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Nr. 11708.

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Vonn und Amgegend.

Druck und Verlag: Hermann Reusser. Verantwortlich:

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Anzeigen Deter Leberinier, alle in Bonn.

ap 66, 566. 567. Postscheck Köln 18872.

Vonn, Donnerstag, 6. September 1923.

33. Jahrgang

Verhandlungsmöglichkeiten. Eine neue Währunge

Die in unserer letzten Ausgabe ausgesprochene Hoffnung,) Reichskanzler Stresemann hat in seiner Stuttgarter Rede daß Verhandlungen zwischen Deutschland und Frankreich versprochen, daß die Regierung unverzüglich die Frage

seien, hat sich in den letzten drei Tagenlder neuen Währung der Lösung entgegenführen wolle.

verstärkt. Wir geben im Folgenden einige besonders charak= Daraufhin hat sich bereits gestern der Reichswirk­

Ier isce, vensserimen du. a Semnige besonders Gharat= Doraushn hat sich bereite gestern der P:

teristische Aeußerungen der ausländischen, namentlich dersschaftsrat mit der Frage der Schaffung

diger Anlagen und der Schaffung eines wertbeständigen

Pariser Presse wieder. Die französische Regierung be=(diger Anlagen und der Schaffung

streitet allerdings, sich an irgend welchen privaten Bespre= Zahlungsmittels beschäftigt. Der Reichswirtschafts­chungen beteiligt zu haben. In diesem Zusammenhang minister erklärte, für die Reichsbank käme die Möglich­dementiert der Quai'Orsay eine Meldung der Daily Mail, keit der Diskontierung wertbeständiger wonach das Comité des Forges namens der französischen Goldmark=Scheckverkehr in Betracht.

aité des Forges namens der französischen Goldmark=Scheckverkehr in Betracht. Dies bedinge jedoch

Regierung mit dem Stresemann=Konsortium verhandele, eine Aenderung des Bankgesetzes, der Wechselordnung und

Das schließe Zeineswegs aue fügt man hinzu, des Scheckgesetzes die in Kürze erfolgen würden Naich

Dus schiieße keineswegs aus, fugr man hingu, daß die französischen Industriellen au eigene Faust mit Vertretern der deutschen Industrie sich ins Benehmen setzten.

Nach dem Temps hat Poincaré bereits mit dem verstor­benen deutschen Botschafter Meyer das Problem einer Ver­einigung der deutsch=französischen Wirtschaftsinteressen besprochen und diese Frage alssehr interessant" bezeichnel, allerdings von der vorherigen Lösung der Reparalions­frage abhänzig gemacht.

Bekanntlich wird von französischer Seite als Vorbe­dingung jeglicher offizieller Besprechung Aufgabe des pas­siven Widerstandes verlangt. Es scheint, daß die Strese­mann=Regierung auch in diesem Punkte zu Konzessionen bereit ist. Viel gedeutet wird eine Aeußerung des Reichs­ministers Sollmann:Die Formen des passiven Wider­standes sind nicht fest, sondern beweglich. Sie haben sich da und dort in langem Kampf gewandelt und werden sich weiter wandeln. Die Entscheidung über das, was weiter geschehen muß, liegt bei den Trägern des passizen Widerstandes, bei der rheinisch=westfälischen Bevölkerung. Ein ähnlicher, wenn auch noch weniger prägnanter Aus­spruch liegt auch von Stresemann selbst vor.

Hieran knüpfen sich mehr oder minder offiziöse Betrachtungen in der Kölner Presse, deren Sinn trotz aller Verklausulierungen und Vorbehalte kaum anders ge­deutet werden kann, als daß wir zum mindesten auf ein Uebergangsstadium hinsteuern. Die Köln. Volkszig. drückt das wie folgt aus:Die Form, in der wir die Wacht haiten, ist nicht das Wesentliche, sondern der Geist, der selbst danr fortbestände und mächtig bliebe, wenn die Form zet­bräche. Vom Wandeln der Form also erst recht unbe­führt bleibt.

