Publikationsorgan für die Bürgermeisterei Oberkassel

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Nr. 65(1. Blatt)

Neue Fristen im Entschädigungsverfahren.

Dr. F. Bitter, Hamburg=Berlin.

In diesen Tagen hat der Reichsfinanzminister eine Verordnung veröffentlicht, durch die das Kriegsschäden­schlußgesetz ergänzt wird und wichtige neue Fristen einge­führt werden.

Bekanntlich muß für die jetzt auf Grund des Kriegs­schädenschlußgesetzes auszuschüttenden Entschädigungen von den früheren im Nachentschädigungsverfahren getroffenen Feststellungen, insbesondere von der früher ermittelten Schadensberechnung ausgegangen werden. Die im Nach­entschädigungsverfahren getroffenen Feststellungen gewin­nen damit eine besondere Bedeutung. Im§ 23 des Kriegs­schädenschlußgesetzes ist bereits angeordnet, daß Beschwer­den gegen die im Nachentschädigungsbescheid festgestellte Schadenshöhe(Friedenswert) nur berücksichtigt werden dürfen, wenn sie innerhalb von 3 Monaten nach Erlaß des angefochtenen Bescheides eingelegt sind. Hiernach ist also zu unterscheiden, ob sich eine Beschwerde gegen die Fest­stellung der Schadenshöhe(Friedenswert) richtet, oder ge­gen eine andere Feststellung(z. B. gegen unrichtige An­rechnung von Vorleistungen, gegen unrichtige Bezeichnung von Geschädigten, gegen unrichtige Abfindung mehrerer Geschädigter in einem Bescheide, gegen zu niedrige Abfin­dung von Wertpapierschäden im Falle L. S. G.§ 27).

Die neue Verordnung führt auch in den Fällen Be­schwerdefristen ein, in denen sie bisher noch nicht bestan­den. Soweit Nachentschädigungsbescheide bis zum In­krafttreten der Verordnung(25. Mai 1928) bereits ergan­gen sind, sind Beschwerden nur noch bis zum 30. Juni 1928 für Geschädigte im Auslande bis zum 31. Au­zust 1928 zulässig. Gegen Nachentschädigungsbescheide, die erst nach Inkrafttreten der Verordnung ergeben, sind Beschwerden innerhalb Monatsfrist für Geschädigte im Auslande binnen 3 Monaten einzulegen.

Diese Beschwerdefristen von einem Monat bezw 3 Mo­naten sollen auch gelten für Beschwerden, welche sich gegen die Berechnung der Schadensböhe richten. Das Reichs­einanzministerium vertritt hierbei den Standpunkt, daß der § 23 des Kriegsschädenschlußgesetzes nur die bei Inkraft­treten des Gesetzes schwebenden Beschwerden betraf.

Es wird also künftig gegen die im Nachentschädigungs. verfahren noch ergehenden Bescheide eine Beschwerdefrist von einem Monat für Geschädigte im Auslande von 3 Monaten gelten, gleichgültig gegen welche Punkte der Entscheidung die Beschwerde sich richtet.

Wichtig ist ferner, daß anstelle einer ersten und weite­ren Beschwerde nur noch eine Beschwerde zulässig ist, über die der Präsident des Reichsentschädigungsamtes ent­scheidet.

Gegen den im Schlußverfahren ergebenden Bescheid sieht§ 21 des Gesetzes gleichfalls eine Beschwerdefrist von einem Monat für Geschädigte im Auslande von drei Monaten vor.

