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NR 126

Donnerstag, 2. Juni 1910

38. Jahrgang

Die heutige Nummer umfaßt 6 Seiten.

* Die Reichsfreudigkeit

kann durch finanzielle Schwierigkeiten und politischen Wirrwarr gewiß verschränkt werden. Es handelt sich da aber sicherlich nur um vorübergehende Zustände und Stimmungen. Die Basis, auf der das Reich ruht, ist gesund und stark und trotzt der Zeit und den Wettern. Und es bleibt auch wahr, daß Deutschland in der Welt voran marschiert. Das beweist vor allen Dingen das Niveau seiner allgemeinen Volksbildung. Bei uns im Reiche entfällt erst auf 20,000 Einwohner ein einziger, der weder lesen noch schreiben kann. In dem uns kulturell am nächsten stehenden England entfallen dagegen auf 20,000 Seelen 740 Analphabeten! In Frankreich 940, in Belgien 2020, in Oesterreich 6800, in Itatien 6840 und in Rußland 12340! Diese Zahlen reden doch eine so beredte Sprache, daß uns um die Zukunft unseres deutschen Volkes nicht bange sein kann. In der Schule lernen wir für das Leben, und die geistige Aus­rüstung ist das beste Gewaffen in dem großen Wett­streit, in dem es mit jedem Jahre heißer und heftiger zugeht. Die geschulten Arbeitermassen kann uns das Ausland nicht nachmachen. Das ist insonderheit der Kum­mer Englands, das viel Geschrei und das Wachstum der deutschen Kriegsflotte, um die Unüberwindlichkeit des deut­schen Landheeres macht, dessen größte Sorge jedoch da­rin besteht, daß Deutschland dank seiner hohen Volks­bildung die ausländischen Konkurrenten in dem Wett­kampfe der Produktion von Fertig=Waren überflügelt. Die deutsche Nation hat zwar längst aufgehört, das Volk der Denker und Träumer zu sein, als welches es den Welt=Eroberern so ungemein sympathisch war; es hat aber nicht aufgehört, den Wert der geistigen Gymnastir zu schätzen, und fährt fort, mehr als alle Auslandsstaaten für seine Volksschulen zu tun. In diesem Zeichen wird und muß es siegen. Die oben mitgeteitten Zahlen be­weisen auch, daß Dautschland in diesem Punkte in absehbarer Zeit von keiner anderen Nation er­reicht oder gar ins Hintertreffen gedrückt werden könnte. Wir marschieren an der Spitze und behalten den Ehren­platz. Es ist nicht die rauhe Macht der Waffen, es sind die geistigen Kräfte, die Deutschland in dem industri­ellen Wettbewerb der Völker von Erfolg zu Erfolg ge­führt und ihm auf dem Weltmarkte eine hervorragende Stellung erworben haben. Und wir glauben und wissen, daß es auf diesem Wege weiter und vorwärts gehen wird.

Zu den Schiffahrtsabgaben.

Die Berlandlungen im Bundesrat über die Schiffahrtsabgaben werden um die Mitte dieses Mo­nats stattfinden. Ursprünglich war dafür der 20. Juni in Aussicht genommen, doch hat Hamburg um eine Verlegung des Termins gebeten, da am 20. der Kaiser in Hamburg sein wird. Inzwischen ist eine Reihe weiterer Anträge gestellt worden, die sich im wesentlichen wieder auf die Verteilung der Stim­men im Strom=Beirate beziehen. Toch haben sich damit neue Schwierigkeiten nicht ergeben. Man darf laut Leipz. N. N. an­nehmen, daß es verhältnismäßig rasch gelingen wird, im Bun­desrat eine Verständigung zu erzielen. Toch wird auch weiter­hin mit der Unüberwindlichkeit des österreichischen Widerstan­des gerechnet.

Geschäfts=Boykott.

Gegen nationalliberale Wähler im Kreise Oletzkö=Lyck, wo an Stelle des verstorbenen konservativen Abgeordneten und Reichstagspräsidenten Grafen Stolberg am 14. April der nationalliberale Gutsbesitzer Kochan gewählt wurde, haben die Konservativen und Mitglieder des Bundes der Land­wirte laut Königsb. Hart. Zeitung den Boykott beschlossen. DerPatriotische Wahlverein" nahm einen Antrag an, die nationaltiberal gesinnten Geschäftsleute, Handwerker und Kauf­leute zu boylottieren. Eine schöne Vergeltung wäre das nicht. Hoffentlich ist die Meldung falsch.

