Erscheint täglich
ausschlaßlich der Sonn= und Festage.
Bezugspreis
für den Monat 65 Pfg, einschließlich lUnstrierter Sonntagsbeilage; mit achtseit. ilustriertem Familienblatt 75 Pfa, Postbezug vierteljährlich.25 Mk.
Hernsprech=Ausching Nr. 199.
Einrückungsgebühren
für die einspaltige Petitzeile oder deren Paum. 15 Pfa, im Reklamen=Teile 40 Pfg.— Anzeigen von auswärts
7 PIg- die
JJosten 20 Pfg, die Petitzeile.
Bei Wiederholungen wird entsprechender Nachlaß gewährt.
Amtliches Kreisblatt für den Stadt= und Landkreis Mülheim a. d. Ruhr.m.
Offizielles Organ für die amtlichen Veröffentlichungen des Kreisausschusses, des Amtsgerichts, der Stadtverwaltung und der Landbehörden.
„. Chefredakteur: O. Ottweiler, Mülheim(Ruhr).— Verlag: Mülheimer Zeitung G. m. b. H.— Druck von Ernst Marks in Mülheim(Nuhr).— Hauptgeschäftsstelle: Eppinghoferstraße 38.
Geschäststellen: Alstaden: Ang, Welgp, HH###r#r##,.Breich: Jngzase#, Schiseulge,.— deißen: Frawz, P1. Gguszten, Pashemelgt.—.Saarn: Emst Wiaternheim, Markzlat, .Speloort: ung wuchleh ud Bich, Kahäuser, Donaungerg.— M. Siprum: Joh, Schulten, Mühemersr. 6n und 92. 94. aur Piaternhetn, Partzist
N8 116
Samstag, 21. Mai 1910
38.
Die heutige Nummer umfaßt 10 Seiten.
* Die Wiederaufrollung der KretaWeage
Seitdem am 9. Mai die kretische Nationalrer= sammlung im Namen des Königs von Griechenland eröffnet wurde und die Abgeordneten griechischer Nationalität ihm den Eid der Treue leisteten, hat sich die kretische Frage immer mehr verschärft. Denn, wenn schon diese Ereignisse einen flagranten Rechtsbruch gegen die Souveränität des Sultans bedeuten, die der Pforte zu einer Protestnote an die Schutzmächte Kretas Veranlassung gaben, wie wird man es in Konstantinopel aufnehmen, wenn die Kreter jetzt die mohammedanischen Mitglieder der Nationalversammlung von den Beratungen ausschließen, falls sie nicht dem Hellenenkönig den Huldigungseid leisten, und wenn noch dazu ein Mann wie Venicelos an die Spitze der kretischen Regierung tritt, den man am Goldenen Horn schon deshalb mit argwöhnischen Augen ansehen muß, weil er als einer der hauptsächlichsten Träger des panhellenischen Gedankens im Sinne einer Einverleibung Kretas in Griechenland gilt? So kann es nicht Wunder nehmen, daß bei dieser gespannten Situation sowohl die türkische als auch die griechische Flotte Vorkehrungen trifft, um Uebungsfahrten“ in den kretischen Gewässern zu unternehmen. Die Entscheidung über Krieg und Frieden steht also anscheinend auf des Messers Schneide.