Eine weitere Frist gilt gemäß§ 20 des Kriegsschäden­schlußgesetzes für die Stellung von Anträgen auf Gewäh­rung von Härtebeihilfen. Derartige Anträge müssen bis spätestens 31. Juli 1928 für Geschädigte im Auslande bis zum 30. September 1928 gestellt werden. Härte­beibilfen sollen bekanntlich u. a. solchen bedürftigen Ge­schädigten gewährt werden, die die rechtzeitige Stellung eines Entschädigungsantrages versäumt haben. In vielen Fällen sind derartige Entschädigungsanträge noch nicht endgültig abgewiesen. Trotzdem unter Amständen in­folge Entschuldbarkeit der früheren Versäumnis eine Ent­schädigung noch gewährt werden kann, müssen diese Ge­schädigten, wenn sie im Falle der Abweisung eine Härte­beihilfe zu erhalten wünschen, schon jetzt vorsorglich einen Antrag auf Gewährung der Härtebeihilfe stellen, damit sie die bierfür vorgesehene Frist nicht versäumen.

Die für die Anmeldung von Schäden gesetzlich festgeleg­ten Fristen sind durch das Kriegsschädenschlußgesetz entge­gen einer vielfach geäußerten Annahme nicht verlängert. Die Frist für die Anmeldung von Liquidationsschäden war mit dem 31. März 1924 abgelaufen, für die Anmeldung von Gewaltschäden bereits mit dem 31. März 1923. Eine Anmeldung von Liquidationsschäden ist jedoch jetzt noch zu­lässig, wenn es sich um neueingetretene Schäden bandelt. In diesem Falle muß die Anmeldung binnen drei Monaten nach Schadenseintreffen erfolgen. Die neue Anmeldung ron Gewaltschäden ist jedoch nach G. S. V.§ 32 Abs. 2 nicht mehr zulässig auch wenn Entschuldigungsgründe für die bis­herige Nichtanmeldung vorliegen.

Vor der Regierungsbildung.

Zentrumsberatungen.

Mtb. Berlin, 1. Juni. Der erweiterte Reichspartei­vorstand des Jentrums ist heute vormittag 9.30 Uhr zur Fortsetzungen seiner Beratungen, die bereits gestern be­zonnen haben, zusammengetreten. An der Sitzung nehmen auch die Vorstände der beiden Zentrumsfraktionen sowie die

Samstag, den 2. Juni

s ch e ere führte Reichskanzler Dr. Marx. Die einleitende Rede hielt Dr Marx. Die Besprechungen drehten sich bis jetzt ausschließlich um den Wahlausfall und um die Möglich­keiten, die agitatorischen und organisatorischen Mängel, die bei der Wahl zutage getreten sind, abzustellen. Die Frage der Regierungsbildung ist vorerst nicht eröriert wor­den. Es dürste wohl in diesem Kreise auch nicht zu einer entscheidenden Stellungnahme kommen.

Verschiedene Reichstagsfraktionen haben bereits ihre Mitglieder zu einer Sitzung einberufen. Die Deutschnatio. nalen kommen am Montag, 11. Juni, nachmittags 4 Uhr zusammen. Am Dienstag, den 12. Juni, vormittags 10 Uhr, folgen Zentrum und Demokraten. Am 9. Juni tritt noch einmal der Ausschuß des alten Reichstags zusammen, der wegen der Durchführung des landwirtschaftlichen Not­programms eingesetzt war. Die Ermächtigungen, die dieser vom alten Reichstag erhielt, treten automatisch außer Kraft, wenn der neue Reichstag zusammentritt.

Am 8. Juni erste Landtagssitzung.

Berlin, 1. Juni. Die erste Plenarsitzung des Dreu­ßischen Landtags ist endgültig auf den 8. Juni festgesetzt worden. Es wird für diese Sitzung eine provisorische Tagesordnung herausgegeben, auf der die üblichen For­malitäten enthalten sein werden, also Eröffnung des neuen Landtags durch den Alterspräsidenten, den Abgeordneten Graf Posadowsky, und Einsetzung der Ausschüsse. Ot die Wahl des Präsidiums schon am ersten Tage erfolgen wird, steht noch nicht fest. Es ist anzunehmen, daß der Landtag zunächst etwa 34 Tage Plenarsitzungen abhalten wird, ebe die Konstitution beendet ist. Er wird dann etwa vier Wochen aussetzen, um Anfang Juli das Präsidium im Amt zu bestätigen bezw. endgültige Präsidentenwahlen vorzunehmen.