Postlehrlinge.

Nach dem Ergebnis einer Rundfrage des Staatssekretärs des Reichspostamts wird, wie die Weserzeitung berichtet, der Ver­such gemacht werden, ob eine Einrichtung der Annahme von Postlehrlingen günstige Erfahrungen zeitigen wird, was aller­dings schon jetzt bejaht werden dürfte. Man will künftig 14= jährige Jungen unmittelbar nach ihrer Entlassung aus der Schule als Lehrlinge für den Postunterbeamtendienst einstellen. Zuerst wird ihre Dienstzeit nicht entlohnt, dagegen ist vorge­sehen, ihnen bereits nach einem Probemonat eine Veraütung zu zahlen, die den ortsüblichen Sätzen entspricht. Zunächst wer­den den Lehrlingen nur leichtere Arbeiten übertragen, nach und nach werden sie mit allen Teilen des Postunterbeamten= dienstes bekannt gemacht. Ihre Anstellung als Postunterbeamte oder gehobene Postunterbeamte hängt von dem Bestehen einer Prüfung ab. Diese Neueinrichtung bedeutet eine bedeutsame Aenderung gegenüber der bisherigen Gepflogenheit, dergemäß bislang die Postverwaltung junge Leute nicht vor dem 17. Lebensjahre annahm.

Bei den Mädchen kommt in erster Linie ihr Hauptberuf, der als Frau und Mutter, in Betracht. Junge Mädchen sind mit 18, 19 Jahren schon für ihren Beruf fertig, treten vielleicht schon mit 20 Jahren in ihn ein. Ein junger Mann hat mit 17, 18 Jahren vielleicht schon viel gelernt, ist aber in gewisser Beziehung noch unfertig. Mit Naturnotwendigkeit folgt, daß es falsch wäre, die Knabenbildung ohne weiteres auf die Mädchenbildung zu übertragen. Wir sind vielleicht bei der Mädchenschulreform schon zu weit gegangen. Der Minister kann nicht in Aussicht stellen, dem Antrage Folge zu geben.

Abg. Dr. Kaufmann 7Z.): Wir lehnen den Antrag ab.

im freien Ermessen des einzelnen Arbeitgebers, wobei die Zu­gehörigkeit zu einer Organisation nicht in Betracht kommen darf.

8 5. Behandlung von Streitigkeiten. Zur Ueberwachung der örtlichen Verträge und zur Schlichtung von örtlichen Streitigkeiten aus den Verträgen werden örtliche Schlich­tungskommissionen eingesetzt, die aus der gleichen Anzahl von Arbeitgebern und Arbeitern bestehen. Für jede Schlichtungs­kommission wird durch die örtliche Organisation innerhalb vier Wochen nach Abschluß dieses Vertrages eine Geschäftsordnung sestgestellt, andernfalls wird sie durch das Zentralschiedsgericht Abg. Dr. Kaufmann(.):,Vir,lehnen den Antrag ab erlassen, Wenn die Schlichtungskommission die Angelegenheit

seine Partei steht auf dem Standvunkt, daß die Koeoukation nicht erledigen kann, so geht die Sache zur weiteren Behandlung der getrennten Erziehung der Geschlechter vorzuziehen, sei. san die im örtlichen Vertrag eingesetzte Stelle, die endgiültig

Ausland.

Frankreich.

Das Regierungsprogramm des französi­schen Ministerpräsidenten Briand, das in der Tepu­tiertenkammer den ersten Gegenstand der Beratungen bilden wird, ist außerordentlich maßvoll gehalten und nimmt auf alle Parteien Rücksicht. Gerade deshalb wird es freilich viel ange­griffen, aber in der Kammer doch eine Mehrheit finden. o schreibt die radikaleLanterne zu der bekannten Wahl­reform: Noch niemals hat die republikanische Partei eine so beunruhigende Etappe vor sich gehabt. Es ist klar, daß wir damit unter dem künstlichen Druck einer politischen Gruppe an ein Abenteuer herangehen, das die republikanische Partei mit den schwersten Gefahren bedroht. DieRepubli­que Francaise schreibt, daß sich in der neuen Kammer keine Mehrheit finden werde, die gleich zu Beginn für die Ver­längerung der Mandatsdauer stimmen würde. Die Regierung sollte diese Frage, die JZeineswegs mit dem Verhältniswahl­system eng verknüpft sei, in einem besonderen Entwurf be­handeln. DerEclairssagt: Unter den verschiedenen Vor­schlägen der Regierung wird derjenige, der die Trittelung der Kammer umfaßt, die Bevölkerung am meisten befriedigen; aber sie wird auch wünschen, daß die nächste Befragung des Landes nicht allzusehr hinausgeschoben werde.