MTB Paris, 4. Sept. Eine amtliche Stellungnahme zu der Rede Dr. Stresemanns in Stuttgart ist bisher noch nicht erfolgt. Dafür bringt die kontinentale Ausgabe des Newyork Herald Angaben über die Stellungnahme Poincarés, die angeblich der Auffassung des Quai'Orsays entsprechen soll. Danach sehe Poincaré eine wirtschaft­liche Allianz mit Deutschland als unbedingt no:­wendig an, da eine solche wirtschaftliche Allianz sicherlich auch eine politische zwischen den beiden Ländern zur Folge haben würde. Man bezeichnet es als durchaus möglich, daß die Ruhrbesetzung aufhöre, sobald Deutschland bezahlt und die französischen Erklärungen annimmt.

* Paris, 5. Sept. Die Brüsseler Dernière Heure schreibt, man weise in politischen Kreisen nicht die Auffas­sung von der Hand, daß die belgische Regierung geneigt sei, Verhandlungen unter den Verbündeten herbeizuführen, um zu einer Verständigung mit Deutschland zu gelangen. Das Blatt bringe diese Nachricht damit in Verbinduung, daß der Minister des Aeußern Jaspar gestern den bel­gischen Oberkommissar in den Rheinlanden und im An­schluß daran den französischen Botschafter empfangen und mit dem letztern eine lange Unterredung gehabt hat.

*

Reichskanzler Stresemann über die Reparationsfrage.

TU London, 5. Sept. Reichskanzler Dr. Strese­mann erklärte in einer Unterredung dem Berichterstatter desDaily Expreß": Das Reparationsproblem kann nur gelöst werden durch ein gemeinsames Uebereinkommen zwischen Deutschland und den alliierten Mächten. Aus diesem Grunde sei er der Ansicht, daß Englands Zurück­ziehung von Europa nicht zu irgend einer Regelung füh­ren werde. Er wolle keineswegs England politische Rat­schläge geben, er habe selbst mehr als genug eigene Sor­gen. Aber die Reparationen seien ein wirtschaftliches Problem, dessen Lösung nur möglich sei, wenn sie auf den gemeinsamen Interessen der Nationen begründet seien. England wolle seinen Anteil an Reparations­zahlungen, und Deutschland sei willens zu zah­

len. Solange jedoch das Ruhrgebiet besetzt sei, sei Deutschland so gut wie unfähig, das zu tun. Der Reichskanzler erinnerte daran, daß die bri­tische Arbeitsbeitslosenunterstützung der Preis sei, der von England für die wirtschaftlichen Leiden Deutschlands ge­zahlt werde. Deutschland sei vor dem Kriege in Eucopa der beste Kunde Englands gewesen, der größte Käufer der englischen Dominions außerhalb Englands.

*

Eine Unkerredung mit Dr. Wirth in Moskau.

* Moskau, 3. Sept. Der Reichskanzler a. D. Dr. Wirth empfing den Korrespondenten der Expreß=Cor­respondenz in seinem ihm von der russischen Regierung zur Verfügung gestellten Heim beim Kreml. Dr. Wirth erklärte, daß seine verschiedenen Reisen nach Holland, Italien, der Schweiz und Rußland den Zweck gehabt hätten, ihm die Möglichkeit zu geben, in den genannten Ländern führende Persönlichkeiten des politischen und wirtschaftlichen Lebens zu sprechen und sich ein Bild von der Auffassung der Welt über die Lage Deutschlands zu machen.