Wenn man sich auf den kretisch=griechischen Standpunkt stellt und berücksichtigt, daß der Hauptteil der Bevölkerung der Insel des Minos griechischer Nationalität ist, und daß die frühere Schwäche der Türkei es dahin hat kommen lassen, daß der Oberkommissar auf Kreta vom König von Griechenland gewählt wird, und griechische Verwaltung und Rechtsprechung schon auf Kreta ihren Einzug gehalten haben— trotz der bestehen gebliebenen türkischen Souveränität, so wird man den Kretern zugeben müssen, daß dieses eine Halbheit ist. Ihr jetziges Auftreten aber kann man trotzdem nicht billigen, weil es ungeachtet aller Warnungen der Schutzmächte erfolgte und so den schon an sich einigermagen unsicheren Völkerfrieden im nahen Orient aufs ärgste bedroht, indem es die Souveränitätsrechte der Türker über Kreta verletzt. Freilich: die unklare Politik der Schutzmächte, von denen wenigstens England dem König von Griechenland Zusicherungen im Sinne der griechischretischen Wünsche gemacht zu haben scheint, ohne die Zustimmung der übrigen Mächte erhalten zu haben, die Zurückziehung der Truppendetachements sowie die Schwierigkeiten, mit denen die Türkei jetzt in Albanien zu kämpfen hat, mögen den Kretern Aufwasser genug gegeben haben, die Türkei zu brüskieren. Aber sie werden unseres Erachtens diesen Schritt sehr zu bereuen haben, da Griechenland, dessen Reorganisation doch nur sehr allmählich vorwärts geht, trotz aller panhellenischen Begeisterung kaum in der Lage sein dürfte, die Kreter wirkungsroll gegen die Türkei zu schützen, und der albanische Aufstand bei dem Haß der Albanesen gegen alles Christliche in dem Augenblick sein Ende erreicht hat, wo die Türkei gegen Griechenland mobil macht. Die Mächte werden natürlich versuchen, diesen kriegerischen Konflikt im Keim zu ersticken. Die Kreter aber dürften sich sehr täuschen, wenn sie annehmen wollten, daß dies Eingreifen der Mächte sie auch nur um einen Schritt der Verwirklichung ihrer Träume näher brächte. Ist man doch in den Zentralen der europäischen Politik augenblicklich gar nicht gut auf die Kreter zu sprechen, weil man aus Gründen der internationalen Lage alles zu vermeiden sucht, was nur irgendwie den Wiederaufbau der neuen Türkei gefährden oder verzögern könnte. Die Lösung der kretischen Frage im Sinne einer Angliederung an Griechenland aber würde das jungtürkische Regime, das schon die Abtretung Bosniens, der Herzegowina und Ostrumeliens auf sich nehmen mußte, so gefährden, daß die Türkei in innere Wirren gestürzt und bei der Begehrlichkeit der kleinen Balkanstaaten die ganze orientalische Frage wieder aufgerollt würde. Und oasselbe gilt gegenüber den Vorschlägen, die Kreta gegen eine ungemessene, von Griechenland zu zahlende Abfindungssumme von der Türkei trennen, oder ihm eine Autonomie unter türkischer Oberhoheit einräumen wollen,
Deshalb scheint uns auch die Annahme, daß es bei den Begräbnisfeierlichkeiten in London zu einer Regelung der kretischen Angelegenheit zwischen dem dort weilenden König Georg und dem türkischen Thronfolger sowie dem Minister des Auswärtigen, Rifaat Pascha, unter englischer Aegide kommen wird, zum mindesten verfrüht, wenigstens soweit sie, wie einige Blätter wissen wollen, die kretische Autonomie ins Auge faßt. Wohl ist es bekannt, daß England einer solchen Neuordnung der Dinge das Wort redet, und auch die Kreter, sowie Griechenland damit zufrieden sein würden, da sie vorerst nicht mehr erreichen können. Aber in diesem„Vorerst“ liegt das Moment, welches es der Türkei imnmöglich macht, Diesen Vorschlag anzunehmen, weil er einen weiteren Schritt auf dem Wege der Trennung Kretas von der Türkei bedeuten und daher die Angliederungsbestrebungen der Kreter nur umso mehr ermutigen würde. Ob die Türkei trotzdem nachgibt, wird in der Hauptsache davon abhängen, wie groß augenblicklich der Einftuß Englands auf die Pforte ist, und welcher Mittel es sich bei diesem Druck auf die Türkei bedienen kann. Daß aber England seine Dienste den Kretern nicht umsonst leistet, kann schon jetzt als sicher gelten: es strebt, wie man schon lange weiß, nach einer Kohlenstation auf Kreta und wird dieses Ziel umso eher erreichen, wenn es die Verbindung der Türkei mit Kreta noch weiter lockert.
Deutsches Reich.
Berliner Nachrichten.