England.

Die Entwickelung des europäischen Aus­wanderungswesens macht den großen englischen Reedern ernste Sorgen. Sowohl Rußland wie Oesterreich und Italien haben neuerdings Maßnahmen getroffen, um ihre Auswan­derer auf eigenen Schiffen zu befördern. Deutsche und Franzosen

Loe Gestaltung der Zeihilfen####.########p## nehmen englische Vermittelung schon lingst nicht mehr in irgend­

bédürftige Tabakarbeiter stattgefunden. Es ist nach wie nennenswertem Umfange in Anspruch. Außerdem bereitet

der N 9z. s1 anzunehmen, daß die nouen Unterstützungs= England Targe, daß der Stuam har aigenan Ausinande

Deutsches Reich.

Berliner Nachrichten.

Aus Brüssel wird gemeldet, daß der Sonderberichter­statter derEtoile belge aus zuverlässiger Quelle erfahren haben will, daß es nunmehr feststeht, daß das deutsche Kaiserpaar Ende September nach Schluß der Herbstma­növer zum Besuch der Brüsseler Weitausstellung in Brüssel eintreffen wird. Die Gerüchte vom bevorstehenden Rück­tritt des preußischen Ministers des Innern von Moltte wollen nicht verstummen. In der Nat. Ztg. lesen wir, daß eine neue Wahlrechts=Vorlage erst nach einem Mi­misterwechsel eingebracht werden würde, da Herr v. Moltke nach dem Scheitern der jetzigen Vorlage die Vorarbeiten zu einer neuen nicht übernehmen würde. Das wäre möglich. Wenn es im B. T. heißt, dem Reichskanzler sei eine besondere Aus­zeichnung zugedacht, so klingt das im Augenblick unwahrschein­lich. Gestern hat im Reichsschatzamt nochmals eine Be­sprechung mit Vertretern der Tabakarbeiterschaft über die künf­tige Gestaltung der Beihilfen für unterstützungs­

derN. P. se.- anzunehmen, baß die neuen untersingungs­

grundsätze bereits im Laufe der nächsten Woche bekanntgegeben werden und bald nachher in Kraft treten. Wie dieVoss. hört, sollen die Mittelschulen nicht die Berechtigung zur verleihung des Einjährigenscheines erhalten, vielmehr soll dem Schüler nach Absolvierung der Anstalt die Berechtigung gewührt werden, die Prüfung zur Erlangung des Einjährigenzeugnisses vor einer Kommission abzulegen. Der geschäftsführende Aus­schuß des preußischen Lehrer=Vereins richtete an hen Kultusminister die Bitte um Hinzuziehung von Vertretern dor Lehrerschaft zu den Vorbereitungen über die Reform der Schul=Verwaltung.

Reichstags=Ersatzwahlen.