Auf die Frage des Berichterstatters über das Zu­sammentreffen Dr. Wirths mit dem fran

lannentreffen..... 5ths mit dem fran= königlichen Polais in Bewegung, wo der Einzug nach 2!

zusischen Genator ve monzie antwortete Dr. Stunden erfolgte. Ueberall wurde die Königin von ge­

Wirth: Herr de Monzie wohnte gerade neben mir in dem­selben Hause der russischen Regierung. Wir beide sind als Privatleute hier, und haben uns selbstverständtich

über die Lage ausgesprochen. Frage: Haben Sie Ihrer sikkapellen. Längs des ganzen Einzugsweges waren die Meinung über eine Verständigungsmöglichkeit zwischen verschiedenen Abordnungen mit ihren Fahnen und Ban­

..*: y:" Imtmact: nem aufnestaff, bis fnäteg nar dar Gy. 4 8

Deutschland und Frankreich ausdruck gegeben: untwöct: Selbstverständlich. Das habe ich in allen Ländern gean,

Selbstverständlich. Das habe ich in allen Ländern gean, lichen Familie, die auf dem Balkon des Palais erschienen

die ich bisher besucht habe und werde es auch in Zukunst waren, vorüberzogen. Um 5 Uhr begann die Gratulg­

tun wa immer auch sich dazu Gelegenheit hietet Eine iona

lan, wo immer auch sich bagu Gelegenheit bietet. Eine Verständigung ist möglich, sofern die Freiheit des Rhein­

gebietes in der Zukunft gewährleistet ist. An einer Stange Wilhelmina bei einer Fahrt durch die Stadt von den wird die Verständigung nicht scheit Ich kann deutschen Kindern des Julianaheime begrüß: Die

Gold wiro die Verstandigung nicht scheuern. Ja kanf mir nicht denken, daß, um zu einer Verständigung zu kommen, Deutschland erst in eine. Wüste verwandelt wer­den müßte.

wertbestän­

Wechsel und der Dies bedinge jedoch

des Schrageseges, die in Kurge ersoigen warden. Reichs­bankpräsident Havenstein machte zur Diskontierungs­politik der Reichsbank, der Ausgabe wertbeständiger Zerti­fikate, sowie zur Einrichtung von Goldmarkkonten nähere Angaben, die vom Vorsitzenden des Reichswirt­schaftsrates als Maßnahmen bezeichnet wurden, die einen Fortschritt gegenüber dem bisherigen Zustand, aber keineswegs als etwas für die Dauer Erstrebenswer­tes bezeichnet wurden. Es handelt sich dabei nur um Uebergangsmaßnahmen, die die Reichsregierung und die für die Reichsfinanzen verantwortlichen Stellen nicht der Verpflichtung enthöben, dafür zu sorgen, daß Ordnung in den Staatshaushalt gebracht werde. Es sei ferner für weitere wertbeständige Anleihen zu sorgen, um Zahlungsmittel zu schaffen.

Der Währungsausschuß des Reichswirtschaftsrates zeigte sich überhaupt nicht recht beglückt von den geplanten Be­helfsmaßnahmen der Reichsbank. Er erklärte, daß er in der Zurückhaltung der Devisen, wie sie die Reichsbank für notwendig hält, um die Deckung für Gold­konten zu schaffen, eine Berengung des Wirkungs­feldes der deutschen Wirtschaft erblicke. Es müsse infolgedessen der Reichsbank zur Pflicht gemacht werden, die Devisen nicht länger in ihrem Besitz zu halten, als es jeweils zur Deckung der Goldkonten notwendig sei.

Uebrigens haben auch gestern Besprechungen zwischen der Regierung und den maßgebenden Kreisen der Indu­strie und Bankwelt stattgefunden und es liegen aus Kreisen der Vertreter der Wirtschaft auch bereits Vor­chläge zur Währungsreform vor.

Ein von einem hervorragenden Sachverständigen des Reichstages ausgearbeiteter Plan verfolgt den Gru.dge­danken, daß nicht das Reich. sondern die Privat= wirtschaft von sich aus versuchen müsse, eine neue Währung aufzubauen. Die In­dustriekonzerne sollen dann mit einer Garan­tie belastet werden, wobei jedoch auch der Reichsbank eine entsprechende Beteiligung zufiele. In dem von in­dustrieller Seite ausgearbeiteten Währungsreformplan wird auch die Frage der Gründung einer Goid­notenbank erörtert.