„ Tem prrußischen Landwirtschaftsminister v. ArBäs#eenen schreibt zum 60. Gebürtstage, den er in vollster #chligceit beging, das Organ des Bundes der Landwirte, die
Leutsche Tageszig“: Wenn wir auch nicht in allen Stücken dem Minister übereinstimmen konnten und z. B. noch bei dem keinen Landwvirtschafts=Elat eine ersolgreichere Energie in der„Turchsetzung kandwietschaftlicher Forderungen wünschen nutzten, su erkengen wir doch gern und unumwunden an, daß berr v. Arnim nach besten Kräften und mit manchem gutten Erfolge sich um das Wohl der preußischen Landwirtschaft be
müht hat.— Die nationallibe rale Partei des Wahlkreises Kreuznach richtete an die beiden Abgeordneten eine Resolution, in der die Ablehnung der Wahlrechtsvorlage verlangt wird. Ebenso nahm der Vorstand des nattonalliberalen Vereins zu Köln eine Entschließung an, die an die Fraktion der nationall. Partei des Abgeordnetenhauses die Bitte richtet, der Wahlrechtsvorlage auch
zuimm
ahrese Frieiberg,Büöngen beschos ensinnig bei der bevorstehenden Reichslagsersatzwahl die Kandidatur des Bundes der Landwirte zu unterstützen.— Im Justizministerium sindet am nächsten Montag eine Konferenz statt, in welcher Vorschläge des Geheimrats Prof. Dr. Zitelmann zur Reform des Rechtsstudiums erörtert werden sollen. Geheimrat Dr. Zitelmann ist, wie das„Berl. Tgbi.“ hört, in Berlin eingetroffen. Außer ihm werden Vertreter des Justiz= und des Kultusministeriums und mehrere Herren aus der Praxis und aus der Verwaltung an der Konferenz teilnehmen.
Gewerbliche Riesenbetriebe in Preußen.
Als„Riesenbetriebe" bezeichnet die amtliche Statistik die Unternehmungen mit je über 1000 darin beschäftigten Personen. Solcher Unternehmungen(ohne Eisenbahn, Post und Telegraphie) wurden der Vossischen Zeitung zufolge in Preußen im Jahre 1907 385 gezählt, in denen 987 467 Personen beschäöftigt und 1832172 Pferdestärken verwendet wurden. Im Jahre 1895 waren 208 derartige Betriebe mit 408 778 Personen und 552 741 verwendeten Pferdestärken gezählt worden, so daß in den zwölf Jahren die Zahl der Betriebe um 85,1 v.., die der Personen um 141,6 und die der Pferdestärken um 231,5 b. H. zugenommen hat. Da sich in dem gesamten Gewerbe Preußens in der gleichen Zeitspanne die Zahl der Betriebe nur um 10,6, die der Personen um 45,3 und die der Pferdestärken um 130.0 v.“ vermehrt haben, so ist die Entwickelung der Riesenbetriobe ungleich stärter gewesen als die Gesamtzahl der Betriebe. Dies ist auch daraus zu entnehmen, daß von 1000 Personen aller Betriebe i. J. 1895 69,6, 1907 dagegen 1185 v. H. auf die Riesenbetriebe entfielen, ebenso von 1000 Pferdekräften i. J. 1895 254,5, i. J. 1907 352,7. Im Durchschnitt arbeitete ein Riesenbetrieb i. J. 1895 mit 1965, i. J. 1907 mit 2565 Personen und im ersten Jahre mit 2657. im letzten mit 4759 Pferdekräften. Die weitaus größte Bedeutung hatten die Riesenbetriebe im Bergbau, Hütten= und Salinenwesen, wo 188(1. J. 1895 127) derartige Betriebe mit 536 780(254319) Personen gezählt wurden. Von 1000 Personen entfielen bei dieser Gewerbegruppe 717,8(556,2) auf die Riesenbetriebe. An zweiter Stelle steht die Maschinenindustrie mit 83(1895 31) Riesenbetrieben, in denen 207089(74131) Personen tätig waren; die Steigerung ist hier also sehr bedeutend. Dann kommen die Textilindustrie mit 25(20) und die Metallverarbeitung mit 24(5) Riesenbetrieben. In dieser letzten Gewerbegruppe hat sich die Zahl der in den Riesenbetrieben beschäftigten Personen auf das Neunfache(von 8398 auf 76 099), die der Pferdestärken sogar auf das Bierzigfache(von 3052 auf 120 837) gehoben, was in der Hauptsache dem Aufschwunge der Eisengießereien und der Fabriken für Blechherstellung zuzuschreiben ist.