Der gleichzeitige und unerwartete Tod der beiden Abgeord­neten Tetto(natlib.) und Zimmermann(deutsche Reformpartei) macht im Wahlkreise Frankfurt a..=Lebus sowie in Zschoppau­Marienburg Ersatzwahlen zum Reichstage erforderlich. Den Wahl­kreis Zschoppau entriß Zimmermann bei den nationalen Wahlen des Jahres 1907 den Sozialdemokraten, die ihn schon während dreier Wahlperioden vertreten hatten, gleich im ersten Wahlgange. Gleichwohl ist das Ergebnis der bevorstehenden Nachwahi zweifelhaft. Noch unsicherer sind die Chancen für einen bürgerlichen Wahlsieg in Frankfurt a..=Lebus, wo bei der letzten Hauptwahl eine große Stimmen=Zersplitterung herrschte. Im Laufe dieses Monats haben nicht weniger als drei Nachwahlen zum Reichstage stattzufinden. Bereits am Mitt­woch fand für den verstorbenen freisinnigen Abgeordneten Her­mes in Jauer=Bolvenhain die Ersätzwahl statt. Obwohl dieser Kreis seit dem Jahre 1884 ununterbrochen freisinnig vertreten wurde, errang Tr. Hermes 1907 doch erst in der Stichwahl den Sieg. Die Möglichkeit, daß diesmal der Sozialdemokrat den Freisinnigen verdrängt, ist nicht ausgeschlossen. Am 9. Juni findet die Ersatzwahl in Usedom=Wollin für den freisin­nigen Abgeordneten Telbrück statt, der bei einer Ballonfahrt das Leben einbüßte. Auch hier ist es die Frage, ob der freisin­nige oder ob der sozialdemokratische Kandidat mit dem konser­vativen in die Stichwahl gelangen wird. Am 14. ds. Mts. end­lich findet die Ersatzwahl für den verstorbenen nationalliberalen Abgeordneten Grafen Oriola in dem zweiten hessischen Wahlkreis Friedberg=Büdingen statt. Die Nationalliberalen ha­ben den Kreis mit einer einzigen Unterbrechung seit 1887 inne; dennoch ist selbst hier eine Ulberraschung nicht ganz aus­geschiossen

Keine neuen Reichssteuern.

An der Spitze unserer gestrigen Nummer gaben auch wir der Befürchtung Ausdruck, daß es nicht unwahrscheinlich er­scheine, daß wir in nicht allzulanger Zeit vielleicht wieder mit neuen Steuern beglückt würden. Dieser Befürchtung tritt die Franks. Zeitung entgegen, indem sie schreibt:Die schwache haltung,#is sich andauernd für die deutschen Reichsanleihen bemerlbar macht ist auf Meldungen zurückzuführen, nach denen die Eingäng; der neuen Steuern hinter allen Erwartungen zurückbleiben und bereits für die allernächste Zeit neue Reichs­steuern geptant sein sollen. Da diese Meldungen, die besonders auch im Auslande verbreitet werden, den deutschen Staatskredit ungünstig zu beeinflussen im Stande sind, so sei festgestellt, daß die Meldungen es existierten neue Reichssteuerpläne, vollkom­men unbegründet sind. Desto besser!

es England Sorge, daß der Strom der eigenen Auswanderer sich nach Amerika zieht, und daß nur ein geringer Prozentsatz Kanada oder Südafrika aufsucht. Die veralteten Kriegsschiffe Englands sollen nach einem soeben aufgetauchten Plan als verankerte Forts zur Verteidigung britischer Häfen Ver­wendung finden.

Türket.

[Dem Komitee für Einheit und Fortschritt in Salonik wird aus Konia in Kleinasien gemeldet, daß 50.000 Freiwil; lige sich einschreißen, ließen, um im Falle eines Krieges mit Griechenland die Waffen zu ergreifen.

In Anatolien meideten sich 150000 Freiwil­kige für den Fall des Ausbruches eines Krieges um Kreta mit Griechenland.

Konstantinopel, 1. Juni. WieIldam erfährt, soll Rutzland den übrigen Schutzmächten mitgeteilt haben, daß eine andere Lösung gesucht werden müsse, da die Wieder­einsetzung Zaimis die Pforte nicht zufriedenstelle.

Südafrika.

Die Vereinigung der beiden früheren Boeren=Republiken Transvaal und Oranje=Freistaat mit Natal und Britisch=Süd­afrika zu einem einheitlichen Staatengebilde, den Vereinigten Staaten von Südafrika, unter der Regierung des Ge­nerals Louis Botha wurde in ganz Südafrika als ein großer Feiertag begangen. Zehn Jahre nach Beendigung des Krieges, der der Selbständigkeit der Bverenreiche ein Ende machte, ist dieser Staaienbund dank der Tätigkeit Bothas entstanden und wird nicht im britischen Geiste sondern in dem südafrikanischen Geiste der alten Boeren verwaltet.

Dreußischer Landtag.

Abgeordurtenhaus.

75. Sitzung. 31. Mat,

In der Hofloge bemerkt man die japanische Studker­

kommission.

Am Ministertisch: Schwartzkopff. I. Präsident v. Kröchen eröffnet die Sitzung um 11 Uhr 15 Minuten.

Antrag der Abgg. Gickhof!(Pp.) und Friedberg(nl.) betreffend die.. r

Einführung der Roedukation

in höheren Lehranstalten.