Die Rheinlandfrage nach den Wahlen.

DieGermania" befaßte sich in einer Betrachtung Europa nach den Wahlen" u. a. auch mit der Frage der Rheinlandbesetzung. Sie hebt hervor, daß die französi­sche Rechte auf den seltsamen Trick verfallen sei, die Rheinlandbesetzung jetzt für doppelt notwendig zu erklären, da der sozialistische Sieg die Sicherheit der Reparations. leistungen gefährde. Gegen diese Rabulistik wendet sich das Blatt mit aller Schärfe und stellt fest, daß das Rhein­land aufgehört habe, ein Pfand für die Reparationen zu sein, seitdem die Zahlungen durch den Dawesplan geregel! worden sind. Wenn Deutschland wirklich eines Tages außerstande sein würde, diese Zahlungen weiter in voller Höhe zu leisten, so würde daran nicht die sozialistische Finanzgebarung die Schuld tragen, sondern die Schwierig­keiten des Transfers und der Geldaufbringung in einem wirklich schwer erschütterten Mitteleuropa. Eine Dawes. Revision werde in jedem Falle unvermeidlich sein.

Trommler und Pfeifer im besetzten Gebiet.

Mainz, 1. Juni. Vor dem Militärpolizeigericht Mainz hatten sich die Führer der Sozialdemokratischen und Kom­munisten=Partei in Höchst am Main zu verantworten, weil sie geduldet hatten, daß bei Wahlumzügen neben der Mu­sikkapelle auch Trommler und Pseifer Verwendung fanden Die deutsche Polizei mußte auf Veranlassung der franzö. sischen Gendarmerie diese Musikkorps aus den Jügen ent­fernen. Der französische Staatsanwalt sab in dem Mit­führen von Trommlern und Pfeifern einen militärischer Charakter. Er berief sich auf eine Verfügung der Rhein­landkommission, die ein Verbot gegen die Trommler und Pfeifer erlassen habe. Die beiden Angeklagten und auch der Rechtsbeistand stritten jede militärische Absicht solcher Parteiaufzüge ab. Trotzdem wurden sie zu 25 Mark Geld. strafe verurteilt.

Colmar..

Ein politischer Racheakt.

c' Paris, 1. Juni. Nach einer Meldung desOeuvre aus Mülhausen wurden in der vergangenen Nacht durch bisher noch nicht ermittelte Personen vor dem Gebäude des Rentners Lintzer, eines der Geschworenen im Colma­rer Autonomistenprozeß, zwei Lorbeerbäume zerstört. Man nimmt an, daß es sich um einen politischen Racheakt han­delt. Außerdem soll Linter in der Nacht zum Dienstag mit dem Tode bedroht worden sein. Verschiedene Ge­schworene im Autonomistenprozeß hätten Drohbriefe er­halten.

1928

Deutsch=französische Wirtschaftsverhandlungen.

6' Paris, 1. Juni. Die kürzlich in Berlin begonnenen seutsch=französischen Wirtschaftsverhendlungen werden ge­zegenwärtig in Paris weitergeführt. Eine deutsche Dele­zation unter Leitung des Ministerialdirektors Posse ist vor einigen Tagen hier eingetroffen und hat gestern zum irsten Male mit dem Handelsminister Bokanowski und den Mitgliedern der französischen Delegation Fühlung ge­zommen. Die Verhandlungen betreffen die Amwandlung der gegenwärtig in Kraft befindlichen provisorischen Wirt­chaftsabkommen in einen definitiven Verrag.

Irland und Neuseeland antworten.