Der Anleihebedarf der größeren deutschen Städte
war das Thema eines von Professor Dr. Schäfer in Tresden ausgearbetteten Berichts an den Vorstand des Teutschen Städtetages, der in der Städte=Zeitung(1910, Nr. 13, S. 346 ff.) niedergelegt ist. Nach Schäfer haben in der Zeit vom 1 April 1906 bis 31. März 1909 154 Gemeinden Teutschlands Anleihen und Tarlehen im Gesamtbetrage von 1244 Millionen Mark aufgenommen. Was den Einfluß der Geldmarktverhältnisse auf die Anleih=bedingungen und zunächst auf den Uebernahmekurs der Städteokligationen anlangt, so ist ein Zusammenhang zwuschen den Schpankungen diefes Kurses und den einzelnen Enliwviskelungsphasen des deutschen Geldmarktes unverkennbar. In der Tepressionsperiode wurden für die vierprozentigen Stadtanleihen im Lurchschnitt 97.86 Prozent erzielt, sodaß sich der Rcalzins auf 4,087 Prozent stellte. Die erste Stelle nahmen bei der Anleihraufnahme sowohl an Zahl wie an Betrag der Darlehen die Großstädte ein. Die Anleihebedingungen(Zinsfuß, Urbernahmekurs), ebenso die Provision und die Verzinsung der begebenen, aber noch nicht erhobenen Beträge richteten sich nach den Konjunkturverhältnissen. Die Provision bestand durchweg in der Tifferenz zwischen Uebernahme= und Emissionskurs. Die Spannung betrug bei vierprozentigen Anleihen durchschnittlich 0,.85 Prozent, die Höchstprovision 2 Proz., die Mindestprovision.39 Prozent: je knapper das Geld, desto größer war die Vermittlungsgebühr.— Der Berichterstatter kommt zum Ergebnis, daß im Zusammenhange mit der Entwickelung des Geldmarktes in den letzten drei Jahren die dreieinhalbprozentige Stadtanleihe immer schwerer verkäuflich wurde, und daß selbst vierprozentige durchschnittlich nur mit Verlust legeben werden konnten. Bei der Emission waren die Gemeinden deshalb im Nachteil gegen Reich und Bundesstaat, weil der Anleihebevarf der ersteren sich mehr zerstückelt und infolgedessen dem Einfluß der Geldmarktschwankungen mehr ausgesetzt ist als der staatliche Zum Schluß mahnt Schäfer die Gepreinden, welche mir 18 Milliarden Schulden an der Spitze der öffentlichen Kreditnehmer stehen(das Reich hat ca. 4½, die Bundesstaaten zusammen ungefähr 15 Milliarden Schulden) zu einem langsameren Tempo im Schuldenmachen und zur Schonung des in den letzten Jahren übermäßig in Anspruch genommenen Geic= und Kreditmarktes.
Herr Dernburg und die Farmer in Deutschsüdwest.
beischche Versanmlung ihen Lanr sühe die Fürorge des Reiche, Kolonialamts um die Farmer aus, lehnte allerdings eine in Vorschlag gebrachte Stellungnahme zur Diamanten=Politik ab.
Die Unterstützung der Tabakarbeiter,
die infolge des vorjährigen Steuergesetzes beschäftigungslos wurden, ist durch Konferenzen des Reich=schatzsekretärs mit Vertreiern der Tabakarbeiter und solchen der Tabakindustrie geregelt worden, Auf Grund der Verhandlungen werden die neuen Grundsätze ausgearbeitet; vor der endgültigen Entschließung jedoch Vertreter beider Teile noch einmal gehört. Die Unternehmer unterstützen die berechtigten Ansprüche der beschäftigungslos gewvordenen Arbeiter natürlich nach besten Kräften.
sr Beiträge zur Unfallstatistik.