Abg. Eickhoff(Vp.)] begründet den Antrag, deisen Zwea sei, auch den jungen Mädchen tunlichst Überall die Möglichkeit zu gewähren, sich eine höhere Bildung anzueignen. Jetzt sei dies mit erheblichen Kosten verbunden, da höhere Bildungs­institute für Mädchen nur vereinzelt vorhanden seig. In Amerika habe sich die Koedukation von Jungen und Mädchen bewährt, sie beeinflusse günstig ihren Verkehr.

Ministerialdirektor Schwartzkopff: Die Konsequenz Antrages wäre, die höheren Knabenschulen ganz allgemein die Mädchen zu öffnen, Man darf aber auf beinen Fa##

Abg. v. Kessel(.): Auch wir lehnen den Antrag ab. Nach der Mädchenschulreform, mit der schon ein Teil meiner Freunde nicht sympathisierte, muß jetzt endlich einmal Ruhe

Abg. Vorster(fk) spricht namens einer Minderheit seiner Partei für den Antrag,

Abg. Styczynski(Pole) dagegen.

Abg. Hintzmann(nl.): Es hieße Eulen nach Athen tragen, wenn wir hier über die allgemeine Seite der Sache lang und breit sprechen wollten. Ueberzeugen werden wir einander doch nicht.

Abg. Eickhoff(Vp.): Wir stellen den Antrag lediglich aus tinanziellen Gründen, weil sonst die Mädchenschulreform in vielen Orten vollkommen undurchführbar wäre. Wo Mädchen­studienanstalten nicht gegründet werden können, da hat der Stäat die Pflicht, den Mädchen die Gymnasialbildung zu er­möglichen.(Beifall, links.)

Der Antrag Eickhoff=Friedberg wird gegen die Stimmen der Linken abgelehnt.

Es folgt die Beratung der Denkschrift über die

Ausführung des Ansiedlungsgesetzes

in Posen und Westpreußen im Jahre 1909.

Berichterstatter Abg. v. Kessel(.) erstattet den Kom­missionsbericht. Das Besiedelungsergebnis des Jahres 1909 komme etwa der Gründung von 42 Dörsern mit je 1600 Morgen Stellenland gleich.

Abg. v. Tilly(.): Das Ansiedlungswerk ist ein auch in der Geschichte Preußens einzig dastehendes Kulturwerk aller­ersten Ranges. Der Redner bespricht die ersprießliche Wirksam­keit der Deutschen Bauernbank in Danzig und der Mittel­standskasse in Posen und hofft, daß die Ansiedlungskommission weitere Erfolge haben wird.(Beifall rechts.)

Abg. Graf Spee(.): Wir werden die Tätigkeit der An­

.48, Lesten, Verlasenien ie beter Neoe den wie Nür falsch halten, verlassen wird. Schleierhaft ist mir, wie man den Zahlen gegenüver noch immer von erfolgen der Ansied­lungspolitik sprechen kann. Die polnische Bevölkerung hat sich gegenüber der deutschen um mehr als das Doppelte vermehrt. Annähernd eine Milliarde steckt in dem Ansiedlungsunternehmen, und doch ist der deutsche Grundbesitz nicht stärker geworden. Jetzt will man nicht nur den polnischen Großgrundbesitz, son­dern auch den deutschen aufteilen.

Landwirtschaftsminister v. Arnim: Was wäre geschehen ohne die Ansiedlungspolitik? Nach Ansicht des Vorredners würde dann allgemeiner Frieden herrschen. Das ist aber ein fundamentaler Irrtum. Taß die Ansiedlungskommission tat­sächslich Erfolge erzielt hat, ergibt das reiche Zahlenmaterial der Denkschrift. Es sind insgesamt etwa 120000 Deutsche nach den Ostmarken gebracht worden. Das Ansiedlungswerk hat zu einer beträchtlichen Stärkung des Deutschtums in den Städten geführt. Ueberall zeigt sich ein durchschlagender Einfluß der Ansiedlungskommission. Und was die Verzinsung der aufge­wendeten Mittel anlangt, ist denn die Zunahme der ganzen Kultur in der Ostmark nicht unendlich mehr wert, als die paar Millionen Zinsenausfall? Ist das nicht ein eminent nationales Eigentum der Gegenwart?(Lebhafter Beifall.)