Mtb. Washington, 1. Juni. Das Staatsdepartement teilt mit, daß die Antworten der irischen und neuseelän­dischen Regierungen auf die Einladung zu einer Aeuße­rung zu den Kelloggschen Vorschlägen eingetroffen seien und daß diese Erklärungen nicht mehr Einwände erhöben als die Regierungen der anderen in Frage kommenden Staaten.

25

Vor der Ratstagung.

Berlin, 1. Juni. Die deutsche Delegation für die Gen­jer Tagung des Völkerbundsrates hat heute Abend die Reise nach Genf angetreten; sie steht unter Führung des Staatssekretärs im Auswärtigen Amte, von Schubert, und des Ministerialdirektors Dr. Gauß.

6' Paris, 1. Juni. Wie verlautet, wird Außenminister Briand auf der Junitagung des Völkerbundsrates durch Paul=Boncour ersetzt werden.

Vor der Uebergabe Pekings.

X London, 1. Juni. Nach Meldungen aus Peking be­findet sich Maschall Tschangtsolin vorläufig noch in Pe­king. Es sind aber alle Vorbereitungen zu einer fried­lichen Uebergabe der Stadt getroffen.

Gegenüber diesen Meldungen liegen neue Nachrichten aus Deking vor, wonach Tschangtsolin erst gestern abend den holländischen Gesandten als Doyen des diplomatischen Korps aufgesucht hat und ihm mitteilte, daß er die Stadt halten werde. Er werde eine Verteidigungslinie besetzen lassen, die von Liuliho, 30 Kilometer südlich von Peking, nach Manschang, 70 Kilometer von Tientsin, läuft. Die Besetzung dieser Linie scheint jedoch für Marschall Tschangt­solin nicht mehr möglich zu sein. Heute nachmittag hat Tschangtsolin dem diplomatischen Korps die Lage erklärt und erneut hat er das Eigentum der Fremden garantiert.

X London, 1. Juni. Die Behörden in Kanton erheben vom 1. Juni ab einen 20prozentigen Zuschlag auf den bis­herigen Seezoll.

Sonstige Nachrichten

Die Staatsanwaltschaft hat gegen das Arteil des Stet­tiner Schwurgerichts vom 28. Mai gegen Klapproth, Hayn und Schulz beim Reichsgericht Revision eingelegt.

In der französischen Kabinettssitzung am Montag wurde entschieden, als Nachfolger des zurückgetretenen Ministers für öffentliche Arbeiten, Fallieres, den Abgeordneten Lou­cheur zu ernennen, dem der oberelsässische Abgeordnete Oberkirch als Unterstaatssekretär für Gesundheitsfragen beigegeben wird.

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Legionärschicksal.

Deutsche Fremdenlegionäre versuchen die Flucht.

Bei den Docks von Singapore kam es, wie der Köln Ztg. gedrabtet wird, zu einem aufregenden Auftritt, als zier deutsche Soldaten der französischen Fremdenlegion den Versuch machten, von dem französischen Dampfer Athos 2 zu entkommen, indem sie bei der Abfahrt des Schif­des über Bord sprangen. Drei der Soldaten erreichten das Afer, wo sie unverzüglich verhaftet wurden. Der vier. te aber, ging unter und ertrank, obwohl zwei Europäer bel­denmütige Versuche unternahmen, ihn zu retten. Die Lei­he ist noch nicht geborgen worden. Der genannte Dampfer führte eine Abteilung von mehreren hundert Fremdenlegio­nären an Bord, die von Saigon nach Marseille unterwegs sind. Eine große Anzahl Legionäre hatte vormittags Land­urlaub erhalten. 70 Legionäre deutscher Staatsangehörig­keit aber, zu denen die vier Flüchtlinge gehörten, waren an Bord gehalten worden.

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Arbeitslosendemonstration in Moskau.

) Moskau, 1. Juni. Etwa 5000 Arbeitslose, die von auswärts nach Moskau gekommen waren und mehrfach auf Arbeit vertröstet wurden, gingen gegen die Miliz vor, wobei mehrere Milizangehörige zum Teil schwer verret#