Nach Ermittelungen des Handelsministeriums belief sich die Zahl der tödlichen Verunglückungen in Preußen in dem letzten Jahr, für welches abgeschlossene Erhebungen vorliegen(1908), auf insgesamt 15831(12585 männl. und 3246 weibl. Personen). Da diese Ziffern naturgemäß auch die tödlich verlaufenen Betriebs=Unfälle miteinbeziehen, verdienen sie vom Standpunkt der Unfallstatistik eine kurze nähere Betrachtung. Nach sozialen Lebensstellungen abgegrenzt, ereigneten sich die meisten tödlichen Verunglückungen im Arbeiterstande. 27 Proz. der ermittelten Todesfälle entfielen auf Gehilfen, Gesellen, Lehrlinge, Fabrikarbeiter, 15 Proz. auf Tagearbeiter.„Die höchste Ziffer an verunglückten Personen zeigt die Industrie(3557 Personen gleich 28 Prozent der gezählten Unglücksfälle mit tödlichem Ausgange), dann folgt die Land= und Forstwirtschaft(3073 Personen gleich 24 Proz.). Die landläufige Annahme, daß der Bergbau sehr viele, vielleicht die Höchstzahl der Opfer fordere, trifft nach der Statistik nicht zu. Es
wurden 2136 Fälle tödlich verlaufener Verunglückungen gezählt(17 Proz.). Handel und Verkehr stellten die geringste Ziffer(1776 gleich 14 Proz.). In diesen Ziffern spiegelt sich zugleich die Tatsache wieder, daß diejenigen Gewerbe, welche die höchsten Verluste aufweisen, auch rohe Relativzahlen an tödlichen Verunglückungen zeigen. Untersucht man den Zusammenhang der Todesart mit dem Lebenserwerb, so gelangt man zu der traurigen Feststellung, daß über 82 Proz. aller Verunglükkungen mit einer mechanischen Berufsarbeit in Zusammenhang stehen. Die Ziffer spricht namentlich für sich, wenn man andere Relativzahlen danebenstellt: Auf Rentner, Pensionäre, Altsitzer, Almosenempfänger nebst Angehörige entfielen beispielsweise noch nicht 5 Proz. der ermittelten tödlichen Verunglückungen des Berichtsjahres. Sehr niedrig, was hervorgehoben sei, ist der Prozentsatz der tödlich verlaufenen Unglücksfälle in Heer und Marine, er betrug nur 1 vom Hundert. Einen wie großen Anteil der Erwerb an sich an dem gewaltsamen Tode hat. geht im übrigen aus der verhältnismäßig geringen Zahl der tödlich verun glückten weiblichen Personen hervor. Wie oben schon mitgeteilt, wurden gegenüber 12585 Männern nur 3246 Frauen gezählt, d. i. von allen Verunglückten noch nicht 21 Proz. Den Zusammenhang, zwischen dem Alter und der genannten Todesart veranschaulichen noch nachstehende Ziffern. Von 10000 Personen der lebenden Bevölkerung verunglückten tödlich: unter 5 Jahren 51, von—15 Jahren 22, von 15—60 Jahren 42. über 60 Jahren 17. Unter den Todesarten steht mit an vorderster Stelle Todesfall durch Sturz, sodann durch Ueberfahren. Die Statistik erweist von neuem, wie sehr die Unfallschutzbestimmungen der gewissenhaften Beobachtung seitens des einzelnen wie weiteren Ausbaus noch im gesamten bedürfen.
Ausland.
Oesterreich=Ungarn.
— Nach Meldungen aus Halmi kam es dort zwischen An
der Arbeitspartei und der Justhparlei zu derart hefZusammenstößen, daß die Gendarmerie mit der Waffe einschreiten mußte, wobei viele Personen durch Bajo
netistige verwundet wurden. Zahlreiche Verhaftungen sind vorgenommen.
Frankreich.