Während man so am Werke ist, ein neues stabileres Geld zu schaffen, geht die Reichsbank mit dem Gedanken um, die Devisen=Notverordnung noch weiterhin zu verschärfen, um die Erfassung aller Devisen zu er­reichen, während andererseits die Reichsregierung eine Neuregelung des Außenhandelssystems heabsichtigt. Ins­besondere soll erwogen werden, für sämtliche Fertigfabri­kate die Einzelkontrolle und Reichsprüfung aufzuheben, während andererseits eine schärfere Beaussichtigung der Einfuhr geplant sein soll.

Im ganzen gewinnt man den Eindruck, daß die Reichs­regierung mit allem Nachdruck unserer Geld= und Wirt= schaftsmisère entgegentreten will, dabei aber bei der Reichs­bank nicht jener geistigen Elastizität begegnet, die unsere augenblickliche Lage erfordert.

Letzte Post.

Berlin, 4. Sept. Die Rheinlandkommission hat eine neue Verordnung herausgegeben, die folgenden Wortlaut hat:

1. Die Delegierten der Rheinlandkommission in den einzelnen Bezirken können von jedem Dokument Kennt­nis nehmen oder nehmen lassen, das für deutsche Verwal­tungen, die innerhalb ihres Bezirkes bestehen, bestimmt ist, wenn immer genügend Grund zu der Vermutung vor­liegt, daß diese Verwaltungen eine Tätigkeit ausüben, die sich gegen die Befehle der Rheinlandkommission oder gegen die Interessen der Besetzungsarmee richtet. Die Be­zirksvertreter sind befugt, zu diesem Zweck den deutschen Dienststellen alle nötigen Anweisungen zu erteilen.

2. Jeder deutsche Ober= und Unterbeamte, der diesen Anordnungen den Gehorsam verweigert oder Bücher oder Schriftstücke verheimlicht oder zu verheimlichen sucht, in die Einsichtnahme verlangt wird, wird so bestraft, wie es für Verstöße gegen die Verordnung der Kommission vor­gesehen ist.

3. Wenn infolge Absetzung, Ausweisung oder Ab­lehnung eines Beamten durch die Rheinlandkommission in einer deutschen Dienststelle ein Posten frei wird, kann die Rheinlandkommission ihn auf Vorschlag ihres Vertreters und, wenn sie glaubt, daß es der Sicherheir, den Bedürfnissen und dem Unterhalt der Truppen schadet, wenn die Stelle frei bleibt, selbst einen neuen Beam­ten ernennen, falls die Stelle nicht durch einen bei der betreffenden Behörde bereits beschäftigten Beametn ausgefüllt werden kann.

Regierungssubiläum in Holland.

WTB Amsterdam, 5. Sept. Bei herrlichem Wetter trafen heute am ersten Tage der Festwoche zur Feier des 25jährigen Regierungsjubiläums Königin Wilhelmina, der Prinzgemahl und die Prinzessin Juliana auf dem Bahnhof Wilhelmspark ein. Der Ober­bürgermeister hielt eine Begrüßungsansprache, für welche die Königin mit herzlichen Worten dankte. Dann setzte sich der Festzug mit der königlichen Familie an der Spitze durch die 5 Kilometer lange geschmückte Feststraße zum königlichen Palais in Bewegung, wo der Einzug nach

lgte. Ueberall wurde die Königin von ge­

waltigen Volksmassen mit unbeschreiblichem Jubel begrüßt. Die Börse, die Banken und sämtliche Geschäftshäuser sind geschlossen. Auf allen Straßen und Plätzen spielen Mu­

tern aufgestem, die spater vor der nonigin und der könig­lichen Familic, die auf dem Balkon des Palais erschienen

tionscour.

* Haag, 5. Sept.

