden mit ihrer Beute.

Wirtschaft und Handel.

Köln=Bonner Eisenbahnen.

Im Rechnungsjahr 1922 betrugen die Einnahmen 4531 046 193,71 Mark gegenüber 94102 140,39 Mark im

1921, und die Ausgaben 3994295097,53 Mark gegenüber 81 459 579,30 Mark im Jahre 1921. Die Betriebszahl, d. h. das Verhältnis der Ausgaben zu den Einnahmen, errechnet sich zu 88,1 Prozent, im Jahre 1921 betrug sie 86,6 Prozent. Neu ein­gestellt wurden zwei Heißdampflokomotiven von 70 Tonnen Dienstgewicht, zwei Personenwagen für die Linie Hermühlbeim Verrenrath, 2 Personenwagen für die Vorgebirgsbahn, 9 bedeckte Güterwagen und 90 offene Güterwagen. In der Fa­brit fertiggestellt, aber wegen der Verkehrssperre noch nicht geliesert sind drei weitere Heißdampflokomotiven von 70 To.

Dienstgewicht, zwei Personenwagen für die Linie Hermülheim Rheinuserbahn. Während der Güterverkehr im Berichtsjahr zunächst große Umstellungen erforderte, sodann aber sich nach und nach verringerte, nahm der Personenverkehr mit der Zeit einen ungewöhnlichen Umfang an, so Laß es große Schwieria­keiten bereitet, mit der Zahl der zur Verfügung stehenden Betriebsmittel den Ansprüchen des Verkehrs gerecht zu wer­den. Zur Entlastung des elektrischen Betriebes verkehren auf der Rheinuserbahn medrere mit Dampf betriebene Züge, wofür die Reichseisenbahn in dankenswerter Weise die Wagen zur Verfügung stellt.

Die Teuerungszahl der Eisenbahnen.

* Berlin, 15. Sept. Wie wir erfahren, wird von Montag den 17. September ab die Schlüsselzahl im Per­sonneorkehr der Eisenbahn von 1,5 auf 9 Millionen und im Güterverkehr von 4,5 auf 18 Millionen erhöht. Die Grundtarife im Güterverkehr werden außerdem eine Er­höhung von 100 Prozent erfahren. Die Erhöhung im sonenverkehr beträgt durchschnittlich das Sechsfache.

Teilung des Rheinhandel=Konzerns. Während Kommerzienrat Hanau die Köln=Lindenthaler Metallwerke A. G. in Köln, Optische Werke A. G. vorm. C. Schütz u. Co. in Kassel, Elbewerft in Hamburg, Welter Elek­trizitäts= und Hebezeugwerke A. G. in Köln, Eisen= und Stahlwerk Krone A. G. in Velbert und andere Beteiligungen übernimmt und das alte Geschäftshaus der Muttergesellschaft in der Oststraße bezieht, führt Kommerzienrat Falk unter Ausschluß dieser Werke den Konzern weiter. Aus einem gro­hen Teil der von letzterm übernommenen Gesellschaften schei­det Kommerzienrat Hanau aus.

Weinbau und Weinhandel im Rheingau.

* Wiesbaden, 14. Sept.Traubenwetter. aber keine Trauben", das ist die allgemeine Klage im Rhein­gau. Vor Juli die schädlichste, kalte und nasse Witte­rung, dann die verunglückte Blüte bei stechend heißem Wetter und von da an durch den ganzen Juli und August Traubenwetter", wie man es sich schöner nicht denken konnte. Der September brachte bis jetzt womöglich noch günstigeres Wetter. Kochmonat August und Bratmonat September, wie man es wünlcht. Und doch konnte der August die Trauben noch nicht weich kochen, weil sie mit drei= bis vierwöchiger Verspätung in die Blüte eintraten. Sonst pflegten in der ersten oder zweiten Septemberwoche die Weinberge geschlossen zu werden. Bis jetzt dachte aber noch niemand daran, da erst hier und da eine lauternde Beere in der freien Natur angetroffen wird. Immerhin holten August und September einiges ein. Die paar hän­geriden Trauben haben sich, so weit sie nicht auch noch vom Hagel getroffen waren, einigermaßen gut entwickelt und könmen bei noch weiter fortdauerndem günstigen Wetter nicht nur reif, sondern sogar noch edelreif werden. In gan­zen Komplexen kann man sich aber die Lesekosten sparen, da die Ernte sie nicht einbringt. In anderen Weinbergen wird man auf den Morgen einige Pfund Trauben herbsten; in einigen hängt noch ein Zehntel= bis ein Zwanzigstel­Herbst, in sehr wenigen etwas mehr, und ganz vereinzelt man weiß nicht recht aus welcher Ursache befriedigt der Behang verhältmismäßig noch in etwa. Sonst waren die Weinbergsfluren vor dem Schluß der Weinberge sehr belebt von Arbeitern, die die Zeilenlauterten, d. h. noch einmal den Boden lockerten. In diesem Jahre herrscht aber jetzt in ihnen Oede und Leere. Die Lohn=Weinbergsarbeiter mit verschwindenden Ausnahmen arbeiten alsCuno= oderStresemänner", d. h. auf Staatskosten. Denn keine Herrschaft kann mehr die Taglöhne für die Weinbergs­arbeiter bezahlen.