— Die erste internationale Luftschiffahrtskonferenz, die im Ministerium des Aeußeren zu Paris abgehalten wird, soll die verschiedenen Rechtsfragen, die bei der Entwicktung der Aviatik aufgetaucht sind, in einer für sämtliche Sto#ten giltigen Weise lösen.— Die Konferenz ist ein bemerkenswertes Zeichen der Zeit; trotzdem sich die Regierungen aller Staaten wohl darüber klar sind, daß sowohl Luftschiffe als auch Aeroplane in erster Linie den Zwecken der Landesverteidigung dienstbar gemacht werden sollen, sucht man doch ein internationales Recht, das die Bewegungsfreihett der Luftschiffer gewährleisten soll, zu schaffen.
Griechenland.
— Die aus der Armeeentlassenen Offiziere erklärten in einem Aufruf an das Volk, daß die Regierung durch das Verbot, eine Protesckundgebung gegen die Entlassung zu veranstalten Gefahr laufe, einen Bürgerkrieg hervorzurufen. Sämtlickhe Unteroffiziere Griechenlands verständigten sich miteinander, um ihr Verlangen nach verschiedenen Beförderungen, des vom Kriegsminister Zorbas abgelehnt wurde, durchzusetzen..: Unteroffiziere erklärten laut Voss. Ztg., sie würden bei Nichterfüllung ihrer Forderungen den Dienst quittieren.
Südafrika.
— Der Premierminister von Transvaal, General hatte mit dem Generalgouverneur Gladstone eine Besprechung. dem Vernehmen nach wird Botha die Bildung eines Ministeriums für die Südafrikanische Unton über
nehmen.
Die Beisetzung König Eduards.
London, 20. Mai.
Schon während der Nacht sammelten sich in den Straßen, welche der Zug mit der Leiche des Königs passiern sollte, große Volksmengen. Bei Tagesanbruch schwoll die Zahl gewaltig an. Als um 6 Uhr früh der Wagenverkehr aufgehoben wurde, war der ganze Weg so dicht besetzt, daß schlechterdings kein Platz mehr für neue Ankömmlinge zu sein schien. Trotzdem drängten immer neue Menschenmassen hinzu. Im Hydepark und St. James=Park waren alle Sitze, die eine gute Aussicht versprachen, in demselben Augenblick besetzt, wo die Tore geöffnet wurden. Am dichtesten war die Menge bei Marblearch am südlichen Eingang des Hydeparks. Das Wetter ist schön. Infolge der Hitze kamen schon in den Morgenstunden viele Ohnmachtsanfälle vor. Zur Spalierbildung sind 35.000 Mann Truppen und die ganze verfügbare Polizei Londons aufgeboten.
Um.45 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung. Die Musikkapellen der Gardekavallerie eröffneten den Zug, ihnen folgten Abteilungen der Territorialtruppen, der Spezialreserve der indischen und der regulären Armee, sowie der Marine. Sodann kamen die Militärattachees der auswärtigen Botschaften, sowie Abordnungen fremder Heere und Flotten.
Von deutscher Seite waren vertreten die Flotte, das 1. Gardedragoner=Regiment, das Husaren=Reaiment Fürst Blücher v. Wahlstatt und das KürassierRegiment Graf Geßler. Hinter ihnen folgten sechs kommandierende Generäle und die Feldmarschälle Lord Kilchener, Sir Henry Wood und Lord Roberts, die zwei kommandierenden Amirale und Großadmirale der Admiralität, schließlich 63 Flügeladjutanten des verstorbenen Königs. Im Gefolge König Georgs waren die königlichen Prinzen, Earl Marschall Herzog von Norfolk und die obersten Hofbeamten.