Adg. v. Karborff(fk.): Wenn die Erfolge des Ansied­sungswerkes nur langsam reifen, so wollen wir nicht nervös werden. Wir drängen nicht zur Anwendung des Enteignungs­gesetzes. Den Zeitpunkt für eine solche politische Maßregel zu wählen, ist Sache der Regierung. Die Hauptsache im Osten Ist Einigkeit der Deutschen. Das Zeutrum arbeitet mit kon­kessionellenVorurteilen, deshalb stört es die Einigkeit der Deutschen, ohne die wir nichts erreichen können. Es stört sie absichtlich. Das ist um so schlimmer, als sich die Partei­gegensätze ohnehin verschärft haben. Wir haben auch die Freude die vielleicht zweifelhafte Freude, daß sich eine neue wirtschaftliche Organisation bei uns ausgebildet hat, der Bauernbund. Wir dürfen nicht vergessen, daß die Einig­keit in Posen mehr wert ist, als ein Mandatsgewinn. Hoffent­lich wird die Entzweiung der Parteien vor der Provinz Posen Halt machen.(Lebhafter Beifall.)

Abg. Wamhoff(nl.): Wir unterstützen die Ansiedlungs­politik, wenden uns aber gegen die Bildung von Restgütern. Auf die Seßhaftmachung eines tüchtigen Bauernstandes kommt es an. Im letzten Jahre sind neun Restgüter mit 3000 Hektar gebildet, auf diesem Areal hätten 220 Bauernfamilien Platz

gehabt. In dem Beirat der Kommission sitzt nur ein An­siedler, alle übrigen sind Rittergutsbesitzer.

Abg. Dr. v. Jaz dzewski(Pole) bestreitet, daß die Polen das Deutschtum herausgefordert hätten. Die Polen würden von der eigenen Scholle vertrieben und zur Auswanderung ge­zwungen.

Abg. Ströbel(Soz.): Die Zwangsgermanisierung ist unsinnig und schädlich und das Verbot des Religionsunter­richts in der Muttersprache ist barbarisch. Die konservativen haben die Ansiedlungspolitik mitgemacht, weil sie ihre Güter Riesenpreisen verkaufen konnten. Jetzt wächst den Ansied­lern der Appetit und sie fordern die radikale Zerschlagung des Großgrundbesitzes. Der Bauernbund macht sich fühlbar. Deshalb stehen die Konservativen heute trotz aller schönen Reden der Ansiedlungspolitik mit recht gemischten Gefühlen gegenüber, Die Beratung wird abgebrochen.

Einige Petitionen werden ohne Debatte erledigt! ächste Sitzung: Donnerstag, 12 Uhr: Kleine Vorlagen, Eeisekosten der Staatsbeamten, Anträge, Petitionen.

Schluß Uhr.

Srtiichen Herirag eingesepre Selle, die enogiltig entscheidet. Wird die Durchführung dieser Entscheidung von den örtlichem Organisationen verhindert, so hat die Gegenpartei das Recht, innerhalb einer Woche das Zentralschiedsgericht an­zurufen. Die Berufung bewirkt keinen Aufschub. Zur Entschei­dung dieser Berufung sowie zur Entscheidung von grundsütz­lichen, den Inhalt dieses Hauptvertrages nebst Anlagen be­rührenden Angelegenheiten wird unter Ausschluß des Rechts­weges ein Zentral=Schiedsgericht eingesetzt, das aus sichs Vertretern der Zentralorganisationen und drei Unpar­teiischen besteht. Der Teutsche Arbeitgeberbund wählt brei, die Zentralverbände der Arbeiter wählen zusammen ebenfalls drei Vertreter. Die drei Unparteiischen werden von den betei­ligten Zentralorganisationen gemeinschaftlich bezeichnet. Einigen sie sich hierauf nicht, so werden die Unparteiischen vom Reichs­amt des Innern ernannt.

§ 6. Turchführung der Verträge. Die vertrag­schließenden Parteien verpflichten sich, ihren ganzen Einfluß zur Turchführung und Aufrechterhaltung dieses Vertrages sowie der auf Grund des angefügten Vertragsmusters abgeschlossenen und von ihnen genehmigten örtlichen Vertrüge einzusetzen, Ver­stöße dagegen oder Umgehungen nachdrücklichst zu bekämpfen insbesondere keine im Widerspruch hiermit ausbrechende Bau­sperre, Streik und Aussperrung oder sonstige Maßnahmen irgend­wie zu unterstützen. Fügt sich eine Zentralorganisation einer endgültigen Entscheidung der Tarifinstanzen nicht, so hat die Gegenpartei das Recht, vom Vertrage zurückzutreten.