Gestern nachmittag wurde Königin

Kinder überreichten der Königin und der Prinzessir Ju­liana Blumensträuße und brachten ein Hoch auf die Kö­nigin und die Prinzessin aus, die sichtlich erfreut dankten.

. Die Katastrophe in Japan.

3 Millionen Tote.

MTB San Franzisko, 5. Sept. An der Kal fornischen Küste trat, wohl infolge des Erdbebens in Japan, eine Springflut auf. Mehrere Schiffe sind gesunken.

Die aus Japan eingehenden Meldungen lassen erkennen, daß die Erderschütterungen noch immer anhalten und noch immer aufs neue Schaden anrichten. In Tokio ist es zwischen der Polizei und den Truppen einerseits und Plün­dererbanden anderseits zu regelrechten Straßenkämpfen gekommen.

In Osaka sind die Gitter vor den Käsigen des Zoolo­gischen Gartens zerstört worden, so daß sich die wilden Tiere frei in der Stadt bewegten und die dortige Panik noch

vergrößerten.

Die Zahl der Todesopfer wird auf3 Mil­lionen angegeben. Die Ungeheuerlichkeit dieser Zahl er­mißt man, wenn man bedenkt, daß die Gesamteinwohner­zahl Japans 60 Millionen beträgt, daß also jeder 20. oder 30. Japaner der Katastrophe zum Opfer gefallen ist, oder daß Deutschlands Kriegsopfer auf etwa 1,8 Millionen Ge­fallene beziffert werden, daß also Japan in zwei Tagen durch das Naturereignis ebensoviel Menschen verloren hat, wie Deutschland während des ganzen Krieges.

Im Meere untergegangene Inseln.

Die Daily Mail veröffentlicht eine Meldung ihres eige­nen Pekinger Korrespondenten, der in der Lage ist, weitere Einzelheiten über die Erdbebenkatastrophe in Japan mit­zuteilen. Zwei Inseln bei Yokohama, die von den Frem­den als Sommerausenthalt benutzt wurden, sind voll­kommen von der Erdoberfläche verschwunden. Drei Kolo­nien in der Nähe der Küste wurden von den Springfluten vernichtet, und drei Vorstädte Yokohamas, die von Euro­päern bewohnt waren, sind durch Feuer vernichtet, nicht ein Haus blieb stehen. Von dem Schicksal der Einwohner hat man keine Nachricht.

Von Stunde zu Stunde werden immer entsetzlichere Ein­zelheiten über das ungeheure Unglück in Japan bekannt. Die Polizei von Tokio schätzt die Zahl der Toten von Tokio allein numehr auf über 200000. Die Insel Bonin, ist von den Springfluten vollkommen vernichtet. Die Insel Oshima ist verschwunden. Es werden andauernd neue Erdstöße gemeldet. Ueberall sind die Vulkane in Tä­tigkeit.

Ein Leichenfeld.

WTB London, 5. Sept. Blättermeldungen aus Osaka zufolge wurden, wie angenommen wird, 500 Ausländer im Bezirk von Yokohama und in Osaka getötet. Ein Klub­und ein französisches Waisenhaus mit 60 Schwestern und 150 Kindern wurden bis auf die Grundmauern zerstört und alle Insassen getötet. Kaum ein einziges Mitglied der Kon­sulatsstäbe in der Nachbarschaft ist am Leben geblieben. Auch der gesamte Stab der Heilsarmee in Tokio, der 20 britische Offiziere und ihre Familien einschließt, ist umge­kommen.

Amerikanische Hilfe für Japan.

* Washington, 5. Sept. Der Marineminister der Vereinigten Staaten hat von dem Admiral, der das ameri­kanische Geschwader im Stillen Ozean befehligt, ein kurzes Telegramm aus Port Arthur erhalten, wonach das ameri­kanische Geschwader nach Japan in See gegangen ist, und alle Schifse, die dem Kommando des Admirals unterstehen, Befehl erhalten haben, sich ihm anzuschließen, um an dem Rettungswerk teilzunehmen. Der Präsident der Vereinig­ten Staaten hat an das amerikanische Völk einen Aufruf gerichtet, damit es bei der Organisation des Hilfswerkes mitwirke.