Die von acht Pferden gezogene Lafette mit dem Sarge wurde von königlichen Leibgardisten und Stallmeistern des verstorbenen Königs geleitet. Hinter dem Sarge ritt Admiral Prinz Louis von Battenberg, sodann der Träger der königlichen Standarte, hinter welchem das Leibroß König Eduards geführt wurde. Nun folgte zu Pferde König Georg. Zur Rechten ritt der deutsche Kaiser, zur Linken der Herzog von Connaught. Dann folgten zu dreien ebenfalls zu Pferde, die Kön ige von Norwegen, von Griechenland und Spanien, der König der Bulgaren, die Könige von änemark und Portugal, der türkische Thronfolger, der König der Belgier, Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich, Prinz Fushimi von Japan, Großfürst Michael Alexandrowitsch, der Herzog von Avsta, Prinz Rupprecht von
Bayern, der Kronprinz von Griechenland, der Kronprinz von Rumänien. Heinrich Prinz der Niederlande, Herzog Abrecht von Württemberg, der Kronprinz von Serbien und Prinz Heinrich von Preußen, der Großherzog von Hessen, der Großherzog von Mecklenburg=Strelitz, Prinz Johann Georg von Sachsen, der Herzog von Sachsen
esce Aas Secse an esiese Sin Csee von Schleswig=Holstein und der Herzog von Fise. Es folgten Prinz Georg Wilhelm von Cumberland, Prinz Alexander von Battenberg, Prinz Alexander von Teck, der Herzog von Teck, Prinz Franz von Teck, Prinz Maximilian von Baden, Prinz Andreas von Griechenland, Großfürst Michael Michaelowitsch, Prinz Philipp von Sachsen=Koburg, der Erbprinz Danilo von Montenegro, Prinz Christoph von Griechenland, der Erbgroßherzog von Mecklenburg=Strelitz, der Herzog von Alencon, Graf 'Eu, Prinz Peter von Orleans, der Herzog der Vendome, Prinz Louis von Orleans, Prinz Bovoradet von Siam, Prinz Leopold von Koburg und Prinz Volrad von Waldeck.
Sodann folgten zwölf Equipagen. Im ersten Wagen saßen Königin Alexandra, die Kaiserin Mutter von Rußjand, Prinzeß Royal und Prinzessin Viktoria, im zweiten Königin Mary, die Königin von Norwegen, Prinzeslin Mary und der Herzog von Cornwal. In den nächsten vier Wagen folgten die übrigen fürstlichen Damen sowie die Prinzen Albert und Henry. Im siebenten Wagen saßen die Vertreter Chinas und im achten Roosevelt, Pichon und der Vertreter Persiens. In den übrigen Wagen folgten die Vertreter der Kolonien, sowie die Herren und Damen des Hofes. Polizei= und Feuerwehrabteilungen schlossen den Zug.
Bei der Ankunft auf der Station Paddington wurde der Sarg durch die Unteroffiziere der Garde von der Lasette gelzoden und aus den Sonderzug gesetzt.
Um.10 Uhr verkündete Glockengeläute, daß die Fürstlichkeiten den Buckinehampalast verlassen hatten, um sich nach der Westminsterhalle zu begeben. Die Hitze um diese Zeit war schon so stark, daß mehrere Fälle vor Sonnenstichen zu verzeichnen waren.
(Fortsetzung unter den„Letzten Nachr.“)
von Nah und Fern.
Der Ballon„Bamler“ vom Fiskus gepfändet.