§ 7. Das Vertragsmuster nebst den protvkollarischen Erklärungen ist ein wesentlicher Teil dieses Hauptvertrages und bildet die Grundlage der von den örtlichen Organisationen ab­zuschließenden Verträge. Er ist in seinem Wortlaut un­veränderlich.

§ 8. Vertragsdauer. Dieser Hauptvertrag gilt bis zum 31. März 1913.

***

.=Gladbach, 1. Juni Im Baugewerbe ist ein Teif der Arbeiter, namentlich nichtorganisierter, wieder einge­stellt worden, so daß an vielen Bauten wieder gearbeitet wird.

Berlin, 1. Juni. Der Deutsche Arbeitgeberbund im Bau­gewerbe wird am Sonntag seine Generalversammlung in Leipzig abhalten. Die Arbeiterorganisationen werden gleichfalls zum Sonntag ihre Gewerkschaftstage nach Berlin einberufen.

Der Kampf im Baugewerbe.

Das Muster des gesternerwähnten Hauptver­trages zwischen dem Deutschen Arbeitgeber­bund für das Baugewerbe und den Arbeiterorgani­sationen lautet folgendermaßen:

§ 1. Arbeitszeit. Die Arbeitszeit bleibt im allgemeinen dieselbe wie in der letzten Vertragszeit. Wo die Arbeitszeit

roch länger als zehn Stunden dauert, wird sie auf zehn Stunden herabgesetzt. Für einzelne Orte und angrenzende wirtschaftliche oder gleichartige Gebiete, in denen die Arbeitszeit zehn Stunden beträgt und besonders schwierige Verhältnisse, namentlich in Anhung guch Moerfahrsgaleganheiten vorliegen darf über eine

Lohn= und Verkehrsgelegenheiten, vorliegen, mäßige und allmähliche Herabsetzung der Arbeitszeit örtlich verhandelt werden.

§ 2. Lohnform. Die an den einzelnen Orten zurzeit geltende Lohnsorm wird für die Vertragsdauer beibehalten.

§ 3. Akkorbarbeit. Akkordarbeit ist zulässig. Ob in Alkord gearbeitet wird, hängt in jedem einzelnen Falle lediglich von der Vereinbarung zwischen den einzelnen Arbeitgebern und den Arbeitern ab. Die örtliche Organisation vereinbart inner­halb sechs Wochen nach Abschluß dieses Vertrages einen Akkord­tarif für einfache Arbeiten. Der Attordüberschuß ist unter die am Akkord Beteiligten nach Verhältnis der im Akkord ge­leisteten Arbeitszeit gleichmäßig zu verteilen.

§ 4. Maßregelungen. Maßregelungen gegen Mit­glieder einer Organisation, namentlich Sperre einzelner Arbeits­öder Baustellen, dürfen von keiner Partei stattfinden. Dies gilt besonders aus Aylaßz der Aussperrung und der Vertragsverhand­

Von Hah und

Das Programm für die Zeppelinfahrt nach Wien.

Tienstag Vormittag fand im Wiener Rathause unter Teil­nahme des Fürsten zu Fürstenberg, des Bürgermeisters und der Vertreter der Militär= und Polizeibehörden eine Konferenz zur Feststellung des Programms für die Ankunft des Grasen Zep­pelin statt. Der Fürst zu Fürstenberg teilte die Jahrtdispositis­men des Grafen Zeppelin mit, welcher am 9. Juni abends in Friedrichshafen aufsteigen, am 10. Juni 3 Uhr nachmittags in Wien eintreffen und nach langsamer Fahrt über die Stadt auf der Semmeringheide zu landen gedenke. Der Kaiser wird den Flug vom Schönbrunner Schlosse aus beobachten und den Grafen Zeppelin sodann auf dem Landungsplatze begrüßen. Tas Luftsckiff soll etwa 24 Stunden verankert bleiben. Vom Kriegsministerium sind alle Garnisonen von der bayerischen Grenze an bis Wien und von Wien bis Troppau angewiesen worden, dem Grafen Zeppelin jederzeit zur Verfügung zu stehen. Außerdem stehr ein vollständig ausgerüsteter Zug der Staats­bahn zur eventuellen Hülfeleistung bereit. Die Konserenz kon­stituierte sich als Empfangskomitee unter dem Vorsitz des Bürgermeisters. Von der Gemeindevertretung sind dem Grafen Zeppelin mehrfache Ehrungen zugedacht.