*

Japan als Großmacht vernichtet.

MTB London, 5. Sept. In Japan wächst die Be­fürchtung, daß unter Umständen Japans golitische Macht von den Folgen der Erdbebenkatastrophe erheblich betroffen wird. So schreibt die japanische ZeitungMainitschi, Ja­pan sei durch die Katastrophe um eine Generation zurück­geworfen worden. Es sei jetzt keine Großmacht mehr, son­dern eine Macht vierten Ranges, denn das Land habe keine finanziellen Reserven. Die größten Gesellschaften, einschließlich der Versicherungsgesellschaften, und die größ­ten Banken seien ruiniert.

*

Neue Erdstöße.

WTB Paris, 5. Sept. Ueber die Erdbebenkatastrophe in Japan liegen folgende neue Meldungen vor: Gestern, am Dienstag, wurden in Tokio, einem gestern abend in Newyork eingetroffenen Telegramm zufolge zwei neue Erdstöße verspürt, wodurch viele Häuser, die noch stan­den, ebenfalls zusammengebrochen sind und neue Men­schenleben ernichtet wurden. Ueber die Feuersbrunst in Tokio wird gemeldet: Der Bruch der Gasleitungen infolge des Erdbebens sei die Ursache für die gewaltige Ausbrei­tung des Brandes gewesen, durch den auch die größte An­zahl der Opser verursacht worden sei. Das Feuer wütete 24 Stunden, ohne daß man imstande gewesen sei, seiner Herr zu werden. Erst nach der Sprengung von mehr als hundert weitern Bauten sei es den Soldaten gelungen, ei­nen freien Zwischenraum zu schaffen, der ein weiteres Um­sichgreifen der Flammen verhindert habe. Der Flotten­stützpunkt von Jokosuka sei zum Teil durch das Erdbeben, zum Teil durch die Flammen zerstört worden. Es verlautet, daß die auf gewissen Kriegsschiffen aufge­stapelte Munition explodiert sei, und die Schiffe zerstört habe: aber diese Nachricht sei noch nicht bestätigt. Es werde angenommen, daß zum Wiederaufbau der Stadt Tokio zwei Jahre erforderlich sein würden. Der Schaden werde auf S Milliarden Jen geschätzt. Ganz Kawagutschi in der Nähe von Tokio gleiche einer Ruine: 6000 Häuser seien dem Erdboden gleichgemacht. In Tokio seien durch das Feuer 7 Millionen Hektoliter Reis zerstört worden. Der Teich im Parke Usokuso soll mit Leichen von Frauen und Kindern angefüllt sein, die lieber im Wasser als in den Flammen umkommen wollten. In London ist ein weiteres Telegramm aus Peking eingegangen, nachdem die Mannschaft einer vom Schiff Korea in Jokohama gelandeten Hilfskompagnie in der Stadt nur 10000 Lebende vorsan­den. Die übrige Bevölkerung soll tot oder nach dem

Innern des Landes geflüchtet sein.

lan Fran­

nach dem die

Die Lage in Tokio.

Nach einer weiteren Havasmeldung ist cisko ein Funkentelegramm eingegangen, Lage in Tokio sich zu bessern beginnt. Es kann wieder für Wasser gesorgt werden, auch die Beleuchtung ist in vier Stadtteilen wiederhergestellt. Lebensmittel beginnen ein­zutreffen. Wie das Joural meldet, hat sich während des Erdbebens in einer Spinnerei in Schideuaku folgendes ereignet: Am Samstag waren in dor Stadt Unruhen aus­gebrochen. Da die Direktoren der Fabrik die Arbeiter ver­hindern wollten, an diesen Kundgebungen teilzunehmen. ließen sie die Eingänge der Fabrik verberrikadieren, nach­diem die Arbeiter erschienen waren. Unterdessen setzte

Dollar in

Berlin Köln.. Newyork

19950000 27431 250 25000000

Nar Schbecbion dn, docher 1 lid derionn wachen ater den Trümmern begraben, ohne daß man ihnen zunächst Hilfe bringen konnte; die meisten sind uns Leben ge­kommen.