Neuartige Bezugsrechte.

Die Zeit der billigen Bezugsrechte scheint vorbei zu sein. Schon längst hat der Aktionär sich daran gewöhnen müssen, das Bezugsrecht entweder erst in der.=V. zu erfahren oder aber eine Erhöhung des anfänglich vorgesehenen Preises in Kauf zu nehmen. Verschiedentlich ist es deswegen in Hauptversamm­lungen zu Meinungsverschiedenheiten gekommen. Letzthin aber sind die Gesellschaften einen Schritt weiter gegangen und setzen die Bezugsrechte auf Goldmark fest. Verschiedene Formen des Bezugspreises sind dabei schon bekanntgeworden, so gegen Dol­lar, Goldmark, Dollarschatzanweisungen und Goldanleihe. Be­merkenswert ist, daß bisher, wie es scheint, die Aktionäre gegen dieses Verfahren nichts einzuwenden haben, obschon das Be­zugsrecht doch ganz erheblichen Schwankungen unterliegen muß, und bei plötzlichem Dollarrückgang in Verbindung mit einer Abwärtsbewegung auf den Wertpapiermärkten unmittelbar nach der Errechnung des Bezugspreises auf Dollarbasts eine Schädi­gung möglich ist. Zum mindesten müßten dann auch die Di­videnden allenthalben auf Goldmark umge­rechnet werden. Wieder neue Formen des Bezugspreises sind u. a. letzthin in folgender Weise von den Gesellschaften erfunden worden. Die Kursächstsche Braunkohlenwerke.=G. setzte den Bezugspreis auf ein Achtel bis ein Zehntel des Kurses der alten Aktien fest, und die Eisleben Dampfmühle.=G. hat den Mindestausgabekurs auf zwei Zentner Weizen oder deren Ge­genwert bemessen. Weitere Arten werden wohl noch folgen. Recht beachtenswert sind auch die Ausführungen der. Verwal­tung des Allg. Bankvereins in Düsseldorf.

Die Verzugszahlungen.

* Berlin, 12. Sept. Aus dem Reichsfinanzministerium wird mitgeteilt: Es sind vielfach Klagen darüber laut gewor­den, daß der 400prozentige Verzugszuschlag bei verspäteten Steuerzahlungen nach der Verordnung vom 15. August 1923 eine zu starke Belastung für den Steuerpflichtigen darstelle. Abgesehen davon, daß der Zuschlag nur dann erhoben wird, wenn der Steuerpflichtige später als eine Woche nach der Fäl­ligkeit zahlt, erweisen sich diese Klagen gerade im gegenwär­tigen Zeitpunkt als durchaus ungerechtfertigt, wenn man die Entwertung der Mark am Dollarstande gemessen in den letz­ten Wochen in Betracht zieht. Entsprechend der Geldentwer­tung sind zahlenmäßig die Vermögenswerte des Steuerpflich­tigen so beträchtlich gestiegen, daß er nach Entrichtung des Ver­zugszuschlages in einem späteren Zeitpunkt tatsächlich nicht mehr leistet, als wenn er am Fälligkeitstage gezahlt hätte. Veispielsweise notiert der Dollar am 25. August, dem Tage der Fälligkeit der Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer und die erste Teilabgabe für die Rhein= und Ruhrabgabe,.7 Millionen Mark, vom 2. bis 8. September, d. h. in der Woche, für die der Verzugszuschlag von 400 v. H. auf die bezeichneten Steuern erstmalig in Geltung tritt, im Durchschnitt aber etwa 27 Millionen Mark. Das bedeutet bei dem Fälligkeitstage die­ser Steuer eine Entwertung der Mark auf etwa ein Fünftel bis ein Sechstel, wogegen der Zuschlag für diese Zeit nur das Viersache beträgt. In demselben Maße wie der Dollar sind in der traglichen Zeit auch die Aktienkurse, der Großhandels­inder und die Lebenshaltungskosten gestiegen. Unter den vor­liegenden Umständen dürste eine Ermäßigung der Verzugs­zuschläge der innern Berechtigung entbehren.

Dollar in