Diese Mitteilung machte vor einigen Tagen die Runde durch alle Blätter und erregte allgemein berechtigtes Aufsehen. Der Ballon war der Sektion Essen des Niederrheinischen Vereins gepfändet worden, weil diese sich geweigert hatte, für Beiträge stiftender Mitglieder Schenkungssteuer zu bezahlen. Herr Legationsrat Dr. Krupp von Bohlen und Halbach und das Rheinisch=Westfälische Kohlensyndikat waren dem Verein als lebenslängliche(sogenannte stiftende) Mitglieder beigetreten und hatten ihren einmaligen Beitrag auf 3000 Mark und 20 000 Mark bemessen, um dadurch den Verein in seinen flugtechnischen Bestrebungen zu fördern. Gewiß ein Vorgehen, das bei dem immer noch niedrigen Stande der Flugtechnik in Deutschland nicht hoch genug anerkannt werden kann. Das Erbschaftssteueramt in Elberfeld, das diese Beträge aus dem Jahresberichte des Verein kennen lernte, dachte anders darüber und verlangte 2300 Mark Schenkungssteuer davon. Eine Reklamation bei der Oberzolldirektion in Köln hatte nur den Erfolg, daß der Steuersatz von 2300 auf 2240 Mark herabgesetzt wurde. Da der Verein sich auch jetzt noch nicht dafür entscheiden konnte, die Erbschaftssteuer zu zahlen, sondern eine diesbezügliche Eingabe an den Finanzminister machte, die Steuerbehörde aber nicht länger warten wollte, so pfändete sie einfach den Ballon und setzte den Termin zur Versteigerung desselben an. Nunmehr sah sich der Verein gezwungen, um seinen Ballon nicht zu verlieren, die Schenkungssteuer zu bezahlen. Heute ist die Entscheidung des Finanzministers erfolgt, und zwar, wie man allgemein mit Befriedigung hören wird, ganz im Sinne des Vereins:„Die gegen die Entscheidung der Oberzolldirektion in Köln vom 2. Dezember 1909 erhobene weitere Beschwerde vom 25. Januar d. Is. erachte ich für begründet. Da die von dem Legationsrat Dr. Krupp von Bohlen und Halbach zu Essen und dem Rheinisch=Westfälischen Kohlensyndikat ebendaselbst an den Verein gezahlten einmaligen Beträge von 3000 Mark und 20000 Mark zur Erlangung der dauernden Mitgliedschaft gezahlt worden sind, so liegen die Voraussetzungen einer steuerpflichtigen Schenkung nicht vor. Ich habe die genannte Oberzolldirektion mit Anweisung versehen, die durch die abgeänderten Steuerbescheide des Erbschaftssteueramts zu Elberfeld vom 26. Oktober v. J. geforderte Reichsschenkungssteuer in Höhe von 270 Mark und 1970 Mark fallen zu lassen.“ gez. von Rheinbaben.
Weitere Nachklänge zur Katastrophe des„Z II“.
Die Katastrophe des Zeppelin=Luftschiffes bei Weilburg ist u. a. auch darauf zurückgeführt worden, daß bei der Rückfahrt von Homburg an Stelle eines mit der Steuerung vertrauten Unteroffiziers Offiziere aus privaten Rücksichten mitgenommer worden jeien. Der betreffende Offizier ist ein Generalstabsoffizier, der behufs Ausbildung im Erkundigungsdienst zu den Kölner Luftschi'sübungen kommandiert war. Er ist also nicht als Gast und zu seinem Vergnügen mitgefahren, sondern in rein dienstlicher Verwendung, ebenso wie er auch dienstlich an der Fahrt von Köln nach Homburg an Bord des Mititärluftschiffes teilgenommen hatte. Der zurückgebliebene Unteroffizier ist kein ausgebildeter Steuermann. Er wird in der Steuerung von Zeppelinschiffen unterrichtet und hat erst zwei Fahrten auf solchen mitgemacht. Die Steuerung erfolgte, wie es dem vorgesehenen Verlauf der Uebung entsprach, durch einen Offizier, der bereits mehrfach und besonders gut das Steuer geführt hatte.
Der schnellste Zug
auf der längsten Strecke ohne Aufenthalt ist in Deutschland jetzt der neu eingerichtete Pariser Zug auf der Fahrt von Hannover nach dem Zovlogischen Garten in Berlin. Züge ohne Aufenthalt zwischen Berlin und Hannover sind die drei zuletzt eingerichteten =Zugpaare. Es sind dies einmal die vor einigen Jahren geschaffenen sogenannten Blitzüge zwischen Berlin und Köln. dann die holländischen Nachtschnellzüge, die zur Entlastung der Kölner Nachtzüge eingerichtet worden sind, und jetzt die Züge nach Paris und Brüssel und zurück. Von den beiden letzteren geht der eine von Hannover abends.58 Uhr und ist 12.09 Uhr am Zoologischen Garten in Berlin. Die 254.1 Kllometer lange Strecke durchfährt der Zug also in 3 Stunden 11 Min. Sein Gegenzug wie die anderen vier ohne Aufenthalt durchlaufenden Züge brauchen für die Strecke einige Minuten länger. Für den schnellsten Zug Hannover=Berlin ergibt dies eine Reisegeschwindigkeit von 68 Kilometern. Auf