Aus Newyork verlautet, daß Yokohama und Tokio sei vollkommen von einem Truppenkordon umgeben sind, der in aller Eite aus dem Innern Japans herangezogen wurde. Niemand wird in die Stadt hineingelassen, edense darf niemand aus Tokio und Yokohama heraus. Der größte Teil der obdachlosen Bevölkerung lagert auf dem freien Felde in der Umgebung der Stadt. Im Hauptbahn­hofe wurden von den Truppen überwachte Hilfsstationen eingerichtet, Reisrationen werden in kleinen Mengen an die in Lumpen gehüllten Männer, Frauen und Kinder verteilt.

*

Amerikanische Hilfe.

* Washington, 5. Sept. Das amerikanische Rote Kreuz hat eine Sammlung eingeleitet, durch die fünf Mil­lionen Dollars zusammengebracht werden sollen. An der Sammlung werden sich auch die Theater und Kinos betei­ligen. Auch die Heilsarmee, die ihren gesamten Tokiver Stab verloren hat, hat eine Substriptan auf fün! Millio­nen Dollar eingeleitet.

Letzte

Stillegung von Betrieben.

WTB Berlin, 5. Sept. Der preußische Minister für Handel und Gewerbe ersuchte, wie der amtliche preußische Pressedienst mitteilt, in einem Erlasse vom 1. September die Demobilmachungskommissare, darauf Bedacht zu nitz­men, daß die Vorschriften der Stillegungsverordnung vom 8. November 1920 seitens der Betriebsunternehmer sorz­fältig eingehalten werden. Nötigenfalls sind die Unterneh­mer nachdrücklichst darauf hinzuweisen, daß die Stillegung eines Betriebes ohne Erstattung der vorgeschriebenen An­zeige oder vor Ablauf der Sperrfrist ohne Zustimmung des Demobilmachungskommissars eine gerichtliche Strafe zur Folge hat.

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Stinnes als Zeitungsverleger.

ATB Berlin, 5. Sept. Vom 1. September an er­scheint in Frankfurt a. M. die Hugo Stinnes gehörende Deutsche Allgemeine Zeitung in einer süddeutschen Ausgabe gleichzeitig mit der Berliner Ausgabe. Die Ausgaben wer­den gleichlautend sein. Nur wo die Interessen Frankfurt## und Süddeutschlands eine besondere Behandlung bean­spruchen, also im lokalen und provinziellen Teil, werden sich beide Ausgaben unterscheiden.

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Zur Keise im Ruhrbergbau.

WTB Essen, 5. Sept. Wie die Rheinisch=Wesisalische Zeitung meldet, haben die gestern unter dem Vorsitz bee Vertreters des Kommissars in Bochum gepflogenen Ver­handlungen über die Beilegung der Krile im Bergbau zu keiner vollständigen Einigung geführt. Hinsichtlich der Wiedereinstellung der Gemaßregelten stellten sich die Ver­treter des Zechenverbandes auf den Standpunkt, daß sie über diese Frage überhaupt nicht zu verhandeln hätten.

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Neue Staatsarbeiterlöhne.

WTB Berlin, 5. Sept. Die Verhandlungen mit der Spitzenorganisationen der Reichsarbeiter führten gestern in später Abendstunde zur Festsetzung der Lohnmeßzahl auf 2350 mit Wirkung vom 2. September ab. Hiemach wird in Ortsklasse A der Stundenlohn eines Handwerkers 909000 Mt., der des ungelernten Arbeiters 846 000 Mi, betragen.