Das Schicksal Hofrichters.

Wie derB. Ztg. mitgeteilt wird, ist das kriegsgericht­liche Protokoll mit dem über Hofrichter gefällten Urteil auf Antrag des Zustizreferenten dem Militärobergerichte zur Prüfung und Entscheidung übersandt worden. Der dem Todes­urteil beigefügte Begnadigungsvorschlag des Kriegs­gerichts lautet auf lebenslänglichen Kerker, doch kann das Militärobergericht auch auf ein geringeres Strafmaß her­untergehen. Die Entscheidung des Militärobergerichtes wird in etwa 14 Tagen fallen. Hofrichter, der von Tag zu Tag ge­brechlicher wird, scheint mit sich und der Welt vollkommen ab­geschlossen zu haben. Er nimmt immer weniger Nahrung zu sich. Es macht den Eindruck, als ob er auf diese Weise seine physischen Kräfte auf ein Minimum herabsetzen will. Wenn er seinen Morgenspaziergang antritt, hüllt er sich bis an die Ohren in den Mantel, und schweigend schreitet er dahin. In der Zelle sitzt er fast ununterbrochen auf dem Bett, das Gesicht mit den Händen bedeckt oder wälzt sich ruhekos auf dem Lager. Kein Wunsch kommt mehr über seine Lippen, ganz apathisch sieht er der Urteilsverkündigung entgegen.

*

Furchtbare Unwetterkatastrophe in Mo­zambique. Die portugiesische Kolonie Mozambique an der Ostküste Südafrikas ist von einem schweren Unwetter heimgesucht worden. Viele Häuser und Farmen wurden vollständig zerstört. In der Stadt Infambane sind alle Regierungsgebäude einge­stürzt, hunderte von Familien sind obdachlos. An der Küste sollen dem furchtbaren Sturm viele Schiffe gescheiter: sein. Das Meer wirft zahlreiche Leichen an den Strand. Ein Schiff mit 400 Negern an Bord, die nach den Randminen ge­bracht werden sollten, ging während des Sturmes unter und der größte Teil der Neger fand seinen Tod in den Wellen.

Hingerichtet. Der Glasbläser August Lutz aus Frie­dersdorf, der im September 1908 den Forstaufseher Walther im Forste bei Gehren erschossen hatte und deshalb vom Schwur­gericht zu Erfurt dreimal zum Tode verurteilt worden war, nachdem das Reichsgericht das Urteil zweimal aufgehoben hatte, ist Dienstag früh Uhr im Hofe des Erfurter Landesgerichts­gefängnisses durch den Scharfrichter Engelhardt aus Magde­burg hingerichtet worden.

Theodor Roosevelt wurde zum Ehrenbürger Lon­dons ernannt. Auf dem Wege nach derGuidhall" bildeten erhebliche Menschenmengen trotz des schlechten Wetters Spalier und brachten dem volkskümlichen Präsidenten warme Ovationen dar. In der Guildhall dankte Roosevelt für die ihm bereitete Ehrung in längerer Rede.

Polar=Kohlen. Die auf Spitzbergen entdeckten Koh­lenlager, deren Abbau von einem amerikanisch=norwegischen Kon­sortium in die Hand genommen worden ist, liefern gute Er­trägnisse. Ueber 100 Arbeiter haben während des ganzen Winters beschäftigt werden können. Da hat's Zeppelin vielleicht auch gut, ivenn er seinen Gasbedarf für die Nordpolexpedition an Ort und Stelle decken kann.

DiePluviose=Kata strophe. Es hat den Anschein, als ob das im Kanal gesunkene Unterseeboot höltig verloren ist. Die Bergungsarbeiten haben, da das

die Mädchen zu öffnen. Man darf aber auf keinen Fall die besonders aus Anlaß der Aussperrung und der Vertragsverhand- Höllig verloren ist. Die Bergungsarb

Mädchenbildung und die Knabenbildung als gleich ansehen. lungen. Die Einstellung und die Enklassung von Arbeitern steht Wetter immer stürmischer und die See immer beweg­