Neuaufbau der Berliner Straßenbahn.

DB Berlin, 5. Sept. Um der Unrentabilität der Berliner Straßenbahn Herr zu werden, hat sich die Stadt entschlossen, eine Straßenbahnbetriebsgesellschaft zu grün­den, die die Bahn nach rein kaufmännischen Ge­sichtspunkten leiten wird. Der Betrieb wird am kom­menden Sonntag und Montag ruhen und dann wieder in einem allerdings stark beschränkten Umfange aufgenom­men werden.

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Leichenverkauf an die Anakomie.

* München, 5. Sept. In letzter Zeit ist die Zahl von Beerdigungen in den Friedhöfen in auffallender Weise zurückgegangen. Die Ursache dieser Erscheinung ist aber nicht etwa eine Abnahme der Sterblichkeit, sondern die unerschwingliche Höhe, die die Beerdigungskosten erreicht haben. Da viele Leute einfach außerstande sind, die auf­zubringen, so mehren sich die Fälle, daß die Leichgame schon zu Lebzeiten an die Anatomie verkauft werden.

*

WTB Aachen, 5. Sept. Von heute nachmittag 5 Uhr bis zum 12. September einschließlich tritt für den Stadt­kreis Aachen eine neue Verkehrssperre für Kraft­fahrzeuge ein. Auch der Fußgängerverkehr wird von abends 8 Uhr bis morgens 5 Uhr gesperrt sein. Der Grund ist unbekannt.

*

Graf Paul v. Hoensbroech f

In den jängsten Tagen ist in Berlin Graf Paul von Hoensbroech, der Sproß einer altrheinischen katholischen Adelsfamilie, gestorben, der durch seinen seinerzeitigen Aus­tritt aus dem Jesuitenorden und seine Streitschriften gegen Kirche und Papsttum eine zeitlang Aufsehen erregte.

In einer eingehenden Würdigung, die die K. V. dem Ver­blichenen widmet, heißt es u..:

Graf Paul Hoensbroech ist bis zum Ende bei seiner aggres­siven, polemischen Art verblieben. Noch im Monat Juni d. 8. verursachte er einen ungewöhnlich veinlichen Auftritt in den Universität Berlin, indem er als Hörer den Prof. Dr. kheol. Guardini bei Beginn seiner ersten Vorlesung interpeklierte, o# erauf wissenschaftlichem Boden stände. Wer einmal Graf Hoensbroech in Versammlungen reden hörte, den weißhaarigen Herrn mit ungewöhnlicher Erregung im Tone des Agitators sich ergehen sah, den mußte ein tieses Bedauern über das Riveau erfassen, auf das sich ein Mitglied einer hochangesehenen Fa­milte begeben hatte, die sich in der Vergangenheit manniglache Verdienste guf kirchlichem und caritativem Gebiete erworben hatte. Mit Bitterkeit kann es erfüllen, wenn in einer öf­sentlichen Todesanzeige von Grai Hoensbroech gesagt wird: Es war sein letzter Wunsch, hier ausgesprochen zu wissen, daß

er bis zum letzten Atemzuge allen Hindernissen zum Trotz gegen das widerchristliche deutsch= und kulturseindliche Papsttum und seine Stoßztruppe, den Jesuttenorden, gekämpft dat. Wir ten dem ein Wort entgegen das Graf Paul Hoensbroech nach seiner Flucht aus dem Jesuttenorden niedergeschrieben hat: Der Jesultenorden ist eine wunderbare, großartige Insti­zution; ein Organismus von stannenswerter Einbeitlichkeit, Lebenskraft und Vielseitigkeit; seine Ziele sind die umfassendsten und. weil sie aus den Richtlinien der Ziele des Christentums liegend. die edelsten, erhabensten, würdig der Begeisterung und des Lobes. Das habe ich nie verkannt und werde es nie ver­kennen.